Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 7. Augsburg, 7. Januar 1840.

Bild:
erste Seite
Augsburger Allgemeine
Mit allerhöchsten Privilegien.
Dienstag
Nr. 7.
7 Januar 1840
Spanien.

Das Commerce schreibt: "Cabrera hat neuerlich Botschaften an Don Carlos durch einen Adjutanten abgehen lassen, der ungehindert in Bourges eintraf und von dort sich nach Turin begab. Cabrera ist neuerdings zum Oberbefehlshaber aller Carlistischen Streitkräfte ernannt worden. Graf Apponyi, österreichischer Botschafter in Paris, hat das Versprechen ausgewirkt, daß Don Carlos Pässe erhalten solle, ohne eine weitere Bedingung, als daß derselbe seinen Wohnsitz in Salzburg nehme; die Pässe sollen jedoch erst nach der Adresse-Berathung ausgestellt werden."

Das Eco de Aragon vom 27 Dec. schreibt aus Mas de las Matas vom 23: "Zwei Carlistische Ausreißer, die hier angekommen sind, haben ausgesagt, Cabrera sey gefährlich krank."

Großbritannien.

"Im Buckinghampalast," schreibt der Globe, "werden aus Anlaß der bevorstehenden Vermählung der Königin Aenderungen vorgenommen, mit denen der Architekt Blore 300 Arbeiter beschäftigt. Bis Mitte Januars muß Alles fertig seyn, da, wie man sagt, die Trauungsfeier am 1 Febr. stattfinden wird." Als ein etwas frostiger Scherz ist es wohl zu betrachten, wenn dasselbe ministerielle Journal sich von einem "Correspondenten im Westende" (dem fashionablesten Quartier von London) berichten läßt: "Man glaubt in den bestunterrichteten Kreisen, Sir Robert Peel werde das Ministerium nicht annehmen, ohne der Königin, als einen Beweis ihres Vertrauens, die Wahl eines andern Bräutigams zur Bedingung zu machen." - Dem M. Herald zufolge würde Se. Maj. der König von Hannover bis zum 30 oder 31 Jan. in London eintreffen, um der Vermählungsfeier Allerhöchstseiner königlichen Nichte beizuwohnen. - Unter mehreren Pairscreirungen, die bei der Gelegenheit stattfinden sollen, nennt man Sir W. Somerville (whiggisches Unterhausmitglied für Drogheda, Schwager des Marquis v. Conyngham) und Hrn. Boyse von Bannow in der Grafschaft Wexford. - Als ein Beispiel, mit welcher Licenz solche Dinge in England behandelt werden, erwähnen wir Folgendes. Gemäß einer aus dem katholischen Mittelalter stammenden Volkssitte werden zu Weihnachten auf den verschiedenen Bühnen der Hauptstadt, auch auf denen ersten Rangs, sogenannte "Christmas Pantomimes" gegeben. Im Adelphi-Theater gab man ein buntes Allerlei: parodirte Scenen aus den neuen Stücken von Bulwer und Knowles, dem "Seecapitän" und der "Liebe," aus dem vielbeliebten "Jack Sheppard" u. s. w.; plötzlich folgte ein Auftritt, der im "Gasthof zum Schloß Windsor" spielte: da sah man einen Gentleman von ehrwürdigen Jahren, der dem Lord Melbourne sehr ähnlich sah, auf einem "Lamm" hereinreiten; ein anderer folgte auf einem Adler (Lord Mounteagle, vordem Hr. Spring-Rice), und tanzte ein Stückchen nach der Melodie: "Wend' dich um, dreh' dich um." Beide Cavaliere werden zur Tafel geladen. Dagegen wird eine Puppe, die dem Lord Brougham ähnelt, mit Protest abgewiesen, und nicht besser ergeht es einem berühmten Leiter der conservativen Partei. Auf einmal wird ein großer "Frachtkorb vom Rhein" hereingeschoben, und heraus steigt in Bräutigamsschmuck eine dritthalb Fuß hohe prinzliche Gestalt, während gleichzeitig auf der andern Seite aus einem Korb mit Windsor-Birnen eine "liebe kleine Dame" zum Vorschein kommt. Rings herum schwebten Genien und Feen, courbettirte der rothnasige Drachenritter aus dem Eglintoun-Turnier u. s. w. Der Scherz war der allergutmüthigste, und wurde von dem höchlich amusirten Publicum auch so aufgenommen.

