Allgemeine Zeitung. Nr. 71. Augsburg, 11. März 1840.zwölf Monaten mit Ihrer Maj. sämmtlichen Unterthanen, besonders aber gegen einander, den Frieden halten wollten," Sicherheit zu leisten, und zwar je 500 Pf. St. durch Bürgen, und 250 Pf. aus eigenen Mitteln. Den drei begleitenden Herren ward eine Caution von je 100 Pf. durch Bürgen und von 50 aus Eigenem, dem Bedienten Kien eine von 100 Pf. nur aus Eigenem aufgelegt. Nachdem Graf d'Orsay es erlangt hatte, daß die Bürgschaft durch einen einzigen Bürgen (statt zwei) geleistet werden könne, trat Joshua Bates Esq. als solcher für den Prinzen und Obrist Parquin, Hr. Fenton als Bürge für Graf Leon auf. Das Parlamentsmitglied Hr. Francis Baring, Eidam des Herzogs von Bassano, leistete Sicherheit für Obristlieutenant Radcliffe und Graf d'Orsay. Die confiscirten Waffen wurden, nach einigem Bedenken, ihren Eigenthümern ausgehändigt. Das Chronicle fügt bei: "Wie es scheint, hatte Graf Leon an seinen "Vetter" Louis zwei Briefe geschrieben, worin er ihn zur Zurücknahme gewisser angeblicher Aeußerungen über ihr Verwandtschaftsverhältniß aufforderte; die Weigerung des Prinzen veranlaßte den Streit." (Times.) Der neuliche Versuch, Hrn. Guizot eine Katzenmusik zu bringen, rührte wohl von einigen der französischen Tagdiebe (scamps) her, die jetzt in London versammelt sind. Keinem Engländer fällt es ein, einen harmlosen Fremden zu verhöhnen. Frankreich. Paris, 6 März. Hr. Thiers ist am 5 März Abends in das Hotel des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten gezogen. Hr. Barthelemy St. Hilaire, Mitglied des Instituts und Professor der griechischen und lateinischen Philosophie bei dem College de France, ist zum Chef des Secretariats und des Cabinets des Ministers des öffentlichen Unterrichts ernannt. Er wird die Verrichtungen des Generalsecretärs versehen. Die Pairskammer nahm am 5 März nach einer sehr lebhaften allgemeinen Discussion über den Gesetzesentwurf, die Arbeiten der Kinder in den Fabriken betreffend, worin die HH. Herzog von Praslin, Dupin, Rossi, Chollet, Herzog v. Broglie, der Handelsminister, Gay Lussac, Mounier und Laplace gesprochen, den ersten Artikel, so wie er von der Commission amendirt wurde, an. Dieser Artikel lautet: "In Zukunft sollen in den Fabriken für Spinnereien, so wie bei der Fabrication und dem Druck von Geweben, in Fabriken, Werkstätten und mechanischen Anstalten, wo die productive Action durch einen mechanischen Hebel oder durch ein anhaltendes Feuer erfolgt, Kinder unter 16 Jahren nicht mehr aufgenommen werden können, ohne daß die Bedingungen und die Gränzen für die Dauer ihrer täglichen Arbeit durch specielle Anordnungen bestimmt würden. Diese Anordnungen sollen den Zweck haben, zu verhindern, daß eine mit den Kräften der Kinder nicht im Verhältniß stehende Verwendung, oder ein Mißbrauch, der ihre physische, intellectuelle, oder moralische Entwickelung hindern könnte, stattfinde." Mehrere Journale versicherten, Hr. Thiers werde bei der Vorlegung des Gesetzes über die geheimen Fonds ein Vertrauensvotum von der Kammer verlangen. Das Journal des Debats hält dasselbe für unmöglich. "Wir würden, sagt dieses Blatt, ein Vertrauensvotum wohl begreifen, wenn das neue Ministerium zu seinen Freunden und Gegnern sagen könnte: "Ihr kennt mich; ihr wißt, wer ich bin." Aber solche Worte wären in der Kammer in diesem Augenblick nicht an ihrem Platz. Denn, wenn die Kammer aufrichtig ist, würde sie dem Conseilpräsidenten antworten: "Wir kennen Sie als einen Mann von Geist und eben so einige Ihrer Collegen. Ihre Politik aber kennt Niemand, und Niemand kann sagen, welches politische System Sie verfolgen werden, denn Sie haben bereits mehrere gehabt. Ein Beweis, daß Niemand weiß, was Sie thun werden, ist, daß Jedermann auf Sie hofft. Wie können Sie nun verlangen, daß die Kammer ihr Vertrauen oder Mißtrauen über ein Ministerium ausspreche, das erst seit zwei Tagen