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Allgemeine Zeitung. Nr. 20. Augsburg, 20. Januar 1840.

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nicht zu gedenken, trotz der in der Verfassung feierlich ausgesprochenen Trennung der Gewalten, die oberste legislative Behörde keinen Anstand nahm, gegen den Antrag des Staatsanwalts und des Obergerichts und ohne irgend einige Kenntniß der Acten, zu decretiren, alle diese verschiedenen Processe seyen connex, was mit andern Worten hieß: schuldig oder nicht schuldig, sollen die Mitglieder der Siebener Commission als Urheber der Lentulus'schen Umtriebe angesehen und bestraft werden. *)*) Das erstinstanzliche, gut motivirte und ziemlich milde Urtheil wurde ein ganzes Jahr lang geheim gehalten und endlich für alle 300 Beklagten eine einzige Klagschrift auf der Kanzlei deponirt, wo ihnen denn baare acht Wochen gestattet wurden, um diese Schrift zu lesen und ihre Vertheidigung einzureichen. (Hepp hatte als Staatsanwalt über sechs volle Monate gebraucht, um die Acten, dreißigtausend Folioseiten, nach Angabe des Urtheils selbst, durchzulesen.) In dem nun endlich gefällten letztinstanzlichen Urtheil versichert das seit der Dauer dieses Processes in seinem Personale fast ganz veränderte Obergericht: es habe die lange Verzögerung und die mehr oder minder lange Haft und deren Folgen als sehr bedeutende Milderungsgründe berücksichtigt. Das ist schön gesagt. Indeß ist es unmöglich, zu entscheiden, was monströser sey: ob die in ihrer Art einzige Form, worin diese Sentenz ausgefertigt ist, oder die Strafbestimmungen und besonders das gegenseitige Verhältniß derselben. Nur Einiges zur Probe: Der Name v. Horrer, des notorischen und zum Theil auch procedürlichen Anstifters des Werbcomplots, kommt gar nirgends vor. Solche, von denen im Eingang behauptet wird, sie seyen im höchsten Grade des Hochverrathsversuchs verdächtig, und Andere, welche nach Angabe dieses Urtheils nicht nur vom Hochverrathsversuche wußten, sondern auch dazu ermunterten, werden wegen Nichtanzeige mit 1 1/2 bis 2jähriger Verweisung bestraft. Schultheiß Fischer dagegen, welcher procedürlich mit keinem des Hochverraths Angeklagten in einiger Verbindung stand, als mit seinem nahen Verwandten, diesen aber, wie bereits gesagt, von seinem Treiben abmahnte, wird, nicht etwa wegen Nichtanzeige, sondern wegen hohen Verdachts der Urheberschaft am Hochverrathsversuche, zu einjähriger Gefangenschaft, und Tscharner, der 1 1/2 Monat länger, als irgend einer der übrigen eingekerkert, darauf ein Jahr lang in die Stadt eingegränzt war und noch immer in den Kanton eingegränzt ist, dem endlich nur eine einzige Frage über allfällige Mittheilungen von Seite des Lentulus vorgelegt wurde, die er negativ beantwortete: dieser wird wegen mindern Verdachts - ebenfalls zu einjähriger Gefangenschaft verurtheilt. (Tscharner ist der Schwager von Schultheiß Fischer.) Ueberdieß werden diese beiden, nebst den übrigen Mitgliedern der Siebener-Commission, wegen heimlicher Aufsammlung von Munition (wozu sie ein urkundliches Recht besaßen) und wegen Versuchs der Widersetzlichkeit gegen die Organe der Staatsgewalt (welchen sie einzig auf dem Wege Rechtens anbahnten), noch zu einjähriger Gefangenschaft und sehr bedeutenden Kosten verfällt.