Am 27 Dec. stattete Baron v. Brunnow dem ganzen diplomatischen Corps Besuche ab.

Frankreich.

Der König empfing am Neujahrstage die Minister, Marschälle und später mit der Königin, von der k. Familie umgeben, im Thronsaale die großen Deputationen der Pairs- und Deputirtenkammer, des Cassations-, des Rechnungshofs, das k. Conseil des öffentlichen Unterrichts, die Deputation des k. Gerichtshofs, das Institut von Frankreich, die Präfecten der Seine und der Polizei, das Municipalcorps von Paris, die k. Akademie der Medicin, die Consistorien der reformirten und der Kirche der Augsburgischen Confession, das Centralcollegium der Israeliten etc. - Um 4 Uhr empfingen II. MM. das diplomatische Corps. Graf Appony hielt im Namen desselben folgende Anrede: "Sire! Jedesmal, wenn das diplomatische Corps bisher die Ehre hatte, Ew. Maj. seine Huldigung und seine Wünsche darzubringen, hatte es Ihnen zugleich zu der Wohlfahrt Frankreichs und zur Aufrechthaltung der Ordnung und Ruhe Glück zu wünschen. Wir sind so glücklich, diese doppelte Aufgabe auch heute erfüllen zu können, und Ihnen, Sire, unsere ehrfurchtsvollsten Gefühle für Ihre königliche Person

Augsburger Allgemeine
Mit allerhöchsten Privilegien.
Dienstag
Nr. 7.
7 Januar 1840
Spanien.

Das Commerce schreibt: „Cabrera hat neuerlich Botschaften an Don Carlos durch einen Adjutanten abgehen lassen, der ungehindert in Bourges eintraf und von dort sich nach Turin begab. Cabrera ist neuerdings zum Oberbefehlshaber aller Carlistischen Streitkräfte ernannt worden. Graf Apponyi, österreichischer Botschafter in Paris, hat das Versprechen ausgewirkt, daß Don Carlos Pässe erhalten solle, ohne eine weitere Bedingung, als daß derselbe seinen Wohnsitz in Salzburg nehme; die Pässe sollen jedoch erst nach der Adresse-Berathung ausgestellt werden.“

Das Eco de Aragon vom 27 Dec. schreibt aus Mas de las Matas vom 23: „Zwei Carlistische Ausreißer, die hier angekommen sind, haben ausgesagt, Cabrera sey gefährlich krank.“

Großbritannien.

