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Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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es däuchte ihn, als schände er seine Hausehre und alle Schamhaftigkeit, da er auch dies dem Protocolle anvertraute; er hatte so sorglich seine Hausehre gewahrt, und jetzt hatte er sie preisgegeben und noch dazu mit einer gräßlichen Lüge, denn die Kohlenbäuerin war schon seit Jahren nicht mehr für ihn auf der Welt. Diethelm fühlte jetzt zum Erstenmal, wie das Verbrechen keinen reinen Fleck an dem Menschen läßt, wie es Alles mit sich hinabzerrt; er erhob den Blick lange nicht, es war ihm, als stände seine Frau vor ihm und er könnte sie nicht anschauen. Hätte er erst gewußt, daß er sie auf demselben Stuhle verrieth, auf dem sie ihm zu Liebe ihr Gewissen geopfert!

Das thut mir am wehesten, daß ich das hab' sagen müssen, rief er endlich mit tiefschmerzlichem Tone. Der Richter beruhigte ihn, daß das Niemand erführe, er war aber Inquirent genug, die weiche Stimmung Diethelm's zu benützen und mit veränderten Fragen noch einmal das ganze Verhör von vorn zu beginnen. Schlag auf Schlag gingen die Fragen. Der alte Schäferle war diesen Vormittag auch wieder im Verhör gewesen, und im Schmerze um den Tod seines Sohnes, den er rächen zu müssen glaubte, machte er sich kein Gewissen daraus, seinen Aussagen eine noch entschiedenere Fassung zu geben, und daß Medard geradezu die Woche bezeichnet, die Diethelm ausdrücklich zur Brandstiftung festgesetzt habe, wenn es ihm gelänge, seine Frau aus dem Hause zu bringen. Der alte Schäferle hoffte, daß es vielleicht gelingen werde, Diethelm zu einem Geständniß zu überrumpeln, wenn man ihm bestimmte Thatsachen vorhielt, und Gleiches erwartete auch der Richter. Diethelm merkte bald, was vorging, und war wiederum schnell gewaffnet und berief sich in den meisten Antworten einfach auf seine gestrigen Aussagen.

Nicht mehr stolz, innerlich geknickt, saß Diethelm in seinem Gefängniß, er merkte wohl, daß sich ein Punkt aufgethan, von dem er in den Grund gestürzt werden konnte. Jetzt bat er den jungen Kübler, der in der Wartung der Gefangenen

es däuchte ihn, als schände er seine Hausehre und alle Schamhaftigkeit, da er auch dies dem Protocolle anvertraute; er hatte so sorglich seine Hausehre gewahrt, und jetzt hatte er sie preisgegeben und noch dazu mit einer gräßlichen Lüge, denn die Kohlenbäuerin war schon seit Jahren nicht mehr für ihn auf der Welt. Diethelm fühlte jetzt zum Erstenmal, wie das Verbrechen keinen reinen Fleck an dem Menschen läßt, wie es Alles mit sich hinabzerrt; er erhob den Blick lange nicht, es war ihm, als stände seine Frau vor ihm und er könnte sie nicht anschauen. Hätte er erst gewußt, daß er sie auf demselben Stuhle verrieth, auf dem sie ihm zu Liebe ihr Gewissen geopfert!

Das thut mir am wehesten, daß ich das hab' sagen müssen, rief er endlich mit tiefschmerzlichem Tone. Der Richter beruhigte ihn, daß das Niemand erführe, er war aber Inquirent genug, die weiche Stimmung Diethelm's zu benützen und mit veränderten Fragen noch einmal das ganze Verhör von vorn zu beginnen. Schlag auf Schlag gingen die Fragen. Der alte Schäferle war diesen Vormittag auch wieder im Verhör gewesen, und im Schmerze um den Tod seines Sohnes, den er rächen zu müssen glaubte, machte er sich kein Gewissen daraus, seinen Aussagen eine noch entschiedenere Fassung zu geben, und daß Medard geradezu die Woche bezeichnet, die Diethelm ausdrücklich zur Brandstiftung festgesetzt habe, wenn es ihm gelänge, seine Frau aus dem Hause zu bringen. Der alte Schäferle hoffte, daß es vielleicht gelingen werde, Diethelm zu einem Geständniß zu überrumpeln, wenn man ihm bestimmte Thatsachen vorhielt, und Gleiches erwartete auch der Richter. Diethelm merkte bald, was vorging, und war wiederum schnell gewaffnet und berief sich in den meisten Antworten einfach auf seine gestrigen Aussagen.

Nicht mehr stolz, innerlich geknickt, saß Diethelm in seinem Gefängniß, er merkte wohl, daß sich ein Punkt aufgethan, von dem er in den Grund gestürzt werden konnte. Jetzt bat er den jungen Kübler, der in der Wartung der Gefangenen

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[0137] es däuchte ihn, als schände er seine Hausehre und alle Schamhaftigkeit, da er auch dies dem Protocolle anvertraute; er hatte so sorglich seine Hausehre gewahrt, und jetzt hatte er sie preisgegeben und noch dazu mit einer gräßlichen Lüge, denn die Kohlenbäuerin war schon seit Jahren nicht mehr für ihn auf der Welt. Diethelm fühlte jetzt zum Erstenmal, wie das Verbrechen keinen reinen Fleck an dem Menschen läßt, wie es Alles mit sich hinabzerrt; er erhob den Blick lange nicht, es war ihm, als stände seine Frau vor ihm und er könnte sie nicht anschauen. Hätte er erst gewußt, daß er sie auf demselben Stuhle verrieth, auf dem sie ihm zu Liebe ihr Gewissen geopfert! Das thut mir am wehesten, daß ich das hab' sagen müssen, rief er endlich mit tiefschmerzlichem Tone. Der Richter beruhigte ihn, daß das Niemand erführe, er war aber Inquirent genug, die weiche Stimmung Diethelm's zu benützen und mit veränderten Fragen noch einmal das ganze Verhör von vorn zu beginnen. Schlag auf Schlag gingen die Fragen. Der alte Schäferle war diesen Vormittag auch wieder im Verhör gewesen, und im Schmerze um den Tod seines Sohnes, den er rächen zu müssen glaubte, machte er sich kein Gewissen daraus, seinen Aussagen eine noch entschiedenere Fassung zu geben, und daß Medard geradezu die Woche bezeichnet, die Diethelm ausdrücklich zur Brandstiftung festgesetzt habe, wenn es ihm gelänge, seine Frau aus dem Hause zu bringen. Der alte Schäferle hoffte, daß es vielleicht gelingen werde, Diethelm zu einem Geständniß zu überrumpeln, wenn man ihm bestimmte Thatsachen vorhielt, und Gleiches erwartete auch der Richter. Diethelm merkte bald, was vorging, und war wiederum schnell gewaffnet und berief sich in den meisten Antworten einfach auf seine gestrigen Aussagen. Nicht mehr stolz, innerlich geknickt, saß Diethelm in seinem Gefängniß, er merkte wohl, daß sich ein Punkt aufgethan, von dem er in den Grund gestürzt werden konnte. Jetzt bat er den jungen Kübler, der in der Wartung der Gefangenen

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/137>, abgerufen am 24.11.2024.