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Allgemeine Zeitung. Nr. 8. Augsburg, 8. Januar 1840.

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und sie überwältigt, ehe die Ihrigen zur Unterstützung ankommen. So wurde der Lieutenant Goert im November 1836 mit 27 Spahis in einem Hinterhalt ermordet, und die nachrückende Infanterie fand nur Leichen ohne Köpfe, keine Feinde mehr. Die Hadschuten tragen lange Flinten, welche die französischen Infanteriemusketen mit angeheftetem Bajonner noch um einige Zoll überragen, folglich sehr weit reichen. Außerdem haben sie mehrere Pistolen und treffliche Yatagane oder kurze Säbel vom besten Stahl, am Ende einwärts gekrümmt und gewichtig, mit stumpfer Spitze. Diese Waffen werden von den Kabylen geschmiedet. Die Araber verstehen sich auf keine Art von Industrie und könnten ohne jene Atlasbewohner nicht einmal Krieg führen.

Man sollte glauben, daß die Hadschuten bei ihrem abenteuerlichen Leben, ihren immerwährenden Kämpfen doch nach und nach aufgerieben werden oder an Zahl abnehmen müßten. Es ist aber das Gegentheil, der Stamm nimmt immer mehr zu, an Zahl sowohl als an physischem Wohlseyn. Als eine förmliche Räuberrepublik bieten die Hadschuten nämlich allen Verbrechern des Landes eine Freistätte. Der wegen irgend einer Missethat aus seinem Stamm verstoßene, von den Seinigen verfluchte Araber flieht über die Chiffa, verlangt von einem Scheikh der Hadschuten Gastfreundschaft und erhält von diesem eine Waffe, ein Pferd und ein Weib, im Fall der Flüchtling nicht selbst deren mitbringt. Dieser Schuld entledigt er sich bei dem ersten Raubzuge, der gewöhnlich dem Stamme gilt, welcher ihn verstoßen hat. Dort nimmt er Rache an denen, welche ihn beleidigten, erkämpft sein Eigenthum wieder, plündert das der Seinigen und zieht dann zufrieden nach seiner neuen Heimath jenseits der Chiffa.

Auf den Märkten der Ebene Metidscha zu Buffarik, El-Arbah und an der Hamiß sah ich viele Hadschuten, fast sämmtlich sehr schöne Männer, das heißt, sie waren schön als Wilde, ächte Ideale von Räuberhelden. Ihr Körperbau ist äußerst kräftig, ihre Figur mehr groß, als klein, die Haut von der Sonne verbrannt, das Auge feurig, ein dichter schwarzer Bart und Schnurrbart ziert ihr Gesicht voll energischer Züge. Der Unterschied der Barbaren dieses Landes vor den thierisch rohen Wilden des Sudans, des südlichen Afrika's und anderer Länder ist, daß trotz ihrer Unwissenheit und Grausamkeit doch in ihrem Benehmen zuweilen auch etwas Feines, Zartes durchschimmert, und man merkt in ihrem Umgang bald, daß man Kinder des Orients und verwilderte Nachkommen eines einst großen, berühmten Volks vor sich hat. Unter den Hadschuten gibt es viele Poeten, welche Elegien auf den Fall von Algier, Spottgedichte auf den Obristen Marey, der die arabischen Manieren nachahmen wollte und manche hübsche Mährchen, Sagen über das "Grab der Christin" dichteten. Hier noch ein anderes Beispiel. Als Kuider-ben-Rebeha, der Kaid der Hadschuten, ein Mann von äußerst imposanter Gestalt, bei dem General Voirol zur Tafel eingeladen war, stellte man ihn der Gemahlin des Generals, einer sehr liebenswürdigen Dame, vor. Der Hadschutenhäuptling war nur einen Augenblick verlegen, er begriff den Unterschied des Verhältnisses der christlichen Frauen zu ihrer Familie im Vergleiche mit den Araberinnen und bot der Hausfrau, mit Artigkeit sie zur Tafel führend, den Arm. Während des Essens fragte ihn der General, wie viel Frauen er habe? Kuider erwiederte, er habe deren vier, wenn ihm aber je das Glück zu Theil werden sollte, eine so vollkommene Frau zu finden, wie Madame Voirol, so würde er nie mehr als eine behalten. Ein Compliment, das gewiß zart und schön klang aus dem Munde eines Barbarenhäuptlings.