Kurze Zeit, bevor diese Sentenz gefällt wurde, gab der bisherige Präsident des Obergerichts seine Dimission ein, und hat sie, ungeachtet er dringend dafür gebeten wurde, nicht zurückgenommen; hingegen saßen drei Mitglieder zu Gericht, welche damals bereits zu Regierungsräthen ernannt waren. Im Obergericht selbst wurde gleich nach ausgesprochener Sentenz darauf angetragen, daß durch den Gerichtshof selbst in einem Schreiben an die Regierung eine Amnestie verlangt werde. Nur der Form wegen soll dieser Antrag nicht gutgeheißen worden seyn, aber das Urtheil, dem Vernehmen nach, dem Anfangs Februar sich versammelnden großen Rath mit Antrag auf eine Amnestie vorgelegt werden. Wir wünschen, daß es geschehe und dieser Antrag durchgehe, denn wir fassen einzig ins Auge, was der Ehre der Regierung und des gesammten Schweizernamens, was der gesetzlichen Ordnung und dem allgemeinen Frieden des seit neun Jahren unablässig durchwühlten und bei der ersten europäischen Krise, oder früher, mit gänzlicher Auflösung bedrohten Vaterlandes frommt. Es ist Vieles, möchten wir den Machthabern zurufen, es ist Vieles in dieser Angelegenheit, selbst im Heiligthum der Gerechtigkeitspflege, vom Staat mit Leidenschaft und Groll geschehen. Das alles sey der allgemeinen Aufregung zugeschrieben, welcher eine Volksregierung sich in bewegten Zeiten am wenigsten entzieht; es sey der Vergessenheit ganz und völlig übergeben. Allein im gegenwärtigen Augenblick ist diese Aufregung verschwunden oder im Verschwinden begriffen: wollet sie nicht wieder anfachen! Wollet nicht nach bald achtjähriger Untersuchung, nach schwerer, wenn auch selbstgewählter Verbannung und harter Haft achtungswerther ergrauter Männer und Mitbürger, die Hand der Regierung, die in Sachen des Rechts nur zum Segen und zur Milde soll erhoben werden, jetzt erheben, um auf ein vieler Einsprache offen liegendes Verfahren und ein Urtheil der Verdammung das Siegel zu drücken. Erinnert euch, wie oft ihr erklärt habt, eine freisinnige Regierung zu seyn, und bedenkt, daß wenn ihr anders als unbedingt milde handelt, ihr es später vor eurem eigenen Gewissen nicht verantworten könntet, und schon jetzt das Gefühl von Allem gegen euch habt, was in der Schweiz und in Europa freisinnig heißt, und noch mehr, was wahrhaft freisinnig ist. Lasset euren Spruch einen Spruch der Milde seyn - offener, unverkümmerter, euch wie den Betheiligten ehrenhafter Milde - und seyd gewiß, daß er alsdann ein Spruch der Gerechtigkeit, der Weisheit und des Friedens seyn wird.

Der deutsche Zollverein und das Memorandum von Bremen.

(Beschluß des Memorandums.) "Wird Holland durch das gemeinsame Resultat ihm von dem Zollverein eingeräumter, ausschließlicher Erleichterungen und der eigenen financiellen Opfer, welche es sich in der Consequenz seiner Colonialpolitik (wenigstens durch eine Reihe von Jahren) ansinnen darf, in den Stand gesetzt, die Preise der von den Hansestädten direct bezogenen transatlantischen Producte auf den deutschen Märkten dergestalt zu drücken, daß solche directe Beziehungen sich diesen von Jahr zu Jahr weniger verlohnen, so wird dadurch allmählich der alte Stand des deutschen Handels und der deutschen Schifffahrt vor der Emancipation der verschiedenen amerikanischen Staaten wieder herbeigeführt, wo sämmtliche Colonialproducte nicht direct, mittelst deutschen Verkehrs, sondern durch die dritte Hand bezogen wurden, wo man die hanseatischen Flaggen nur in europäischen Häfen erblickte und eben so wenig eine directe Schifffahrt aus transatlantischen Häfen nach denen der Hansestädte stattfand.