„Im Buckinghampalast,“ schreibt der Globe, „werden aus Anlaß der bevorstehenden Vermählung der Königin Aenderungen vorgenommen, mit denen der Architekt Blore 300 Arbeiter beschäftigt. Bis Mitte Januars muß Alles fertig seyn, da, wie man sagt, die Trauungsfeier am 1 Febr. stattfinden wird.“ Als ein etwas frostiger Scherz ist es wohl zu betrachten, wenn dasselbe ministerielle Journal sich von einem „Correspondenten im Westende“ (dem fashionablesten Quartier von London) berichten läßt: „Man glaubt in den bestunterrichteten Kreisen, Sir Robert Peel werde das Ministerium nicht annehmen, ohne der Königin, als einen Beweis ihres Vertrauens, die Wahl eines andern Bräutigams zur Bedingung zu machen.“ – Dem M. Herald zufolge würde Se. Maj. der König von Hannover bis zum 30 oder 31 Jan. in London eintreffen, um der Vermählungsfeier Allerhöchstseiner königlichen Nichte beizuwohnen. – Unter mehreren Pairscreirungen, die bei der Gelegenheit stattfinden sollen, nennt man Sir W. Somerville (whiggisches Unterhausmitglied für Drogheda, Schwager des Marquis v. Conyngham) und Hrn. Boyse von Bannow in der Grafschaft Wexford. – Als ein Beispiel, mit welcher Licenz solche Dinge in England behandelt werden, erwähnen wir Folgendes. Gemäß einer aus dem katholischen Mittelalter stammenden Volkssitte werden zu Weihnachten auf den verschiedenen Bühnen der Hauptstadt, auch auf denen ersten Rangs, sogenannte „Christmas Pantomimes“ gegeben. Im Adelphi-Theater gab man ein buntes Allerlei: parodirte Scenen aus den neuen Stücken von Bulwer und Knowles, dem „Seecapitän“ und der „Liebe,“ aus dem vielbeliebten „Jack Sheppard“ u. s. w.; plötzlich folgte ein Auftritt, der im „Gasthof zum Schloß Windsor“ spielte: da sah man einen Gentleman von ehrwürdigen Jahren, der dem Lord Melbourne sehr ähnlich sah, auf einem „Lamm“ hereinreiten; ein anderer folgte auf einem Adler (Lord Mounteagle, vordem Hr. Spring-Rice), und tanzte ein Stückchen nach der Melodie: „Wend' dich um, dreh' dich um.“ Beide Cavaliere werden zur Tafel geladen. Dagegen wird eine Puppe, die dem Lord Brougham ähnelt, mit Protest abgewiesen, und nicht besser ergeht es einem berühmten Leiter der conservativen Partei. Auf einmal wird ein großer „Frachtkorb vom Rhein“ hereingeschoben, und heraus steigt in Bräutigamsschmuck eine dritthalb Fuß hohe prinzliche Gestalt, während gleichzeitig auf der andern Seite aus einem Korb mit Windsor-Birnen eine „liebe kleine Dame“ zum Vorschein kommt. Rings herum schwebten Genien und Feen, courbettirte der rothnasige Drachenritter aus dem Eglintoun-Turnier u. s. w. Der Scherz war der allergutmüthigste, und wurde von dem höchlich amusirten Publicum auch so aufgenommen.

Am 27 Dec. stattete Baron v. Brunnow dem ganzen diplomatischen Corps Besuche ab.

Frankreich.

Der König empfing am Neujahrstage die Minister, Marschälle und später mit der Königin, von der k. Familie umgeben, im Thronsaale die großen Deputationen der Pairs- und Deputirtenkammer, des Cassations-, des Rechnungshofs, das k. Conseil des öffentlichen Unterrichts, die Deputation des k. Gerichtshofs, das Institut von Frankreich, die Präfecten der Seine und der Polizei, das Municipalcorps von Paris, die k. Akademie der Medicin, die Consistorien der reformirten und der Kirche der Augsburgischen Confession, das Centralcollegium der Israeliten etc. – Um 4 Uhr empfingen II. MM. das diplomatische Corps. Graf Appony hielt im Namen desselben folgende Anrede: „Sire! Jedesmal, wenn das diplomatische Corps bisher die Ehre hatte, Ew. Maj. seine Huldigung und seine Wünsche darzubringen, hatte es Ihnen zugleich zu der Wohlfahrt Frankreichs und zur Aufrechthaltung der Ordnung und Ruhe Glück zu wünschen. Wir sind so glücklich, diese doppelte Aufgabe auch heute erfüllen zu können, und Ihnen, Sire, unsere ehrfurchtsvollsten Gefühle für Ihre königliche Person

