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Allgemeine Zeitung. Nr. 64. Augsburg, 4. März 1840.

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ganzen Ausdehnung, herrlich hingereiht, wie nicht leicht eine andere den heitersten, erfreulichsten Anblick gewährend.

Welche Erinnerungen knüpfen sich an die Gegend, die man da und dort von leicht erstiegenen Standpunkten übersieht! Das Schloß Büchsenhausen, früher ein Eigenthum des berühmten und unglücklichen Kanzlers Biener; das Schloß Weyherburg, ein Lieblingssitz des ritterlichen Maximilian; die Burg Ambras, worinnen Ferdinands und seiner geliebten Welser glücklichste Tage dahinflossen; die Martinswand, die dem fürstlichen Jägersmann seines Lebens höchste Gefahr und Freude bescheerte; das alte Kloster Wilten, dessen Ursprung in fabelhafter Riesenzeit zu suchen; die Salzberge, die grauen unheimlichen, die den unverwüstlichsten Reichthum des Landes bergen; der Waldraster- oder Sonnenspitz, so pittoresk und erhaben, und berühmt in der Legende; die rauhen Felsenkanten der Frauhütt, von denen manches Mährchen redet. Sie sind nicht zu zählen die Punkte, die um Innsbruck das Auge und die Phantasie und das historische Gedächtniß fesseln und auffrischen.

Ein Fremder kann Monate lang zu Innsbruck verweilen, und jeden Tag einen andern Ausflug machen: nach dem alten Hall, nach dem einst so gewerb- und silberreichen Schwatz, nach Kemmaten, wo eines der gastlichsten Wirthshäuser den Gaumen erfreut, nach der Windeck, von deren Höhe das Thal auf und nieder sich öffnet, und eine Aussicht bis zum "wilden Kaiser" entfaltet; auf die Lanser Köpfe; nach der stillen Einsamkeit des heiligen Wassers, nach der schauerlichen "Klamm", eine enge malerische Schlucht, durch welche man sich Bahn bricht, um entweder nach Zirl oder auf den majestätischen Solstein zu gelangen, dessen Gipfel 9000 Fuß über den Meeresspiegel emporragt. Ueberreich an Reizen sind die Wanderungen übers Mittelgebirg auf dem rechten Ufer des Inn, nach Axams, Götzis, Naters, Mutters, Oberperfuß, wo, wenn ich nicht irre, der berühmte Bauer Peter Anich geboren wurde; in die Schluchten des Schönbergs, über dessen steilen Rücken die alte und neue Straße nach Italien zieht; in die sogenannte "Schöpfen", wo ein freundliches Gasthaus mit dem delicatesten Kaffee; nach Mieders, wo ein Bad und während des Sommers starker Besuch von Gästen aus der Stadt. Dort öffnet sich das weltbekannte Stubeithal voll von Eisenhütten, von dort schlägt man den Weg nach der Waldrast ein. Nicht minder freundlich sind die Spaziergänge auf dem Mittelgebirg, dem Lauf des Flusses folgend. Das hochgethürmte Ampas, dessen Gegend voll von Geistersagen, das stille Bad Egerdach, die Capelle zum Judenstein bei Rinn, wo einst blutdürstige Juden den kleinen Andreas gräulich ermordet haben sollen, sind wohlgelegene Ruhepunkte, die man lustig hin und herwandelnd besucht, bevor man auf die Windeck steigt, und von dannen zur Stiftsalm wandelt, um sich in die waldigen Schatten des Bades Volderthal zu verlieren. Welch ein reizender Gang vom genannten Bade zurück nach Volders! Von diesem Ort ist wieder nur ein kurzer Weg nach Hall, von dannen nach dem Wallfahrtsort Absam, oder nach dem Bade Heiligkreuz. Der letztere Ort, äußerst freundlich am Abhange des Mittelgebirgs auf dem linken Ufer des Inn gelegen, ist wohl zu merken für den gletscherbegierigen Fremden; aus dem Gartenhäuschen des Wirthshauses daselbst sieht man den Stubeiferner (Gletscher) wunderherrlich ins Thal leuchten - ein Anblick, der näher bei Innsbruck nicht zu haben. Tauer mit seinen alten Burgtrümmern, Arzl mit seinem schön gelegenen Calvarienberge sind dann zu berühren, und von letzterm Ort steigt der Wanderer wohlgemuth nach dem Dörfchen Mühlau herunter, wo ihn eine Brücke - die bald eine elegante Kettenbrücke seyn wird - einladet, über den Inn zu gehen und in die schöne Allee zu treten, welch bis in die englischen Anlagen an der Burg von Innsbruck und auf den prächtigen Rennweg vor derselben geleitet; wenn der Spazierende nicht vorziehen sollte, an dem unbeschreiblich wüst liegenden Judenkirchhof vorbei zur Weiherburg emporzusteigen, und über St. Nikolaus und die Kaiserstraße, vulgo durch die "Kothlacke", heimzukehren. - Weiterer Ausflüge soll später gedacht werden. In der nächsten Umgebung der Stadt verdienen noch bemerkt zu werden als vorzügliche Standpunkte für den aussichtlustigen Wandler: das Bad Ferneck oder besser "Husslhof;" die Gallwiese, ein vielbesuchter Belustigungsort; die Militärschießstätte auf dem Berg Isel, vom Kaiser-Jägerregiment recht niedlich hergerichtet; das Bad Mühlau; der Trinkgarten von Büchsenhausen; vor Allem aber die sogenannte Wolkensteinhütte, ein Landhäuschen auf einer ziemlichen Anhöhe, benannt nach den Besitzern aus dem edeln Geschlechte der "Wolkenstein." Das Panorama, das sich von jener Höhe dem überraschten Auge erschließt, ist gewißlich das Schönste, was in Innsbrucks nächster Umgebung zu finden ist. Im Morgen- wie im Abendschein gleich reizend liegt da eine Landschaft zu unsern Füßen, die man interessanter nicht zu erfinden vermag. Die Stadt, die Menge von Dörfern, Schlössern, Kirchen, Capellen und einzelnen Häusern, die sich rings gruppiren, der pfeilschnelle grüne Strom, die schönen Wälder links und rechts, die noch schönern Felsgebirge, die allenthalben in wunderlichen und malerischen Formen aufgerichtet stehen, der glänzende Schnee, der auf ihren Spitzen liegt, während ihr Fuß in frischgrünem Laube ruht, die helle blaue Luft darüber, oder die phantastischen Wolkengebilde, die sich längs dem Hochgebirg immer wechselnd hinziehen - Alles zusammen gibt ein Schauspiel, das sogar ein vertrocknetes Herz neu belebt. Damit das Ohr nicht leer ausgehe, spielt der warme Wind, bald gelinder, bald rauher über Berg und Ebene, klingen die Glocken ohne Zahl herauf und hernieder, rauscht der Fluß vernehmlich zürnend zwischen seinen Dämmen und Brücken hin, und die Stutzen lustiger Schützen knallen auf Schießständen und im Forste, was das Zeug hält, denn, obschon in Tirol das Pulver nicht erfunden worden - was übrigens kein schlechter Spaß seyn soll - so wird doch in keinem Lande des Pulvers mehr verschossen, als in Tirol.

