Allgemeine Zeitung. Nr. 92. Augsburg, 1. April 1840.Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. MittwochNr. 92. 1 April 1840.Großbritannien. London, 25 März. Wir haben gestern kurz der Anfrage erwähnt, welche Graf Aberdeen am 24 März im Hause der Lords, in Betreff des vor zwei Jahren abgeschlossenen Handelsvertrags zwischen England und Oesterreich, an das Ministerium richtete. Der edle Graf bemerkte: "Das Haus hat die Glückwünsche nicht vergessen, mit denen damals der Abschluß dieses Vertrags begrüßt wurde, der jedoch in der That kein neuer Vertrag, sondern nur eine Erneuerung desjenigen ist, den ich selbst zehn Jahre zuvor unterzeichnet hatte. Ich gebe zu, daß in dem neuen Vertrag die Grundsätze der Gegenseitigkeit in einigen Punkten eine wohlthätige Ausdehnung erfuhren. Durch den 4ten Artikel ist stipulirt, daß alle österreichischen Schiffe, die aus türkischen Donauhäfen kommend in englische Häfen einlaufen, so aufgenommen werden sollen, als kämen sie aus österreichischen Häfen, wogegen dann auch brittische Schiffe in jenen Donauhäfen wie österreichische zu behandeln seyen. Nun scheint es mir aber gar sonderbar, daß zwei Mächte unter sich stipuliren, wie ihre respectiven Schiffe in den Häfen einer dritten Macht behandelt werden sollen, ohne vorher mit dieser dritten Macht darüber communicirt und ihre Einwilligung eingeholt zu haben. Wenn ich gut unterrichtet bin, so ist es unsrerseits zu einer Verletzung des Vertrags, einem Bruch des von uns selbst gegebenen Gesetzes gekommen; im September v. J. lief nämlich ein österreichisches Handelsschiff, aus einem türkischen Donauhafen (Ibrahim) kommend, in den Hafen von Gloucester ein, wurde von unsern Zollbehörden wegen einer Verletzung des Navigationsgesetzes mit Embargo belegt, und erst nach einer langen Correspondenz der Betheiligten vom Schatzamt, jedoch unter Auferlegung einer mäßigen Geldbuße, wieder freigegeben. So steht es gegenwärtig mit diesem Handelsvertrag. Wie ich höre, liegen aber jetzt mehrere Schiffe mit Kornfrachten in türkischen Donauhäfen, und können nicht absegeln, weil sie nicht wissen, was sie für eine Behandlung zu erwarten haben. Wozu, frag' ich nun, haben wir Verpflichtungen eingegangen, die wir zu erfüllen außer Stand oder nicht Willens sind? Indeß der Vertrag ist geschlossen, so möge der edle Viscount auch für dessen Erfüllung sorgen, damit Englands guter Name, was Treu' und Glauben betrifft, keinen Schaden leide." Lord Melbourne antwortete: "Der betreffende Vertragsartikel, welcher österreichischen, aus türkischen Häfen kommenden Schiffen gewisse Immunitäten gegen entsprechende Vortheile brittischer Schiffe bewilligt, wurde von dem österreichischen Bevollmächtigten ungemein urgirt, obwohl es ohne Frage ein Artikel ist, dessen Gewährung nicht in unserer Macht lag. Oesterreich hatte dabei eine allgemeine Handelsfreiheit in den Donauhäfen im Auge, und die Absicht, mit der Türkei über Ausführung jener Stipulationen in Unterhandlung zu treten. Andrerseits besteht der englische Handelsvertrag mit der Türkei, welcher in unsern Vertrag mit Oesterreich fördernd mit eingreifen konnte, was die Schifffahrt betrifft. Diese Vergünstigung aber dehnt sich nicht auf die Hafenzölle aus, und die Zulassung österreichischer Schiffe aus jenen Häfen in den unsrigen unter den stipulirten Immunitäten war, ich muß es gestehen, unsern Navigationsgesetzen entgegen. Um nun dennoch Oesterreich Wort zu halten, wurde jenem österreichischen Schiff in dem von dem edlen Grafen angeführten Fall eine nominale Geldbuße aufgelegt. Indeß hat die Regierung die Absicht, demnächst dem Parlament