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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. IIX. Proceß wider einen/
[Spaltenumbruch] "tzen/ daß der himmlische Vater/ der in ihm den
"falchen concept von den dreyen Göttern ver-
"stehet/ auch das andere verstöhren werde/ da
"er nun nicht glaubenkan/ daß CHristus der
"ewige GOtt sey/ ja daß er weder nach seiner
"menschlichen noch Göttlichen natur je gewe-
"sen sey. So war Paulus auch nicht allein ein
"lästerer/ sondern wie er selbst bekennet/ hat er
"noch andere zu lästern gezwungen/ zu welchem
"grad der captivus noch nicht gekommen ist.

"5. Jn dem A. Testament ward ein läste-
"rer eben so wol/ wie einer der am sabbattage
"holtz sammlete/ gesteiniget/ aber derselbige
"hatte in seinem gewissen erkannt/ das nach-
"mals durch das gesetz/ welches ist eine wie-
"derholung des lichts der natur/ bekräfftiget
"ward/ daß nur ein GOtt sey; Da nun ein
"solcher sünder gegen das licht der natur/ und
"gegen das zeugniß seines gewissens gestürmet/
"so hat er boßhafftiger weise Numen aeternum
"gelästert/ und solche dictirte straffe billig ver-
"dienet: So ist auch sonderlich wol in acht zu
"nehmen/ daß GOtt/ als er über den Blasphe-
"mum
gefragt wurde/ diese decision gab Lev.
"XXIV.
Welcher lästert [fremdsprachliches Material] seinen Gott/
"es sey ein fremder oder einheimischer/ der soll
"des todes sterben/ das ist/ wer seinen GOtt/
"welchen er für einen GOTT hält/ lästert/
"der soll seine sünde tragen: also müste auch ein
"Heide/ der Jovem für einem Gott hielt/ und doch
"ihn lästerte/ sterben/ denn er würde auch Gott
"lästern/ wenn er in der rechten Religion wäre/
"dieweil er jetzo seine Religion für die rechte
"hält. Aber Peter hält das von CHristo ihm
"selbst gemachte bild für keinen GOtt/ und
"hält uns darum für Abgötter/ daß wir ihn
"neben dem einigen GOTT ehren/ so kan er
"ihn auch nicht lästern als einen GOtt. Dar-
"nach so leugnet er im geringsten nicht solchen
"einigen GOtt/ sondern hält ihn vielmehr so
"hoch/ daß er fürchtet/ es würde ihm seine ehre
"und heiligkeit gekräncket/ wenn ihm ein ande-
"rer GOtt solte an die seite gesetzet werden/ wel-
"ches er meinet secundum conscientiam errone-
"am
gewiß zu geschehen/ wenn er CHristum/
"von welchem er hält/ daß ihn die Jesuiten zu
"einem GOtt gemachet haben/ also verehren
"solte/ und wird noch darinnen sehr bekräffti-
"get/ weil er dafür hält/ daß er von GOtt das
"gesicht von der einigen feuerseulen dazu
"bekommen habe/ daß nur ein einiger GOtt
"mit ausschliessung des Sohnes und des H.
"Geistes solte von ihm beständig geglaubet
"werden/ wozu denn noch kommt/ daß er von
"den Socinianern/ worunter er zu Dantzig ge-
"wesen/ ist völlig verwirret worden/ welcher
"meinung er gar leicht unter dem schein einer
"grossen devotion hat beypflichten können/ nach-
"dem er schon vorhin wegen dieser sache mit
"ihm selbst luctirt hat/ und durch stäte medita-
"tion
und beängstigung so weit kommen ist/ daß
"er von den Königsbergischen Medicis pro de-
"liro
ist tractiret/ und curiret worden/ und fast
"ein neues argument uns gemacht hat/ da er
"als ihm der tod angekündiget worden/ soll
"gelachet haben. Man will zwar unter andern
"vorwenden/ der captivus wäre nicht ein ge-
"borner Socinianer/ sondern in der Lutherischen
"Religion erzogen/ und geboren/ wäre darinn
"getaufft/ und zum Abendmahl gegangen etc.
"Aber wer weiß nicht/ daß die meisten aus ih-
[Spaltenumbruch] rem tauffbund ausfallen/ und nachgehends al-"
le solche heilige actiones als opera operata in"
einem unerleuchteten hertzen halten können?"