<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0001" n="0049"/>
      <titlePage type="heading">
        <docTitle>
          <titlePart type="main">Augsburger Allgemeine</titlePart><lb/>
          <titlePart type="jImprimatur">Mit allerhöchsten Privilegien.</titlePart>
        </docTitle><lb/>
        <docImprint>
          <docDate>Dienstag</docDate>
        </docImprint><lb/>
        <titlePart type="volume">Nr. 7.</titlePart><lb/>
        <docImprint>
          <docDate>7 Januar 1840</docDate>
        </docImprint>
      </titlePage>
    </front><lb/>
    <body>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Spanien.</hi> </head><lb/>
        <p>Das <hi rendition="#g">Commerce</hi> schreibt: &#x201E;Cabrera hat neuerlich Botschaften an Don Carlos durch einen Adjutanten abgehen lassen, der ungehindert in Bourges eintraf und von dort sich nach Turin begab. Cabrera ist neuerdings zum Oberbefehlshaber aller Carlistischen Streitkräfte ernannt worden. Graf Apponyi, österreichischer Botschafter in Paris, hat das Versprechen ausgewirkt, daß Don Carlos Pässe erhalten solle, ohne eine weitere Bedingung, als daß derselbe seinen Wohnsitz in Salzburg nehme; die Pässe sollen jedoch erst nach der Adresse-Berathung ausgestellt werden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Das <hi rendition="#g">Eco de Aragon</hi> vom 27 Dec. schreibt aus <hi rendition="#b">Mas de las Matas</hi> vom 23: &#x201E;Zwei Carlistische Ausreißer, die hier angekommen sind, haben ausgesagt, Cabrera sey gefährlich krank.&#x201C;</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 31 Dec.</dateline><lb/>
          <p>&#x201E;Im Buckinghampalast,&#x201C; schreibt der <hi rendition="#g">Globe</hi>, &#x201E;werden aus Anlaß der bevorstehenden Vermählung der Königin Aenderungen vorgenommen, mit denen der Architekt Blore 300 Arbeiter beschäftigt. Bis Mitte Januars muß Alles fertig seyn, da, wie man sagt, die Trauungsfeier am 1 Febr. stattfinden wird.&#x201C; Als ein etwas frostiger Scherz ist es wohl zu betrachten, wenn dasselbe ministerielle Journal sich von einem &#x201E;Correspondenten im Westende&#x201C; (dem fashionablesten Quartier von London) berichten läßt: &#x201E;Man glaubt in den bestunterrichteten Kreisen, Sir Robert Peel werde das Ministerium nicht annehmen, ohne der Königin, als einen Beweis ihres Vertrauens, die Wahl eines andern Bräutigams zur Bedingung zu machen.&#x201C; &#x2013; Dem M. <hi rendition="#g">Herald</hi> zufolge würde Se. Maj. der König von Hannover bis zum 30 oder 31 Jan. in London eintreffen, um der Vermählungsfeier Allerhöchstseiner königlichen Nichte beizuwohnen. &#x2013; Unter mehreren Pairscreirungen, die bei der Gelegenheit stattfinden sollen, nennt man Sir W. Somerville (whiggisches Unterhausmitglied für Drogheda, Schwager des Marquis v. Conyngham) und Hrn. Boyse von Bannow in der Grafschaft Wexford. &#x2013; Als ein Beispiel, mit welcher Licenz solche Dinge in England behandelt werden, erwähnen wir Folgendes. Gemäß einer aus dem katholischen Mittelalter stammenden Volkssitte werden zu Weihnachten auf den verschiedenen Bühnen der Hauptstadt, auch auf denen ersten Rangs, sogenannte &#x201E;Christmas Pantomimes&#x201C; gegeben. Im Adelphi-Theater gab man ein buntes Allerlei: parodirte Scenen aus den neuen Stücken von Bulwer und Knowles, dem &#x201E;Seecapitän&#x201C; und der &#x201E;Liebe,&#x201C; aus dem vielbeliebten &#x201E;Jack Sheppard&#x201C; u. s. w.; plötzlich folgte ein Auftritt, der im &#x201E;Gasthof zum Schloß Windsor&#x201C; spielte: da sah man einen Gentleman von ehrwürdigen Jahren, der dem Lord Melbourne sehr ähnlich sah, auf einem &#x201E;Lamm&#x201C; hereinreiten; ein anderer folgte auf einem Adler (Lord Mounteagle, vordem Hr. Spring-Rice), und tanzte ein Stückchen nach der Melodie: &#x201E;Wend' dich um, dreh' dich um.