Paris im Beginn des Carnevals.

Die Zeit der Feste hat wieder begonnen, und trotz aller Vorhersagungen von Weltuntergang und blutigem Zusammentreffen, öffnet der Carneval seine hundert Tempel, und das Vergnügen ist so toll, so ausgelassen, so geräuschvoll, wie nur immer sonst um diese Zeit. Zu dem Ende hat Paris seinen prächtigsten Schmuck angelegt, nicht bloß das Paris der Salons und Maskenbälle, das tanzende, jauchzende, lebendige Paris, sondern auch jenes Paris, das dem Fremden, der von seinem Hotel aus nur einen Gang durch die nächste Straße thut, schon vor das geblendete Auge tritt, das Paris der Kaufläden und Magazine. Die Gewölbe namentlich, die dem Luxus in all seinen Abstufungen dienen, prunken in funkelndem Sonntagsstaate: es ist eine Industrieausstellung, die an Reichthum und Geschmack ihres Gleichen sucht. Hier fällt uns in seinem Scheine von Gold oder Vergoldung die mannichfachste Auswahl von eleganten Werkzeugen zum Essen und Trinken auf: Kannen und Schalen zu Punsch und Thee, die feinsten Messer, die netteste Sauciere und der schmuckste Korb, um duftende Früchte aus allen Zonen zu beherbergen. Neben diesem Apparat einer verfeinerten Sinnlichkeit stehen ganz duldsam die heiligen Gefäße des Altars, und vereinigen des Abends, wenn die lichte Ausströmung des Gases Alles verklärt, ihren heiligen Glanz mit dem Gold und Krystall ihrer profanen Umgebung in gemeinsamer Feier: freundliches, harmloses Gleichniß einer Seele, wo die Wonne des Gebets und geistiger Anschauung mit der Lust an faßlicheren Genüssen friedlich zusammenwohnt. Nebenan, in einem Bronzeladen, bemerken wir eine Anzahl vornehmer Lampen mit kostbaren Uhren untermischt - eine Vereinigung, die anzudeuten scheint, welch strenge Wachsamkeit die schnell entschlüpfende Zeit bedürfe. Weiterhin läßt sich allerlei Näh- und Stickwerk sehen: zierliche Börsen, die auf die Sovereigns und Napoleons warten, durch ihre prachtvolle Leere eine recht glückliche Satyre unserer Epoche, die uns in so Vielem die glänzende Schale ohne allen Inhalt zeigt; dann in bunter Reihe elastische Kissen von verschiedener Größe und zu mannichfachem Gebrauch, Armbänder von Spitzen, Handschuhe vom feinsten, durchsichtigsten Gewebe und andere Kleinigkeiten einer auserlesenen Toilette, die man auch sonst im Jahre haben kann, nur jetzt mit einer ganz besonderen Sinnigkeit und Coketterie zusammengestellt; was aber gefällige Anordnung der Dinge betrifft, sind die Pariser ein wahres Athenervolk. Aus demselben Laden schauen uns eine Menge der niedlichsten Portefeuilles an, alle fast nur gemacht, um Wünsche oder Erinnerungen galanter Zärtlichkeit zu empfangen, und wahrlich, wenn man die lieblichen Käuferinnen sieht, die von Boutike zu Boutike gehend, die Straßen füllen und auf den Boulevards eine ununterbrochene Linie von Anmuth und jugendlicher Frische bilden, so möchte man den reichsten Absatz jener Portefeuilles versprechen, zugleich aber die pikantesten Stellen ihres künftigen Inhalts in einem verrätherischen Portfolio vereinigt wünschen. Ein vorzüglich anlockender Artikel sind die Prachtausgaben der volksthümlichsten Schriften Frankreichs. Classiker und Romantiker berühren sich hier so collegial, wie in dem Saale der Akademie: Lafontaine's Fabeln, die kräftigste, bürgerlichste Hausmannskost der französischen Poesie, nehmen hier neben Chateaubriands schwärmerischem Rene, Jocelyn neben Berangers gottlosen Liedern, Claude Frollo neben Bossuets Weltgeschichte ihren ruhigen Platz ein. Um ein Beispiel von den Geschäften zu geben, die mit dergleichen Unternehmungen gemacht werden, sey hier nur das Factum erwähnt, daß schon vor drei Wochen von dem letztern Werke bei dreitausend Exemplare