So lange er noch der Communion beyge-"
wohnt/ so lange hat er solche scrupel ihm"
nicht gemachet/ sondern ist/ wie ihrer viel in"
Lübeck/ und an andern orten/ nach gewon-"
heit so oben hin mitgegangen; Aber nachdem"
er diese starcke anfechtung bekommen/ hat ers"
eingestellet. Und solten ihrer viel recht her-"
aus sagen/ was sie in ihrem hertzen für con-"
cept
en von der H. Dreyeinigkeit hegen/ man"
würde wunder hören/ und solten sie ein we-"
nig scrupulirens machen/ die jetzo mit vollem"
halse die Dreyeinigkeit bekennen/ sie würden in"
eben solche Labyrinthe und noch ärger hinein"
fallen/ dafür sie GOtt bewahre; und daß"
sie kräfftig dafür mögen bewahret werden/ so"
wollen sie dieses grosse geheimniß im geist und"
in der wahrheit fassen/ welches wenige fas-"
sen/ und derjenige nur allein solches weiß/ der"
es würcklich hat/ und doch die worte nicht fin-"
det/ damit ers ausspreche/ weil es über unsere"
worte ist/ und im stillen geiste will geglaubet"
und erkannt werden."

6. Aus welchem allem man klärlich erken-"
nen kan/ daß das argument richtig sey/ wel-"
ches viele tapffere Theologi in gleichem casu"
bekräfftiget haben/ daß man keinen mit dem"
tode straffen könne/ derso gar nicht überfuhret"
ist/ noch/ weil es ein so hoher glaubens-artickel/"
nicht von menschen als menschen überführet"
werden kan/ daß er unrecht gethan/ oder thue/"
sondern vielmehr/ licet ex erronea conscientia,"
quam ille optimam existimat,
dafür hält"
daß er unrecht thun würde/ wenn er gegen"
den einigen wahren GOtt noch einen andern"
absonderlichen GOtt/ wie er meint/ daß es"
CHristus sey/ glauben solte. So hat auch"
der arme mensch ja lange gnug in squalore &"
tenebris
gesessen/ welches seine straffe mitigi-"
r
en solte/ und viele tödte ausgestanden/ auch"
nicht geringe marter empfunden hat/ daß man"
ihm hat wollen durch vielfältige obgleich gut"
meinende besuchungen der geistlichen ein an-"
ders beybringen/ welches er nicht so wol aus"
obstinatem sinn/ als daß er theils wegen der"
blödigkeit seines verstandes/ theils daß die"
stunde GOttes zu seiner erleuchtung noch"
nicht da gewesen/ bißher nicht hat annehmen"
können/ und gefürchtet/ er würde durch die ge-"
lehrtigkeit nur überschnellet werden. Und"
wenn er ja etwas solte annehmen aus furcht"
für dem tode/ und seinen glauben und wahr-"
heit/ wie er sie fest dafür hält/ verleugnen"
würde/ dagegen er sich ermannet/ und lie-"
ber sterben will/ als GOTT verlästern/"
welches er doch endlich besser fassen solte/"
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und ihn allmählig durch gutes thun gewönne."
Man kan in eines menschen hertz und in die"
winckel der verborgenen seelen nicht hinein se-"
hen. Manchmal scheinet uns ein sache klar"
zu seyn/ und sie ist es auch/ aber einem andern"
ist sie nicht klar der wol so viel verstand hat/"
als wir. Woher kommt das? die seele hat so"
viel recessus, darinne sie die objectiones heim-"
lich beantwortet/ aber doch die worte nicht fin-"
det/ damit sie solche widerleget/ und also bey"
ihrer einmal gefasten/ meinung bleibet/ da es"
denn auch manchmal kommen kan/ daß eine"

seele

Th. IV. Sect. III. Num. IIX. Proceß wider einen/
[Spaltenumbruch] „tzen/ daß der himmliſche Vater/ der in ihm den
„falchen concept von den dreyen Goͤttern ver-
„ſtehet/ auch das andere verſtoͤhren werde/ da
„er nun nicht glaubenkan/ daß CHriſtus der
„ewige GOtt ſey/ ja daß er weder nach ſeiner
„menſchlichen noch Goͤttlichen natur je gewe-
„ſen ſey. So war Paulus auch nicht allein ein
„laͤſterer/ ſondern wie er ſelbſt bekennet/ hat er
„noch andere zu laͤſtern gezwungen/ zu welchem
grad der captivus noch nicht gekommen iſt.

