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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Von dem rechten wahren Zion und Jerusalem.
[Spaltenumbruch] die andere sechzig-die dritte dreyßigfältig.
Diese haben die erste possession, welche auch
die ersten früchte des Geistes sind: welche
erstlinge und kinder der verheissung sind/ die
als Juda und Ephraim auserwehlet/ ja als
Benjamin fünffmal mehr gesegnet/ und vom
vater geehret werden/ der es ihnen alles un-
terwürffig machet durch CHRistum JE-
SUM/ deme sie als seine liebste braut und
königin gleichförmig seyn werden. Denn
diese haben auch am meisten gearbeitet in der
liebe/ und sind kommen aus grosser trübsal.
Apocal.
XIV. 1.
Diese sollen die hundert und vier und viertzig
tausend reine jungfranen/ oder unbefleckte
mägde seyn/ die durchfeuret/ und im hertzen
von aller begierde und lust des fleisches be-
schnitten sind. Habt acht drauff.
ENDE.

DAVID JORIS Schrifft/
Von dem rechten wahren Zion und
Jerusalem/ ein wahrhaffter klarer be-
richt/ von welchem vorher gesagt/ daß
das Gesetz und Wort des HErrn davon
außgehen solle/ Esa. II. Mich. IV.
Ps. XXV. 14.
Das geheimmß des HERRN ist unter
denen/ die ihn fürchten/ und die rechte
Gottseligkeit bey den danckbahren
hertzen.

Jesa. XXIX. 8.
Denn gleich als wenn einen hungerigen
träumet/ daß er ässe/ wenn er aber
auffwachet/ so ist seine seele noch
leer; und gleich als wenn einen dur-
stigen träumet/ daß er trincke/ wenn
er aber auffwachet/ so ist er noch
hellig und durstig; Also sol seyn
die menge aller Heyden/ die wider
den berg Zion streiten.
Auffs neue ge-
druckt Anno 1614.

Das 1. Capitel.

Sintemal sich viele recht stoltziglich von
Zion und Jerusalem fast fort und fort rüh-
men/ und viel grosse dinge aussagen/ und
auch zu beweisen haben/ daß das rechte wah-
re Wort GOttes (welches sie zu dem ende
in seiner vollkommenen schönheit und höch-
sten art/ geist und krafft vermeinen schon ge-
höret/ und gantz eingesehen zu haben) solte
von dar ausgegangen seyn/ wie zwar verheis-
sen und vorher geschrieben stehet/ kan oder
mag ichs (durch ernste liebe im geiste auffge-
wecket) nicht lassen/ dieselbe allzusammen
mit guter bescheidenheit anders (das da bes-
ser redet) anzuweisen; Welches sie auch an
mir loben (dieweil es hochnöthig ist) und
mir danck wissen solten/ wo sie anders weise
sind/ und die warheit lieb haben. Damit ich
aber euer aller Geist ermuntere/ lustig anzu-
hören/ und die ohren zum verstande/ und die
augen aus dem finstern zu sehen/ desto besser
auffthun möchte/ wil ich/ zuvorn D. L. den
verstand der Heil. Schrifft/ und die Geheim-
nisse (wenn ihr sanfftmüthig drauff mercken
[Spaltenumbruch] woltet) zu beschauen geben/ wo sie gegrün-
det/ und durch hören und sehen hervorzubrin-
gen eingegeben sind. Doch aber nicht vorNB.
die/ die warhafftig glauben/ und im Geist
gebohren/ oder im hause GOttes sind/ son-
dern vor die/ die draussen erfunden werden/
wie der HErr JESUS seinen Jüngern
(verstehets) vorher gesagt hat/ nemlich:
Euch ist gegeben zu erkennen die Ge-Matth.
XIII. 11.
Marc. IV.

heimnisse des Reiches GOttes/ denen
aber/ die draussen sind/ in Gleichnis-
sen/ auff daß sie es hören/ und doch
11.
Luc. VIII.
10.

nicht verstehen/ sehen/ und doch nicht
sehen/ und nicht erkennen mögen;
Wie
der HERR auch den hohen Propheten zuJesa. VI. 9
thun befohlen hat. Der HERR aber gebe
euch/ zu seinem lob/ mehreres licht und ge-
schmack/ damit ihr seinen namen in eurer nie-
drigkeit/ höchlich ehren/ loben und benedey-
en möget/ von nun an biß in ewigkeit/ Amen.