"Eine Selbstfolge davon würde aber die seyn, daß auch die Vermittlung eines directen Absatzes deutscher Boden- und

*) Wir verweisen hier auf: "Actenmäßige Darstellung und Prüfung der Verfolgungen des Berner Obergerichts und der damit zusammenhängenden Cabinetsjustiz; von Dr. F. C. Th. Hepp, Professor. Tübingen, bei Osiander, 1834."

nicht zu gedenken, trotz der in der Verfassung feierlich ausgesprochenen Trennung der Gewalten, die oberste legislative Behörde keinen Anstand nahm, gegen den Antrag des Staatsanwalts und des Obergerichts und ohne irgend einige Kenntniß der Acten, zu decretiren, alle diese verschiedenen Processe seyen connex, was mit andern Worten hieß: schuldig oder nicht schuldig, sollen die Mitglieder der Siebener Commission als Urheber der Lentulus'schen Umtriebe angesehen und bestraft werden. *)*) Das erstinstanzliche, gut motivirte und ziemlich milde Urtheil wurde ein ganzes Jahr lang geheim gehalten und endlich für alle 300 Beklagten eine einzige Klagschrift auf der Kanzlei deponirt, wo ihnen denn baare acht Wochen gestattet wurden, um diese Schrift zu lesen und ihre Vertheidigung einzureichen. (Hepp hatte als Staatsanwalt über sechs volle Monate gebraucht, um die Acten, dreißigtausend Folioseiten, nach Angabe des Urtheils selbst, durchzulesen.) In dem nun endlich gefällten letztinstanzlichen Urtheil versichert das seit der Dauer dieses Processes in seinem Personale fast ganz veränderte Obergericht: es habe die lange Verzögerung und die mehr oder minder lange Haft und deren Folgen als sehr bedeutende Milderungsgründe berücksichtigt. Das ist schön gesagt. Indeß ist es unmöglich, zu entscheiden, was monströser sey: ob die in ihrer Art einzige Form, worin diese Sentenz ausgefertigt ist, oder die Strafbestimmungen und besonders das gegenseitige Verhältniß derselben. Nur Einiges zur Probe: Der Name v. Horrer, des notorischen und zum Theil auch procedürlichen Anstifters des Werbcomplots, kommt gar nirgends vor. Solche, von denen im Eingang behauptet wird, sie seyen im höchsten Grade des Hochverrathsversuchs verdächtig, und Andere, welche nach Angabe dieses Urtheils nicht nur vom Hochverrathsversuche wußten, sondern auch dazu ermunterten, werden wegen Nichtanzeige mit 1 1/2 bis 2jähriger Verweisung bestraft. Schultheiß Fischer dagegen, welcher procedürlich mit keinem des Hochverraths Angeklagten in einiger Verbindung stand, als mit seinem nahen Verwandten, diesen aber, wie bereits gesagt, von seinem Treiben abmahnte, wird, nicht etwa wegen Nichtanzeige, sondern wegen hohen Verdachts der Urheberschaft am Hochverrathsversuche, zu einjähriger Gefangenschaft, und Tscharner, der 1 1/2 Monat länger, als irgend einer der übrigen eingekerkert, darauf ein Jahr lang in die Stadt eingegränzt war und noch immer in den Kanton eingegränzt ist, dem endlich nur eine einzige Frage über allfällige Mittheilungen von Seite des Lentulus vorgelegt wurde, die er negativ beantwortete: dieser wird wegen mindern Verdachts – ebenfalls zu einjähriger Gefangenschaft verurtheilt. (Tscharner ist der Schwager von Schultheiß Fischer.) Ueberdieß werden diese beiden, nebst den übrigen Mitgliedern der Siebener-Commission, wegen heimlicher Aufsammlung von Munition (wozu sie ein urkundliches Recht besaßen) und wegen Versuchs der Widersetzlichkeit gegen die Organe der Staatsgewalt (welchen sie einzig auf dem Wege Rechtens anbahnten), noch zu einjähriger Gefangenschaft und sehr bedeutenden Kosten verfällt.

