Allgemeine Zeitung. Nr. 13. Augsburg, 13. Januar 1840.Beilage zur Allgemeinen Zeitung 13 Januar 1840 Die neuesten Händel mit den Chinesen. Folgendes sind die gestern erwähnten näheren Berichte über die Vorgänge in China: "Bay von Hong-Kong, an Bord des Hercules, 9 Sept. Am 22 August wurde allen Engländern in Makao geboten, die Stadt in Zeit von zwölf Stunden zu verlassen. Mit Ausnahme des Hrn. Beale, der als preußischer Consul zurückbleibt, und des Hrn. P. Stewart, dessen Frau krank darnieder liegt, und daher bei Hrn. King, amerikanischem Kaufmann und Freund von Lin (dem kaiserlichen Commissär) Zuflucht genommen, haben wir uns alle so schnell eingeschifft, daß wir kaum Zeit hatten, unsere Bücher und Kleider mitzunehmen. Die Fregatte Ihrer Maj., Volage, lag noch in den Gewässern von Makao vor Anker. Der Tod eines Chinesen bei einer in der Bay Hong-Kong stattgehabten Schlägerei ist die Ursache dieser Vertreibung. Lin verlangte die Auslieferung des Mörders, da ihn aber Niemand kannte, so gab er den Portugiesen Befehl, die Engländer zu verjagen; hätte man auch gewußt, wer und wo er sey, würde man ihn doch auf keinen Fall ausgeliefert haben. Die Chinesen fingen wiederum an, uns unserer chinesischen Bedienten zu berauben, und als wir portugiesische annahmen, hielten sie die Lebensmittel für die Engländer zurück, und würden ebenso gegen die Portugiesen gehandelt haben, wenn wir uns nicht eingeschifft hätten. Wir müssen gestehen, daß die Regierung von Makao, die ganz machtlos ist, keine geschriebenen Befehle zu unserm Einschiffen erließ, officiell machte der Gouverneur vielmehr bekannt, daß er uns, so viel es in seiner Macht liege, beschützen würde, aber unter der Hand ließ er uns wissen und ließ es uns durch seine Freunde beibringen, daß er nichts für uns thun könnte, daß wahrscheinlich die Häuser der Engländer von den in der Umgegend befindlichen chinesischen Truppen umzingelt werden würden, und unserm Leben und Eigenthum alsdann ernstliche Gefahr drohe. Am 23 August Nachmittags benachrichtigte er Hrn. Astell, Präsident der Committee der öffentlichen Sicherheit, daß, wenn die englischen Residenten nächsten Tags um Mittag zum Einschiffen bereit wären, die Garnison sich zu ihrer Beschützung, gegen Beleidigungen von Seite des chinesischen Pöbels, unter den Waffen befinden würde. Am folgenden Tage um Mittagszeit war indessen weder Garnison noch chinesischer Pöbel zu sehen, nur der Gouverneur in voller Uniform wollte sich vom Einschiffen der Engländer überzeugen, bevor er dem Senat darüber Bericht erstattete. Als die Einschiffung stattgefunden, gab der Senat den Mandarinen davon sogleich Nachricht. Am folgenden Tag ließ Lin den Portugiesen für die Vertreibung der Engländer seinen Dank abstatten, wobei er ihnen anzeigte, daß er nächsten Sonntag selbst nach Makao kommen würde, um ihnen seine Zufriedenheit zu bezeugen. Bei seiner Ankunft empfingen ihn die portugiesischen Truppen an der Barriere und begleiteten ihn nach Makao, wo die Staatsbeamten ihn unter dem Donner der Kanonen empfingen. Er blieb jedoch nur kurze Zeit in der Stadt, da, wie man sagte, er einem andern von Peking angekommenen Commissär entgegen gehen müsse. Unser Handel mit Canton ist nun gänzlich abgebrochen; die Amerikaner ziehen den besten Nutzen daraus. Unsere Geschäfte sind, wie Sie leicht denken können, in größter Confusion. Ein trauriger Zufall hat dieser Tage stattgefunden. Die