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Allgemeine Zeitung. Nr. 1. Augsburg, 1. Januar 1840.

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Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.

Mittwoch
Nr. 1.

1 Januar 1840.

Südamerika.

Nach der Colonial Gazette scheint die Besetzung der Insel Roatan oder Ruatan für die Engländer sehr ungünstige Folgen zu haben, indem zwei Staaten Central-Amerika's, Los Altos und San Salvados, allen Handel mit brittischen Schiffen und brittischen Waaren untersagt haben, und zwar mit ausdrücklicher Angabe des Grundes, weil Ruatan von den Engländern besetzt worden sey.

Die brasilischen Journale berichten aus Montevideo, jedoch ohne Datum, die Franzosen hätten die zur Unterstützung Fructuoso Rivera's gelandeten 500 Mann wieder eingeschifft. Warum? findet sich nicht angegeben.

Brasilien.

(Times.) Das Paketboot Seagull, das Rio-Janeiro am 16 Nov. verließ, ist in Liverpool eingelaufen. An Bord desselben befand sich der vormalige brasilische Finanzminister Hr. Candido Baptista, der zum Gesandten seines Kaisers nach St. Petersburg ernannt ist. Es heißt, er habe den Auftrag, ein Staatsanlehen in London zu unterhandeln, und sey überdieß ermächtigt, eine Heirath zwischen irgend einem europäischen Prinzen und der zweitältesten Schwester des Kaisers von Brasilien (Dona Januaria, geb. am 1 März 1822) zu negociiren. Graf Ney, Sohn des berühmten Marschalls und Attache der französischen Gesandtschaft in Rio, war ebenfalls unter den Passagieren des Paketboots. Politisches Neues gab es in Rio nicht viel; doch hatte die mit Genehmigung der französischen Regierung erfolgte französische Besetzung der beiden Ufer des Oyapock (Gränzflusses zwischen Cayenne und Brasilien) wiederholte lebhafte Debatten im Senat veranlaßt, und der Minister des Auswärtigen gab die Erklärung, er werde an Maaßregeln, wie die Würde Brasiliens sie erheische, es nicht fehlen lassen. Der Schluß der legislativen Session erfolgte am 1 Nov. mit einer ziemlich tröstlichen Rede des Regenten. Die neuesten Berichte aus den verschiedenen Provinzen des Reichs lauteten ziemlich günstig. In Para war der Stand der Angelegenheiten ein befriedigender; in Macapa war die Ruhe wieder hergestellt, und man hegte keine weitern Besorgnisse für die Provinz. Die kaiserlichen Truppen hatten Carias wieder genommen, und noch weitere Vortheile über die Rebellen in Maranham errungen, die sich in kleine Streifcorps zertheilt hatten; man hoffte zuversichtlich, den ganzen Aufstand ohne vieles Blutvergießen bald ganz zu ersticken. Kein so günstiges Bild bot die Provinz Ceara dar, wo die Entfernung des vorigen Gouverneurs heftige Parteibewegungen hervorgerufen hatte; der neue Gouverneur und die Provincialversammlung lagen in erbittertem Hader. Die Provinz Pernambuco zeichnet sich durch Loyalität und Ordnungsliebe aus, dagegen machten sich in dem scheinbar ruhigen Bahia die Elemente der Zwietracht bemerkbar. In Rio-Grande do Sul war zwar nichts Entscheidendes vorgefallen, aber die officiellen Berichte von dort ließen glauben, daß die Rebellensache mehr und mehr Terrain verliere. In einigen Gefechten mit den Insurgenten in Santa Catharina blieben die kaiserlichen Truppen im Vortheil. Sobald erst alle Verstärkungen an Truppen und Geschütz eingetroffen, wollte General Andrea die Insurgenten in Laguna mit Nachdruck angreifen.


Spanien.