geboren ist." Das Journal des Debats meint, das neue Cabinet komme ohne ein bestimmtes System ans Ruder, und sey ganz dem Zufall preisgegeben. Wenn das Centrum es nicht unterstützen wolle, werde es zur Linken sich wenden, und fände es dort schlechte Aufnahme, werde es ans Centrum sich halten. Seine Politik werde nach seinen Anhängern sich richten. Die Gazette de France war in ihrem Urtheil über das Ministerium bis jetzt noch etwas zurückhaltend, erklärt sich aber nun entschieden gegen dasselbe, weil sich von ihm keine Unterstützung der Wahlreform erwarten lasse. Von Hrn. Thiers, versichert die Gazette, rührten folgende Worte her, die er am Tage nach der Verwerfung des Dotationsgesetzes in den Constitutionnel geschrieben: "Das Ansehen der Kammer wird durch dieses Votum im Land steigen. Nunmehr darf man nicht mehr sagen, daß die Deputirten nicht die wahrhaften Vertreter Frankreichs seyen. Jede übertriebene oder voreilige Reform ist künftighin unmöglich." Am 4 März fand in St. Denis ein Auflauf statt, wobei gegen 4 bis 500 Menschen einige Strohmänner, welche Personen des Orts vorstellten, verbrannten. Der Maire ließ die Ruhestörer durch Patrouillen von Linientruppen zerstreuen, nachdem jene sich mit Steinwürfen widersetzt hatten. Die Ordnung ward bald hergestellt. Das Dampfboot Phaethon ist am 4 März in Toulon eingetroffen. Es hatte Algier am 27 Febr. verlassen. Marschall Valee zeigte der Armee in einem Tagsbefehl die bevorstehende Ankunft des Herzogs von Orleans officiell an; der Prinz wird bei der bevorstehenden Expedition die erste Division commandiren. Am Bord des Phaethon ist Obrist Delarue wieder in Toulon angekommen. In Folge der tapfern Vertheidigung von Masagran haben mehrere Beförderungen in der afrikanischen Armee stattgefunden. Capitän Lelievre, der die kleine Besatzung commandirte, ist zum Bataillonschef, Obristlieutenant Dubarrail, Commandant von Mostaganem, zum Obristen ernannt worden. Paris, 6 März. Die Journale der äußersten Rechten und Linken finden das Programm des Hrn. Thiers unbedeutend und hohl; die Opposition Odilon-Barrot dagegen ist der Meinung, es sey ganz den Verhältnissen angemessen, und hat nun auch in ihrer gestrigen Reunion beschlossen, das Begehren der geheimen Fonds zu unterstützen, das am nächsten Montag in der Kammer zur Discussion kommen wird. Dieß ist der Tag, wo die Böcke von den Schafen sich sondern, und an welchem die Minister sollen veranlaßt werden, sich über ihr System etwas bestimmter auszusprechen. Bis dahin will das Journal des Debats das Ministerium im Fegefeuer lassen. An diesem Tag aber wird sich zeigen, ob Hr. Thiers schwarz oder weiß ist. Nicht nur scheinen die Hofblätter über die eigentlichen Gesinnungen des Hrn. Thiers noch nicht im Reinen zu seyn, ob er es nämlich im Grund des Herzens mit der dynastischen Opposition oder mit dem Centrum halten werde, sie wissen auch durchaus noch nicht, wessen sie sich von dem Gros der 221 zu versehen haben. Es ist doch wohl nur die Minderzahl von ihnen, welche entweder Hrn. Thiers persönlich abgeneigt ist, oder äußern Einflüssen gehorcht. Die Mehrzahl dagegen muß wünschen ein tüchtiges, angesehenes Ministerium zwölf Monaten mit Ihrer Maj. sämmtlichen Unterthanen, besonders aber gegen einander, den Frieden halten wollten,“ Sicherheit zu leisten, und zwar je 500 Pf. St. durch Bürgen, und 250 Pf. aus eigenen Mitteln. Den drei begleitenden Herren ward eine Caution von je 100 Pf. durch Bürgen und von 50 aus Eigenem, dem Bedienten Kien eine von 100 Pf. nur aus Eigenem aufgelegt. Nachdem Graf d'Orsay es erlangt hatte, daß die Bürgschaft durch einen einzigen Bürgen (statt zwei) geleistet werden könne, trat Joshua Bates Esq. als solcher für den Prinzen und Obrist Parquin, Hr. Fenton als Bürge für Graf Leon auf. Das Parlamentsmitglied Hr. Francis Baring, Eidam des Herzogs von Bassano, leistete Sicherheit für Obristlieutenant Radcliffe und Graf d'Orsay. Die confiscirten Waffen wurden, nach einigem Bedenken, ihren Eigenthümern ausgehändigt. Das Chronicle fügt bei: „Wie es scheint, hatte Graf Leon an seinen „Vetter“ Louis zwei Briefe geschrieben, worin er ihn zur Zurücknahme gewisser angeblicher Aeußerungen über ihr Verwandtschaftsverhältniß aufforderte; die Weigerung des Prinzen veranlaßte den Streit.