Kurze Zeit, bevor diese Sentenz gefällt wurde, gab der bisherige Präsident des Obergerichts seine Dimission ein, und hat sie, ungeachtet er dringend dafür gebeten wurde, nicht zurückgenommen; hingegen saßen drei Mitglieder zu Gericht, welche damals bereits zu Regierungsräthen ernannt waren. Im Obergericht selbst wurde gleich nach ausgesprochener Sentenz darauf angetragen, daß durch den Gerichtshof selbst in einem Schreiben an die Regierung eine Amnestie verlangt werde. Nur der Form wegen soll dieser Antrag nicht gutgeheißen worden seyn, aber das Urtheil, dem Vernehmen nach, dem Anfangs Februar sich versammelnden großen Rath mit Antrag auf eine Amnestie vorgelegt werden. Wir wünschen, daß es geschehe und dieser Antrag durchgehe, denn wir fassen einzig ins Auge, was der Ehre der Regierung und des gesammten Schweizernamens, was der gesetzlichen Ordnung und dem allgemeinen Frieden des seit neun Jahren unablässig durchwühlten und bei der ersten europäischen Krise, oder früher, mit gänzlicher Auflösung bedrohten Vaterlandes frommt. Es ist Vieles, möchten wir den Machthabern zurufen, es ist Vieles in dieser Angelegenheit, selbst im Heiligthum der Gerechtigkeitspflege, vom Staat mit Leidenschaft und Groll geschehen. Das alles sey der allgemeinen Aufregung zugeschrieben, welcher eine Volksregierung sich in bewegten Zeiten am wenigsten entzieht; es sey der Vergessenheit ganz und völlig übergeben. Allein im gegenwärtigen Augenblick ist diese Aufregung verschwunden oder im Verschwinden begriffen: wollet sie nicht wieder anfachen! Wollet nicht nach bald achtjähriger Untersuchung, nach schwerer, wenn auch selbstgewählter Verbannung und harter Haft achtungswerther ergrauter Männer und Mitbürger, die Hand der Regierung, die in Sachen des Rechts nur zum Segen und zur Milde soll erhoben werden, jetzt erheben, um auf ein vieler Einsprache offen liegendes Verfahren und ein Urtheil der Verdammung das Siegel zu drücken. Erinnert euch, wie oft ihr erklärt habt, eine freisinnige Regierung zu seyn, und bedenkt, daß wenn ihr anders als unbedingt milde handelt, ihr es später vor eurem eigenen Gewissen nicht verantworten könntet, und schon jetzt das Gefühl von Allem gegen euch habt, was in der Schweiz und in Europa freisinnig heißt, und noch mehr, was wahrhaft freisinnig ist. Lasset euren Spruch einen Spruch der Milde seyn – offener, unverkümmerter, euch wie den Betheiligten ehrenhafter Milde – und seyd gewiß, daß er alsdann ein Spruch der Gerechtigkeit, der Weisheit und des Friedens seyn wird.

Der deutsche Zollverein und das Memorandum von Bremen.

(Beschluß des Memorandums.) „Wird Holland durch das gemeinsame Resultat ihm von dem Zollverein eingeräumter, ausschließlicher Erleichterungen und der eigenen financiellen Opfer, welche es sich in der Consequenz seiner Colonialpolitik (wenigstens durch eine Reihe von Jahren) ansinnen darf, in den Stand gesetzt, die Preise der von den Hansestädten direct bezogenen transatlantischen Producte auf den deutschen Märkten dergestalt zu drücken, daß solche directe Beziehungen sich diesen von Jahr zu Jahr weniger verlohnen, so wird dadurch allmählich der alte Stand des deutschen Handels und der deutschen Schifffahrt vor der Emancipation der verschiedenen amerikanischen Staaten wieder herbeigeführt, wo sämmtliche Colonialproducte nicht direct, mittelst deutschen Verkehrs, sondern durch die dritte Hand bezogen wurden, wo man die hanseatischen Flaggen nur in europäischen Häfen erblickte und eben so wenig eine directe Schifffahrt aus transatlantischen Häfen nach denen der Hansestädte stattfand.