Goelette Black Joke verließ Makao mit einem Passagier, Hrn. Moß und 6 Lascars, mußte indessen, um die Ebbe abzuwarten, bei Lanhao vor Anker gehen. Dort wurde sie, als auf dem Schiffe sich Alles dem Schlaf überließ, von drei Mandarinenböten überfallen, deren Mannschaft an Bord stieg und die Lascars bis auf einen, der sich durch Schwimmen rettete, tödtete. Dem Hrn. Moß, der in der Cajüte schlief, wurde der linke Arm beinahe ganz abgehauen; er erhielt überdieß eine Wunde am Kopf, und als sie ihm ein Ohr abgeschnitten, steckten sie es ihm zum Spott in den Mund. Nachdem sie das Schiff beraubt, wollten sie es in Brand stecken, wurden aber durch das Ansegeln eines andern Schiffs daran verhindert. Hr. Moß, obgleich schwer verwundet, wird wahrscheinlich gerettet werden. Den 4 Morgens, als für den Augenblick Alles ruhig schien, begab sich Cap. Elliot (der seit dem 23 Aug. sich an Bord in Hong-Kong befand), mit seinem Kutter und der Goelette Pearl nach der Bay von Coalloan, um Lebensmittel einzukaufen. Als sie daselbst ankamen und ihr Begehren bekannt machten, wurden Lebensmittel in Menge herbeigebracht, die Mandarinen der Kriegsdschonken widersetzten sich indessen ihrem Einschiffen. Cap. Elliot gab ihnen eine halbe Stunde Bedenkzeit, bevor er auf sie feuern würde. Die halbe Stunde verging, und die erste Kanone wurde gelöst. Um 3 Uhr Nachmittags hörte man den Kanonendonner in Hong-Kong, schrieb ihn aber Freudenbezeugungen der Chinesen zu; da er fortfuhr, so verließen wir die Schiffe um halb Fünf, und als wir die Spitze von Hong-Kong erreichten, näherten sich schon mehrere unserer Boote, Munition verlangend, und dem Volage den Befehl bringend die Anker zu lichten. Drei Kriegs-Dschonken wollen in See stechen, das wohlgerichtete Feuer des Kutters und der Pearl nöthigten sie aber unter den Kanonen von Caolloan Schutz zu suchen. Um 6 Uhr war die Fregatte im Gesicht, da gerade Capitän Douglas in seinem Boote mit 24 europäischen Matrosen und drei andern Booten mit Lascars eine Kriegs-Dschonke durch Entern zu nehmen suchte. Er mußte indessen davon abstehen, da das Fahrzeug zu hoch und mit Netzen umgeben war. Das Resultat war, daß wir ohne Lebensmittel blieben und die Dschonken uns in der Nacht entwischten. Befehl wurde alsdann gegeben, Alles für den nächsten Morgen vorzubereiten, um die Festung und die Dschonken zu zerstören; wir waren auch alle zur bestimmten Stunde bereit, gegen 1000 Mann; indessen zu Aller Erstaunen sahen wir die Fregatte, die Pearl und den Kutter von ihren Booten im Schlepptau genommen davon fahren, während sie uns durch Signale mahnten, dasselbe zu thun. Capitän Elliot war in der Nacht anderer Meinung geworden. Ohne entscheiden zu wollen, ob er Recht hatte oder nicht, den Streit anzufangen, scheint es doch keinem Zweifel unterworfen, daß, da er den ersten Schlag gethan, er durch Wegnahme der, die Einschiffung der Lebensmittel hindernden Dschonken der Sache ein Ende machen mußte, während jetzt durch dieses Kanonenfeuer, das von 3 Uhr Nachmittags bis in die Nacht dauerte, nichts Anderes erzielt wurde als uns noch mehr mit der chinesischen Regierung zu überwerfen, ohne ihr Furcht einzuflößen, denn nach dem, was vorgefallen, werden sie sich ohne Zweifel den Sieg zuschreiben. Ihr Verlust an Getödteten besteht in einem Mandarin von hohem Range, einem von niedrigerem und vier Soldaten; von unserer Seite wurden vier Matrosen verwundet, deren