eine Maaßregel vorzuschlagen, wodurch die Navigationsgesetze so gemildert werden sollen, daß die Erfüllung des vierten Vertragsartikels möglich wird. Mein sehr ehrenw. Freund, der vorige Handelsminister (Hr. P. Thomson) hat eine solche Maaßregel vermuthlich nur darum nicht schon in voriger Session eingebracht, weil er dieselbe auch auf den Vertrag mit der Türkei auszudehnen beabsichtigte." Lord Aberdeen bemerkte, die Sache sey von vorn herein schlumpig (slovenly) behandelt worden, und der österreichische Handelsstand wisse nicht, wie er daran sey. Lord Ashburton fürchtete in Folge dieses Vertrags einen gänzlichen Umsturz der brittischen Navigationsacte. Hierauf ließ man die Sache fallen. Zu Anfang der Sitzung hatte Lord Melbourne in Bezug auf Lord J. Seaton dieselbe Kronbotschaft eingebracht, wie Lord J. Russell im Hause der Gemeinen. Gestern (24) hatte der Herzog von Wellington, als Kanzler der Universität Oxford, Audienz bei dem Prinzen Albert, um Sr. k. Hoh. das Diplom als Doctor juris civilis zu überreichen. - Der Erbprinz von Sachsen-Coburg ist dermalen bei dem Herzog v. Beaufort auf Besuch. In den Schiffswerften von Chatam und Sheerneß herrscht große Thätigkeit: der Bau mehrerer Linienschiffe wird rasch gefördert; the London von 60 Kanonen soll schon mit Anfang Junius vom Stapel laufen. Man hat in diesem wie im vorigen Winter in den schottischen Hochgebirgen bei Glenocchy, Glenlyon und Glenlochay Spuren eines unbekannten Thiers im Schnee entdeckt. Sie gleichen auffallend den Spuren eines Füllens von ansehnlicher Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. MittwochNr. 92. 1 April 1840.Großbritannien. London, 25 März. Wir haben gestern kurz der Anfrage erwähnt, welche Graf Aberdeen am 24 März im Hause der Lords, in Betreff des vor zwei Jahren abgeschlossenen Handelsvertrags zwischen England und Oesterreich, an das Ministerium richtete. Der edle Graf bemerkte: „Das Haus hat die Glückwünsche nicht vergessen, mit denen damals der Abschluß dieses Vertrags begrüßt wurde, der jedoch in der That kein neuer Vertrag, sondern nur eine Erneuerung desjenigen ist, den ich selbst zehn Jahre zuvor unterzeichnet hatte. Ich gebe zu, daß in dem neuen Vertrag die Grundsätze der Gegenseitigkeit in einigen Punkten eine wohlthätige Ausdehnung erfuhren. Durch den 4ten Artikel ist stipulirt, daß alle österreichischen Schiffe, die aus türkischen Donauhäfen kommend in englische Häfen einlaufen, so aufgenommen werden sollen, als kämen sie aus österreichischen Häfen, wogegen dann auch brittische Schiffe in jenen Donauhäfen wie österreichische zu behandeln seyen. Nun scheint es mir aber gar sonderbar, daß zwei Mächte unter sich stipuliren, wie ihre respectiven Schiffe in den Häfen einer dritten Macht behandelt werden sollen, ohne vorher mit dieser dritten Macht darüber communicirt und ihre Einwilligung eingeholt zu haben. Wenn ich gut unterrichtet bin, so ist es unsrerseits zu einer Verletzung des Vertrags, einem Bruch des von uns selbst gegebenen Gesetzes gekommen; im September v. J. lief nämlich ein österreichisches Handelsschiff, aus einem türkischen Donauhafen (Ibrahim) kommend, in den Hafen von Gloucester ein, wurde von unsern Zollbehörden wegen einer Verletzung des Navigationsgesetzes mit Embargo belegt, und erst nach einer langen Correspondenz der Betheiligten vom Schatzamt, jedoch unter Auferlegung einer mäßigen Geldbuße, wieder freigegeben. So steht es gegenwärtig mit diesem Handelsvertrag. Wie ich höre, liegen aber jetzt mehrere Schiffe mit Kornfrachten in türkischen Donauhäfen, und können nicht absegeln, weil sie nicht wissen, was sie für eine Behandlung zu erwarten haben. Wozu, frag' ich nun, haben wir Verpflichtungen eingegangen, die wir zu erfüllen außer Stand oder nicht Willens sind? Indeß der Vertrag ist geschlossen, so möge der edle Viscount auch für dessen Erfüllung sorgen, damit Englands guter Name, was Treu' und Glauben betrifft, keinen Schaden leide.