“ (Times.) Der neuliche Versuch, Hrn. Guizot eine Katzenmusik zu bringen, rührte wohl von einigen der französischen Tagdiebe (scamps) her, die jetzt in London versammelt sind. Keinem Engländer fällt es ein, einen harmlosen Fremden zu verhöhnen. Frankreich. Paris, 6 März. Hr. Thiers ist am 5 März Abends in das Hotel des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten gezogen. Hr. Barthélemy St. Hilaire, Mitglied des Instituts und Professor der griechischen und lateinischen Philosophie bei dem Collège de France, ist zum Chef des Secretariats und des Cabinets des Ministers des öffentlichen Unterrichts ernannt. Er wird die Verrichtungen des Generalsecretärs versehen. Die Pairskammer nahm am 5 März nach einer sehr lebhaften allgemeinen Discussion über den Gesetzesentwurf, die Arbeiten der Kinder in den Fabriken betreffend, worin die HH. Herzog von Praslin, Dupin, Rossi, Chollet, Herzog v. Broglie, der Handelsminister, Gay Lussac, Mounier und Laplace gesprochen, den ersten Artikel, so wie er von der Commission amendirt wurde, an. Dieser Artikel lautet: „In Zukunft sollen in den Fabriken für Spinnereien, so wie bei der Fabrication und dem Druck von Geweben, in Fabriken, Werkstätten und mechanischen Anstalten, wo die productive Action durch einen mechanischen Hebel oder durch ein anhaltendes Feuer erfolgt, Kinder unter 16 Jahren nicht mehr aufgenommen werden können, ohne daß die Bedingungen und die Gränzen für die Dauer ihrer täglichen Arbeit durch specielle Anordnungen bestimmt würden. Diese Anordnungen sollen den Zweck haben, zu verhindern, daß eine mit den Kräften der Kinder nicht im Verhältniß stehende Verwendung, oder ein Mißbrauch, der ihre physische, intellectuelle, oder moralische Entwickelung hindern könnte, stattfinde.“ Mehrere Journale versicherten, Hr. Thiers werde bei der Vorlegung des Gesetzes über die geheimen Fonds ein Vertrauensvotum von der Kammer verlangen. Das Journal des Débats hält dasselbe für unmöglich. „Wir würden, sagt dieses Blatt, ein Vertrauensvotum wohl begreifen, wenn das neue Ministerium zu seinen Freunden und Gegnern sagen könnte: „Ihr kennt mich; ihr wißt, wer ich bin.“ Aber solche Worte wären in der Kammer in diesem Augenblick nicht an ihrem Platz. Denn, wenn die Kammer aufrichtig ist, würde sie dem Conseilpräsidenten antworten: „Wir kennen Sie als einen Mann von Geist und eben so einige Ihrer Collegen. Ihre Politik aber kennt Niemand, und Niemand kann sagen, welches politische System Sie verfolgen werden, denn Sie haben bereits mehrere gehabt. Ein Beweis, daß Niemand weiß, was Sie thun werden, ist, daß Jedermann auf Sie hofft. Wie können Sie nun verlangen, daß die Kammer ihr Vertrauen oder Mißtrauen über ein Ministerium ausspreche, das erst seit zwei Tagen geboren ist.“ Das Journal des Débats meint, das neue Cabinet komme ohne ein bestimmtes System ans Ruder, und sey ganz dem Zufall preisgegeben. Wenn das Centrum es nicht unterstützen wolle, werde es zur Linken sich wenden, und fände es dort schlechte Aufnahme, werde es ans Centrum sich halten. Seine Politik werde nach seinen Anhängern sich richten. Die Gazette de France war in ihrem Urtheil über das Ministerium bis jetzt noch etwas zurückhaltend, erklärt sich aber nun entschieden gegen dasselbe, weil sich von ihm keine Unterstützung der Wahlreform erwarten lasse. Von Hrn. Thiers, versichert die Gazette, rührten folgende Worte her, die er am Tage nach der Verwerfung des Dotationsgesetzes in den Constitutionnel geschrieben: „Das Ansehen der Kammer wird durch dieses Votum im Land steigen. Nunmehr darf man nicht mehr sagen, daß die Deputirten nicht die wahrhaften Vertreter Frankreichs seyen. Jede übertriebene oder voreilige Reform ist künftighin unmöglich.