Es unterliegt, wie ich Ihnen bereits gemeldet, keinem Zweifel, daß die Königin-Regentin selbst wegen der bewußten Angelegenheit ein Schreiben an den Herzog de la Victoria gerichtet hat. Dieser Umstand trägt nicht dazu bei, die bereits obschwebende Verwickelung der Verhältnisse einer erfreulichen Lösung entgegenzuführen, da auch seiner sich die Parteien bereits bemächtigt haben. Ein ministerielles Blatt beging die Unschicklichkeit, die Absendung des Briefes der Königin zur öffentlichen Kunde zu bringen, und dabei zu äußern, da nunmehr die Regentin die Angelegenheit auf sich selbst genommen habe, so werde diese wohl sehr gegen die Erwartungen der Exaltirten ausfallen. Diese, sich nicht verhehlend, welche Folgen das Schreiben der Königin hervorbringen könne, erklärten sogleich vermittelst des Eco die Behauptung, daß die Königin sich in die Sache gemischt, und dem Obergeneral ihre deßfallsigen Ansichten schriftlich ausgedrückt habe, sey eine hochverrätherische, die Majestät des Throns und die Unverletzlichkeit des Staatsoberhaupts gefährdende Verleumdung; sey "eine Beleidigung, welche sehr folgenreich und gefährlich werden, eine Beleidigung, welche eines Tags das herbeiführen könne, was, wie die Geschichte zeige, gewisse Handlungen, die der in Frage stehenden ähnlich seyen, herbeigeführt hätten." Fällt nunmehr die Entschließung Espartero's so aus, daß die Plane der Exaltirten dadurch zusammenstürzen, so werden sie Alles der verfassungswidrigen Einmischung der Königin zuschreiben,

Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.

Mittwoch
Nr. 1.

1 Januar 1840.

Südamerika.

Nach der Colonial Gazette scheint die Besetzung der Insel Roatan oder Ruatan für die Engländer sehr ungünstige Folgen zu haben, indem zwei Staaten Central-Amerika's, Los Altos und San Salvados, allen Handel mit brittischen Schiffen und brittischen Waaren untersagt haben, und zwar mit ausdrücklicher Angabe des Grundes, weil Ruatan von den Engländern besetzt worden sey.

Die brasilischen Journale berichten aus Montevideo, jedoch ohne Datum, die Franzosen hätten die zur Unterstützung Fructuoso Rivera's gelandeten 500 Mann wieder eingeschifft. Warum? findet sich nicht angegeben.

Brasilien.

(Times.) Das Paketboot Seagull, das Rio-Janeiro am 16 Nov. verließ, ist in Liverpool eingelaufen. An Bord desselben befand sich der vormalige brasilische Finanzminister Hr. Candido Baptista, der zum Gesandten seines Kaisers nach St. Petersburg ernannt ist. Es heißt, er habe den Auftrag, ein Staatsanlehen in London zu unterhandeln, und sey überdieß ermächtigt, eine Heirath zwischen irgend einem europäischen Prinzen und der zweitältesten Schwester des Kaisers von Brasilien (Dona Januaria, geb. am 1 März 1822) zu negociiren. Graf Ney, Sohn des berühmten Marschalls und Attaché der französischen Gesandtschaft in Rio, war ebenfalls unter den Passagieren des Paketboots. Politisches Neues gab es in Rio nicht viel; doch hatte die mit Genehmigung der französischen Regierung erfolgte französische Besetzung der beiden Ufer des Oyapock (Gränzflusses zwischen Cayenne und Brasilien) wiederholte lebhafte Debatten im Senat veranlaßt, und der Minister des Auswärtigen gab die Erklärung, er werde an Maaßregeln, wie die Würde Brasiliens sie erheische, es nicht fehlen lassen. Der Schluß der legislativen Session erfolgte am 1 Nov. mit einer ziemlich tröstlichen Rede des Regenten. Die neuesten Berichte aus den verschiedenen Provinzen des Reichs lauteten ziemlich günstig. In Para war der Stand der Angelegenheiten ein befriedigender; in Macapà war die Ruhe wieder hergestellt, und man hegte keine weitern Besorgnisse für die Provinz. Die kaiserlichen Truppen hatten Carias wieder genommen, und noch weitere Vortheile über die Rebellen in Maranham errungen, die sich in kleine Streifcorps zertheilt hatten; man hoffte zuversichtlich, den ganzen Aufstand ohne vieles Blutvergießen bald ganz zu ersticken. Kein so günstiges Bild bot die Provinz Cearà dar, wo die Entfernung des vorigen Gouverneurs heftige Parteibewegungen hervorgerufen hatte; der neue Gouverneur und die Provincialversammlung lagen in erbittertem Hader. Die Provinz Pernambuco zeichnet sich durch Loyalität und Ordnungsliebe aus, dagegen machten sich in dem scheinbar ruhigen Bahia die Elemente der Zwietracht bemerkbar. In Rio-Grande do Sul war zwar nichts Entscheidendes vorgefallen, aber die officiellen Berichte von dort ließen glauben, daß die Rebellensache mehr und mehr Terrain verliere. In einigen Gefechten mit den Insurgenten in Santa Catharina blieben die kaiserlichen Truppen im Vortheil. Sobald erst alle Verstärkungen an Truppen und Geschütz eingetroffen, wollte General Andrea die Insurgenten in Laguna mit Nachdruck angreifen.