“ Lord Melbourne antwortete: „Der betreffende Vertragsartikel, welcher österreichischen, aus türkischen Häfen kommenden Schiffen gewisse Immunitäten gegen entsprechende Vortheile brittischer Schiffe bewilligt, wurde von dem österreichischen Bevollmächtigten ungemein urgirt, obwohl es ohne Frage ein Artikel ist, dessen Gewährung nicht in unserer Macht lag. Oesterreich hatte dabei eine allgemeine Handelsfreiheit in den Donauhäfen im Auge, und die Absicht, mit der Türkei über Ausführung jener Stipulationen in Unterhandlung zu treten. Andrerseits besteht der englische Handelsvertrag mit der Türkei, welcher in unsern Vertrag mit Oesterreich fördernd mit eingreifen konnte, was die Schifffahrt betrifft. Diese Vergünstigung aber dehnt sich nicht auf die Hafenzölle aus, und die Zulassung österreichischer Schiffe aus jenen Häfen in den unsrigen unter den stipulirten Immunitäten war, ich muß es gestehen, unsern Navigationsgesetzen entgegen. Um nun dennoch Oesterreich Wort zu halten, wurde jenem österreichischen Schiff in dem von dem edlen Grafen angeführten Fall eine nominale Geldbuße aufgelegt. Indeß hat die Regierung die Absicht, demnächst dem Parlament eine Maaßregel vorzuschlagen, wodurch die Navigationsgesetze so gemildert werden sollen, daß die Erfüllung des vierten Vertragsartikels möglich wird. Mein sehr ehrenw. Freund, der vorige Handelsminister (Hr. P. Thomson) hat eine solche Maaßregel vermuthlich nur darum nicht schon in voriger Session eingebracht, weil er dieselbe auch auf den Vertrag mit der Türkei auszudehnen beabsichtigte.“ Lord Aberdeen bemerkte, die Sache sey von vorn herein schlumpig (slovenly) behandelt worden, und der österreichische Handelsstand wisse nicht, wie er daran sey. Lord Ashburton fürchtete in Folge dieses Vertrags einen gänzlichen Umsturz der brittischen Navigationsacte. Hierauf ließ man die Sache fallen. Zu Anfang der Sitzung hatte Lord Melbourne in Bezug auf Lord J. Seaton dieselbe Kronbotschaft eingebracht, wie Lord J. Russell im Hause der Gemeinen. Gestern (24) hatte der Herzog von Wellington, als Kanzler der Universität Oxford, Audienz bei dem Prinzen Albert, um Sr. k. Hoh. das Diplom als Doctor juris civilis zu überreichen. – Der Erbprinz von Sachsen-Coburg ist dermalen bei dem Herzog v. Beaufort auf Besuch. In den Schiffswerften von Chatam und Sheerneß herrscht große Thätigkeit: der Bau mehrerer Linienschiffe wird rasch gefördert; the London von 60 Kanonen soll schon mit Anfang Junius vom Stapel laufen. Man hat in diesem wie im vorigen Winter in den schottischen Hochgebirgen bei Glenocchy, Glenlyon und Glenlochay Spuren eines unbekannten Thiers im Schnee entdeckt. 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Wenn ich gut unterrichtet bin, so ist es unsrerseits zu einer Verletzung des Vertrags, einem Bruch des von uns selbst gegebenen Gesetzes gekommen; im September v. J. lief nämlich ein österreichisches Handelsschiff, aus einem türkischen Donauhafen (Ibrahim) kommend, in den Hafen von Gloucester ein, wurde von unsern Zollbehörden wegen einer Verletzung des Navigationsgesetzes mit Embargo belegt, und erst nach einer langen Correspondenz der Betheiligten vom Schatzamt, jedoch unter Auferlegung einer mäßigen Geldbuße, wieder freigegeben. So steht es gegenwärtig mit diesem Handelsvertrag. Wie ich höre, liegen aber jetzt mehrere Schiffe mit Kornfrachten in türkischen Donauhäfen, und können nicht absegeln, weil sie nicht wissen, was sie für eine Behandlung zu erwarten haben. Wozu, frag' ich nun, haben wir Verpflichtungen eingegangen, die wir zu erfüllen außer Stand oder nicht Willens sind? 