“ Am 4 März fand in St. Denis ein Auflauf statt, wobei gegen 4 bis 500 Menschen einige Strohmänner, welche Personen des Orts vorstellten, verbrannten. Der Maire ließ die Ruhestörer durch Patrouillen von Linientruppen zerstreuen, nachdem jene sich mit Steinwürfen widersetzt hatten. Die Ordnung ward bald hergestellt. Das Dampfboot Phaëthon ist am 4 März in Toulon eingetroffen. Es hatte Algier am 27 Febr. verlassen. Marschall Valée zeigte der Armee in einem Tagsbefehl die bevorstehende Ankunft des Herzogs von Orleans officiell an; der Prinz wird bei der bevorstehenden Expedition die erste Division commandiren. Am Bord des Phaëthon ist Obrist Delarue wieder in Toulon angekommen. In Folge der tapfern Vertheidigung von Masagran haben mehrere Beförderungen in der afrikanischen Armee stattgefunden. Capitän Lelièvre, der die kleine Besatzung commandirte, ist zum Bataillonschef, Obristlieutenant Dubarrail, Commandant von Mostaganem, zum Obristen ernannt worden. Paris, 6 März. Die Journale der äußersten Rechten und Linken finden das Programm des Hrn. Thiers unbedeutend und hohl; die Opposition Odilon-Barrot dagegen ist der Meinung, es sey ganz den Verhältnissen angemessen, und hat nun auch in ihrer gestrigen Reunion beschlossen, das Begehren der geheimen Fonds zu unterstützen, das am nächsten Montag in der Kammer zur Discussion kommen wird. Dieß ist der Tag, wo die Böcke von den Schafen sich sondern, und an welchem die Minister sollen veranlaßt werden, sich über ihr System etwas bestimmter auszusprechen. Bis dahin will das Journal des Débats das Ministerium im Fegefeuer lassen. An diesem Tag aber wird sich zeigen, ob Hr. Thiers schwarz oder weiß ist. Nicht nur scheinen die Hofblätter über die eigentlichen Gesinnungen des Hrn. Thiers noch nicht im Reinen zu seyn, ob er es nämlich im Grund des Herzens mit der dynastischen Opposition oder mit dem Centrum halten werde, sie wissen auch durchaus noch nicht, wessen sie sich von dem Gros der 221 zu versehen haben. Es ist doch wohl nur die Minderzahl von ihnen, welche entweder Hrn. 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Die confiscirten Waffen wurden, nach einigem Bedenken, ihren Eigenthümern ausgehändigt. Das Chronicle fügt bei: „Wie es scheint, hatte Graf Leon an seinen „Vetter“ Louis zwei Briefe geschrieben, worin er ihn zur Zurücknahme gewisser angeblicher Aeußerungen über ihr Verwandtschaftsverhältniß aufforderte; die Weigerung des Prinzen veranlaßte den Streit.“</p><lb/> <p>(<hi rendition="#g">Times</hi>.) Der neuliche Versuch, Hrn. Guizot eine Katzenmusik zu bringen, rührte wohl von einigen der französischen Tagdiebe (scamps) her, die jetzt in London versammelt sind. Keinem Engländer fällt es ein, einen harmlosen Fremden zu verhöhnen.</p> </div> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 6 März.</dateline> <p/><lb/> <p>Hr. 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Dieser Artikel lautet: „In Zukunft sollen in den Fabriken für Spinnereien, so wie bei der Fabrication und dem Druck von Geweben, in Fabriken, Werkstätten und mechanischen Anstalten, wo die productive Action durch einen mechanischen Hebel oder durch ein anhaltendes Feuer erfolgt, Kinder unter 16 Jahren nicht mehr aufgenommen werden können, ohne daß die Bedingungen und die Gränzen für die Dauer ihrer täglichen Arbeit durch specielle Anordnungen bestimmt würden. Diese Anordnungen sollen den Zweck haben, zu verhindern, daß eine mit den Kräften der Kinder nicht im Verhältniß stehende Verwendung, oder ein Mißbrauch, der ihre physische, intellectuelle, oder moralische Entwickelung hindern könnte, stattfinde.“</p><lb/> <p>Mehrere Journale versicherten, Hr. Thiers werde bei der Vorlegung des Gesetzes über die geheimen Fonds ein Vertrauensvotum von der Kammer verlangen. 