So nehmet denn wahr/ das sagt der
Heil. Geist: Jch wil meinen mundPsalm.
LXXIIX. 2
Matth.
XIII. 25.

auffthun in gleichnissen/ und wil her-
aus sagen die verborgenheiten von an-
beginn der welt.
Sehet/ hiemit stim-
met überein das wort CHRisti/ und des
Propheten Jesaiä/ da er sagt: Euch ist ge-Jesa. VI. 9
geben zu erkennen die Geheimnisse desLuc. IIX. 10
Reiches GOttes/ aber denen/ die
draussen sind/ in gleichnissen.
Wiewol
ich weiß/ daß diejenige/ die darunter befunden
werden/ vermeinen/ daß die geheimnisse an den
Jüden und Pharisäern schon alle geendiget
wären/ eben als wenn kein ander volck/ denn
die Jüden/ ausser dem hause GOttes wäre.
Jedoch/ wenn sie mit der zeit den sinn der war-
heit werden klärer einsehen/ sollen sie es besser/
ja eben so geendigt befinden/ als das consum-Joh. XIX.
30.

matum est: es ist vollbracht. Wiewol diß
von dem HErrn JESU recht gesagt/ ihm
auch leiblich nicht mehr befohlen/ oder auffge-
legt/ und die schrifft/ die es buchstäblich mel-
det/ erfüllet ward/ muß es deßwegen dennoch
in einem weitläufftigern sinn verstanden wer-Col. I.
1 Petr. IV.
Psalm.
Jesa.
Zachar.

den/ gleichwie der Heil. Geist/ wenn er durch
die Aposteln und Propheten/ ja durch den
HErrn JEsum von der Braut/ oder dem
wahren Leibe CHristi im Geiste bezeuget/ es
unter der person Christi außgesprochen hat.

Darum solt ihr nicht meinen/ daß das wort
der gleichnisse von dem verborgenem Reiche
GOttes/ in den parabolen von dem HErrn
JESU in dem Evangelio Matthäi erzehlet/
seine erfüllung oder endschafft erreichet ha-Die gleich
nisse/ bil-
der/ und
schatten/
und figu-
ren kom-
men denen
bildlichen/
schattischen
und figür-
lichen: Das
wahre we-
sen aber
denen wah-
ren we-
sendlichen
und neu-
gebohrnen
GOttes
und Chri-
sti zu.

be/ nein lieben Hertzen/ es strecket sich wei-
ter auß/ lassets uns tieffer/ denn also einse-
hen. Aber wie bald solte es geglaubet und
verstanden werden/ so man das Reich GOttes
in seinem wahren wesen kennete/ und so wür-
den sich auch alle die bilder und gleichnisse/ ja
die schatten (in welchen und nicht weiter das
Reich GOttes/ bevorab den bildlichen und
parabolischen völckern zu erkennen gegeben)
durchs rechte wahre wesen wol finden und
erkennen lassen/ und ist von niemand anders
auch unmöglich recht zu wissen. Darum
komts ihnen (nemlich denen die noch draussen
sind) auch auff den heutigen tag nicht weiter
zu/ ja es wäre eine thorheit/ wers ihnen wei-
ter wolte zusehen geben/ angesehen sie nicht