„5. Jn dem A. Teſtament ward ein laͤſte-
„rer eben ſo wol/ wie einer der am ſabbattage
„holtz ſammlete/ geſteiniget/ aber derſelbige
„hatte in ſeinem gewiſſen erkannt/ das nach-
„mals durch das geſetz/ welches iſt eine wie-
„derholung des lichts der natur/ bekraͤfftiget
„ward/ daß nur ein GOtt ſey; Da nun ein
„ſolcher ſuͤnder gegen das licht der natur/ und
„gegen das zeugniß ſeines gewiſſens geſtuͤrmet/
„ſo hat er boßhafftiger weiſe Numen æternum
„gelaͤſtert/ und ſolche dictirte ſtraffe billig ver-
„dienet: So iſt auch ſonderlich wol in acht zu
„nehmen/ daß GOtt/ als er uͤber den Blaſphe-
„mum
gefragt wurde/ dieſe deciſion gab Lev.
„XXIV.
Welcher laͤſtert [fremdsprachliches Material] ſeinen Gott/
„es ſey ein fremder oder einheimiſcher/ der ſoll
„des todes ſterben/ das iſt/ wer ſeinen GOtt/
„welchen er fuͤr einen GOTT haͤlt/ laͤſtert/
„der ſoll ſeine ſuͤnde tragen: alſo muͤſte auch ein
„Heide/ der Jovem fuͤr einem Gott hielt/ uñ doch
„ihn laͤſterte/ ſterben/ denn er wuͤrde auch Gott
„laͤſtern/ wenn er in der rechten Religion waͤre/
„dieweil er jetzo ſeine Religion fuͤr die rechte
„haͤlt. Aber Peter haͤlt das von CHriſto ihm
„ſelbſt gemachte bild fuͤr keinen GOtt/ und
„haͤlt uns darum fuͤr Abgoͤtter/ daß wir ihn
„neben dem einigen GOTT ehren/ ſo kan er
„ihn auch nicht laͤſtern als einen GOtt. Dar-
„nach ſo leugnet er im geringſten nicht ſolchen
„einigen GOtt/ ſondern haͤlt ihn vielmehr ſo
„hoch/ daß er fuͤrchtet/ es wuͤrde ihm ſeine ehre
„und heiligkeit gekraͤncket/ wenn ihm ein ande-
„rer GOtt ſolte an die ſeite geſetzet werden/ wel-
„ches er meinet ſecundum conſcientiam errone-
„am
gewiß zu geſchehen/ wenn er CHriſtum/
„von welchem er haͤlt/ daß ihn die Jeſuiten zu
„einem GOtt gemachet haben/ alſo verehren
„ſolte/ und wird noch darinnen ſehr bekraͤffti-
„get/ weil er dafuͤr haͤlt/ daß er von GOtt das
„geſicht von der einigen feuerſeulen dazu
„bekommen habe/ daß nur ein einiger GOtt
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„Geiſtes ſolte von ihm beſtaͤndig geglaubet
„werden/ wozu denn noch kommt/ daß er von
„den Socinianern/ worunter er zu Dantzig ge-
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„groſſen devotion hat beypflichten koͤñen/ nach-
„dem er ſchon vorhin wegen dieſer ſache mit
„ihm ſelbſt luctirt hat/ und durch ſtaͤte medita-
„tion
und beaͤngſtigung ſo weit kom̃en iſt/ daß
„er von den Koͤnigsbergiſchen Medicis pro de-
„liro
iſt tractiret/ und curiret worden/ und faſt
„ein neues argument uns gemacht hat/ da er
„als ihm der tod angekuͤndiget worden/ ſoll
„gelachet haben. Man will zwar unter andern
„vorwenden/ der captivus waͤre nicht ein ge-
„borner Socinianer/ ſondern in der Lutheriſchen
„Religion erzogen/ und geboren/ waͤre darinn
„getaufft/ und zum Abendmahl gegangen ꝛc.