einer wahrscheinlich sterben wird. Capitän Douglas wurde durch eine Kugel am Arme verwundet. Die Chinesen sollen Brander verfertigen, um die Flotte Beilage zur Allgemeinen Zeitung 13 Januar 1840 Die neuesten Händel mit den Chinesen. Folgendes sind die gestern erwähnten näheren Berichte über die Vorgänge in China: „Bay von Hong-Kong, an Bord des Hercules, 9 Sept. Am 22 August wurde allen Engländern in Makao geboten, die Stadt in Zeit von zwölf Stunden zu verlassen. Mit Ausnahme des Hrn. Beale, der als preußischer Consul zurückbleibt, und des Hrn. P. Stewart, dessen Frau krank darnieder liegt, und daher bei Hrn. King, amerikanischem Kaufmann und Freund von Lin (dem kaiserlichen Commissär) Zuflucht genommen, haben wir uns alle so schnell eingeschifft, daß wir kaum Zeit hatten, unsere Bücher und Kleider mitzunehmen. Die Fregatte Ihrer Maj., Volage, lag noch in den Gewässern von Makao vor Anker. Der Tod eines Chinesen bei einer in der Bay Hong-Kong stattgehabten Schlägerei ist die Ursache dieser Vertreibung. Lin verlangte die Auslieferung des Mörders, da ihn aber Niemand kannte, so gab er den Portugiesen Befehl, die Engländer zu verjagen; hätte man auch gewußt, wer und wo er sey, würde man ihn doch auf keinen Fall ausgeliefert haben. Die Chinesen fingen wiederum an, uns unserer chinesischen Bedienten zu berauben, und als wir portugiesische annahmen, hielten sie die Lebensmittel für die Engländer zurück, und würden ebenso gegen die Portugiesen gehandelt haben, wenn wir uns nicht eingeschifft hätten. Wir müssen gestehen, daß die Regierung von Makao, die ganz machtlos ist, keine geschriebenen Befehle zu unserm Einschiffen erließ, officiell machte der Gouverneur vielmehr bekannt, daß er uns, so viel es in seiner Macht liege, beschützen würde, aber unter der Hand ließ er uns wissen und ließ es uns durch seine Freunde beibringen, daß er nichts für uns thun könnte, daß wahrscheinlich die Häuser der Engländer von den in der Umgegend befindlichen chinesischen Truppen umzingelt werden würden, und unserm Leben und Eigenthum alsdann ernstliche Gefahr drohe. Am 23 August Nachmittags benachrichtigte er Hrn. Astell, Präsident der Committee der öffentlichen Sicherheit, daß, wenn die englischen Residenten nächsten Tags um Mittag zum Einschiffen bereit wären, die Garnison sich zu ihrer Beschützung, gegen Beleidigungen von Seite des chinesischen Pöbels, unter den Waffen befinden würde. Am folgenden Tage um Mittagszeit war indessen weder Garnison noch chinesischer Pöbel zu sehen, nur der Gouverneur in voller Uniform wollte sich vom Einschiffen der Engländer überzeugen, bevor er dem Senat darüber Bericht erstattete. Als die Einschiffung stattgefunden, gab der Senat den Mandarinen davon sogleich Nachricht. Am folgenden Tag ließ Lin den Portugiesen für die Vertreibung der Engländer seinen Dank abstatten, wobei er ihnen anzeigte, daß er nächsten Sonntag selbst nach Makao kommen würde, um ihnen seine Zufriedenheit zu bezeugen. Bei seiner Ankunft empfingen ihn die portugiesischen Truppen an der Barrière und begleiteten ihn nach Makao, wo die Staatsbeamten ihn unter dem Donner der Kanonen empfingen. Er blieb jedoch nur kurze Zeit in der Stadt, da, wie man sagte, er einem andern von Peking angekommenen Commissär entgegen gehen müsse. Unser Handel mit Canton ist nun gänzlich abgebrochen; die Amerikaner ziehen den besten Nutzen daraus. Unsere Geschäfte sind, wie Sie