&#x201C; Beide Cavaliere werden zur Tafel geladen. Dagegen wird eine Puppe, die dem Lord Brougham ähnelt, mit Protest abgewiesen, und nicht besser ergeht es einem berühmten Leiter der conservativen Partei. Auf einmal wird ein großer &#x201E;Frachtkorb vom Rhein&#x201C; hereingeschoben, und heraus steigt in Bräutigamsschmuck eine dritthalb Fuß hohe prinzliche Gestalt, während gleichzeitig auf der andern Seite aus einem Korb mit Windsor-Birnen eine &#x201E;liebe kleine Dame&#x201C; zum Vorschein kommt. Rings herum schwebten Genien und Feen, courbettirte der rothnasige Drachenritter aus dem Eglintoun-Turnier u. s. w. Der Scherz war der allergutmüthigste, und wurde von dem höchlich amusirten Publicum auch so aufgenommen.</p><lb/>
          <p>Am 27 Dec. stattete Baron v. Brunnow dem ganzen diplomatischen Corps Besuche ab.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 2 Jan.</dateline>
          <p/><lb/>
          <p>Der König empfing am Neujahrstage die Minister, Marschälle und später mit der Königin, von der k. Familie umgeben, im Thronsaale die großen Deputationen der Pairs- und Deputirtenkammer, des Cassations-, des Rechnungshofs, das k. Conseil des öffentlichen Unterrichts, die Deputation des k. Gerichtshofs, das Institut von Frankreich, die Präfecten der Seine und der Polizei, das Municipalcorps von Paris, die k. Akademie der Medicin, die Consistorien der reformirten und der Kirche der Augsburgischen Confession, das Centralcollegium der Israeliten etc. &#x2013; Um 4 Uhr empfingen II. MM. das diplomatische Corps. Graf <hi rendition="#g">Appony</hi> hielt im Namen desselben folgende Anrede: &#x201E;Sire! Jedesmal, wenn das diplomatische Corps bisher die Ehre hatte, Ew. Maj. seine Huldigung und seine Wünsche darzubringen, hatte es Ihnen zugleich zu der Wohlfahrt Frankreichs und zur Aufrechthaltung der Ordnung und Ruhe Glück zu wünschen. Wir sind so glücklich, diese doppelte Aufgabe auch heute erfüllen zu können, und Ihnen, Sire, unsere ehrfurchtsvollsten Gefühle für Ihre königliche Person<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0049/0001] Augsburger Allgemeine Mit allerhöchsten Privilegien. Dienstag Nr. 7. 7 Januar 1840 Spanien. Das Commerce schreibt: „Cabrera hat neuerlich Botschaften an Don Carlos durch einen Adjutanten abgehen lassen, der ungehindert in Bourges eintraf und von dort sich nach Turin begab. Cabrera ist neuerdings zum Oberbefehlshaber aller Carlistischen Streitkräfte ernannt worden. Graf Apponyi, österreichischer Botschafter in Paris, hat das Versprechen ausgewirkt, daß Don Carlos Pässe erhalten solle, ohne eine weitere Bedingung, als daß derselbe seinen Wohnsitz in Salzburg nehme; die Pässe sollen jedoch erst nach der Adresse-Berathung ausgestellt werden.“ Das Eco de Aragon vom 27 Dec. schreibt aus Mas de las Matas vom 23: „Zwei Carlistische Ausreißer, die hier angekommen sind, haben ausgesagt, Cabrera sey gefährlich krank.“ Großbritannien. London, 31 Dec. „Im Buckinghampalast,“ schreibt der Globe, „werden aus Anlaß der bevorstehenden Vermählung der Königin Aenderungen vorgenommen, mit denen der Architekt Blore 300 Arbeiter beschäftigt. Bis Mitte Januars muß Alles fertig seyn, da, wie man sagt, die Trauungsfeier am 1 Febr. stattfinden wird.“ Als ein etwas frostiger Scherz ist es wohl zu betrachten, wenn dasselbe ministerielle Journal sich von einem „Correspondenten im Westende“ (dem fashionablesten Quartier von London) berichten läßt: „Man glaubt in den bestunterrichteten Kreisen, Sir Robert Peel werde das Ministerium nicht annehmen, ohne der Königin, als einen Beweis ihres Vertrauens, die Wahl eines andern Bräutigams zur Bedingung zu machen.