und sie überwältigt, ehe die Ihrigen zur Unterstützung ankommen. So wurde der Lieutenant Goert im November 1836 mit 27 Spahis in einem Hinterhalt ermordet, und die nachrückende Infanterie fand nur Leichen ohne Köpfe, keine Feinde mehr. Die Hadschuten tragen lange Flinten, welche die französischen Infanteriemusketen mit angeheftetem Bajonner noch um einige Zoll überragen, folglich sehr weit reichen. Außerdem haben sie mehrere Pistolen und treffliche Yatagane oder kurze Säbel vom besten Stahl, am Ende einwärts gekrümmt und gewichtig, mit stumpfer Spitze. Diese Waffen werden von den Kabylen geschmiedet. Die Araber verstehen sich auf keine Art von Industrie und könnten ohne jene Atlasbewohner nicht einmal Krieg führen.

Man sollte glauben, daß die Hadschuten bei ihrem abenteuerlichen Leben, ihren immerwährenden Kämpfen doch nach und nach aufgerieben werden oder an Zahl abnehmen müßten. Es ist aber das Gegentheil, der Stamm nimmt immer mehr zu, an Zahl sowohl als an physischem Wohlseyn. Als eine förmliche Räuberrepublik bieten die Hadschuten nämlich allen Verbrechern des Landes eine Freistätte. Der wegen irgend einer Missethat aus seinem Stamm verstoßene, von den Seinigen verfluchte Araber flieht über die Chiffa, verlangt von einem Scheikh der Hadschuten Gastfreundschaft und erhält von diesem eine Waffe, ein Pferd und ein Weib, im Fall der Flüchtling nicht selbst deren mitbringt. Dieser Schuld entledigt er sich bei dem ersten Raubzuge, der gewöhnlich dem Stamme gilt, welcher ihn verstoßen hat. Dort nimmt er Rache an denen, welche ihn beleidigten, erkämpft sein Eigenthum wieder, plündert das der Seinigen und zieht dann zufrieden nach seiner neuen Heimath jenseits der Chiffa.

Auf den Märkten der Ebene Metidscha zu Buffarik, El-Arbah und an der Hamiß sah ich viele Hadschuten, fast sämmtlich sehr schöne Männer, das heißt, sie waren schön als Wilde, ächte Ideale von Räuberhelden. Ihr Körperbau ist äußerst kräftig, ihre Figur mehr groß, als klein, die Haut von der Sonne verbrannt, das Auge feurig, ein dichter schwarzer Bart und Schnurrbart ziert ihr Gesicht voll energischer Züge. Der Unterschied der Barbaren dieses Landes vor den thierisch rohen Wilden des Sudans, des südlichen Afrika's und anderer Länder ist, daß trotz ihrer Unwissenheit und Grausamkeit doch in ihrem Benehmen zuweilen auch etwas Feines, Zartes durchschimmert, und man merkt in ihrem Umgang bald, daß man Kinder des Orients und verwilderte Nachkommen eines einst großen, berühmten Volks vor sich hat. Unter den Hadschuten gibt es viele Poeten, welche Elegien auf den Fall von Algier, Spottgedichte auf den Obristen Marey, der die arabischen Manieren nachahmen wollte und manche hübsche Mährchen, Sagen über das „Grab der Christin“ dichteten. Hier noch ein anderes Beispiel. Als Kuider-ben-Rebeha, der Kaid der Hadschuten, ein Mann von äußerst imposanter Gestalt, bei dem General Voirol zur Tafel eingeladen war, stellte man ihn der Gemahlin des Generals, einer sehr liebenswürdigen Dame, vor. Der Hadschutenhäuptling war nur einen Augenblick verlegen, er begriff den Unterschied des Verhältnisses der christlichen Frauen zu ihrer Familie im Vergleiche mit den Araberinnen und bot der Hausfrau, mit Artigkeit sie zur Tafel führend, den Arm. Während des Essens fragte ihn der General, wie viel Frauen er habe? Kuider erwiederte, er habe deren vier, wenn ihm aber je das Glück zu Theil werden sollte, eine so vollkommene Frau zu finden, wie Madame Voirol, so würde er nie mehr als eine behalten. Ein Compliment, das gewiß zart und schön klang aus dem Munde eines Barbarenhäuptlings.