„Eine Selbstfolge davon würde aber die seyn, daß auch die Vermittlung eines directen Absatzes deutscher Boden- und

*) Wir verweisen hier auf: „Actenmäßige Darstellung und Prüfung der Verfolgungen des Berner Obergerichts und der damit zusammenhängenden Cabinetsjustiz; von Dr. F. C. Th. Hepp, Professor. Tübingen, bei Osiander, 1834.“
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[0156/0012] nicht zu gedenken, trotz der in der Verfassung feierlich ausgesprochenen Trennung der Gewalten, die oberste legislative Behörde keinen Anstand nahm, gegen den Antrag des Staatsanwalts und des Obergerichts und ohne irgend einige Kenntniß der Acten, zu decretiren, alle diese verschiedenen Processe seyen connex, was mit andern Worten hieß: schuldig oder nicht schuldig, sollen die Mitglieder der Siebener Commission als Urheber der Lentulus'schen Umtriebe angesehen und bestraft werden. *) *) Das erstinstanzliche, gut motivirte und ziemlich milde Urtheil wurde ein ganzes Jahr lang geheim gehalten und endlich für alle 300 Beklagten eine einzige Klagschrift auf der Kanzlei deponirt, wo ihnen denn baare acht Wochen gestattet wurden, um diese Schrift zu lesen und ihre Vertheidigung einzureichen. (Hepp hatte als Staatsanwalt über sechs volle Monate gebraucht, um die Acten, dreißigtausend Folioseiten, nach Angabe des Urtheils selbst, durchzulesen.) In dem nun endlich gefällten letztinstanzlichen Urtheil versichert das seit der Dauer dieses Processes in seinem Personale fast ganz veränderte Obergericht: es habe die lange Verzögerung und die mehr oder minder lange Haft und deren Folgen als sehr bedeutende Milderungsgründe berücksichtigt. Das ist schön gesagt. Indeß ist es unmöglich, zu entscheiden, was monströser sey: ob die in ihrer Art einzige Form, worin diese Sentenz ausgefertigt ist, oder die Strafbestimmungen und besonders das gegenseitige Verhältniß derselben. Nur Einiges zur Probe: Der Name v. Horrer, des notorischen und zum Theil auch procedürlichen Anstifters des Werbcomplots, kommt gar nirgends vor. Solche, von denen im Eingang behauptet wird, sie seyen im höchsten Grade des Hochverrathsversuchs verdächtig, und Andere, welche nach Angabe dieses Urtheils nicht nur vom Hochverrathsversuche wußten, sondern auch dazu ermunterten, werden wegen Nichtanzeige mit 1 1/2 bis 2jähriger Verweisung bestraft. Schultheiß Fischer dagegen, welcher procedürlich mit keinem des Hochverraths Angeklagten in einiger Verbindung stand, als mit seinem nahen Verwandten, diesen aber, wie bereits gesagt, von seinem Treiben abmahnte, wird, nicht etwa wegen Nichtanzeige, sondern wegen hohen Verdachts der Urheberschaft am Hochverrathsversuche, zu einjähriger Gefangenschaft, und Tscharner, der 1 1/2 Monat länger, als irgend einer der übrigen eingekerkert, darauf ein Jahr lang in die Stadt eingegränzt war und noch immer in den Kanton eingegränzt ist, dem endlich nur eine einzige Frage über allfällige Mittheilungen von Seite des Lentulus vorgelegt wurde, die er negativ beantwortete: dieser wird wegen mindern Verdachts – ebenfalls zu einjähriger Gefangenschaft verurtheilt. (Tscharner ist der Schwager von Schultheiß Fischer.) Ueberdieß werden diese beiden, nebst den übrigen Mitgliedern der Siebener-Commission, wegen heimlicher Aufsammlung von Munition (wozu sie ein urkundliches Recht besaßen) und wegen Versuchs der Widersetzlichkeit gegen die Organe der Staatsgewalt (welchen sie einzig auf dem Wege Rechtens anbahnten), noch zu einjähriger Gefangenschaft und sehr bedeutenden Kosten verfällt. Kurze Zeit, bevor diese Sentenz gefällt wurde, gab der bisherige Präsident des Obergerichts seine Dimission ein, und hat sie, ungeachtet er dringend dafür gebeten wurde, nicht zurückgenommen; hingegen saßen drei Mitglieder zu Gericht, welche damals bereits zu Regierungsräthen ernannt waren. Im