leicht denken können, in größter Confusion. Ein trauriger Zufall hat dieser Tage stattgefunden. Die Goelette Black Joke verließ Makao mit einem Passagier, Hrn. Moß und 6 Lascars, mußte indessen, um die Ebbe abzuwarten, bei Lanhao vor Anker gehen. Dort wurde sie, als auf dem Schiffe sich Alles dem Schlaf überließ, von drei Mandarinenböten überfallen, deren Mannschaft an Bord stieg und die Lascars bis auf einen, der sich durch Schwimmen rettete, tödtete. Dem Hrn. Moß, der in der Cajüte schlief, wurde der linke Arm beinahe ganz abgehauen; er erhielt überdieß eine Wunde am Kopf, und als sie ihm ein Ohr abgeschnitten, steckten sie es ihm zum Spott in den Mund. Nachdem sie das Schiff beraubt, wollten sie es in Brand stecken, wurden aber durch das Ansegeln eines andern Schiffs daran verhindert. Hr. Moß, obgleich schwer verwundet, wird wahrscheinlich gerettet werden. Den 4 Morgens, als für den Augenblick Alles ruhig schien, begab sich Cap. Elliot (der seit dem 23 Aug. sich an Bord in Hong-Kong befand), mit seinem Kutter und der Goelette Pearl nach der Bay von Coalloan, um Lebensmittel einzukaufen. Als sie daselbst ankamen und ihr Begehren bekannt machten, wurden Lebensmittel in Menge herbeigebracht, die Mandarinen der Kriegsdschonken widersetzten sich indessen ihrem Einschiffen. Cap. Elliot gab ihnen eine halbe Stunde Bedenkzeit, bevor er auf sie feuern würde. Die halbe Stunde verging, und die erste Kanone wurde gelöst. Um 3 Uhr Nachmittags hörte man den Kanonendonner in Hong-Kong, schrieb ihn aber Freudenbezeugungen der Chinesen zu; da er fortfuhr, so verließen wir die Schiffe um halb Fünf, und als wir die Spitze von Hong-Kong erreichten, näherten sich schon mehrere unserer Boote, Munition verlangend, und dem Volage den Befehl bringend die Anker zu lichten. Drei Kriegs-Dschonken wollen in See stechen, das wohlgerichtete Feuer des Kutters und der Pearl nöthigten sie aber unter den Kanonen von Caolloan Schutz zu suchen. Um 6 Uhr war die Fregatte im Gesicht, da gerade Capitän Douglas in seinem Boote mit 24 europäischen Matrosen und drei andern Booten mit Lascars eine Kriegs-Dschonke durch Entern zu nehmen suchte. Er mußte indessen davon abstehen, da das Fahrzeug zu hoch und mit Netzen umgeben war. Das Resultat war, daß wir ohne Lebensmittel blieben und die Dschonken uns in der Nacht entwischten. Befehl wurde alsdann gegeben, Alles für den nächsten Morgen vorzubereiten, um die Festung und die Dschonken zu zerstören; wir waren auch alle zur bestimmten Stunde bereit, gegen 1000 Mann; indessen zu Aller Erstaunen sahen wir die Fregatte, die Pearl und den Kutter von ihren Booten im Schlepptau genommen davon fahren, während sie uns durch Signale mahnten, dasselbe zu thun. Capitän Elliot war in der Nacht anderer Meinung geworden. Ohne entscheiden zu wollen, ob er Recht hatte oder nicht, den Streit anzufangen, scheint es doch keinem Zweifel unterworfen, daß, da er den ersten Schlag gethan, er durch Wegnahme der, die Einschiffung der Lebensmittel hindernden Dschonken der Sache ein Ende machen mußte, während jetzt durch dieses Kanonenfeuer, das von 3 Uhr Nachmittags bis in die Nacht dauerte, nichts Anderes erzielt wurde als uns noch mehr mit der chinesischen Regierung zu überwerfen, ohne ihr Furcht einzuflößen, denn nach dem, was vorgefallen, werden sie sich ohne Zweifel den Sieg zuschreiben. Ihr Verlust an Getödteten besteht in einem Mandarin von hohem Range, einem von niedrigerem und vier Soldaten; von unserer Seite wurden vier Matrosen verwundet, deren einer wahrscheinlich sterben wird. Capitän Douglas wurde durch eine Kugel am Arme verwundet. 