Pariser Litteratur des Grotesken.

Es blüht das Reich des Grotesken in diesem Augenblick in üppiger Fülle, und das Charivari, der Figaro und Corsaire haben ihre neckende Fahne in die Mitte des feindlichen Lagers getragen. Ist es Müdigkeit der aufsehenden Behörde, ist es Muthlosigkeit, wie jede Niederlage sie erzeugt, es scheint uns, die Censur sey beinahe verschwunden, und sicherlich haben die Blätter, eigentlich politische wie Spottblätter, seit Jahren keiner größern Freiheit genossen, nie mehr an die Epoche vor 1835 erinnert, als in diesem Augenblick. Jede Waffe ist ihnen recht, Wort und Bild, vollendete Gemälde und skizzenhafte Andeutungen; jeder Tag bringt Neues. Aber auch, zu welcher Zeit hat sich der Stoff reichhaltiger dargeboten und gehäuft! Sie können sich wohl denken, daß das ganze heirathliche Mißgeschick des Herzogs von Nemours bei den verhärteten Gemüthern des Charivari und seiner Genossen der Schellenkappe keiner menschlichen Regung, keiner Spur von linderndem Mitgefühl begegnet ist; wohl aber war ihre tragikomische Beileidsbezeigung nichts Anderes, als eine weit ausgeführte Variation des einfachen Thema's: "Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen." In die Hauptsache haben sich

ganzen Ausdehnung, herrlich hingereiht, wie nicht leicht eine andere den heitersten, erfreulichsten Anblick gewährend.

