Aston, Louise: Meine Emancipation, Verweisung und Rechtfertigung. Brüssel, 1846.Madame Aston!" Dies Protokoll, das man während meiner Unterhaltung mit Herrn Stahlschmidt ohne mein Wissen niedergeschrieben, wurde mir nun vorgelesen. Ich war erschrocken und befangen -- eine Befangenheit, die bei einem Manne lächerlich, gewiß bei einer Frau zu entschuldigen ist, welche in die Staats- und Polizeiwissenschaft keine tiefer eingehende Studien machen konnte, und mit der Methode der preußischen Administration gänzlich unbekannt war. Aus dieser Befangenheit und Ängstlichkeit weigerte ich mich das Protokoll zu unterzeichnen; und gab erst dem freundlichen Zureden des würdigen Herrn Lüdemann nach, der im gutmüthigsten Tone mich versicherte, es thue meiner Sache keinen Schaden, wenn ich unterschriebe: er gäbe sein Wort darauf. Das Wort eines Regierungsrathes schien mir hinlängliche Bürgschaft für die Wahrheit; denn ich wußte nicht, daß "Worthalten" in das alte Testament der Staatswissenschaften gehöre, und seit Macchiavell aus der höhern und niedern Politik verbannt sei. In meiner Naivetät, in meinem guten Glauben unterschrieb ich das Protokoll, und widerlegte schon dadurch die Anklage des Unglaubens. Madame Aston!“ Dies Protokoll, das man während meiner Unterhaltung mit Herrn Stahlschmidt ohne mein Wissen niedergeschrieben, wurde mir nun vorgelesen. Ich war erschrocken und befangen — eine Befangenheit, die bei einem Manne lächerlich, gewiß bei einer Frau zu entschuldigen ist, welche in die Staats- und Polizeiwissenschaft keine tiefer eingehende Studien machen konnte, und mit der Methode der preußischen Administration gänzlich unbekannt war. Aus dieser Befangenheit und Ängstlichkeit weigerte ich mich das Protokoll zu unterzeichnen; und gab erst dem freundlichen Zureden des würdigen Herrn Lüdemann nach, der im gutmüthigsten Tone mich versicherte, es thue meiner Sache keinen Schaden, wenn ich unterschriebe: er gäbe sein Wort darauf. Das Wort eines Regierungsrathes schien mir hinlängliche Bürgschaft für die Wahrheit; denn ich wußte nicht, daß „Worthalten“ in das alte Testament der Staatswissenschaften gehöre, und seit Macchiavell aus der höhern und niedern Politik verbannt sei. In meiner Naivetät, in meinem guten Glauben unterschrieb ich das Protokoll, und widerlegte schon dadurch die Anklage des Unglaubens. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="17"/> Madame<hi rendition="#g"> Aston</hi>!“ Dies Protokoll, das man während meiner Unterhaltung mit Herrn <hi rendition="#g">Stahlschmidt</hi> ohne mein Wissen niedergeschrieben, wurde mir nun vorgelesen. Ich war erschrocken und befangen — eine Befangenheit, die bei einem Manne lächerlich, gewiß bei einer Frau zu entschuldigen ist, welche in die Staats- und Polizeiwissenschaft keine tiefer eingehende Studien machen konnte, und mit der Methode der preußischen Administration gänzlich unbekannt war. Aus dieser Befangenheit und Ängstlichkeit weigerte ich mich das Protokoll zu unterzeichnen; und gab erst dem freundlichen Zureden des würdigen Herrn <hi rendition="#g">Lüdemann</hi> nach, der im gutmüthigsten Tone mich versicherte, es thue meiner Sache keinen Schaden, wenn ich unterschriebe: er gäbe sein Wort darauf. Das Wort eines Regierungsrathes schien mir hinlängliche Bürgschaft für die Wahrheit; denn ich wußte nicht, daß „<hi rendition="#g">Worthalten</hi>“ in das alte Testament der Staatswissenschaften gehöre, und seit <hi rendition="#g">Macchiavell</hi> aus der höhern und niedern Politik verbannt sei. In meiner Naivetät, in meinem guten <hi rendition="#g">Glauben</hi> unterschrieb ich das Protokoll, und widerlegte schon dadurch die Anklage des <hi rendition="#g">Unglaubens</hi>.</p> </div> </body> </text> </TEI> [17/0017]
Madame Aston!“ Dies Protokoll, das man während meiner Unterhaltung mit Herrn Stahlschmidt ohne mein Wissen niedergeschrieben, wurde mir nun vorgelesen. Ich war erschrocken und befangen — eine Befangenheit, die bei einem Manne lächerlich, gewiß bei einer Frau zu entschuldigen ist, welche in die Staats- und Polizeiwissenschaft keine tiefer eingehende Studien machen konnte, und mit der Methode der preußischen Administration gänzlich unbekannt war. Aus dieser Befangenheit und Ängstlichkeit weigerte ich mich das Protokoll zu unterzeichnen; und gab erst dem freundlichen Zureden des würdigen Herrn Lüdemann nach, der im gutmüthigsten Tone mich versicherte, es thue meiner Sache keinen Schaden, wenn ich unterschriebe: er gäbe sein Wort darauf. Das Wort eines Regierungsrathes schien mir hinlängliche Bürgschaft für die Wahrheit; denn ich wußte nicht, daß „Worthalten“ in das alte Testament der Staatswissenschaften gehöre, und seit Macchiavell aus der höhern und niedern Politik verbannt sei. In meiner Naivetät, in meinem guten Glauben unterschrieb ich das Protokoll, und widerlegte schon dadurch die Anklage des Unglaubens.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von zeno.org
(2013-03-15T10:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus zeno.org entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-03-15T10:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-03-15T10:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |