Allgemeine Zeitung. Nr. 56. Augsburg, 25. Februar 1840.Zusammentreffen sich in der Richtung von Karataman zurückzog, hat man keine weiteren Nachrichten." Oesterreich. Wien, 19 Febr. Der brasilische Bevollmächtigte, Del Hostes, welcher wie bereits erwähnt, mit dem Auftrage hierher kam, unserm Hofe die bevorstehende Vermählung der Prinzessin Januaria zu notificiren, soll eine wichtigere Mission nach der Schweiz haben, die Anwerbung von Truppen für Brasilien betreffend. Türkei. Von der türkischen Gränze, 11 Febr. Die Paschaliks von Ipek und Pristina in Ober-Albanien befinden sich im Stand voller Insurrection gegen die Pforte. Den nächsten Anlaß hiezu scheint das Ergebniß des Aufstandes von Prisrend geliefert zu haben, welcher Stadt für ihre Rückkehr zum Gehorsam die Hälfte der bisher bezahlten Steuern nachgelassen worden seyn soll. Indessen fehlt es nicht an Vermuthungen, nach welchen das Uebel tiefer läge und sogar mit den Entdeckungen, welche kürzlich in Athen gemacht wurden, in Verbindung stünde. Einige behaupten endlich, daß die Bekanntmachung des Hattischerifs von Gülhane den Aufstand provocirt habe, was mir jedoch in Bezug auf diese großentheils von Rajahs bewohnten Gegenden unwahrscheinlich dünkt. Etwas Anderes ist es in Bosnien und Herzegowina, wo noch zahlreicher Anhang der alten Janitscharen und islamitischer Bigotismus seinen Sitz hat. In diesen Provinzen ist der vielbesprochene Hattischerif von den türkischen Stämmen wirklich übel aufgenommen worden; es ist in den verschiedenen Orten Alles in Bewegung, und nur des geringsten Anlasses bedarf es, um auch dort Aufstände hervorzurufen. Gewiß ist, daß das Ansehen der Pforte in diesen beiden Statthalterschaften durch den Hattischerif einen neuen Stoß erlitten hat, und daß ihr geringer Einfluß auf dem Punkte steht, ganz zu erlöschen. - Aus Konstantinopel bringen die letzten Briefe keine Neuigkeit von Belana. Die bereits bekannte Ernennung des in Alexandria befindlichen Mustapha Pascha zum Kaimakam (Stellvertreter) des Kapudan Pascha wird bloß als eine indirecte Protestation der Pforte betrachtet gegen die Vereinigung der großherrlichen Flotte mit der ägyptischen. - In Serbien ist viel Gerede von einem Complot, welches die der gegenwärtigen provisorischen Regierung feindlich entgegenstehende Partei geschmiedet und das den Zweck gehabt habe, den jungen Fürsten Michael auf der Rückkehr von Konstantinopel bei seinem Eintritt in Serbien aufzuheben, nach Kragujewatz zu führen und ihn zu zwingen, dort den Sitz der Regierung aufzuschlagen, das organische Statut zu suspendiren u. s. w. Die Regierung hat alle Fäden dieser Umtriebe in Händen und die Rädelsführer befinden sich bereits in Haft. Die öffentliche Ruhe und Ordnung ist trotz der alarmirenden Gerüchte keinen Augenblick gestört worden. Konstantinopel, 5 Febr. Fürst Michael von Serbien, welcher im Begriff steht, diese Hauptstadt zu verlassen, hatte am 2 d. seine Abschiedsaudienz beim Sultan, bei welchem Anlasse ihm Se. Hoheit den Titel und Rang eines Muschirs, wodurch er den dermaligen Hofpodaren vollkommen gleich gestellt wird, und überdieß das den Wessiren des Reichs allein gestattete Ehrenzeichen (eine Sonne von Brillanten auf dem Feß) zu verleihen geruht. Die neueste Nummer der türkischen Zeitung enthält eine Bekanntmachung, welche zum Zweck hat die Sarrafs (armenische Wechsler), die in Folge der Abschaffung der Iltizam und Mukataa (Verkauf und Verpachtung der Aemter) ihrer vorzüglichsten Erwerbsquelle verlustig sind, über ihr künftiges Loos gewissermaßen zu beruhigen. Der toscanische Geschäftsträger, Commendator Quaglia, ist gestern nach einer fünfmonatlichen Urlaubsreise, während welcher der österreichische Internuntius seine Geschäfte versehen hatte, wieder in diese Hauptstadt eingetroffen. Aegypten. Alexandria, 24 Jan. (Beschluß.) Wir wollen zwei Hauptfragen stellen, da man die Integrität des osmanischen Reichs für Europa und für den Orient nothwendig hält. Kann man, wenn man Syrien Mehemed Ali entreißt, der Pforte dadurch größere Stärke geben? Kann zwischen der Pforte und Mehemed Ali eine aufrichtige Eintracht herrschen, wenn man damit angefangen, letzterm Syrien zu nehmen? Selbst wenn man mit Einwilligung Mehemed Ali's Syrien der Pforte wiedergeben könnte, so wäre dennoch das osmanische Reich im Allgemeinen dadurch geschwächt. Nie hat die Regierung von Konstantinopel über Provinzen, die von der Hauptstadt entfernt liegen, einen überwiegenden Einfluß üben können; dieß war auch der Grund, warum sie Griechenland, Serbien, die Moldau und Wallachei verloren hat, und in Aegypten, wie in den Barbareskenstaaten nur eine nominelle Herrschaft behaupten konnte. Wenn die Pforte wieder in den Besitz Syriens tritt, muß sie, um daraus denselben Vortheil zu ziehen, welchen dieses Land gegenwärtig gewährt, das System Mehemed Ali's befolgen; dieß ist aber unmöglich, weil Konstantinopel zu weit von Syrien entfernt ist. Die Bevölkerung dieses Landes, durch ihre Berge begünstigt, ist meuterischen Sinnes; sie wird beständig in Empörung seyn, und die Pforte selbst wird den Vorwand dazu liefern, denn sie wird genöthigt seyn, die Concessionen, die sie jetzt insgeheim verspricht, unerfüllt zu lassen. Wer soll dann diese Aufstände unterdrücken? Wird man von Konstantinopel und aus Kleinasien Truppen schicken, oder wird man genöthigt seyn Aegypten damit zu beauftragen? Jetzt ist ganz Syrien unter einer energischen Verwaltung vereinigt, man ist dort an dieselbe gewöhnt, und Mehemed Ali allein kann das dort Bestehende zum größten Heil des osmanischen Reichs zusammenhalten. Aus all' dem Gesagten läßt sich kein anderer Schluß ziehen, als daß man Mehemed Ali schwächen würde, ohne dabei der Pforte, im Fall sie Syrien zurück erhielte, Kraft zu geben; dieses Resultat wäre demnach ganz dem Zweck entgegen, den man erreichen will: das osmanische Reich compact, stark und furchtbar zu machen. Was die zweite Frage anbelangt, so ist es überflüssig, zu erinnern, daß Mehemed Ali sich inmitten der heimlichen Verlegenheiten, die man ihm bereitete, und unaufhörlicher Kriege, wodurch ungeheure Provinzen dem osmanischen Reich einverleibt worden, sich emporgehoben hat. Als Sultan Mahmud ihn unaufhörlich beunruhigte, machte er (im September 1838) bekannt, daß er, wenn er noch einmal angegriffen würde, seine Unabhängigkeit erklären wolle; er wurde angegriffen, während die europäischen Diplomaten ihm beruhigende Versicherungen gaben und seine Wachsamkeit einzuschläfern suchten; die Schlacht bei Nisib war die Folge dieses Angriffs. Die türkische Armee war zerstreut, die Jahreszeit günstig, die europäischen Cabinette nicht vorbereitet, der Weg nach Konstantinopel stand Mehemed Ali offen, er hatte mächtige Anhänger, alle Umstände munterten ihn zum Marsch gegen die türkische Hauptstadt auf; der Tod des Sultans, der Besitz der Flotte vermehrten für ihn noch die Gewißheit des Gelingens. Hätte er je den Gedanken gehegt, seine Familie an die Stelle der gegenwärtigen Herrscherdynastie zu setzen, so wäre dieß leichter gewesen, als man denkt: Mekka und Medina waren in seinen Händen; er war Khalifa der That, wenn nicht dem Recht nach - und die, welche den Thron Osmans bestiegen, hatten bekanntlich Zusammentreffen sich in der Richtung von Karataman zurückzog, hat man keine weiteren Nachrichten.