Welche Erinnerungen knüpfen sich an die Gegend, die man da und dort von leicht erstiegenen Standpunkten übersieht! Das Schloß Büchsenhausen, früher ein Eigenthum des berühmten und unglücklichen Kanzlers Biener; das Schloß Weyherburg, ein Lieblingssitz des ritterlichen Maximilian; die Burg Ambras, worinnen Ferdinands und seiner geliebten Welser glücklichste Tage dahinflossen; die Martinswand, die dem fürstlichen Jägersmann seines Lebens höchste Gefahr und Freude bescheerte; das alte Kloster Wilten, dessen Ursprung in fabelhafter Riesenzeit zu suchen; die Salzberge, die grauen unheimlichen, die den unverwüstlichsten Reichthum des Landes bergen; der Waldraster- oder Sonnenspitz, so pittoresk und erhaben, und berühmt in der Legende; die rauhen Felsenkanten der Frauhütt, von denen manches Mährchen redet. Sie sind nicht zu zählen die Punkte, die um Innsbruck das Auge und die Phantasie und das historische Gedächtniß fesseln und auffrischen.

Ein Fremder kann Monate lang zu Innsbruck verweilen, und jeden Tag einen andern Ausflug machen: nach dem alten Hall, nach dem einst so gewerb- und silberreichen Schwatz, nach Kemmaten, wo eines der gastlichsten Wirthshäuser den Gaumen erfreut, nach der Windeck, von deren Höhe das Thal auf und nieder sich öffnet, und eine Aussicht bis zum „wilden Kaiser“ entfaltet; auf die Lanser Köpfe; nach der stillen Einsamkeit des heiligen Wassers, nach der schauerlichen „Klamm“, eine enge malerische Schlucht, durch welche man sich Bahn bricht, um entweder nach Zirl oder auf den majestätischen Solstein zu gelangen, dessen Gipfel 9000 Fuß über den Meeresspiegel emporragt. Ueberreich an Reizen sind die Wanderungen übers Mittelgebirg auf dem rechten Ufer des Inn, nach Axams, Götzis, Naters, Mutters, Oberperfuß, wo, wenn ich nicht irre, der berühmte Bauer Peter Anich geboren wurde; in die Schluchten des Schönbergs, über dessen steilen Rücken die alte und neue Straße nach Italien zieht; in die sogenannte „Schöpfen“, wo ein freundliches Gasthaus mit dem delicatesten Kaffee; nach Mieders, wo ein Bad und während des Sommers starker Besuch von Gästen aus der Stadt. Dort öffnet sich das weltbekannte Stubeithal voll von Eisenhütten, von dort schlägt man den Weg nach der Waldrast ein. Nicht minder freundlich sind die Spaziergänge auf dem Mittelgebirg, dem Lauf des Flusses folgend. Das hochgethürmte Ampas, dessen Gegend voll von Geistersagen, das stille Bad Egerdach, die Capelle zum Judenstein bei Rinn, wo einst blutdürstige Juden den kleinen Andreas gräulich ermordet haben sollen, sind wohlgelegene Ruhepunkte, die man lustig hin und herwandelnd besucht, bevor man auf die Windeck steigt, und von dannen zur Stiftsalm wandelt, um sich in die waldigen Schatten des Bades Volderthal zu verlieren. Welch ein reizender Gang vom genannten Bade zurück nach Volders! Von diesem Ort ist wieder nur ein kurzer Weg nach Hall, von dannen nach dem Wallfahrtsort Absam, oder nach dem Bade Heiligkreuz. Der letztere Ort, äußerst freundlich am Abhange des Mittelgebirgs auf dem linken Ufer des Inn gelegen, ist wohl zu merken für den gletscherbegierigen Fremden; aus dem Gartenhäuschen des Wirthshauses daselbst sieht man den Stubeiferner (Gletscher) wunderherrlich ins Thal leuchten – ein Anblick, der näher bei Innsbruck nicht zu haben. Tauer mit seinen alten Burgtrümmern, Arzl mit seinem schön gelegenen Calvarienberge sind dann zu berühren, und von letzterm Ort steigt der Wanderer wohlgemuth nach dem Dörfchen Mühlau herunter, wo ihn eine Brücke – die bald eine elegante Kettenbrücke seyn wird – einladet, über den Inn zu gehen und in die schöne Allee zu treten, welch bis in die englischen Anlagen an der Burg von Innsbruck und auf den prächtigen Rennweg vor derselben geleitet; wenn der Spazierende nicht vorziehen sollte, an dem unbeschreiblich wüst liegenden Judenkirchhof vorbei zur Weiherburg emporzusteigen, und über St. Nikolaus und die Kaiserstraße, vulgo durch die „Kothlacke“, heimzukehren. – Weiterer Ausflüge soll später gedacht werden. In der nächsten Umgebung der Stadt verdienen noch bemerkt zu werden als vorzügliche Standpunkte für den aussichtlustigen Wandler: das Bad Ferneck oder besser „Husslhof;“ die Gallwiese, ein vielbesuchter Belustigungsort; die Militärschießstätte auf dem Berg Isel, vom Kaiser-Jägerregiment recht niedlich hergerichtet; das Bad Mühlau; der Trinkgarten von Büchsenhausen; vor Allem aber die sogenannte Wolkensteinhütte, ein Landhäuschen auf einer ziemlichen Anhöhe, benannt nach den Besitzern aus dem edeln Geschlechte der „Wolkenstein.“ Das Panorama, das sich von jener Höhe dem überraschten Auge erschließt, ist gewißlich das Schönste, was in Innsbrucks nächster Umgebung zu finden ist. Im Morgen- wie im Abendschein gleich reizend liegt da eine Landschaft zu unsern Füßen, die man interessanter nicht zu erfinden vermag. Die Stadt, die Menge von Dörfern, Schlössern, Kirchen, Capellen und einzelnen Häusern, die sich rings gruppiren, der pfeilschnelle grüne Strom, die schönen Wälder links und rechts, die noch schönern Felsgebirge, die allenthalben in wunderlichen und malerischen Formen aufgerichtet stehen, der glänzende Schnee, der auf ihren Spitzen liegt, während ihr Fuß in frischgrünem Laube ruht, die helle blaue Luft darüber, oder die phantastischen Wolkengebilde, die sich längs dem Hochgebirg immer wechselnd hinziehen – Alles zusammen gibt ein Schauspiel, das sogar ein vertrocknetes Herz neu belebt. Damit das Ohr nicht leer ausgehe, spielt der warme Wind, bald gelinder, bald rauher über Berg und Ebene, klingen die Glocken ohne Zahl herauf und hernieder, rauscht der Fluß vernehmlich zürnend zwischen seinen Dämmen und Brücken hin, und die Stutzen lustiger Schützen knallen auf Schießständen und im Forste, was das Zeug hält, denn, obschon in Tirol das Pulver nicht erfunden worden – was übrigens kein schlechter Spaß seyn soll – so wird doch in keinem Lande des Pulvers mehr verschossen, als in Tirol.