Paris im Beginn des Carnevals.

Die Zeit der Feste hat wieder begonnen, und trotz aller Vorhersagungen von Weltuntergang und blutigem Zusammentreffen, öffnet der Carneval seine hundert Tempel, und das Vergnügen ist so toll, so ausgelassen, so geräuschvoll, wie nur immer sonst um diese Zeit. Zu dem Ende hat Paris seinen prächtigsten Schmuck angelegt, nicht bloß das Paris der Salons und Maskenbälle, das tanzende, jauchzende, lebendige Paris, sondern auch jenes Paris, das dem Fremden, der von seinem Hotel aus nur einen Gang durch die nächste Straße thut, schon vor das geblendete Auge tritt, das Paris der Kaufläden und Magazine. Die Gewölbe namentlich, die dem Luxus in all seinen Abstufungen dienen, prunken in funkelndem Sonntagsstaate: es ist eine Industrieausstellung, die an Reichthum und Geschmack ihres Gleichen sucht. Hier fällt uns in seinem Scheine von Gold oder Vergoldung die mannichfachste Auswahl von eleganten Werkzeugen zum Essen und Trinken auf: Kannen und Schalen zu Punsch und Thee, die feinsten Messer, die netteste Saucière und der schmuckste Korb, um duftende Früchte aus allen Zonen zu beherbergen. Neben diesem Apparat einer verfeinerten Sinnlichkeit stehen ganz duldsam die heiligen Gefäße des Altars, und vereinigen des Abends, wenn die lichte Ausströmung des Gases Alles verklärt, ihren heiligen Glanz mit dem Gold und Krystall ihrer profanen Umgebung in gemeinsamer Feier: freundliches, harmloses Gleichniß einer Seele, wo die Wonne des Gebets und geistiger Anschauung mit der Lust an faßlicheren Genüssen friedlich zusammenwohnt. Nebenan, in einem Bronzeladen, bemerken wir eine Anzahl vornehmer Lampen mit kostbaren Uhren untermischt – eine Vereinigung, die anzudeuten scheint, welch strenge Wachsamkeit die schnell entschlüpfende Zeit bedürfe. Weiterhin läßt sich allerlei Näh- und Stickwerk sehen: zierliche Börsen, die auf die Sovereigns und Napoleons warten, durch ihre prachtvolle Leere eine recht glückliche Satyre unserer Epoche, die uns in so Vielem die glänzende Schale ohne allen Inhalt zeigt; dann in bunter Reihe elastische Kissen von verschiedener Größe und zu mannichfachem Gebrauch, Armbänder von Spitzen, Handschuhe vom feinsten, durchsichtigsten Gewebe und andere Kleinigkeiten einer auserlesenen Toilette, die man auch sonst im Jahre haben kann, nur jetzt mit einer ganz besonderen Sinnigkeit und Coketterie zusammengestellt; was aber gefällige Anordnung der Dinge betrifft, sind die Pariser ein wahres Athenervolk. Aus demselben Laden schauen uns eine Menge der niedlichsten Portefeuilles an, alle fast nur gemacht, um Wünsche oder Erinnerungen galanter Zärtlichkeit zu empfangen, und wahrlich, wenn man die lieblichen Käuferinnen sieht, die von Boutike zu Boutike gehend, die Straßen füllen und auf den Boulevards eine ununterbrochene Linie von Anmuth und jugendlicher Frische bilden, so möchte man den reichsten Absatz jener Portefeuilles versprechen, zugleich aber die pikantesten Stellen ihres künftigen Inhalts in einem verrätherischen Portfolio vereinigt wünschen. Ein vorzüglich anlockender Artikel sind die Prachtausgaben der volksthümlichsten Schriften Frankreichs. Classiker und Romantiker berühren sich hier so collegial, wie in dem Saale der Akademie: Lafontaine's Fabeln, die kräftigste, bürgerlichste Hausmannskost der französischen Poesie, nehmen hier neben Chateaubriands schwärmerischem René, Jocelyn neben Berangers gottlosen Liedern, Claude Frollo neben Bossuets Weltgeschichte ihren ruhigen Platz ein. Um ein Beispiel von den Geschäften zu geben, die mit dergleichen Unternehmungen gemacht werden, sey hier nur das Factum erwähnt, daß schon vor drei Wochen von dem letztern Werke bei dreitausend Exemplare