“ Oesterreich. Wien, 19 Febr. Der brasilische Bevollmächtigte, Del Hostes, welcher wie bereits erwähnt, mit dem Auftrage hierher kam, unserm Hofe die bevorstehende Vermählung der Prinzessin Januaria zu notificiren, soll eine wichtigere Mission nach der Schweiz haben, die Anwerbung von Truppen für Brasilien betreffend. Türkei. Von der türkischen Gränze, 11 Febr. Die Paschaliks von Ipek und Pristina in Ober-Albanien befinden sich im Stand voller Insurrection gegen die Pforte. Den nächsten Anlaß hiezu scheint das Ergebniß des Aufstandes von Prisrend geliefert zu haben, welcher Stadt für ihre Rückkehr zum Gehorsam die Hälfte der bisher bezahlten Steuern nachgelassen worden seyn soll. Indessen fehlt es nicht an Vermuthungen, nach welchen das Uebel tiefer läge und sogar mit den Entdeckungen, welche kürzlich in Athen gemacht wurden, in Verbindung stünde. Einige behaupten endlich, daß die Bekanntmachung des Hattischerifs von Gülhane den Aufstand provocirt habe, was mir jedoch in Bezug auf diese großentheils von Rajahs bewohnten Gegenden unwahrscheinlich dünkt. Etwas Anderes ist es in Bosnien und Herzegowina, wo noch zahlreicher Anhang der alten Janitscharen und islamitischer Bigotismus seinen Sitz hat. In diesen Provinzen ist der vielbesprochene Hattischerif von den türkischen Stämmen wirklich übel aufgenommen worden; es ist in den verschiedenen Orten Alles in Bewegung, und nur des geringsten Anlasses bedarf es, um auch dort Aufstände hervorzurufen. Gewiß ist, daß das Ansehen der Pforte in diesen beiden Statthalterschaften durch den Hattischerif einen neuen Stoß erlitten hat, und daß ihr geringer Einfluß auf dem Punkte steht, ganz zu erlöschen. – Aus Konstantinopel bringen die letzten Briefe keine Neuigkeit von Belana. Die bereits bekannte Ernennung des in Alexandria befindlichen Mustapha Pascha zum Kaimakam (Stellvertreter) des Kapudan Pascha wird bloß als eine indirecte Protestation der Pforte betrachtet gegen die Vereinigung der großherrlichen Flotte mit der ägyptischen. – In Serbien ist viel Gerede von einem Complot, welches die der gegenwärtigen provisorischen Regierung feindlich entgegenstehende Partei geschmiedet und das den Zweck gehabt habe, den jungen Fürsten Michael auf der Rückkehr von Konstantinopel bei seinem Eintritt in Serbien aufzuheben, nach Kragujewatz zu führen und ihn zu zwingen, dort den Sitz der Regierung aufzuschlagen, das organische Statut zu suspendiren u. s. w. Die Regierung hat alle Fäden dieser Umtriebe in Händen und die Rädelsführer befinden sich bereits in Haft. Die öffentliche Ruhe und Ordnung ist trotz der alarmirenden Gerüchte keinen Augenblick gestört worden. Konstantinopel, 5 Febr. Fürst Michael von Serbien, welcher im Begriff steht, diese Hauptstadt zu verlassen, hatte am 2 d. seine Abschiedsaudienz beim Sultan, bei welchem Anlasse ihm Se. Hoheit den Titel und Rang eines Muschirs, wodurch er den dermaligen Hofpodaren vollkommen gleich gestellt wird, und überdieß das den Wessiren des Reichs allein gestattete Ehrenzeichen (eine Sonne von Brillanten auf dem Feß) zu verleihen geruht. Die neueste Nummer der türkischen Zeitung enthält eine Bekanntmachung, welche zum Zweck hat die Sarrafs (armenische Wechsler), die in Folge der Abschaffung der Iltizam und Mukataa (Verkauf und Verpachtung der Aemter) ihrer vorzüglichsten Erwerbsquelle verlustig sind, über ihr künftiges Loos gewissermaßen zu beruhigen. Der toscanische Geschäftsträger, Commendator Quaglia, ist gestern nach einer fünfmonatlichen Urlaubsreise, während welcher der österreichische Internuntius seine Geschäfte versehen hatte, wieder in diese Hauptstadt eingetroffen. Aegypten. Alexandria, 24 Jan. (Beschluß.) Wir wollen zwei Hauptfragen stellen, da man die Integrität des osmanischen Reichs für Europa und für den Orient nothwendig hält. Kann man, wenn man Syrien Mehemed Ali entreißt, der Pforte dadurch größere Stärke geben? Kann zwischen der Pforte und Mehemed Ali eine aufrichtige Eintracht herrschen, wenn man damit angefangen, letzterm Syrien zu nehmen? Selbst wenn man mit Einwilligung Mehemed Ali's Syrien der Pforte wiedergeben könnte, so wäre dennoch das osmanische Reich im Allgemeinen dadurch geschwächt. Nie hat die Regierung von Konstantinopel über Provinzen, die von der Hauptstadt entfernt liegen, einen überwiegenden Einfluß üben können; dieß war auch der Grund, warum sie Griechenland, Serbien, die Moldau und Wallachei verloren hat, und in Aegypten, wie in den Barbareskenstaaten nur eine nominelle Herrschaft behaupten konnte. Wenn die Pforte wieder in den Besitz Syriens tritt, muß sie, um daraus denselben Vortheil zu ziehen, welchen dieses Land gegenwärtig gewährt, das System Mehemed Ali's befolgen; dieß ist aber unmöglich, weil Konstantinopel zu weit von Syrien entfernt ist. Die Bevölkerung dieses Landes, durch ihre Berge begünstigt, ist meuterischen Sinnes; sie wird beständig in Empörung seyn, und die Pforte selbst wird den Vorwand dazu liefern, denn sie wird genöthigt seyn, die Concessionen, die sie jetzt insgeheim verspricht, unerfüllt zu lassen. Wer soll dann diese Aufstände unterdrücken? Wird man von Konstantinopel und aus Kleinasien Truppen schicken, oder wird man genöthigt seyn Aegypten damit zu beauftragen? Jetzt ist ganz Syrien unter einer energischen Verwaltung vereinigt, man ist dort an dieselbe gewöhnt, und Mehemed Ali allein kann das dort Bestehende zum größten Heil des osmanischen Reichs zusammenhalten. Aus all' dem Gesagten läßt sich kein anderer Schluß ziehen, als daß man Mehemed Ali schwächen würde, ohne dabei der Pforte, im Fall sie Syrien zurück erhielte, Kraft zu geben; dieses Resultat wäre demnach ganz dem Zweck entgegen, den man erreichen will: das osmanische Reich compact, stark und furchtbar zu machen. Was die zweite Frage anbelangt, so ist es überflüssig, zu erinnern, daß Mehemed Ali sich inmitten der heimlichen Verlegenheiten, die man ihm bereitete, und unaufhörlicher Kriege, wodurch ungeheure Provinzen dem osmanischen Reich einverleibt worden, sich emporgehoben hat. Als Sultan Mahmud ihn unaufhörlich beunruhigte, machte er (im September 1838) bekannt, daß er, wenn er noch einmal angegriffen würde, seine Unabhängigkeit erklären wolle; er wurde angegriffen, während die europäischen Diplomaten ihm beruhigende Versicherungen gaben und seine Wachsamkeit einzuschläfern suchten; die Schlacht bei Nisib war die Folge dieses Angriffs. Die türkische Armee war zerstreut, die Jahreszeit günstig, die europäischen Cabinette nicht vorbereitet, der Weg nach Konstantinopel stand Mehemed Ali offen, er hatte mächtige Anhänger, alle Umstände munterten ihn zum Marsch gegen die türkische Hauptstadt auf; der Tod des Sultans, der Besitz der Flotte vermehrten für ihn noch die Gewißheit des Gelingens. Hätte er je den Gedanken gehegt, seine Familie an die Stelle der gegenwärtigen Herrscherdynastie zu setzen, so wäre dieß leichter gewesen, als man denkt: Mekka und Medina waren in seinen Händen; er war Khalifa der That, wenn nicht dem Recht nach – und die, welche den Thron Osmans bestiegen, hatten bekanntlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0007" n="0447"/> Zusammentreffen sich in der Richtung von Karataman zurückzog, hat man keine weiteren Nachrichten.“</p><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Oesterreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 19 Febr.</dateline> <p> Der brasilische Bevollmächtigte, Del Hostes, welcher wie bereits erwähnt, mit dem Auftrage hierher kam, unserm Hofe die bevorstehende Vermählung der Prinzessin Januaria zu notificiren, soll eine wichtigere Mission nach der Schweiz haben, die Anwerbung von Truppen für Brasilien betreffend.</p><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Türkei.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Von der türkischen Gränze,</hi> 11 Febr.</dateline> <p> Die Paschaliks von Ipek und Pristina in Ober-Albanien befinden sich im Stand voller Insurrection gegen die Pforte. Den nächsten Anlaß hiezu scheint das Ergebniß des Aufstandes von Prisrend geliefert zu haben, welcher Stadt für ihre Rückkehr zum Gehorsam die Hälfte der bisher bezahlten Steuern nachgelassen worden seyn soll. Indessen fehlt es nicht an Vermuthungen, nach welchen das Uebel tiefer läge und sogar mit den Entdeckungen, welche kürzlich in Athen gemacht wurden, in Verbindung stünde. Einige behaupten endlich, daß die Bekanntmachung des Hattischerifs von Gülhane den Aufstand provocirt habe, was mir jedoch in Bezug auf diese großentheils von Rajahs bewohnten Gegenden unwahrscheinlich dünkt. Etwas Anderes ist es in Bosnien und Herzegowina, wo noch zahlreicher Anhang der alten Janitscharen und islamitischer Bigotismus seinen Sitz hat. In diesen Provinzen ist der vielbesprochene Hattischerif von den türkischen Stämmen wirklich übel aufgenommen worden; es ist in den verschiedenen Orten Alles in Bewegung, und nur des geringsten Anlasses bedarf es, um auch dort Aufstände hervorzurufen. Gewiß ist, daß das Ansehen der Pforte in diesen beiden Statthalterschaften durch den Hattischerif einen neuen Stoß erlitten hat, und daß ihr geringer Einfluß auf dem Punkte steht, ganz zu erlöschen. – Aus Konstantinopel bringen die letzten Briefe keine Neuigkeit von Belana. Die bereits bekannte Ernennung des in Alexandria befindlichen Mustapha Pascha zum Kaimakam (Stellvertreter) des Kapudan Pascha wird bloß als eine indirecte Protestation der Pforte betrachtet gegen die Vereinigung der großherrlichen Flotte mit der ägyptischen. – In Serbien ist viel Gerede von einem Complot, welches die der gegenwärtigen provisorischen Regierung feindlich entgegenstehende Partei geschmiedet und das den Zweck gehabt habe, den jungen Fürsten Michael auf der Rückkehr von Konstantinopel bei seinem Eintritt in Serbien aufzuheben, nach Kragujewatz zu führen und ihn zu zwingen, dort den Sitz der Regierung aufzuschlagen, das organische Statut zu suspendiren u. s. w. 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Die neueste Nummer der türkischen Zeitung enthält eine Bekanntmachung, welche zum Zweck hat die Sarrafs (armenische Wechsler), die in Folge der Abschaffung der Iltizam und Mukataa (Verkauf und Verpachtung der Aemter) ihrer vorzüglichsten Erwerbsquelle verlustig sind, über ihr künftiges Loos gewissermaßen zu beruhigen. Der toscanische Geschäftsträger, Commendator Quaglia, ist gestern nach einer fünfmonatlichen Urlaubsreise, während welcher der österreichische Internuntius seine Geschäfte versehen hatte, wieder in diese Hauptstadt eingetroffen.</p><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Aegypten.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Alexandria,</hi> 24 Jan.