wieder-

Von dem rechten wahren Zion und Jeruſalem.
[Spaltenumbruch] die andere ſechzig-die dritte dreyßigfaͤltig.
Dieſe haben die erſte poſſeſſion, welche auch
die erſten fruͤchte des Geiſtes ſind: welche
erſtlinge und kinder der verheiſſung ſind/ die
als Juda und Ephraim auserwehlet/ ja als
Benjamin fuͤnffmal mehr geſegnet/ und vom
vater geehret werden/ der es ihnen alles un-
terwuͤrffig machet durch CHRiſtum JE-
SUM/ deme ſie als ſeine liebſte braut und
koͤnigin gleichfoͤrmig ſeyn werden. Denn
dieſe haben auch am meiſten gearbeitet in der
liebe/ und ſind kommen aus groſſer truͤbſal.
Apocal.
XIV. 1.
Dieſe ſollen die hundert und vier und viertzig
tauſend reine jungfranen/ oder unbefleckte
maͤgde ſeyn/ die durchfeuret/ und im hertzen
von aller begierde und luſt des fleiſches be-
ſchnitten ſind. Habt acht drauff.
ENDE.

DAVID JORIS Schrifft/
Von dem rechten wahren Zion und
Jeruſalem/ ein wahrhaffter klarer be-
richt/ von welchem vorher geſagt/ daß
das Geſetz und Wort des HErrn davon
außgehen ſolle/ Eſa. II. Mich. IV.
Pſ. XXV. 14.
Das geheimmß des HERRN iſt unter
denen/ die ihn fuͤrchten/ und die rechte
Gottſeligkeit bey den danckbahren
hertzen.

Jeſa. XXIX. 8.
Denn gleich als wenn einen hungerigen
traͤumet/ daß er aͤſſe/ wenn er aber
auffwachet/ ſo iſt ſeine ſeele noch
leer; und gleich als wenn einen dur-
ſtigen traͤumet/ daß er trincke/ wenn
er aber auffwachet/ ſo iſt er noch
hellig und durſtig; Alſo ſol ſeyn
die menge aller Heyden/ die wider
den berg Zion ſtreiten.
Auffs neue ge-
druckt Anno 1614.

Das 1. Capitel.

Sintemal ſich viele recht ſtoltziglich von
Zion und Jeruſalem faſt fort und fort ruͤh-
men/ und viel groſſe dinge ausſagen/ und
auch zu beweiſen haben/ daß das rechte wah-
re Wort GOttes (welches ſie zu dem ende
in ſeiner vollkommenen ſchoͤnheit und hoͤch-
ſten art/ geiſt und krafft vermeinen ſchon ge-
hoͤret/ und gantz eingeſehen zu haben) ſolte
von dar ausgegangen ſeyn/ wie zwar verheiſ-
ſen und vorher geſchrieben ſtehet/ kan oder
mag ichs (durch ernſte liebe im geiſte auffge-
wecket) nicht laſſen/ dieſelbe allzuſammen
mit guter beſcheidenheit anders (das da beſ-
ſer redet) anzuweiſen; Welches ſie auch an
mir loben (dieweil es hochnoͤthig iſt) und
mir danck wiſſen ſolten/ wo ſie anders weiſe
ſind/ und die warheit lieb haben. Damit ich
aber euer aller Geiſt ermuntere/ luſtig anzu-
hoͤren/ und die ohren zum verſtande/ und die
augen aus dem finſtern zu ſehen/ deſto beſſer
auffthun moͤchte/ wil ich/ zuvorn D. L. den
verſtand der Heil. Schrifft/ und die Geheim-
niſſe (wenn ihr ſanfftmuͤthig drauff mercken
[Spaltenumbruch] woltet) zu beſchauen geben/ wo ſie gegruͤn-
det/ und durch hoͤren und ſehen hervorzubrin-
gen eingegeben ſind. Doch aber nicht vorNB.
die/ die warhafftig glauben/ und im Geiſt
gebohren/ oder im hauſe GOttes ſind/ ſon-
dern vor die/ die drauſſen erfunden werden/
wie der HErr JESUS ſeinen Juͤngern
(verſtehets) vorher geſagt hat/ nemlich:
Euch iſt gegeben zu erkennen die Ge-Matth.
XIII. 11.
Marc. IV.

heimniſſe des Reiches GOttes/ denen
aber/ die drauſſen ſind/ in Gleichniſ-
ſen/ auff daß ſie es hoͤren/ und doch
11.
Luc. VIII.
10.

nicht verſtehen/ ſehen/ und doch nicht
ſehen/ und nicht erkennen moͤgen;
Wie
der HERR auch den hohen Propheten zuJeſa. VI. 9
thun befohlen hat. Der HERR aber gebe
euch/ zu ſeinem lob/ mehreres licht und ge-
ſchmack/ damit ihr ſeinen namen in eurer nie-
drigkeit/ hoͤchlich ehren/ loben und benedey-
en moͤget/ von nun an biß in ewigkeit/ Amen.