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Es ist aber das Gegentheil, der Stamm nimmt immer mehr zu, an Zahl sowohl als an physischem Wohlseyn. Als eine förmliche Räuberrepublik bieten die Hadschuten nämlich allen Verbrechern des Landes eine Freistätte. Der wegen irgend einer Missethat aus seinem Stamm verstoßene, von den Seinigen verfluchte Araber flieht über die Chiffa, verlangt von einem Scheikh der Hadschuten Gastfreundschaft und erhält von diesem eine Waffe, ein Pferd und ein Weib, im Fall der Flüchtling nicht selbst deren mitbringt. Dieser Schuld entledigt er sich bei dem ersten Raubzuge, der gewöhnlich dem Stamme gilt, welcher ihn verstoßen hat. Dort nimmt er Rache an denen, welche ihn beleidigten, erkämpft sein Eigenthum wieder, plündert das der Seinigen und zieht dann zufrieden nach seiner neuen Heimath jenseits der Chiffa. Auf den Märkten der Ebene Metidscha zu Buffarik, El-Arbah und an der Hamiß sah ich viele Hadschuten, fast sämmtlich sehr schöne Männer, das heißt, sie waren schön als Wilde, ächte Ideale von Räuberhelden. Ihr Körperbau ist äußerst kräftig, ihre Figur mehr groß, als klein, die Haut von der Sonne verbrannt, das Auge feurig, ein dichter schwarzer Bart und Schnurrbart ziert ihr Gesicht voll energischer Züge. Der Unterschied der Barbaren dieses Landes vor den thierisch rohen Wilden des Sudans, des südlichen Afrika's und anderer Länder ist, daß trotz ihrer Unwissenheit und Grausamkeit doch in ihrem Benehmen zuweilen auch etwas Feines, Zartes durchschimmert, und man merkt in ihrem Umgang bald, daß man Kinder des Orients und verwilderte Nachkommen eines einst großen, berühmten Volks vor sich hat. Unter den Hadschuten gibt es viele Poeten, welche Elegien auf den Fall von Algier, Spottgedichte auf den Obristen Marey, der die arabischen Manieren nachahmen wollte und manche hübsche Mährchen, Sagen über das „Grab der Christin“ dichteten. Hier noch ein anderes Beispiel. Als Kuider-ben-Rebeha, der Kaid der Hadschuten, ein Mann von äußerst imposanter Gestalt, bei dem General Voirol zur Tafel eingeladen war, stellte man ihn der Gemahlin des Generals, einer sehr liebenswürdigen Dame, vor. Der Hadschutenhäuptling war nur einen Augenblick verlegen, er begriff den Unterschied des Verhältnisses der christlichen Frauen zu ihrer Familie im Vergleiche mit den Araberinnen und bot der Hausfrau, mit Artigkeit sie zur Tafel führend, den Arm. Während des Essens fragte ihn der General, wie viel Frauen er habe? Kuider erwiederte, er habe deren vier, wenn ihm aber je das Glück zu Theil werden sollte, eine so vollkommene Frau zu finden, wie Madame Voirol, so würde er nie mehr als eine behalten. Ein Compliment, das gewiß zart und schön klang aus dem Munde eines Barbarenhäuptlings. Paris im Beginn des Carnevals. ♀ Paris, 29 Dec. Die Zeit der Feste hat wieder begonnen, und trotz aller Vorhersagungen von Weltuntergang und blutigem Zusammentreffen, öffnet der Carneval seine hundert Tempel, und das Vergnügen ist so toll, so ausgelassen, so geräuschvoll, wie nur immer sonst um diese Zeit. Zu dem Ende hat Paris seinen prächtigsten Schmuck angelegt, nicht bloß das Paris der Salons und Maskenbälle, das tanzende, jauchzende, lebendige Paris, sondern auch jenes Paris, das dem Fremden, der von seinem Hotel aus nur einen Gang durch die nächste Straße