Obergericht selbst wurde gleich nach ausgesprochener Sentenz darauf angetragen, daß durch den Gerichtshof selbst in einem Schreiben an die Regierung eine Amnestie verlangt werde. Nur der Form wegen soll dieser Antrag nicht gutgeheißen worden seyn, aber das Urtheil, dem Vernehmen nach, dem Anfangs Februar sich versammelnden großen Rath mit Antrag auf eine Amnestie vorgelegt werden. Wir wünschen, daß es geschehe und dieser Antrag durchgehe, denn wir fassen einzig ins Auge, was der Ehre der Regierung und des gesammten Schweizernamens, was der gesetzlichen Ordnung und dem allgemeinen Frieden des seit neun Jahren unablässig durchwühlten und bei der ersten europäischen Krise, oder früher, mit gänzlicher Auflösung bedrohten Vaterlandes frommt. Es ist Vieles, möchten wir den Machthabern zurufen, es ist Vieles in dieser Angelegenheit, selbst im Heiligthum der Gerechtigkeitspflege, vom Staat mit Leidenschaft und Groll geschehen. Das alles sey der allgemeinen Aufregung zugeschrieben, welcher eine Volksregierung sich in bewegten Zeiten am wenigsten entzieht; es sey der Vergessenheit ganz und völlig übergeben. Allein im gegenwärtigen Augenblick ist diese Aufregung verschwunden oder im Verschwinden begriffen: wollet sie nicht wieder anfachen! Wollet nicht nach bald achtjähriger Untersuchung, nach schwerer, wenn auch selbstgewählter Verbannung und harter Haft achtungswerther ergrauter Männer und Mitbürger, die Hand der Regierung, die in Sachen des Rechts nur zum Segen und zur Milde soll erhoben werden, jetzt erheben, um auf ein vieler Einsprache offen liegendes Verfahren und ein Urtheil der Verdammung das Siegel zu drücken. Erinnert euch, wie oft ihr erklärt habt, eine freisinnige Regierung zu seyn, und bedenkt, daß wenn ihr anders als unbedingt milde handelt, ihr es später vor eurem eigenen Gewissen nicht verantworten könntet, und schon jetzt das Gefühl von Allem gegen euch habt, was in der Schweiz und in Europa freisinnig heißt, und noch mehr, was wahrhaft freisinnig ist. Lasset euren Spruch einen Spruch der Milde seyn – offener, unverkümmerter, euch wie den Betheiligten ehrenhafter Milde – und seyd gewiß, daß er alsdann ein Spruch der Gerechtigkeit, der Weisheit und des Friedens seyn wird. Der deutsche Zollverein und das Memorandum von Bremen. _ Berlin. (Beschluß des Memorandums.) „Wird Holland durch das gemeinsame Resultat ihm von dem Zollverein eingeräumter, ausschließlicher Erleichterungen und der eigenen financiellen Opfer, welche es sich in der Consequenz seiner Colonialpolitik (wenigstens durch eine Reihe von Jahren) ansinnen darf, in den Stand gesetzt, die Preise der von den Hansestädten direct bezogenen transatlantischen Producte auf den deutschen Märkten dergestalt zu drücken, daß solche directe Beziehungen sich diesen von Jahr zu Jahr weniger verlohnen, so wird dadurch allmählich der alte Stand des deutschen Handels und der deutschen Schifffahrt vor der Emancipation der verschiedenen amerikanischen Staaten wieder herbeigeführt, wo sämmtliche Colonialproducte nicht direct, mittelst deutschen Verkehrs, sondern durch die dritte Hand bezogen wurden, wo man die hanseatischen Flaggen nur in europäischen Häfen erblickte und eben so wenig eine directe Schifffahrt aus transatlantischen Häfen nach denen der Hansestädte stattfand. „Eine Selbstfolge davon würde aber die seyn, daß auch die Vermittlung eines directen Absatzes deutscher Boden- und *) Wir verweisen hier auf: „Actenmäßige Darstellung und Prüfung der Verfolgungen des Berner Obergerichts und der damit zusammenhängenden Cabinetsjustiz; von Dr. F. C. Th. Hepp, Professor. Tübingen, bei Osiander, 1834.“

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 20. Augsburg, 20. Januar 1840, S. 0156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_020_18400120/12>, abgerufen am 21.11.2024.