Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.Bist Du nicht mein Geschöpf? Ist nicht mein Wille Dir Gesetz? Du mußt ihm gehorchen; denn ich bin Herr über Dich! Es bleibt dabei: heute Abend wirst Du dem Herrn Oburn ehlich angetraut! Ich will es und befehle es! Bei diesen Worten blitzte es im Auge der Tochter dämonisch auf; das blühende Antlitz wurde marmorbleich; doch fest und ruhig erhob sie sich; sah den Vater durchdringend scharf an, und sprach mit Bestimmtheit: "Aber ich -- ich will es nicht! So weit gehen die Rechte eines Vaters nicht, einer flüchtigen Laune die Jugend, ja das ganze Leben eines Kindes zu opfern. Hier hört der Gehorsam auf, und mir allein gebührt die Entscheidung. O sieh' mich nicht so zornig an, als zöge ich mit diesen Worten auf ewig eine Scheidewand zwischen unsere Herzen! Ich bin jung -- noch sehr jung -- kenne die Welt und ihre Freuden nicht; dennoch ahnt es mir, daß es ein Glück geben muß, ein Glück der Liebe und des Genusses, in das sich zu versenken höchste Befriedigung ist! Und ich will glücklich sein, mein Herz hat die Kraft dazu, die Kraft, Bist Du nicht mein Geschöpf? Ist nicht mein Wille Dir Gesetz? Du mußt ihm gehorchen; denn ich bin Herr über Dich! Es bleibt dabei: heute Abend wirst Du dem Herrn Oburn ehlich angetraut! Ich will es und befehle es! Bei diesen Worten blitzte es im Auge der Tochter dämonisch auf; das blühende Antlitz wurde marmorbleich; doch fest und ruhig erhob sie sich; sah den Vater durchdringend scharf an, und sprach mit Bestimmtheit: „Aber ich — ich will es nicht! So weit gehen die Rechte eines Vaters nicht, einer flüchtigen Laune die Jugend, ja das ganze Leben eines Kindes zu opfern. Hier hört der Gehorsam auf, und mir allein gebührt die Entscheidung. O sieh' mich nicht so zornig an, als zöge ich mit diesen Worten auf ewig eine Scheidewand zwischen unsere Herzen! Ich bin jung — noch sehr jung — kenne die Welt und ihre Freuden nicht; dennoch ahnt es mir, daß es ein Glück geben muß, ein Glück der Liebe und des Genusses, in das sich zu versenken höchste Befriedigung ist! Und ich will glücklich sein, mein Herz hat die Kraft dazu, die Kraft, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025" n="13"/> Bist Du nicht mein Geschöpf? Ist nicht mein Wille Dir Gesetz? Du mußt ihm gehorchen; denn ich bin Herr über Dich! Es bleibt dabei: heute Abend wirst Du dem Herrn Oburn ehlich angetraut! Ich will es und befehle es! Bei diesen Worten blitzte es im Auge der Tochter dämonisch auf; das blühende Antlitz wurde marmorbleich; doch fest und ruhig erhob sie sich; sah den Vater durchdringend scharf an, und sprach mit Bestimmtheit: „Aber ich — ich will es <hi rendition="#g">nicht</hi>! So weit gehen die Rechte eines Vaters nicht, einer flüchtigen Laune die Jugend, ja das ganze Leben eines Kindes zu opfern. Hier hört der Gehorsam auf, und mir allein gebührt die Entscheidung. O sieh' mich nicht so zornig an, als zöge ich mit diesen Worten auf ewig eine Scheidewand zwischen unsere Herzen! Ich bin jung — noch sehr jung — kenne die Welt und ihre Freuden nicht; dennoch ahnt es mir, daß es ein Glück geben muß, ein Glück der Liebe und des Genusses, in das sich zu versenken höchste Befriedigung ist! Und ich will glücklich sein, mein Herz hat die Kraft dazu, die Kraft, </p> </div> </body> </text> </TEI> [13/0025]
Bist Du nicht mein Geschöpf? Ist nicht mein Wille Dir Gesetz? Du mußt ihm gehorchen; denn ich bin Herr über Dich! Es bleibt dabei: heute Abend wirst Du dem Herrn Oburn ehlich angetraut! Ich will es und befehle es! Bei diesen Worten blitzte es im Auge der Tochter dämonisch auf; das blühende Antlitz wurde marmorbleich; doch fest und ruhig erhob sie sich; sah den Vater durchdringend scharf an, und sprach mit Bestimmtheit: „Aber ich — ich will es nicht! So weit gehen die Rechte eines Vaters nicht, einer flüchtigen Laune die Jugend, ja das ganze Leben eines Kindes zu opfern. Hier hört der Gehorsam auf, und mir allein gebührt die Entscheidung. O sieh' mich nicht so zornig an, als zöge ich mit diesen Worten auf ewig eine Scheidewand zwischen unsere Herzen! Ich bin jung — noch sehr jung — kenne die Welt und ihre Freuden nicht; dennoch ahnt es mir, daß es ein Glück geben muß, ein Glück der Liebe und des Genusses, in das sich zu versenken höchste Befriedigung ist! Und ich will glücklich sein, mein Herz hat die Kraft dazu, die Kraft,
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