“ – Dem M. Herald zufolge würde Se. Maj. der König von Hannover bis zum 30 oder 31 Jan. in London eintreffen, um der Vermählungsfeier Allerhöchstseiner königlichen Nichte beizuwohnen. – Unter mehreren Pairscreirungen, die bei der Gelegenheit stattfinden sollen, nennt man Sir W. Somerville (whiggisches Unterhausmitglied für Drogheda, Schwager des Marquis v. Conyngham) und Hrn. Boyse von Bannow in der Grafschaft Wexford. – Als ein Beispiel, mit welcher Licenz solche Dinge in England behandelt werden, erwähnen wir Folgendes. Gemäß einer aus dem katholischen Mittelalter stammenden Volkssitte werden zu Weihnachten auf den verschiedenen Bühnen der Hauptstadt, auch auf denen ersten Rangs, sogenannte „Christmas Pantomimes“ gegeben. Im Adelphi-Theater gab man ein buntes Allerlei: parodirte Scenen aus den neuen Stücken von Bulwer und Knowles, dem „Seecapitän“ und der „Liebe,“ aus dem vielbeliebten „Jack Sheppard“ u. s. w.; plötzlich folgte ein Auftritt, der im „Gasthof zum Schloß Windsor“ spielte: da sah man einen Gentleman von ehrwürdigen Jahren, der dem Lord Melbourne sehr ähnlich sah, auf einem „Lamm“ hereinreiten; ein anderer folgte auf einem Adler (Lord Mounteagle, vordem Hr. Spring-Rice), und tanzte ein Stückchen nach der Melodie: „Wend' dich um, dreh' dich um.“ Beide Cavaliere werden zur Tafel geladen. Dagegen wird eine Puppe, die dem Lord Brougham ähnelt, mit Protest abgewiesen, und nicht besser ergeht es einem berühmten Leiter der conservativen Partei. Auf einmal wird ein großer „Frachtkorb vom Rhein“ hereingeschoben, und heraus steigt in Bräutigamsschmuck eine dritthalb Fuß hohe prinzliche Gestalt, während gleichzeitig auf der andern Seite aus einem Korb mit Windsor-Birnen eine „liebe kleine Dame“ zum Vorschein kommt. Rings herum schwebten Genien und Feen, courbettirte der rothnasige Drachenritter aus dem Eglintoun-Turnier u. s. w. Der Scherz war der allergutmüthigste, und wurde von dem höchlich amusirten Publicum auch so aufgenommen. Am 27 Dec. stattete Baron v. Brunnow dem ganzen diplomatischen Corps Besuche ab. Frankreich. Paris, 2 Jan. Der König empfing am Neujahrstage die Minister, Marschälle und später mit der Königin, von der k. Familie umgeben, im Thronsaale die großen Deputationen der Pairs- und Deputirtenkammer, des Cassations-, des Rechnungshofs, das k. Conseil des öffentlichen Unterrichts, die Deputation des k. Gerichtshofs, das Institut von Frankreich, die Präfecten der Seine und der Polizei, das Municipalcorps von Paris, die k. Akademie der Medicin, die Consistorien der reformirten und der Kirche der Augsburgischen Confession, das Centralcollegium der Israeliten etc. – Um 4 Uhr empfingen II. MM. das diplomatische Corps. Graf Appony hielt im Namen desselben folgende Anrede: „Sire! Jedesmal, wenn das diplomatische Corps bisher die Ehre hatte, Ew. Maj. seine Huldigung und seine Wünsche darzubringen, hatte es Ihnen zugleich zu der Wohlfahrt Frankreichs und zur Aufrechthaltung der Ordnung und Ruhe Glück zu wünschen. Wir sind so glücklich, diese doppelte Aufgabe auch heute erfüllen zu können, und Ihnen, Sire, unsere ehrfurchtsvollsten Gefühle für Ihre königliche Person

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_007_18400107
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_007_18400107/1
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 7. Augsburg, 7. Januar 1840, S. 0049. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_007_18400107/1>, abgerufen am 21.11.2024.