So nehmet denn wahr/ das ſagt der
Heil. Geiſt: Jch wil meinen mundPſalm.
LXXIIX. 2
Matth.
XIII. 25.

auffthun in gleichniſſen/ und wil her-
aus ſagen die verborgenheiten von an-
beginn der welt.
Sehet/ hiemit ſtim-
met uͤberein das wort CHRiſti/ und des
Propheten Jeſaiaͤ/ da er ſagt: Euch iſt ge-Jeſa. VI. 9
geben zu erkennen die Geheimniſſe desLuc. IIX. 10
Reiches GOttes/ aber denen/ die
drauſſen ſind/ in gleichniſſen.
Wiewol
ich weiß/ daß diejenige/ die darunter befunden
werden/ vermeinen/ daß die geheimniſſe an den
Juͤden und Phariſaͤern ſchon alle geendiget
waͤren/ eben als wenn kein ander volck/ denn
die Juͤden/ auſſer dem hauſe GOttes waͤre.
Jedoch/ wenn ſie mit der zeit den ſinn der war-
heit werden klaͤrer einſehen/ ſollen ſie es beſſer/
ja eben ſo geendigt befinden/ als das conſum-Joh. XIX.
30.

matum eſt: es iſt vollbracht. Wiewol diß
von dem HErrn JESU recht geſagt/ ihm
auch leiblich nicht mehr befohlen/ oder auffge-
legt/ und die ſchrifft/ die es buchſtaͤblich mel-
det/ erfuͤllet ward/ muß es deßwegen dennoch
in einem weitlaͤufftigern ſinn verſtanden wer-Col. I.
1 Petr. IV.
Pſalm.
Jeſa.
Zachar.

den/ gleichwie der Heil. Geiſt/ wenn er durch
die Apoſteln und Propheten/ ja durch den
HErrn JEſum von der Braut/ oder dem
wahren Leibe CHriſti im Geiſte bezeuget/ es
unter der perſon Chriſti außgeſprochen hat.

Darum ſolt ihr nicht meinen/ daß das wort
der gleichniſſe von dem verborgenem Reiche
GOttes/ in den parabolen von dem HErrn
JESU in dem Evangelio Matthaͤi erzehlet/
ſeine erfuͤllung oder endſchafft erreichet ha-Die gleich
niſſe/ bil-
der/ und
ſchatten/
und figu-
ren kom-
men denen
bildlichen/
ſchattiſchẽ
und figuͤr-
lichẽ: Das
wahre we-
ſen aber
denẽ wah-
ren we-
ſendlichen
und neu-
gebohrnen
GOttes
und Chri-
ſti zu.

be/ nein lieben Hertzen/ es ſtrecket ſich wei-
ter auß/ laſſets uns tieffer/ denn alſo einſe-
hen. Aber wie bald ſolte es geglaubet und
verſtanden werden/ ſo man das Reich GOttes
in ſeinem wahren weſen kennete/ und ſo wuͤr-
den ſich auch alle die bilder und gleichniſſe/ ja
die ſchatten (in welchen und nicht weiter das
Reich GOttes/ bevorab den bildlichen und
paraboliſchen voͤlckern zu erkennen gegeben)
durchs rechte wahre weſen wol finden und
erkennen laſſen/ und iſt von niemand anders
auch unmoͤglich recht zu wiſſen. Darum
komts ihnen (nemlich denen die noch drauſſen
ſind) auch auff den heutigen tag nicht weiter
zu/ ja es waͤre eine thorheit/ wers ihnen wei-
ter wolte zuſehen geben/ angeſehen ſie nicht