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King, amerikanischem Kaufmann und Freund von Lin (dem kaiserlichen Commissär) Zuflucht genommen, haben wir uns alle so schnell eingeschifft, daß wir kaum Zeit hatten, unsere Bücher und Kleider mitzunehmen. Die Fregatte Ihrer Maj., Volage, lag noch in den Gewässern von Makao vor Anker. Der Tod eines Chinesen bei einer in der Bay Hong-Kong stattgehabten Schlägerei ist die Ursache dieser Vertreibung. Lin verlangte die Auslieferung des Mörders, da ihn aber Niemand kannte, so gab er den Portugiesen Befehl, die Engländer zu verjagen; hätte man auch gewußt, wer und wo er sey, würde man ihn doch auf keinen Fall ausgeliefert haben. Die Chinesen fingen wiederum an, uns unserer chinesischen Bedienten zu berauben, und als wir portugiesische annahmen, hielten sie die Lebensmittel für die Engländer zurück, und würden ebenso gegen die Portugiesen gehandelt haben, wenn wir uns nicht eingeschifft hätten. Wir müssen gestehen, daß die Regierung von Makao, die ganz machtlos ist, keine geschriebenen Befehle zu unserm Einschiffen erließ, officiell machte der Gouverneur vielmehr bekannt, daß er uns, so viel es in seiner Macht liege, beschützen würde, aber unter der Hand ließ er uns wissen und ließ es uns durch seine Freunde beibringen, daß er nichts für uns thun könnte, daß wahrscheinlich die Häuser der Engländer von den in der Umgegend befindlichen chinesischen Truppen umzingelt werden würden, und unserm Leben und Eigenthum alsdann ernstliche Gefahr drohe. Am 23 August Nachmittags benachrichtigte er Hrn. Astell, Präsident der Committee der öffentlichen Sicherheit, daß, wenn die englischen Residenten nächsten Tags um Mittag zum Einschiffen bereit wären, die Garnison sich zu ihrer Beschützung, gegen Beleidigungen von Seite des chinesischen Pöbels, unter den Waffen befinden würde. Am folgenden Tage um Mittagszeit war indessen weder Garnison noch chinesischer Pöbel zu sehen, nur der Gouverneur in voller Uniform wollte sich vom Einschiffen der Engländer überzeugen, bevor er dem Senat darüber Bericht erstattete. Als die Einschiffung stattgefunden, gab der Senat den Mandarinen davon sogleich Nachricht.</p><lb/> <p>Am folgenden Tag ließ Lin den Portugiesen für die Vertreibung der Engländer seinen Dank abstatten, wobei er ihnen anzeigte, daß er nächsten Sonntag selbst nach Makao kommen würde, um ihnen seine Zufriedenheit zu bezeugen. Bei seiner Ankunft empfingen ihn die portugiesischen Truppen an der Barrière und begleiteten ihn nach Makao, wo die Staatsbeamten ihn unter dem Donner der Kanonen empfingen. Er blieb jedoch nur kurze Zeit in der Stadt, da, wie man sagte, er einem andern von Peking angekommenen Commissär entgegen gehen müsse. Unser Handel mit Canton ist nun gänzlich abgebrochen; die Amerikaner ziehen den besten Nutzen daraus. Unsere Geschäfte sind, wie Sie leicht denken können, in größter Confusion.