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An diesem Tag aber wird sich zeigen, ob Hr. Thiers schwarz oder weiß ist. Nicht nur scheinen die Hofblätter über die eigentlichen Gesinnungen des Hrn. Thiers noch nicht im Reinen zu seyn, ob er es nämlich im Grund des Herzens mit der dynastischen Opposition oder mit dem Centrum halten werde, sie wissen auch durchaus noch nicht, wessen sie sich von dem Gros der 221 zu versehen haben. Es ist doch wohl nur die Minderzahl von ihnen, welche entweder Hrn. Thiers persönlich abgeneigt ist, oder äußern Einflüssen gehorcht. Die Mehrzahl dagegen muß wünschen ein tüchtiges, angesehenes Ministerium<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0563/0003]
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(Times.) Der neuliche Versuch, Hrn. Guizot eine Katzenmusik zu bringen, rührte wohl von einigen der französischen Tagdiebe (scamps) her, die jetzt in London versammelt sind. Keinem Engländer fällt es ein, einen harmlosen Fremden zu verhöhnen.
Frankreich.
_ Paris, 6 März.
Hr. Thiers ist am 5 März Abends in das Hotel des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten gezogen.
Hr. Barthélemy St. Hilaire, Mitglied des Instituts und Professor der griechischen und lateinischen Philosophie bei dem Collège de France, ist zum Chef des Secretariats und des Cabinets des Ministers des öffentlichen Unterrichts ernannt. Er wird die Verrichtungen des Generalsecretärs versehen.
Die Pairskammer nahm am 5 März nach einer sehr lebhaften allgemeinen Discussion über den Gesetzesentwurf, die Arbeiten der Kinder in den Fabriken betreffend, worin die HH. Herzog von Praslin, Dupin, Rossi, Chollet, Herzog v. Broglie, der Handelsminister, Gay Lussac, Mounier und Laplace gesprochen, den ersten Artikel, so wie er von der Commission amendirt wurde, an. Dieser Artikel lautet: „In Zukunft sollen in den Fabriken für Spinnereien, so wie bei der Fabrication und dem Druck von Geweben, in Fabriken, Werkstätten und mechanischen Anstalten, wo die productive Action durch einen mechanischen Hebel oder durch ein anhaltendes Feuer erfolgt, Kinder unter 16 Jahren nicht mehr aufgenommen werden können, ohne daß die Bedingungen und die Gränzen für die Dauer ihrer täglichen Arbeit durch specielle Anordnungen bestimmt würden. Diese Anordnungen sollen den Zweck haben, zu verhindern, daß eine mit den Kräften der Kinder nicht im Verhältniß stehende Verwendung, oder ein Mißbrauch, der ihre physische, intellectuelle, oder moralische Entwickelung hindern könnte, stattfinde.“
Mehrere Journale versicherten, Hr. Thiers werde bei der Vorlegung des Gesetzes über die geheimen Fonds ein Vertrauensvotum von der Kammer verlangen. Das Journal des Débats hält dasselbe für unmöglich. „Wir würden, sagt dieses Blatt, ein Vertrauensvotum wohl begreifen, wenn das neue Ministerium zu seinen Freunden und Gegnern sagen könnte: „Ihr kennt mich; ihr wißt, wer ich bin.“ Aber solche Worte wären in der Kammer in diesem Augenblick nicht an ihrem Platz. Denn, wenn die Kammer aufrichtig ist, würde sie dem Conseilpräsidenten antworten: „Wir kennen Sie als einen Mann von Geist und eben so einige Ihrer Collegen. Ihre Politik aber kennt Niemand, und Niemand kann sagen, welches politische System Sie verfolgen werden, denn Sie haben bereits mehrere gehabt. Ein Beweis, daß Niemand weiß, was Sie thun werden, ist, daß Jedermann auf Sie hofft. Wie können Sie nun verlangen, daß die Kammer ihr Vertrauen oder Mißtrauen über ein Ministerium ausspreche, das erst seit zwei Tagen geboren ist.“ Das Journal des Débats meint, das neue Cabinet komme ohne ein bestimmtes System ans Ruder, und sey ganz dem Zufall preisgegeben. Wenn das Centrum es nicht unterstützen wolle, werde es zur Linken sich wenden, und fände es dort schlechte Aufnahme, werde es ans Centrum sich halten. Seine Politik werde nach seinen Anhängern sich richten.