thut, schon vor das geblendete Auge tritt, das Paris der Kaufläden und Magazine. Die Gewölbe namentlich, die dem Luxus in all seinen Abstufungen dienen, prunken in funkelndem Sonntagsstaate: es ist eine Industrieausstellung, die an Reichthum und Geschmack ihres Gleichen sucht. Hier fällt uns in seinem Scheine von Gold oder Vergoldung die mannichfachste Auswahl von eleganten Werkzeugen zum Essen und Trinken auf: Kannen und Schalen zu Punsch und Thee, die feinsten Messer, die netteste Saucière und der schmuckste Korb, um duftende Früchte aus allen Zonen zu beherbergen. Neben diesem Apparat einer verfeinerten Sinnlichkeit stehen ganz duldsam die heiligen Gefäße des Altars, und vereinigen des Abends, wenn die lichte Ausströmung des Gases Alles verklärt, ihren heiligen Glanz mit dem Gold und Krystall ihrer profanen Umgebung in gemeinsamer Feier: freundliches, harmloses Gleichniß einer Seele, wo die Wonne des Gebets und geistiger Anschauung mit der Lust an faßlicheren Genüssen friedlich zusammenwohnt. Nebenan, in einem Bronzeladen, bemerken wir eine Anzahl vornehmer Lampen mit kostbaren Uhren untermischt – eine Vereinigung, die anzudeuten scheint, welch strenge Wachsamkeit die schnell entschlüpfende Zeit bedürfe. Weiterhin läßt sich allerlei Näh- und Stickwerk sehen: zierliche Börsen, die auf die Sovereigns und Napoleons warten, durch ihre prachtvolle Leere eine recht glückliche Satyre unserer Epoche, die uns in so Vielem die glänzende Schale ohne allen Inhalt zeigt; dann in bunter Reihe elastische Kissen von verschiedener Größe und zu mannichfachem Gebrauch, Armbänder von Spitzen, Handschuhe vom feinsten, durchsichtigsten Gewebe und andere Kleinigkeiten einer auserlesenen Toilette, die man auch sonst im Jahre haben kann, nur jetzt mit einer ganz besonderen Sinnigkeit und Coketterie zusammengestellt; was aber gefällige Anordnung der Dinge betrifft, sind die Pariser ein wahres Athenervolk. Aus demselben Laden schauen uns eine Menge der niedlichsten Portefeuilles an, alle fast nur gemacht, um Wünsche oder Erinnerungen galanter Zärtlichkeit zu empfangen, und wahrlich, wenn man die lieblichen Käuferinnen sieht, die von Boutike zu Boutike gehend, die Straßen füllen und auf den Boulevards eine ununterbrochene Linie von Anmuth und jugendlicher Frische bilden, so möchte man den reichsten Absatz jener Portefeuilles versprechen, zugleich aber die pikantesten Stellen ihres künftigen Inhalts in einem verrätherischen Portfolio vereinigt wünschen. Ein vorzüglich anlockender Artikel sind die Prachtausgaben der volksthümlichsten Schriften Frankreichs. Classiker und Romantiker berühren sich hier so collegial, wie in dem Saale der Akademie: Lafontaine's Fabeln, die kräftigste, bürgerlichste Hausmannskost der französischen Poesie, nehmen hier neben Chateaubriands schwärmerischem René, Jocelyn neben Berangers gottlosen Liedern, Claude Frollo neben Bossuets Weltgeschichte ihren ruhigen Platz ein. Um ein Beispiel von den Geschäften zu geben, die mit dergleichen Unternehmungen gemacht werden, sey hier nur das Factum erwähnt, daß schon vor drei Wochen von dem letztern Werke bei dreitausend Exemplare

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 8. Augsburg, 8. Januar 1840, S. 0059. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_008_18400108/11>, abgerufen am 23.11.2024.