Spanien.

Es unterliegt, wie ich Ihnen bereits gemeldet, keinem Zweifel, daß die Königin-Regentin selbst wegen der bewußten Angelegenheit ein Schreiben an den Herzog de la Victoria gerichtet hat. Dieser Umstand trägt nicht dazu bei, die bereits obschwebende Verwickelung der Verhältnisse einer erfreulichen Lösung entgegenzuführen, da auch seiner sich die Parteien bereits bemächtigt haben. Ein ministerielles Blatt beging die Unschicklichkeit, die Absendung des Briefes der Königin zur öffentlichen Kunde zu bringen, und dabei zu äußern, da nunmehr die Regentin die Angelegenheit auf sich selbst genommen habe, so werde diese wohl sehr gegen die Erwartungen der Exaltirten ausfallen. Diese, sich nicht verhehlend, welche Folgen das Schreiben der Königin hervorbringen könne, erklärten sogleich vermittelst des Eco die Behauptung, daß die Königin sich in die Sache gemischt, und dem Obergeneral ihre deßfallsigen Ansichten schriftlich ausgedrückt habe, sey eine hochverrätherische, die Majestät des Throns und die Unverletzlichkeit des Staatsoberhaupts gefährdende Verleumdung; sey „eine Beleidigung, welche sehr folgenreich und gefährlich werden, eine Beleidigung, welche eines Tags das herbeiführen könne, was, wie die Geschichte zeige, gewisse Handlungen, die der in Frage stehenden ähnlich seyen, herbeigeführt hätten.“ Fällt nunmehr die Entschließung Espartero's so aus, daß die Plane der Exaltirten dadurch zusammenstürzen, so werden sie Alles der verfassungswidrigen Einmischung der Königin zuschreiben,