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[375/0671] Von dem rechten wahren Zion und Jeruſalem. die andere ſechzig-die dritte dreyßigfaͤltig. Dieſe haben die erſte poſſeſſion, welche auch die erſten fruͤchte des Geiſtes ſind: welche erſtlinge und kinder der verheiſſung ſind/ die als Juda und Ephraim auserwehlet/ ja als Benjamin fuͤnffmal mehr geſegnet/ und vom vater geehret werden/ der es ihnen alles un- terwuͤrffig machet durch CHRiſtum JE- SUM/ deme ſie als ſeine liebſte braut und koͤnigin gleichfoͤrmig ſeyn werden. Denn dieſe haben auch am meiſten gearbeitet in der liebe/ und ſind kommen aus groſſer truͤbſal. Dieſe ſollen die hundert und vier und viertzig tauſend reine jungfranen/ oder unbefleckte maͤgde ſeyn/ die durchfeuret/ und im hertzen von aller begierde und luſt des fleiſches be- ſchnitten ſind. Habt acht drauff. ENDE. Apocal. XIV. 1. DAVID JORIS Schrifft/ Von dem rechten wahren Zion und Jeruſalem/ ein wahrhaffter klarer be- richt/ von welchem vorher geſagt/ daß das Geſetz und Wort des HErrn davon außgehen ſolle/ Eſa. II. Mich. IV. Pſ. XXV. 14. Das geheimmß des HERRN iſt unter denen/ die ihn fuͤrchten/ und die rechte Gottſeligkeit bey den danckbahren hertzen. Jeſa. XXIX. 8. Denn gleich als wenn einen hungerigen traͤumet/ daß er aͤſſe/ wenn er aber auffwachet/ ſo iſt ſeine ſeele noch leer; und gleich als wenn einen dur- ſtigen traͤumet/ daß er trincke/ wenn er aber auffwachet/ ſo iſt er noch hellig und durſtig; Alſo ſol ſeyn die menge aller Heyden/ die wider den berg Zion ſtreiten. Auffs neue ge- druckt Anno 1614. Das 1. Capitel. Sintemal ſich viele recht ſtoltziglich von Zion und Jeruſalem faſt fort und fort ruͤh- men/ und viel groſſe dinge ausſagen/ und auch zu beweiſen haben/ daß das rechte wah- re Wort GOttes (welches ſie zu dem ende in ſeiner vollkommenen ſchoͤnheit und hoͤch- ſten art/ geiſt und krafft vermeinen ſchon ge- hoͤret/ und gantz eingeſehen zu haben) ſolte von dar ausgegangen ſeyn/ wie zwar verheiſ- ſen und vorher geſchrieben ſtehet/ kan oder mag ichs (durch ernſte liebe im geiſte auffge- wecket) nicht laſſen/ dieſelbe allzuſammen mit guter beſcheidenheit anders (das da beſ- ſer redet) anzuweiſen; Welches ſie auch an mir loben (dieweil es hochnoͤthig iſt) und mir danck wiſſen ſolten/ wo ſie anders weiſe ſind/ und die warheit lieb haben. Damit ich aber euer aller Geiſt ermuntere/ luſtig anzu- hoͤren/ und die ohren zum verſtande/ und die augen aus dem finſtern zu ſehen/ deſto beſſer auffthun moͤchte/ wil ich/ zuvorn D. L. den verſtand der Heil. Schrifft/ und die Geheim- niſſe (wenn ihr ſanfftmuͤthig drauff mercken woltet) zu beſchauen geben/ wo ſie gegruͤn- det/ und durch hoͤren und ſehen hervorzubrin- gen eingegeben ſind. Doch aber nicht vor die/ die warhafftig glauben/ und im Geiſt gebohren/ oder im hauſe GOttes ſind/ ſon- dern vor die/ die drauſſen erfunden werden/ wie der HErr JESUS ſeinen Juͤngern (verſtehets) vorher geſagt hat/ nemlich: Euch iſt gegeben zu erkennen die Ge- heimniſſe des Reiches GOttes/ denen aber/ die drauſſen