„Aber wer weiß nicht/ daß die meiſten aus ih-
[Spaltenumbruch] rem tauffbund ausfallen/ und nachgehends al-“
le ſolche heilige actiones als opera operata in“
einem unerleuchteten hertzen halten koͤnnen?“
So lange er noch der Communion beyge-“
wohnt/ ſo lange hat er ſolche ſcrupel ihm“
nicht gemachet/ ſondern iſt/ wie ihrer viel in“
Luͤbeck/ und an andern orten/ nach gewon-“
heit ſo oben hin mitgegangen; Aber nachdem“
er dieſe ſtarcke anfechtung bekommen/ hat ers“
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aus ſagen/ was ſie in ihrem hertzen fuͤr con-“
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wuͤrde wunder hoͤren/ und ſolten ſie ein we-“
nig ſcrupulirens machen/ die jetzo mit vollem“
halſe die Dreyeinigkeit bekennen/ ſie wuͤrden in“
eben ſolche Labyrinthe und noch aͤrger hinein“
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ſen/ und derjenige nur allein ſolches weiß/ der“
es wuͤrcklich hat/ und doch die worte nicht fin-“
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6. Aus welchem allem man klaͤrlich erken-“
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tode ſtraffen koͤnne/ derſo gar nicht uͤberfuhret“
iſt/ noch/ weil es ein ſo hoheꝛ glaubens-aꝛtickel/“
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ſondeꝛn vielmehr/ licet ex erronea conſcientia,“
quam ille optimam exiſtimat,
dafuͤr haͤlt“
daß er unrecht thun wuͤrde/ wenn er gegen“
den einigen wahren GOtt noch einen andern“
abſonderlichen GOtt/ wie er meint/ daß es“
CHriſtus ſey/ glauben ſolte. So hat auch“
der arme menſch ja lange gnug in ſqualore &“
tenebris
geſeſſen/ welches ſeine ſtraffe mitigi-“
r
en ſolte/ und viele toͤdte ausgeſtanden/ auch“
nicht geringe marter empfunden hat/ daß man“
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obſtinatem ſinn/ als daß er theils wegen der“
bloͤdigkeit ſeines verſtandes/ theils daß die“
ſtunde GOttes zu ſeiner erleuchtung noch“
nicht da geweſen/ bißher nicht hat annehmen“
koͤnnen/ und gefuͤrchtet/ er wuͤrde durch die ge-“
lehrtigkeit nur uͤberſchnellet werden. Und“
wenn er ja etwas ſolte annehmen aus furcht“
fuͤr dem tode/ und ſeinen glauben und wahr-“
heit/ wie er ſie feſt dafuͤr haͤlt/ verleugnen“
wuͤrde/ dagegen er ſich ermannet/ und lie-“
ber ſterben will/ als GOTT verlaͤſtern/“
welches er doch endlich beſſer faſſen ſolte/“
wenn man ſeinem gemuͤthe ſpacium lieſſe/“
und ihn allmaͤhlig duꝛch gutes thun gewoͤnne.“
Man kan in eines menſchen hertz und in die“
winckel der verborgenen ſeelen nicht hinein ſe-“
hen. Manchmal ſcheinet uns ein ſache klar“
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iſt ſie nicht klar der wol ſo viel verſtand hat/“
als wir. Woher kommt das? die ſeele hat ſo“
viel receſſus, darinne ſie die objectiones heim-“