Pariser Litteratur des Grotesken.

Es blüht das Reich des Grotesken in diesem Augenblick in üppiger Fülle, und das Charivari, der Figaro und Corsaire haben ihre neckende Fahne in die Mitte des feindlichen Lagers getragen. Ist es Müdigkeit der aufsehenden Behörde, ist es Muthlosigkeit, wie jede Niederlage sie erzeugt, es scheint uns, die Censur sey beinahe verschwunden, und sicherlich haben die Blätter, eigentlich politische wie Spottblätter, seit Jahren keiner größern Freiheit genossen, nie mehr an die Epoche vor 1835 erinnert, als in diesem Augenblick. Jede Waffe ist ihnen recht, Wort und Bild, vollendete Gemälde und skizzenhafte Andeutungen; jeder Tag bringt Neues. Aber auch, zu welcher Zeit hat sich der Stoff reichhaltiger dargeboten und gehäuft! Sie können sich wohl denken, daß das ganze heirathliche Mißgeschick des Herzogs von Nemours bei den verhärteten Gemüthern des Charivari und seiner Genossen der Schellenkappe keiner menschlichen Regung, keiner Spur von linderndem Mitgefühl begegnet ist; wohl aber war ihre tragikomische Beileidsbezeigung nichts Anderes, als eine weit ausgeführte Variation des einfachen Thema's: „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“ In die Hauptsache haben sich

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Die Stadt, die Menge von Dörfern, Schlössern, Kirchen, Capellen und einzelnen Häusern, die sich rings gruppiren, der pfeilschnelle grüne Strom, die schönen Wälder links und rechts, die noch schönern Felsgebirge, die allenthalben in wunderlichen und malerischen Formen aufgerichtet stehen, der glänzende Schnee, der auf ihren Spitzen liegt, während ihr Fuß in frischgrünem Laube ruht, die helle blaue Luft darüber, oder die phantastischen Wolkengebilde, die sich längs dem Hochgebirg immer wechselnd hinziehen &#x2013; Alles zusammen gibt ein Schauspiel, das sogar ein vertrocknetes Herz neu belebt. 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[0506/0010] ganzen Ausdehnung, herrlich hingereiht, wie nicht leicht eine andere den heitersten, erfreulichsten Anblick gewährend. Welche Erinnerungen knüpfen sich an die Gegend, die man da und dort von leicht erstiegenen Standpunkten übersieht! Das Schloß Büchsenhausen, früher ein Eigenthum des berühmten und unglücklichen Kanzlers Biener; das Schloß Weyherburg, ein Lieblingssitz des ritterlichen Maximilian; die Burg Ambras, worinnen Ferdinands und seiner geliebten Welser glücklichste Tage dahinflossen; die Martinswand, die dem fürstlichen Jägersmann seines Lebens höchste Gefahr und Freude bescheerte; das alte Kloster Wilten, dessen Ursprung in fabelhafter Riesenzeit zu suchen; die Salzberge, die grauen unheimlichen, die den unverwüstlichsten Reichthum des Landes bergen; der Waldraster- oder Sonnenspitz, so pittoresk und erhaben, und berühmt in der Legende; die rauhen Felsenkanten der Frauhütt, von denen manches Mährchen redet. Sie sind nicht zu zählen die Punkte, die um Innsbruck das Auge und die Phantasie und das historische Gedächtniß fesseln und auffrischen. Ein Fremder kann Monate lang zu Innsbruck verweilen, und jeden Tag einen andern Ausflug machen: nach dem alten Hall, nach dem einst so gewerb- und silberreichen Schwatz, nach Kemmaten, wo eines der gastlichsten Wirthshäuser den Gaumen erfreut, nach der Windeck, von deren Höhe das Thal auf und nieder sich öffnet, und eine Aussicht bis zum „wilden Kaiser“ entfaltet; auf die Lanser Köpfe; nach der stillen Einsamkeit des heiligen Wassers, nach der schauerlichen „Klamm“, eine enge malerische Schlucht, durch welche man sich Bahn bricht, um entweder nach Zirl oder auf den majestätischen Solstein zu gelangen, dessen Gipfel 9000 Fuß über den Meeresspiegel emporragt. Ueberreich an Reizen sind die Wanderungen übers Mittelgebirg auf dem rechten Ufer des Inn, nach Axams, Götzis, Naters, Mutters, Oberperfuß, wo, wenn ich nicht irre, der berühmte Bauer Peter Anich geboren wurde; in die Schluchten des Schönbergs, über dessen steilen Rücken die alte und neue Straße nach Italien zieht; in die sogenannte „Schöpfen“, wo ein freundliches Gasthaus mit dem delicatesten Kaffee; nach Mieders, wo ein Bad und während des Sommers starker Besuch von Gästen aus der Stadt. Dort öffnet sich das weltbekannte Stubeithal voll von Eisenhütten, von dort schlägt man den Weg nach der Waldrast ein. Nicht minder freundlich sind die Spaziergänge auf dem Mittelgebirg, dem Lauf des Flusses folgend. Das hochgethürmte Ampas, dessen Gegend voll von Geistersagen, das stille Bad Egerdach, die Capelle zum Judenstein bei Rinn, wo einst blutdürstige Juden den kleinen Andreas gräulich ermordet haben sollen, sind wohlgelegene Ruhepunkte, die man lustig hin und herwandelnd besucht, bevor man auf die Windeck steigt, und von dannen zur Stiftsalm wandelt, um sich in die waldigen Schatten des Bades Volderthal zu verlieren. Welch ein reizender Gang vom genannten Bade zurück nach Volders! Von diesem Ort ist wieder nur ein kurzer Weg nach Hall, von dannen nach dem Wallfahrtsort Absam, oder nach dem Bade Heiligkreuz. Der letztere Ort, äußerst freundlich am Abhange des Mittelgebirgs auf dem linken Ufer des Inn gelegen, ist wohl zu merken für den gletscherbegierigen Fremden; aus dem Gartenhäuschen des Wirthshauses daselbst sieht man den Stubeiferner (Gletscher) wunderherrlich ins Thal leuchten – ein Anblick, der näher bei