</dateline> <p> (Beschluß.) Wir wollen zwei Hauptfragen stellen, da man die Integrität des osmanischen Reichs für Europa und für den Orient nothwendig hält. Kann man, wenn man Syrien Mehemed Ali entreißt, der Pforte dadurch größere Stärke geben? Kann zwischen der Pforte und Mehemed Ali eine aufrichtige Eintracht herrschen, wenn man damit angefangen, letzterm Syrien zu nehmen? Selbst wenn man mit Einwilligung Mehemed Ali's Syrien der Pforte wiedergeben könnte, so wäre dennoch das osmanische Reich im Allgemeinen dadurch geschwächt. Nie hat die Regierung von Konstantinopel über Provinzen, die von der Hauptstadt entfernt liegen, einen überwiegenden Einfluß üben können; dieß war auch der Grund, warum sie Griechenland, Serbien, die Moldau und Wallachei verloren hat, und in Aegypten, wie in den Barbareskenstaaten nur eine nominelle Herrschaft behaupten konnte. Wenn die Pforte wieder in den Besitz Syriens tritt, muß sie, um daraus denselben Vortheil zu ziehen, welchen dieses Land gegenwärtig gewährt, das System Mehemed Ali's befolgen; dieß ist aber unmöglich, weil Konstantinopel zu weit von Syrien entfernt ist. Die Bevölkerung dieses Landes, durch ihre Berge begünstigt, ist meuterischen Sinnes; sie wird beständig in Empörung seyn, und die Pforte selbst wird den Vorwand dazu liefern, denn sie wird genöthigt seyn, die Concessionen, die sie jetzt insgeheim verspricht, unerfüllt zu lassen. Wer soll dann diese Aufstände unterdrücken? Wird man von Konstantinopel und aus Kleinasien Truppen schicken, oder wird man genöthigt seyn Aegypten damit zu beauftragen? Jetzt ist ganz Syrien unter einer energischen Verwaltung vereinigt, man ist dort an dieselbe gewöhnt, und Mehemed Ali allein kann das dort Bestehende zum größten Heil des osmanischen Reichs zusammenhalten. Aus all' dem Gesagten läßt sich kein anderer Schluß ziehen, als daß man Mehemed Ali schwächen würde, ohne dabei der Pforte, im Fall sie Syrien zurück erhielte, Kraft zu geben; dieses Resultat wäre demnach ganz dem Zweck entgegen, den man erreichen will: das osmanische Reich compact, stark und furchtbar zu machen. Was die zweite Frage anbelangt, so ist es überflüssig, zu erinnern, daß Mehemed Ali sich inmitten der heimlichen Verlegenheiten, die man ihm bereitete, und unaufhörlicher Kriege, wodurch ungeheure Provinzen dem osmanischen Reich einverleibt worden, sich emporgehoben hat. Als Sultan Mahmud ihn unaufhörlich beunruhigte, machte er (im September 1838) bekannt, daß er, wenn er noch einmal angegriffen würde, seine Unabhängigkeit erklären wolle; er wurde angegriffen, während die europäischen Diplomaten ihm beruhigende Versicherungen gaben und seine Wachsamkeit einzuschläfern suchten; die Schlacht bei Nisib war die Folge dieses Angriffs. Die türkische Armee war zerstreut, die Jahreszeit günstig, die europäischen Cabinette nicht vorbereitet, der Weg nach Konstantinopel stand Mehemed Ali offen, er hatte mächtige Anhänger, alle Umstände munterten ihn zum Marsch gegen die türkische Hauptstadt auf; der Tod des Sultans, der Besitz der Flotte vermehrten für ihn noch die Gewißheit des Gelingens. Hätte er je den Gedanken gehegt, seine Familie an die Stelle der gegenwärtigen Herrscherdynastie zu setzen, so wäre dieß leichter gewesen, als man denkt: Mekka und Medina waren in seinen Händen; er war Khalifa der That, wenn nicht dem Recht nach – und die, welche den Thron Osmans bestiegen, hatten bekanntlich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0447/0007]
Zusammentreffen sich in der Richtung von Karataman zurückzog, hat man keine weiteren Nachrichten.“
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_ Wien, 19 Febr. Der brasilische Bevollmächtigte, Del Hostes, welcher wie bereits erwähnt, mit dem Auftrage hierher kam, unserm Hofe die bevorstehende Vermählung der Prinzessin Januaria zu notificiren, soll eine wichtigere Mission nach der Schweiz haben, die Anwerbung von Truppen für Brasilien betreffend.