ſind/ in Gleichniſ- ſen/ auff daß ſie es hoͤren/ und doch nicht verſtehen/ ſehen/ und doch nicht ſehen/ und nicht erkennen moͤgen; Wie der HERR auch den hohen Propheten zu thun befohlen hat. Der HERR aber gebe euch/ zu ſeinem lob/ mehreres licht und ge- ſchmack/ damit ihr ſeinen namen in eurer nie- drigkeit/ hoͤchlich ehren/ loben und benedey- en moͤget/ von nun an biß in ewigkeit/ Amen. NB. Matth. XIII. 11. Marc. IV. 11. Luc. VIII. 10. Jeſa. VI. 9 So nehmet denn wahr/ das ſagt der Heil. Geiſt: Jch wil meinen mund auffthun in gleichniſſen/ und wil her- aus ſagen die verborgenheiten von an- beginn der welt. Sehet/ hiemit ſtim- met uͤberein das wort CHRiſti/ und des Propheten Jeſaiaͤ/ da er ſagt: Euch iſt ge- geben zu erkennen die Geheimniſſe des Reiches GOttes/ aber denen/ die drauſſen ſind/ in gleichniſſen. Wiewol ich weiß/ daß diejenige/ die darunter befunden werden/ vermeinen/ daß die geheimniſſe an den Juͤden und Phariſaͤern ſchon alle geendiget waͤren/ eben als wenn kein ander volck/ denn die Juͤden/ auſſer dem hauſe GOttes waͤre. Jedoch/ wenn ſie mit der zeit den ſinn der war- heit werden klaͤrer einſehen/ ſollen ſie es beſſer/ ja eben ſo geendigt befinden/ als das conſum- matum eſt: es iſt vollbracht. Wiewol diß von dem HErrn JESU recht geſagt/ ihm auch leiblich nicht mehr befohlen/ oder auffge- legt/ und die ſchrifft/ die es buchſtaͤblich mel- det/ erfuͤllet ward/ muß es deßwegen dennoch in einem weitlaͤufftigern ſinn verſtanden wer- den/ gleichwie der Heil. Geiſt/ wenn er durch die Apoſteln und Propheten/ ja durch den HErrn JEſum von der Braut/ oder dem wahren Leibe CHriſti im Geiſte bezeuget/ es unter der perſon Chriſti außgeſprochen hat. Pſalm. LXXIIX. 2 Matth. XIII. 25. Jeſa. VI. 9 Luc. IIX. 10 Joh. XIX. 30. Col. I. 1 Petr. IV. Pſalm. Jeſa. Zachar. Darum ſolt ihr nicht meinen/ daß das wort der gleichniſſe von dem verborgenem Reiche GOttes/ in den parabolen von dem HErrn JESU in dem Evangelio Matthaͤi erzehlet/ ſeine erfuͤllung oder endſchafft erreichet ha- be/ nein lieben Hertzen/ es ſtrecket ſich wei- ter auß/ laſſets uns tieffer/ denn alſo einſe- hen. Aber wie bald ſolte es geglaubet und verſtanden werden/ ſo man das Reich GOttes in ſeinem wahren weſen kennete/ und ſo wuͤr- den ſich auch alle die bilder und gleichniſſe/ ja die ſchatten (in welchen und nicht weiter das Reich GOttes/ bevorab den bildlichen und paraboliſchen voͤlckern zu erkennen gegeben) durchs rechte wahre weſen wol finden und erkennen laſſen/ und iſt von niemand anders auch unmoͤglich recht zu wiſſen. Darum komts ihnen (nemlich denen die noch drauſſen ſind) auch auff den heutigen tag nicht weiter zu/ ja es waͤre eine thorheit/ wers ihnen wei- ter wolte zuſehen geben/ angeſehen ſie nicht wieder- Die gleich niſſe/ bil- der/ und ſchatten/ und figu- ren kom- men denen bildlichen/ ſchattiſchẽ und figuͤr- lichẽ: Das wahre we- ſen aber denẽ wah- ren we- ſendlichen und neu- gebohrnen GOttes und Chri- ſti zu.

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/671>, abgerufen am 22.12.2024.