Innsbruck nicht zu haben. Tauer mit seinen alten Burgtrümmern, Arzl mit seinem schön gelegenen Calvarienberge sind dann zu berühren, und von letzterm Ort steigt der Wanderer wohlgemuth nach dem Dörfchen Mühlau herunter, wo ihn eine Brücke – die bald eine elegante Kettenbrücke seyn wird – einladet, über den Inn zu gehen und in die schöne Allee zu treten, welch bis in die englischen Anlagen an der Burg von Innsbruck und auf den prächtigen Rennweg vor derselben geleitet; wenn der Spazierende nicht vorziehen sollte, an dem unbeschreiblich wüst liegenden Judenkirchhof vorbei zur Weiherburg emporzusteigen, und über St. Nikolaus und die Kaiserstraße, vulgo durch die „Kothlacke“, heimzukehren. – Weiterer Ausflüge soll später gedacht werden. In der nächsten Umgebung der Stadt verdienen noch bemerkt zu werden als vorzügliche Standpunkte für den aussichtlustigen Wandler: das Bad Ferneck oder besser „Husslhof;“ die Gallwiese, ein vielbesuchter Belustigungsort; die Militärschießstätte auf dem Berg Isel, vom Kaiser-Jägerregiment recht niedlich hergerichtet; das Bad Mühlau; der Trinkgarten von Büchsenhausen; vor Allem aber die sogenannte Wolkensteinhütte, ein Landhäuschen auf einer ziemlichen Anhöhe, benannt nach den Besitzern aus dem edeln Geschlechte der „Wolkenstein.“ Das Panorama, das sich von jener Höhe dem überraschten Auge erschließt, ist gewißlich das Schönste, was in Innsbrucks nächster Umgebung zu finden ist. Im Morgen- wie im Abendschein gleich reizend liegt da eine Landschaft zu unsern Füßen, die man interessanter nicht zu erfinden vermag. Die Stadt, die Menge von Dörfern, Schlössern, Kirchen, Capellen und einzelnen Häusern, die sich rings gruppiren, der pfeilschnelle grüne Strom, die schönen Wälder links und rechts, die noch schönern Felsgebirge, die allenthalben in wunderlichen und malerischen Formen aufgerichtet stehen, der glänzende Schnee, der auf ihren Spitzen liegt, während ihr Fuß in frischgrünem Laube ruht, die helle blaue Luft darüber, oder die phantastischen Wolkengebilde, die sich längs dem Hochgebirg immer wechselnd hinziehen – Alles zusammen gibt ein Schauspiel, das sogar ein vertrocknetes Herz neu belebt. Damit das Ohr nicht leer ausgehe, spielt der warme Wind, bald gelinder, bald rauher über Berg und Ebene, klingen die Glocken ohne Zahl herauf und hernieder, rauscht der Fluß vernehmlich zürnend zwischen seinen Dämmen und Brücken hin, und die Stutzen lustiger Schützen knallen auf Schießständen und im Forste, was das Zeug hält, denn, obschon in Tirol das Pulver nicht erfunden worden – was übrigens kein schlechter Spaß seyn soll – so wird doch in keinem Lande des Pulvers mehr verschossen, als in Tirol. Pariser Litteratur des Grotesken. _ Paris, 26 Febr. Es blüht das Reich des Grotesken in diesem Augenblick in üppiger Fülle, und das Charivari, der Figaro und Corsaire haben ihre neckende Fahne in die Mitte des feindlichen Lagers getragen. Ist es Müdigkeit der aufsehenden Behörde, ist es Muthlosigkeit, wie jede Niederlage sie erzeugt, es scheint uns, die Censur sey beinahe verschwunden, und sicherlich haben die Blätter, eigentlich politische wie Spottblätter, seit Jahren keiner größern Freiheit genossen, nie mehr an die Epoche vor 1835 erinnert, als in diesem Augenblick. Jede Waffe ist ihnen recht, Wort und Bild, vollendete Gemälde und skizzenhafte Andeutungen; jeder Tag bringt Neues. Aber auch, zu welcher Zeit hat sich der Stoff reichhaltiger dargeboten und gehäuft! Sie können sich wohl denken, daß das ganze heirathliche Mißgeschick des Herzogs von Nemours bei den verhärteten Gemüthern des Charivari und seiner Genossen der Schellenkappe keiner menschlichen Regung, keiner Spur von linderndem Mitgefühl begegnet ist; wohl aber war ihre tragikomische Beileidsbezeigung nichts Anderes, als eine weit ausgeführte Variation des einfachen Thema's: „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“ In die Hauptsache haben sich

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 64. Augsburg, 4. März 1840, S. 0506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_064_18400304/10>, abgerufen am 21.11.2024.