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[0001/0001] Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. Mittwoch Nr. 1. 1 Januar 1840. Südamerika. Nach der Colonial Gazette scheint die Besetzung der Insel Roatan oder Ruatan für die Engländer sehr ungünstige Folgen zu haben, indem zwei Staaten Central-Amerika's, Los Altos und San Salvados, allen Handel mit brittischen Schiffen und brittischen Waaren untersagt haben, und zwar mit ausdrücklicher Angabe des Grundes, weil Ruatan von den Engländern besetzt worden sey. Die brasilischen Journale berichten aus Montevideo, jedoch ohne Datum, die Franzosen hätten die zur Unterstützung Fructuoso Rivera's gelandeten 500 Mann wieder eingeschifft. Warum? findet sich nicht angegeben. Brasilien. (Times.) Das Paketboot Seagull, das Rio-Janeiro am 16 Nov. verließ, ist in Liverpool eingelaufen. An Bord desselben befand sich der vormalige brasilische Finanzminister Hr. Candido Baptista, der zum Gesandten seines Kaisers nach St. Petersburg ernannt ist. Es heißt, er habe den Auftrag, ein Staatsanlehen in London zu unterhandeln, und sey überdieß ermächtigt, eine Heirath zwischen irgend einem europäischen Prinzen und der zweitältesten Schwester des Kaisers von Brasilien (Dona Januaria, geb. am 1 März 1822) zu negociiren. Graf Ney, Sohn des berühmten Marschalls und Attaché der französischen Gesandtschaft in Rio, war ebenfalls unter den Passagieren des Paketboots. Politisches Neues gab es in Rio nicht viel; doch hatte die mit Genehmigung der französischen Regierung erfolgte französische Besetzung der beiden Ufer des Oyapock (Gränzflusses zwischen Cayenne und Brasilien) wiederholte lebhafte Debatten im Senat veranlaßt, und der Minister des Auswärtigen gab die Erklärung, er werde an Maaßregeln, wie die Würde Brasiliens sie erheische, es nicht fehlen lassen. Der Schluß der legislativen Session erfolgte am 1 Nov. mit einer ziemlich tröstlichen Rede des Regenten. Die neuesten Berichte aus den verschiedenen Provinzen des Reichs lauteten ziemlich günstig. In Para war der Stand der Angelegenheiten ein befriedigender; in Macapà war die Ruhe wieder hergestellt, und man hegte keine weitern Besorgnisse für die Provinz. Die kaiserlichen Truppen hatten Carias wieder genommen, und noch weitere Vortheile über die Rebellen in Maranham errungen, die sich in kleine Streifcorps zertheilt hatten; man hoffte zuversichtlich, den ganzen Aufstand ohne vieles Blutvergießen bald ganz zu ersticken. Kein so günstiges Bild bot die Provinz Cearà dar, wo die Entfernung des vorigen Gouverneurs heftige Parteibewegungen hervorgerufen hatte; der neue Gouverneur und die Provincialversammlung lagen in erbittertem Hader. Die Provinz Pernambuco zeichnet sich durch Loyalität und Ordnungsliebe aus, dagegen machten sich in dem scheinbar ruhigen Bahia die Elemente der Zwietracht bemerkbar. In Rio-Grande do Sul war zwar nichts Entscheidendes vorgefallen, aber die officiellen Berichte von dort ließen glauben, daß die Rebellensache mehr und mehr Terrain verliere. In einigen Gefechten mit den Insurgenten in Santa Catharina blieben die kaiserlichen Truppen im Vortheil. Sobald erst alle Verstärkungen an Truppen und Geschütz eingetroffen, wollte General Andrea die Insurgenten in Laguna mit Nachdruck angreifen. Spanien. ☉Madrid, 21 Dec. Es unterliegt, wie ich Ihnen bereits gemeldet, keinem Zweifel, daß die Königin-Regentin selbst wegen der bewußten Angelegenheit ein Schreiben an den Herzog de la Victoria gerichtet hat. Dieser Umstand trägt nicht dazu bei, die bereits obschwebende Verwickelung der Verhältnisse einer erfreulichen Lösung entgegenzuführen, da auch seiner sich die Parteien bereits bemächtigt haben. Ein ministerielles Blatt beging die Unschicklichkeit, die Absendung des Briefes der Königin zur öffentlichen Kunde zu bringen, und dabei zu äußern, da nunmehr die Regentin die Angelegenheit auf sich selbst genommen habe, so werde diese wohl sehr gegen die Erwartungen der Exaltirten ausfallen. Diese, sich nicht verhehlend, welche Folgen das Schreiben der Königin hervorbringen könne, erklärten sogleich vermittelst des Eco die Behauptung, daß die Königin sich in die Sache gemischt, und dem Obergeneral ihre deßfallsigen Ansichten schriftlich ausgedrückt habe, sey eine hochverrätherische, die Majestät des Throns und die Unverletzlichkeit des Staatsoberhaupts gefährdende Verleumdung; sey „eine Beleidigung, welche sehr folgenreich und gefährlich werden, eine Beleidigung, welche eines Tags das herbeiführen könne, was, wie die Geschichte zeige, gewisse Handlungen, die der in Frage stehenden ähnlich seyen, herbeigeführt hätten.“ Fällt nunmehr die Entschließung Espartero's so aus, daß die Plane der Exaltirten dadurch zusammenstürzen, so werden sie Alles der verfassungswidrigen Einmischung der Königin zuschreiben,

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 1. Augsburg, 1. Januar 1840, S. 0001. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_001_18400101/1>, abgerufen am 21.11.2024.