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Diese Vergünstigung aber dehnt sich nicht auf die Hafenzölle aus, und die Zulassung österreichischer Schiffe aus jenen Häfen in den unsrigen unter den stipulirten Immunitäten war, ich muß es gestehen, unsern Navigationsgesetzen entgegen. Um nun dennoch Oesterreich Wort zu halten, wurde jenem österreichischen Schiff in dem von dem edlen Grafen angeführten Fall eine nominale Geldbuße aufgelegt. Indeß hat die Regierung die Absicht, demnächst dem Parlament eine Maaßregel vorzuschlagen, wodurch die Navigationsgesetze so gemildert werden sollen, daß die Erfüllung des vierten Vertragsartikels möglich wird. Mein sehr ehrenw. Freund, der vorige Handelsminister (Hr. P. Thomson) hat eine solche Maaßregel vermuthlich nur darum nicht schon in voriger Session eingebracht, weil er dieselbe auch auf den Vertrag mit der Türkei auszudehnen beabsichtigte.“ Lord <hi rendition="#g">Aberdeen</hi> bemerkte, die Sache sey von vorn herein schlumpig (slovenly) behandelt worden, und der österreichische Handelsstand wisse nicht, wie er daran sey. Lord <hi rendition="#g">Ashburton</hi> fürchtete in Folge dieses Vertrags einen gänzlichen Umsturz der brittischen Navigationsacte. Hierauf ließ man die Sache fallen. Zu Anfang der Sitzung hatte Lord Melbourne in Bezug auf Lord J. Seaton dieselbe Kronbotschaft eingebracht, wie Lord J. Russell im Hause der Gemeinen.</p><lb/> <p>Gestern (24) hatte der Herzog von Wellington, als Kanzler der Universität Oxford, Audienz bei dem Prinzen Albert, um Sr. k. Hoh. das Diplom als Doctor juris civilis zu überreichen. – Der Erbprinz von Sachsen-Coburg ist dermalen bei dem Herzog v. 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Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Mittwoch
Nr. 92.
1 April 1840.
Großbritannien.
_ London, 25 März.
Wir haben gestern kurz der Anfrage erwähnt, welche Graf Aberdeen am 24 März im Hause der Lords, in Betreff des vor zwei Jahren abgeschlossenen Handelsvertrags zwischen England und Oesterreich, an das Ministerium richtete. Der edle Graf bemerkte: „Das Haus hat die Glückwünsche nicht vergessen, mit denen damals der Abschluß dieses Vertrags begrüßt wurde, der jedoch in der That kein neuer Vertrag, sondern nur eine Erneuerung desjenigen ist, den ich selbst zehn Jahre zuvor unterzeichnet hatte. Ich gebe zu, daß in dem neuen Vertrag die Grundsätze der Gegenseitigkeit in einigen Punkten eine wohlthätige Ausdehnung erfuhren. Durch den 4ten Artikel ist stipulirt, daß alle österreichischen Schiffe, die aus türkischen Donauhäfen kommend in englische Häfen einlaufen, so aufgenommen werden sollen, als kämen sie aus österreichischen Häfen, wogegen dann auch brittische Schiffe in jenen Donauhäfen wie österreichische zu behandeln seyen. Nun scheint es mir aber gar sonderbar, daß zwei Mächte unter sich stipuliren, wie ihre respectiven Schiffe in den Häfen einer dritten Macht behandelt werden sollen, ohne vorher mit dieser dritten Macht darüber communicirt und ihre Einwilligung eingeholt zu haben. Wenn ich gut unterrichtet bin, so ist es unsrerseits zu einer Verletzung des Vertrags, einem Bruch des von uns selbst gegebenen Gesetzes gekommen; im September v. J. lief nämlich ein österreichisches Handelsschiff, aus einem türkischen