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[486/0794] Th. IV. Sect. III. Num. IIX. Proceß wider einen/ „tzen/ daß der himmliſche Vater/ der in ihm den „falchen concept von den dreyen Goͤttern ver- „ſtehet/ auch das andere verſtoͤhren werde/ da „er nun nicht glaubenkan/ daß CHriſtus der „ewige GOtt ſey/ ja daß er weder nach ſeiner „menſchlichen noch Goͤttlichen natur je gewe- „ſen ſey. So war Paulus auch nicht allein ein „laͤſterer/ ſondern wie er ſelbſt bekennet/ hat er „noch andere zu laͤſtern gezwungen/ zu welchem „grad der captivus noch nicht gekommen iſt. „5. Jn dem A. Teſtament ward ein laͤſte- „rer eben ſo wol/ wie einer der am ſabbattage „holtz ſammlete/ geſteiniget/ aber derſelbige „hatte in ſeinem gewiſſen erkannt/ das nach- „mals durch das geſetz/ welches iſt eine wie- „derholung des lichts der natur/ bekraͤfftiget „ward/ daß nur ein GOtt ſey; Da nun ein „ſolcher ſuͤnder gegen das licht der natur/ und „gegen das zeugniß ſeines gewiſſens geſtuͤrmet/ „ſo hat er boßhafftiger weiſe Numen æternum „gelaͤſtert/ und ſolche dictirte ſtraffe billig ver- „dienet: So iſt auch ſonderlich wol in acht zu „nehmen/ daß GOtt/ als er uͤber den Blaſphe- „mum gefragt wurde/ dieſe deciſion gab Lev. „XXIV. Welcher laͤſtert _ ſeinen Gott/ „es ſey ein fremder oder einheimiſcher/ der ſoll „des todes ſterben/ das iſt/ wer ſeinen GOtt/ „welchen er fuͤr einen GOTT haͤlt/ laͤſtert/ „der ſoll ſeine ſuͤnde tragen: alſo muͤſte auch ein „Heide/ der Jovem fuͤr einem Gott hielt/ uñ doch „ihn laͤſterte/ ſterben/ denn er wuͤrde auch Gott „laͤſtern/ wenn er in der rechten Religion waͤre/ „dieweil er jetzo ſeine Religion fuͤr die rechte „haͤlt. Aber Peter haͤlt das von CHriſto ihm „ſelbſt gemachte bild fuͤr keinen GOtt/ und „haͤlt uns darum fuͤr Abgoͤtter/ daß wir ihn „neben dem einigen GOTT ehren/ ſo kan er „ihn auch nicht laͤſtern als einen GOtt. Dar- „nach ſo leugnet er im geringſten nicht ſolchen „einigen GOtt/ ſondern haͤlt ihn vielmehr ſo „hoch/ daß er fuͤrchtet/ es wuͤrde ihm ſeine ehre „und heiligkeit gekraͤncket/ wenn ihm ein ande- „rer GOtt ſolte an die ſeite geſetzet werden/ wel- „ches er meinet ſecundum conſcientiam errone- „am gewiß zu geſchehen/ wenn er CHriſtum/ „von welchem er haͤlt/ daß ihn die Jeſuiten zu „einem GOtt gemachet haben/ alſo verehren „ſolte/ und wird noch darinnen ſehr bekraͤffti- „get/ weil er dafuͤr haͤlt/ daß er von GOtt das „geſicht von der einigen feuerſeulen dazu „bekommen habe/ daß nur ein einiger GOtt „mit ausſchlieſſung des Sohnes und des H. „Geiſtes ſolte von ihm beſtaͤndig geglaubet „werden/ wozu denn noch kommt/ daß er von „den Socinianern/ worunter er zu Dantzig ge- „weſen/ iſt voͤllig verwirret worden/ welcher „meinung er gar leicht unter dem ſchein einer „groſſen devotion hat beypflichten koͤñen/ nach- „dem er ſchon vorhin wegen dieſer ſache mit „ihm ſelbſt luctirt hat/ und durch ſtaͤte medita- „tion und beaͤngſtigung ſo weit kom̃en iſt/ daß „er von den Koͤnigsbergiſchen Medicis pro de- „liro iſt tractiret/ und curiret worden/ und faſt „ein neues argument uns gemacht hat/ da er „als ihm der tod angekuͤndiget worden/ ſoll „gelachet haben. Man will zwar unter andern „vorwenden/ der captivus waͤre nicht ein ge- „borner Socinianer/ ſondern in der Lutheriſchen „Religion erzogen/ und geboren/ waͤre darinn „getaufft/ und zum Abendmahl gegangen ꝛc. „Aber wer weiß nicht/ daß die meiſten aus ih- rem tauffbund ausfallen/ und nachgehends al-“ le ſolche heilige actiones als opera operata in“ einem unerleuchteten hertzen halten koͤnnen?