</p><lb/> <p>Ein trauriger Zufall hat dieser Tage stattgefunden. Die Goelette Black Joke verließ Makao mit einem Passagier, Hrn. Moß und 6 Lascars, mußte indessen, um die Ebbe abzuwarten, bei Lanhao vor Anker gehen. Dort wurde sie, als auf dem Schiffe sich Alles dem Schlaf überließ, von drei Mandarinenböten überfallen, deren Mannschaft an Bord stieg und die Lascars bis auf einen, der sich durch Schwimmen rettete, tödtete. Dem Hrn. Moß, der in der Cajüte schlief, wurde der linke Arm beinahe ganz abgehauen; er erhielt überdieß eine Wunde am Kopf, und als sie ihm ein Ohr abgeschnitten, steckten sie es ihm zum Spott in den Mund. Nachdem sie das Schiff beraubt, wollten sie es in Brand stecken, wurden aber durch das Ansegeln eines andern Schiffs daran verhindert. Hr. Moß, obgleich schwer verwundet, wird wahrscheinlich gerettet werden.</p><lb/> <p>Den 4 Morgens, als für den Augenblick Alles ruhig schien, begab sich Cap. Elliot (der seit dem 23 Aug. sich an Bord in Hong-Kong befand), mit seinem Kutter und der Goelette Pearl nach der Bay von Coalloan, um Lebensmittel einzukaufen. Als sie daselbst ankamen und ihr Begehren bekannt machten, wurden Lebensmittel in Menge herbeigebracht, die Mandarinen der Kriegsdschonken widersetzten sich indessen ihrem Einschiffen. Cap. Elliot gab ihnen eine halbe Stunde Bedenkzeit, bevor er auf sie feuern würde. Die halbe Stunde verging, und die erste Kanone wurde gelöst. Um 3 Uhr Nachmittags hörte man den Kanonendonner in Hong-Kong, schrieb ihn aber Freudenbezeugungen der Chinesen zu; da er fortfuhr, so verließen wir die Schiffe um halb Fünf, und als wir die Spitze von Hong-Kong erreichten, näherten sich schon mehrere unserer Boote, Munition verlangend, und dem Volage den Befehl bringend die Anker zu lichten. Drei Kriegs-Dschonken wollen in See stechen, das wohlgerichtete Feuer des Kutters und der Pearl nöthigten sie aber unter den Kanonen von Caolloan Schutz zu suchen. Um 6 Uhr war die Fregatte im Gesicht, da gerade Capitän Douglas in seinem Boote mit 24 europäischen Matrosen und drei andern Booten mit Lascars eine Kriegs-Dschonke durch Entern zu nehmen suchte. Er mußte indessen davon abstehen, da das Fahrzeug zu hoch und mit Netzen umgeben war. Das Resultat war, daß wir ohne Lebensmittel blieben und die Dschonken uns in der Nacht entwischten. Befehl wurde alsdann gegeben, Alles für den nächsten Morgen vorzubereiten, um die Festung und die Dschonken zu zerstören; wir waren auch alle zur bestimmten Stunde bereit, gegen 1000 Mann; indessen zu Aller Erstaunen sahen wir die Fregatte, die Pearl und den Kutter von ihren Booten im Schlepptau genommen davon fahren, während sie uns durch Signale mahnten, dasselbe zu thun. Capitän Elliot war in der Nacht anderer Meinung geworden.</p><lb/> <p>Ohne entscheiden zu wollen, ob er Recht hatte oder nicht, den Streit anzufangen, scheint es doch keinem Zweifel unterworfen, daß, da er den ersten Schlag gethan, er durch Wegnahme der, die Einschiffung der Lebensmittel hindernden Dschonken der Sache ein Ende machen mußte, während jetzt durch dieses Kanonenfeuer, das von 3 Uhr Nachmittags bis in die Nacht dauerte, nichts Anderes erzielt wurde als uns noch mehr mit der chinesischen Regierung zu überwerfen, ohne ihr Furcht einzuflößen, denn nach dem, was vorgefallen, werden sie sich ohne Zweifel den Sieg zuschreiben. Ihr Verlust an Getödteten besteht in einem Mandarin von hohem Range, einem von niedrigerem und vier Soldaten; von unserer Seite wurden vier Matrosen verwundet, deren einer wahrscheinlich sterben wird. Capitän Douglas wurde durch eine Kugel am Arme verwundet. 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Beilage zur Allgemeinen Zeitung 13 Januar 1840
Die neuesten Händel mit den Chinesen.