Türkei.
_ Von der türkischen Gränze, 11 Febr. Die Paschaliks von Ipek und Pristina in Ober-Albanien befinden sich im Stand voller Insurrection gegen die Pforte. Den nächsten Anlaß hiezu scheint das Ergebniß des Aufstandes von Prisrend geliefert zu haben, welcher Stadt für ihre Rückkehr zum Gehorsam die Hälfte der bisher bezahlten Steuern nachgelassen worden seyn soll. Indessen fehlt es nicht an Vermuthungen, nach welchen das Uebel tiefer läge und sogar mit den Entdeckungen, welche kürzlich in Athen gemacht wurden, in Verbindung stünde. Einige behaupten endlich, daß die Bekanntmachung des Hattischerifs von Gülhane den Aufstand provocirt habe, was mir jedoch in Bezug auf diese großentheils von Rajahs bewohnten Gegenden unwahrscheinlich dünkt. Etwas Anderes ist es in Bosnien und Herzegowina, wo noch zahlreicher Anhang der alten Janitscharen und islamitischer Bigotismus seinen Sitz hat. In diesen Provinzen ist der vielbesprochene Hattischerif von den türkischen Stämmen wirklich übel aufgenommen worden; es ist in den verschiedenen Orten Alles in Bewegung, und nur des geringsten Anlasses bedarf es, um auch dort Aufstände hervorzurufen. Gewiß ist, daß das Ansehen der Pforte in diesen beiden Statthalterschaften durch den Hattischerif einen neuen Stoß erlitten hat, und daß ihr geringer Einfluß auf dem Punkte steht, ganz zu erlöschen. – Aus Konstantinopel bringen die letzten Briefe keine Neuigkeit von Belana. Die bereits bekannte Ernennung des in Alexandria befindlichen Mustapha Pascha zum Kaimakam (Stellvertreter) des Kapudan Pascha wird bloß als eine indirecte Protestation der Pforte betrachtet gegen die Vereinigung der großherrlichen Flotte mit der ägyptischen. – In Serbien ist viel Gerede von einem Complot, welches die der gegenwärtigen provisorischen Regierung feindlich entgegenstehende Partei geschmiedet und das den Zweck gehabt habe, den jungen Fürsten Michael auf der Rückkehr von Konstantinopel bei seinem Eintritt in Serbien aufzuheben, nach Kragujewatz zu führen und ihn zu zwingen, dort den Sitz der Regierung aufzuschlagen, das organische Statut zu suspendiren u. s. w. Die Regierung hat alle Fäden dieser Umtriebe in Händen und die Rädelsführer befinden sich bereits in Haft. Die öffentliche Ruhe und Ordnung ist trotz der alarmirenden Gerüchte keinen Augenblick gestört worden.
_ Konstantinopel, 5 Febr. Fürst Michael von Serbien, welcher im Begriff steht, diese Hauptstadt zu verlassen, hatte am 2 d. seine Abschiedsaudienz beim Sultan, bei welchem Anlasse ihm Se. Hoheit den Titel und Rang eines Muschirs, wodurch er den dermaligen Hofpodaren vollkommen gleich gestellt wird, und überdieß das den Wessiren des Reichs allein gestattete Ehrenzeichen (eine Sonne von Brillanten auf dem Feß) zu verleihen geruht. Die neueste Nummer der türkischen Zeitung enthält eine Bekanntmachung, welche zum Zweck hat die Sarrafs (armenische Wechsler), die in Folge der Abschaffung der Iltizam und Mukataa (Verkauf und Verpachtung der Aemter) ihrer vorzüglichsten Erwerbsquelle verlustig sind, über ihr künftiges Loos gewissermaßen zu beruhigen. Der toscanische Geschäftsträger, Commendator Quaglia, ist gestern nach einer fünfmonatlichen Urlaubsreise, während welcher der österreichische Internuntius seine Geschäfte versehen hatte, wieder in diese Hauptstadt eingetroffen.
