Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

von Theophraſti Paracelſi lehre.
[Spaltenumbruch] ſchweret eure hertzen nicht/ denn der
teuffel iſt allezeit gegenwaͤrtig/ wie-
wolunſichtbar/ denn er iſt ein geiſt: So
kan er auch die kunſt/ daß er allenthal-
ben ſeyn kan auff dem gantzen umkreyß
der erden: Denn er iſt ein erfuͤller und
verbringer des uͤbels/ ſo auff dem gan-
tzen erdboden bey allen menſchen ge-
ſchiehet/ und lauſtert auff die menſchen/
wie eine katze auff die maͤuſe. Darum
alsbald ihr euch anfuͤllet mit wein/
und truncken weꝛdet/ ſo faͤhret er in euch/
bringt euch in ſuͤnden/ und uͤbet alle la-
ſter und uͤbel in euch/ fuͤhret euch amſeil
herum/ als ein hencker den uͤbelthaͤter/
biß er mit ihm ein end machet/ und hin-
richtet. Alſo thut er auch/ biß er ihn
leiblich beſitzet/ einnimmt/ oder ſonſt
gar in verzweiffelung bringt: Darum
ſehet zu ihr
Epicurei, Bacchi und lands-
knecht/ die gute volle bruͤder ſeynd/ und
tag und nacht beydem wein ſitzen/ ſich
nicht wollen laſſen ſtraffen/ ſondern
ſich ausreden mit ihrem ſpruͤchwort/
wie ſie ſagen: Ein kriegsmann und ein
ſchwein ſollen allezeit voll ſeyn: Denn
ſie wiſſen nicht/ wenn ſie ſterben muͤſſen/
oder wenn mans abſticht. —— Habt ei-
nen guten auffrichtigen redlichen wan-
del/ ſeyd munter/ nicht kleinmuͤthig/
habt nicht boͤſe gedancken oder fanta-
ſey/ bildet euch den teuffel nicht ein/
laſſet die
imagination in dieſem nicht
raum noch platz haben bey euch. Denn
alſo ſind ſehr viel beſeſſen worden vom
teuffel/ daran ihre eigenſinnige boͤſe ge-
dancken und ihre
imagination ſchuldig iſt
geweſen. Darum verlaſſet ſolches/ und
betet dafuͤr/ habt GOTT fuͤr augen/
denſelben bildet euch ein. So moͤget
ihr ihm gleichen/ und GOttes kinder
werden/ und er wird euch ſeinen geiſt zu-
ſenden/ mit demſelbigen wird er euch
beſitzen und regieren/ und ſeine wunder-
werck und allmacht durch euch erzeigen
und wuͤrcken/ wie durch
Paulum und al-
le Apoſtel iſt beſchehen/ welche alle auff
dieſe weiß mit dem Heil. Geiſt GOttes
ſind beſeſſen worden. Derhalben fol-
get dieſem nach/ und ſchlaget auch den
teuffel und alle boͤſe ſinn und gedancken
aus: Denn dadurch moͤgen wir uns
ſelbſt bereden/ und eben ſo wol den teuffel
an und in uns ziehen/ und mit ihm leib-
lich beſeſſen werden/ und in verzweiffe-
lung kommen/ daß wir unsletzlich ſelbſt
um das leben bringen/ und ein end neh-
men/ wie Judas/
Achitophel, und ande-
re dergleichen mehr.

12. Endlich wird nicht ſchaden koͤnnen/ ſei-
nen ausdruck und entdeckten ſinn von der wah-
ren weißheit zu vernehmen/ wie er im II. theil
der operum p. 318. u. f. alſo lautet aus dem
buch: Vom grund der weißheit: Nichts
iſt aus uns/ wir ſind nicht unſer ſelbſt/ ſondern
GOttes ſind wir/ darum ſo muͤſſen wir aus
ihm probiren was in uns iſt: Sein iſt es/
nicht unſer/ er hat uns den leib gemachet
[Spaltenumbruch] und geben das leben und die weiſ heit darzu.
Aus dem kommt nun alles ding. Auff ſolches
muͤſſen wir weiter wiſſen/ warum der menſch
da ſey/ warum er die ſeele habe/ was ihm GOtt
vermeint zu thun/ was er thun ſoll. Aus dem
erfindet ſich/ was der menſch iſt/ und warum er
da iſt. Nun erfindet ſich/ warum er lebt und war-
um er geboren iſt: Aus dem wird nun verſtan-
den der menſch in ſeiner weißheit/ das iſt/ daß
vor allen dingen auſſerhalb dem menſchen ſoll
verſtanden werden der Vater der weißheit/
wer derſelbige ſey/ und wie er ſey/ und was er
ſey: Daſſelbe iſt auch das kind/ das iſt der
menſch. Denn aus dem menſchen moͤgen wir
nicht verſtehen/ warum er auff erden iſt/ war-
um er beſchaffen iſt/ oder was er iſt. Aber aus
dem beſchaffer/ ſchoͤpffer ꝛc. daraus moͤgen wir
nehmen/ warum der menſch beſchaffen iſt/ und
was ſeine art iſt auff der welt: Dieſelbige art
nimmt ſich aus dem Vater der weißheit. Der
nun den Vater erkennt/ der erkennet auch den
Sohn. Dann der Sohn erbet den Vater;
nicht an dem ort im gut/ dann der Vater der
weißheit iſt nicht ein Vater des guths/ ſondern
allein der weißheit. Darum iſt die weißheit
gnugſam bey allen menſchen. Dann ſie haben
alle die weißheit/ und keiner mag ſprechen/ er
habe mehr dann der ander/ oder weniger dann
der ander. Denn als wenig ein menſch ein glied-
maß von GOtt weniger geſchaffen hat dann der
ander/ alſo wenig iſt er auch der weißheit be-
raubt: dann wie der Kaͤyſer/ alſo der bauer; wie
CHriſtus/ alſo der menſch. Darum ſo wiſſet/
ſo als der leib iſt ein ding in allen/ und niemand
iſt im ſelbigen arm oder reich/ ſondern gleich/
da keiner kan ſprechen/ er ſey im leibe mehrer
glieder dann der ander: Alſo von der weißheit
mag auch keiner ſprechen/ daß er ſey der weiß-
heit beraubt/ und einfaͤltig elendiglich begabt/
des verſtandes beraubt/ der vernunfft beraubt/
der witz beraubt; alles nichts. Sondern das
iſt alles wolda. Das iſt aber/ daß wirs groß
vergeſſen/ und nicht achten und trachten/ das
uns zu der weißheit bringt und ermahnet.
Der da ſchlaͤfft/ der weiß nichts/ denn er ermah-
net ſich nirgend an. Der alſo doll lebt/ ſaufft/
faulentzt/ der ermahnet ſich an das nicht/ das
in ihme iſt/ ſondern durch ſeine faulheit verſau-
met er die arbeit ſeiner weißheit.

Jſt es nicht alſo/ ſo eine gemeine zuſammen
kommt/ ſo kan niemand nichts/ und alle men-
ſchen ſeynd einfaͤltig/ biß an einen/ der gibt
den rath und wegweiſung: und ſo er das den
bauren hat fuͤrgelegt/ ſo ſagen ſie alle/ ja bey
GOtt/ er iſt recht daran/ und iſt alſo/ wie er ſagt.
So nun dieſer rath und anweiſung nicht alſo
wol in dir waͤr gelegen/ als in ihme/ wie koͤnteſt
du ihm kundſchafft geben/ daß er recht daꝛan waͤ-
re? Du bezeugeſt/ daß er recht daran iſt/ mit dir
ſelbſt. Darum haſt du dieſelbe witz in dir auch/
als wol als derſelbige/ du aber haſt gefehlt/
und dich nicht gemahnet daꝛan/ und alſo ſpꝛichſt
du/ ich habe nicht ſo weit gedacht: Jetzt biſtu ein
zeuge dein ſelbſt/ daß du geſchlaffen haſt in
dem erbe/ das du haſt. Dann alle haben ein erb/
keiner mehr noch weniger/ einer vergraͤbts und
laͤſts liegen/ uñ gehet oben hin/ deꝛ andeꝛe gewin-
net damit/ einer viel der ander mehr ꝛc. und alſo

nach-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/439
Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/439>, abgerufen am 10.01.2025.