“ So lange er noch der Communion beyge-“ wohnt/ ſo lange hat er ſolche ſcrupel ihm“ nicht gemachet/ ſondern iſt/ wie ihrer viel in“ Luͤbeck/ und an andern orten/ nach gewon-“ heit ſo oben hin mitgegangen; Aber nachdem“ er dieſe ſtarcke anfechtung bekommen/ hat ers“ eingeſtellet. Und ſolten ihrer viel recht her-“ aus ſagen/ was ſie in ihrem hertzen fuͤr con-“ cepten von der H. Dreyeinigkeit hegen/ man“ wuͤrde wunder hoͤren/ und ſolten ſie ein we-“ nig ſcrupulirens machen/ die jetzo mit vollem“ halſe die Dreyeinigkeit bekennen/ ſie wuͤrden in“ eben ſolche Labyrinthe und noch aͤrger hinein“ fallen/ dafuͤr ſie GOtt bewahre; und daß“ ſie kraͤfftig dafuͤr moͤgen bewahret werden/ ſo“ wollen ſie dieſes groſſe geheimniß im geiſt und“ in der wahrheit faſſen/ welches wenige faſ-“ ſen/ und derjenige nur allein ſolches weiß/ der“ es wuͤrcklich hat/ und doch die worte nicht fin-“ det/ damit ers ausſpreche/ weil es uͤber unſere“ worte iſt/ und im ſtillen geiſte will geglaubet“ und erkannt werden.‟ 6. Aus welchem allem man klaͤrlich erken-“ nen kan/ daß das argument richtig ſey/ wel-“ ches viele tapffere Theologi in gleichem caſu“ bekraͤfftiget haben/ daß man keinen mit dem“ tode ſtraffen koͤnne/ derſo gar nicht uͤberfuhret“ iſt/ noch/ weil es ein ſo hoheꝛ glaubens-aꝛtickel/“ nicht von menſchen als menſchen uͤberfuͤhret“ werden kan/ daß er unrecht gethan/ oder thue/“ ſondeꝛn vielmehr/ licet ex erronea conſcientia,“ quam ille optimam exiſtimat, dafuͤr haͤlt“ daß er unrecht thun wuͤrde/ wenn er gegen“ den einigen wahren GOtt noch einen andern“ abſonderlichen GOtt/ wie er meint/ daß es“ CHriſtus ſey/ glauben ſolte. So hat auch“ der arme menſch ja lange gnug in ſqualore &“ tenebris geſeſſen/ welches ſeine ſtraffe mitigi-“ ren ſolte/ und viele toͤdte ausgeſtanden/ auch“ nicht geringe marter empfunden hat/ daß man“ ihm hat wollen durch vielfaͤltige obgleich gut“ meinende beſuchungen der geiſtlichen ein an-“ ders beybringen/ welches er nicht ſo wol aus“ obſtinatem ſinn/ als daß er theils wegen der“ bloͤdigkeit ſeines verſtandes/ theils daß die“ ſtunde GOttes zu ſeiner erleuchtung noch“ nicht da geweſen/ bißher nicht hat annehmen“ koͤnnen/ und gefuͤrchtet/ er wuͤrde durch die ge-“ lehrtigkeit nur uͤberſchnellet werden. Und“ wenn er ja etwas ſolte annehmen aus furcht“ fuͤr dem tode/ und ſeinen glauben und wahr-“ heit/ wie er ſie feſt dafuͤr haͤlt/ verleugnen“ wuͤrde/ dagegen er ſich ermannet/ und lie-“ ber ſterben will/ als GOTT verlaͤſtern/“ welches er doch endlich beſſer faſſen ſolte/“ wenn man ſeinem gemuͤthe ſpacium lieſſe/“ und ihn allmaͤhlig duꝛch gutes thun gewoͤnne.“ Man kan in eines menſchen hertz und in die“ winckel der verborgenen ſeelen nicht hinein ſe-“ hen. Manchmal ſcheinet uns ein ſache klar“ zu ſeyn/ und ſie iſt es auch/ aber einem andern“ iſt ſie nicht klar der wol ſo viel verſtand hat/“ als wir. Woher kommt das? die ſeele hat ſo“ viel receſſus, darinne ſie die objectiones heim-“ lich beantwortet/ aber doch die worte nicht fin-“ det/ damit ſie ſolche widerleget/ und alſo bey“ ihrer einmal gefaſten/ meinung bleibet/ da es“ denn auch manchmal kommen kan/ daß eine“ ſeele

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/794>, abgerufen am 22.12.2024.