Die Gazette de France war in ihrem Urtheil über das Ministerium bis jetzt noch etwas zurückhaltend, erklärt sich aber nun entschieden gegen dasselbe, weil sich von ihm keine Unterstützung der Wahlreform erwarten lasse. Von Hrn. Thiers, versichert die Gazette, rührten folgende Worte her, die er am Tage nach der Verwerfung des Dotationsgesetzes in den Constitutionnel geschrieben: „Das Ansehen der Kammer wird durch dieses Votum im Land steigen. Nunmehr darf man nicht mehr sagen, daß die Deputirten nicht die wahrhaften Vertreter Frankreichs seyen. Jede übertriebene oder voreilige Reform ist künftighin unmöglich.“
Am 4 März fand in St. Denis ein Auflauf statt, wobei gegen 4 bis 500 Menschen einige Strohmänner, welche Personen des Orts vorstellten, verbrannten. Der Maire ließ die Ruhestörer durch Patrouillen von Linientruppen zerstreuen, nachdem jene sich mit Steinwürfen widersetzt hatten. Die Ordnung ward bald hergestellt.
Das Dampfboot Phaëthon ist am 4 März in Toulon eingetroffen. Es hatte Algier am 27 Febr. verlassen. Marschall Valée zeigte der Armee in einem Tagsbefehl die bevorstehende Ankunft des Herzogs von Orleans officiell an; der Prinz wird bei der bevorstehenden Expedition die erste Division commandiren. Am Bord des Phaëthon ist Obrist Delarue wieder in Toulon angekommen.
In Folge der tapfern Vertheidigung von Masagran haben mehrere Beförderungen in der afrikanischen Armee stattgefunden. Capitän Lelièvre, der die kleine Besatzung commandirte, ist zum Bataillonschef, Obristlieutenant Dubarrail, Commandant von Mostaganem, zum Obristen ernannt worden.
_ Paris, 6 März. Die Journale der äußersten Rechten und Linken finden das Programm des Hrn. Thiers unbedeutend und hohl; die Opposition Odilon-Barrot dagegen ist der Meinung, es sey ganz den Verhältnissen angemessen, und hat nun auch in ihrer gestrigen Reunion beschlossen, das Begehren der geheimen Fonds zu unterstützen, das am nächsten Montag in der Kammer zur Discussion kommen wird. Dieß ist der Tag, wo die Böcke von den Schafen sich sondern, und an welchem die Minister sollen veranlaßt werden, sich über ihr System etwas bestimmter auszusprechen. Bis dahin will das Journal des Débats das Ministerium im Fegefeuer lassen. An diesem Tag aber wird sich zeigen, ob Hr. Thiers schwarz oder weiß ist. Nicht nur scheinen die Hofblätter über die eigentlichen Gesinnungen des Hrn. Thiers noch nicht im Reinen zu seyn, ob er es nämlich im Grund des Herzens mit der dynastischen Opposition oder mit dem Centrum halten werde, sie wissen auch durchaus noch nicht, wessen sie sich von dem Gros der 221 zu versehen haben. Es ist doch wohl nur die Minderzahl von ihnen, welche entweder Hrn. Thiers persönlich abgeneigt ist, oder äußern Einflüssen gehorcht. Die Mehrzahl dagegen muß wünschen ein tüchtiges, angesehenes Ministerium
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
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