Donauhafen (Ibrahim) kommend, in den Hafen von Gloucester ein, wurde von unsern Zollbehörden wegen einer Verletzung des Navigationsgesetzes mit Embargo belegt, und erst nach einer langen Correspondenz der Betheiligten vom Schatzamt, jedoch unter Auferlegung einer mäßigen Geldbuße, wieder freigegeben. So steht es gegenwärtig mit diesem Handelsvertrag. Wie ich höre, liegen aber jetzt mehrere Schiffe mit Kornfrachten in türkischen Donauhäfen, und können nicht absegeln, weil sie nicht wissen, was sie für eine Behandlung zu erwarten haben. Wozu, frag' ich nun, haben wir Verpflichtungen eingegangen, die wir zu erfüllen außer Stand oder nicht Willens sind? Indeß der Vertrag ist geschlossen, so möge der edle Viscount auch für dessen Erfüllung sorgen, damit Englands guter Name, was Treu' und Glauben betrifft, keinen Schaden leide.“ Lord Melbourne antwortete: „Der betreffende Vertragsartikel, welcher österreichischen, aus türkischen Häfen kommenden Schiffen gewisse Immunitäten gegen entsprechende Vortheile brittischer Schiffe bewilligt, wurde von dem österreichischen Bevollmächtigten ungemein urgirt, obwohl es ohne Frage ein Artikel ist, dessen Gewährung nicht in unserer Macht lag. Oesterreich hatte dabei eine allgemeine Handelsfreiheit in den Donauhäfen im Auge, und die Absicht, mit der Türkei über Ausführung jener Stipulationen in Unterhandlung zu treten. Andrerseits besteht der englische Handelsvertrag mit der Türkei, welcher in unsern Vertrag mit Oesterreich fördernd mit eingreifen konnte, was die Schifffahrt betrifft. Diese Vergünstigung aber dehnt sich nicht auf die Hafenzölle aus, und die Zulassung österreichischer Schiffe aus jenen Häfen in den unsrigen unter den stipulirten Immunitäten war, ich muß es gestehen, unsern Navigationsgesetzen entgegen. Um nun dennoch Oesterreich Wort zu halten, wurde jenem österreichischen Schiff in dem von dem edlen Grafen angeführten Fall eine nominale Geldbuße aufgelegt. Indeß hat die Regierung die Absicht, demnächst dem Parlament eine Maaßregel vorzuschlagen, wodurch die Navigationsgesetze so gemildert werden sollen, daß die Erfüllung des vierten Vertragsartikels möglich wird. Mein sehr ehrenw. Freund, der vorige Handelsminister (Hr. P. Thomson) hat eine solche Maaßregel vermuthlich nur darum nicht schon in voriger Session eingebracht, weil er dieselbe auch auf den Vertrag mit der Türkei auszudehnen beabsichtigte.“ Lord Aberdeen bemerkte, die Sache sey von vorn herein schlumpig (slovenly) behandelt worden, und der österreichische Handelsstand wisse nicht, wie er daran sey. Lord Ashburton fürchtete in Folge dieses Vertrags einen gänzlichen Umsturz der brittischen Navigationsacte. Hierauf ließ man die Sache fallen. Zu Anfang der Sitzung hatte Lord Melbourne in Bezug auf Lord J. Seaton dieselbe Kronbotschaft eingebracht, wie Lord J. Russell im Hause der Gemeinen.
Gestern (24) hatte der Herzog von Wellington, als Kanzler der Universität Oxford, Audienz bei dem Prinzen Albert, um Sr. k. Hoh. das Diplom als Doctor juris civilis zu überreichen. – Der Erbprinz von Sachsen-Coburg ist dermalen bei dem Herzog v. Beaufort auf Besuch.
In den Schiffswerften von Chatam und Sheerneß herrscht große Thätigkeit: der Bau mehrerer Linienschiffe wird rasch gefördert; the London von 60 Kanonen soll schon mit Anfang Junius vom Stapel laufen.
Man hat in diesem wie im vorigen Winter in den schottischen Hochgebirgen bei Glenocchy, Glenlyon und Glenlochay Spuren eines unbekannten Thiers im Schnee entdeckt. Sie gleichen auffallend den Spuren eines Füllens von ansehnlicher
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