Aegypten.
_ Alexandria, 24 Jan. (Beschluß.) Wir wollen zwei Hauptfragen stellen, da man die Integrität des osmanischen Reichs für Europa und für den Orient nothwendig hält. Kann man, wenn man Syrien Mehemed Ali entreißt, der Pforte dadurch größere Stärke geben? Kann zwischen der Pforte und Mehemed Ali eine aufrichtige Eintracht herrschen, wenn man damit angefangen, letzterm Syrien zu nehmen? Selbst wenn man mit Einwilligung Mehemed Ali's Syrien der Pforte wiedergeben könnte, so wäre dennoch das osmanische Reich im Allgemeinen dadurch geschwächt. Nie hat die Regierung von Konstantinopel über Provinzen, die von der Hauptstadt entfernt liegen, einen überwiegenden Einfluß üben können; dieß war auch der Grund, warum sie Griechenland, Serbien, die Moldau und Wallachei verloren hat, und in Aegypten, wie in den Barbareskenstaaten nur eine nominelle Herrschaft behaupten konnte. Wenn die Pforte wieder in den Besitz Syriens tritt, muß sie, um daraus denselben Vortheil zu ziehen, welchen dieses Land gegenwärtig gewährt, das System Mehemed Ali's befolgen; dieß ist aber unmöglich, weil Konstantinopel zu weit von Syrien entfernt ist. Die Bevölkerung dieses Landes, durch ihre Berge begünstigt, ist meuterischen Sinnes; sie wird beständig in Empörung seyn, und die Pforte selbst wird den Vorwand dazu liefern, denn sie wird genöthigt seyn, die Concessionen, die sie jetzt insgeheim verspricht, unerfüllt zu lassen. Wer soll dann diese Aufstände unterdrücken? Wird man von Konstantinopel und aus Kleinasien Truppen schicken, oder wird man genöthigt seyn Aegypten damit zu beauftragen? Jetzt ist ganz Syrien unter einer energischen Verwaltung vereinigt, man ist dort an dieselbe gewöhnt, und Mehemed Ali allein kann das dort Bestehende zum größten Heil des osmanischen Reichs zusammenhalten. Aus all' dem Gesagten läßt sich kein anderer Schluß ziehen, als daß man Mehemed Ali schwächen würde, ohne dabei der Pforte, im Fall sie Syrien zurück erhielte, Kraft zu geben; dieses Resultat wäre demnach ganz dem Zweck entgegen, den man erreichen will: das osmanische Reich compact, stark und furchtbar zu machen. Was die zweite Frage anbelangt, so ist es überflüssig, zu erinnern, daß Mehemed Ali sich inmitten der heimlichen Verlegenheiten, die man ihm bereitete, und unaufhörlicher Kriege, wodurch ungeheure Provinzen dem osmanischen Reich einverleibt worden, sich emporgehoben hat. Als Sultan Mahmud ihn unaufhörlich beunruhigte, machte er (im September 1838) bekannt, daß er, wenn er noch einmal angegriffen würde, seine Unabhängigkeit erklären wolle; er wurde angegriffen, während die europäischen Diplomaten ihm beruhigende Versicherungen gaben und seine Wachsamkeit einzuschläfern suchten; die Schlacht bei Nisib war die Folge dieses Angriffs. Die türkische Armee war zerstreut, die Jahreszeit günstig, die europäischen Cabinette nicht vorbereitet, der Weg nach Konstantinopel stand Mehemed Ali offen, er hatte mächtige Anhänger, alle Umstände munterten ihn zum Marsch gegen die türkische Hauptstadt auf; der Tod des Sultans, der Besitz der Flotte vermehrten für ihn noch die Gewißheit des Gelingens. Hätte er je den Gedanken gehegt, seine Familie an die Stelle der gegenwärtigen Herrscherdynastie zu setzen, so wäre dieß leichter gewesen, als man denkt: Mekka und Medina waren in seinen Händen; er war Khalifa der That, wenn nicht dem Recht nach – und die, welche den Thron Osmans bestiegen, hatten bekanntlich
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
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