* Folgendes sind die gestern erwähnten näheren Berichte über die Vorgänge in China: „Bay von Hong-Kong, an Bord des Hercules, 9 Sept. Am 22 August wurde allen Engländern in Makao geboten, die Stadt in Zeit von zwölf Stunden zu verlassen. Mit Ausnahme des Hrn. Beale, der als preußischer Consul zurückbleibt, und des Hrn. P. Stewart, dessen Frau krank darnieder liegt, und daher bei Hrn. King, amerikanischem Kaufmann und Freund von Lin (dem kaiserlichen Commissär) Zuflucht genommen, haben wir uns alle so schnell eingeschifft, daß wir kaum Zeit hatten, unsere Bücher und Kleider mitzunehmen. Die Fregatte Ihrer Maj., Volage, lag noch in den Gewässern von Makao vor Anker. Der Tod eines Chinesen bei einer in der Bay Hong-Kong stattgehabten Schlägerei ist die Ursache dieser Vertreibung. Lin verlangte die Auslieferung des Mörders, da ihn aber Niemand kannte, so gab er den Portugiesen Befehl, die Engländer zu verjagen; hätte man auch gewußt, wer und wo er sey, würde man ihn doch auf keinen Fall ausgeliefert haben. Die Chinesen fingen wiederum an, uns unserer chinesischen Bedienten zu berauben, und als wir portugiesische annahmen, hielten sie die Lebensmittel für die Engländer zurück, und würden ebenso gegen die Portugiesen gehandelt haben, wenn wir uns nicht eingeschifft hätten. Wir müssen gestehen, daß die Regierung von Makao, die ganz machtlos ist, keine geschriebenen Befehle zu unserm Einschiffen erließ, officiell machte der Gouverneur vielmehr bekannt, daß er uns, so viel es in seiner Macht liege, beschützen würde, aber unter der Hand ließ er uns wissen und ließ es uns durch seine Freunde beibringen, daß er nichts für uns thun könnte, daß wahrscheinlich die Häuser der Engländer von den in der Umgegend befindlichen chinesischen Truppen umzingelt werden würden, und unserm Leben und Eigenthum alsdann ernstliche Gefahr drohe. Am 23 August Nachmittags benachrichtigte er Hrn. Astell, Präsident der Committee der öffentlichen Sicherheit, daß, wenn die englischen Residenten nächsten Tags um Mittag zum Einschiffen bereit wären, die Garnison sich zu ihrer Beschützung, gegen Beleidigungen von Seite des chinesischen Pöbels, unter den Waffen befinden würde. Am folgenden Tage um Mittagszeit war indessen weder Garnison noch chinesischer Pöbel zu sehen, nur der Gouverneur in voller Uniform wollte sich vom Einschiffen der Engländer überzeugen, bevor er dem Senat darüber Bericht erstattete. Als die Einschiffung stattgefunden, gab der Senat den Mandarinen davon sogleich Nachricht.
Am folgenden Tag ließ Lin den Portugiesen für die Vertreibung der Engländer seinen Dank abstatten, wobei er ihnen anzeigte, daß er nächsten Sonntag selbst nach Makao kommen würde, um ihnen seine Zufriedenheit zu bezeugen. Bei seiner Ankunft empfingen ihn die portugiesischen Truppen an der Barrière und begleiteten ihn nach Makao, wo die Staatsbeamten ihn unter dem Donner der Kanonen empfingen. Er blieb jedoch nur kurze Zeit in der Stadt, da, wie man sagte, er einem andern von Peking angekommenen Commissär entgegen gehen müsse. Unser Handel mit Canton ist nun gänzlich abgebrochen; die Amerikaner ziehen den besten Nutzen daraus. Unsere Geschäfte sind, wie Sie leicht denken können, in größter Confusion.
Ein trauriger Zufall hat dieser Tage stattgefunden. Die Goelette Black Joke verließ Makao mit einem Passagier, Hrn. Moß und 6 Lascars, mußte indessen, um die Ebbe abzuwarten, bei Lanhao vor Anker gehen. Dort wurde sie, als auf dem Schiffe sich Alles dem Schlaf überließ, von drei Mandarinenböten überfallen, deren Mannschaft an Bord stieg und die Lascars bis auf einen, der sich durch Schwimmen rettete, tödtete. Dem Hrn. Moß, der in der Cajüte schlief, wurde der linke Arm beinahe ganz abgehauen; er erhielt überdieß eine Wunde am Kopf, und als sie ihm ein Ohr abgeschnitten, steckten sie es ihm zum Spott in den Mund. Nachdem sie das Schiff beraubt, wollten sie es in Brand stecken, wurden aber durch das Ansegeln eines andern Schiffs daran verhindert. Hr. Moß, obgleich schwer verwundet, wird wahrscheinlich gerettet werden.
Den 4 Morgens, als für den Augenblick Alles ruhig schien, begab sich Cap. Elliot (der seit dem 23 Aug. sich an Bord in Hong-Kong befand), mit seinem Kutter und der Goelette Pearl nach der Bay von Coalloan, um Lebensmittel einzukaufen. Als sie daselbst ankamen und ihr Begehren bekannt machten, wurden Lebensmittel in Menge herbeigebracht, die Mandarinen der Kriegsdschonken widersetzten sich indessen ihrem Einschiffen. Cap. Elliot gab ihnen eine halbe Stunde Bedenkzeit, bevor er auf sie feuern würde. Die halbe Stunde verging, und die erste Kanone wurde gelöst. Um 3 Uhr Nachmittags hörte man den Kanonendonner in Hong-Kong, schrieb ihn aber Freudenbezeugungen der Chinesen zu; da er fortfuhr, so verließen wir die Schiffe um halb Fünf, und als wir die Spitze von Hong-Kong erreichten, näherten sich schon mehrere unserer Boote, Munition verlangend, und dem Volage den Befehl bringend die Anker zu lichten. Drei Kriegs-Dschonken wollen in See stechen, das wohlgerichtete Feuer des Kutters und der Pearl nöthigten sie aber unter den Kanonen von Caolloan Schutz zu suchen. Um 6 Uhr war die Fregatte im Gesicht, da gerade Capitän Douglas in seinem Boote mit 24 europäischen Matrosen und drei andern Booten mit Lascars eine Kriegs-Dschonke durch Entern zu nehmen suchte. Er mußte indessen davon abstehen, da das Fahrzeug zu hoch und mit Netzen umgeben war. Das Resultat war, daß wir ohne Lebensmittel blieben und die Dschonken uns in der Nacht entwischten. Befehl wurde alsdann gegeben, Alles für den nächsten Morgen vorzubereiten, um die Festung und die Dschonken zu zerstören; wir waren auch alle zur bestimmten Stunde bereit, gegen 1000 Mann; indessen zu Aller Erstaunen sahen wir die Fregatte, die Pearl und den Kutter von ihren Booten im Schlepptau genommen davon fahren, während sie uns durch Signale mahnten, dasselbe zu thun. Capitän Elliot war in der Nacht anderer Meinung geworden.
Ohne entscheiden zu wollen, ob er Recht hatte oder nicht, den Streit anzufangen, scheint es doch keinem Zweifel unterworfen, daß, da er den ersten Schlag gethan, er durch Wegnahme der, die Einschiffung der Lebensmittel hindernden Dschonken der Sache ein Ende machen mußte, während jetzt durch dieses Kanonenfeuer, das von 3 Uhr Nachmittags bis in die Nacht dauerte, nichts Anderes erzielt wurde als uns noch mehr mit der chinesischen Regierung zu überwerfen, ohne ihr Furcht einzuflößen, denn nach dem, was vorgefallen, werden sie sich ohne Zweifel den Sieg zuschreiben. Ihr Verlust an Getödteten besteht in einem Mandarin von hohem Range, einem von niedrigerem und vier Soldaten; von unserer Seite wurden vier Matrosen verwundet, deren einer wahrscheinlich sterben wird. Capitän Douglas wurde durch eine Kugel am Arme verwundet. Die Chinesen sollen Brander verfertigen, um die Flotte
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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