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Allgemeine Zeitung. Nr. 100. Augsburg, 9. April 1840.

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einen Aufruhr, den nur der baldige Rückzug des Redners besänftigen konnte.

Den Handschuh, den er der Linken hingeworfen, mußte natürlich ihr unumschränkter Gebieter und Heerführer, Hr. Odilon-Barrot, aufheben. Die weißen Haare auf seinem Haupte bürgen dafür, daß seine Jugend die Republik gesehen; in Blick und Stimme glüht die Thatkraft eines revolutionären Willens, und die physische Erscheinung gehört eher einem alten Marschall Vorwärts des Parlaments, als einem Feldherrn an, der von unbemerkten Umwegen und künstlich gelegtem Hinterhalt den Sieg erwartet. Auch die Natur seiner geistreichen Anlagen scheint ihn für diese Rolle zu bestimmen; nicht durch verstrickende Beweise, nicht durch schlaue Lockungen umfängt er den Gegner; er klammert sich an tönende Schlagworte der Parteien, spinnt sie zu einer langen Standrede mit Advocatenemphase aus, und sagt im Grund nur Dinge, welche die Preßorgane seiner Farbe schon seit Wochen durchtrompetet. Jetzt spielt er den Mäßigen, den Diplomaten, thut unschuldig, versteckt seine wahren Zwecke, oder verlegt sie in neblige Ferne - der sonst so Ungeduldige; allein leicht könnte sein Ruf das Opfer des Versuches werden. Hr. Barrot ist nicht so klug als er sich einbilden mag, und die hält man am leichtesten zum besten, die sich für pfiffig halten, ohne es zu seyn; Hr. Thiers aber scheint wie dazu geschaffen, dem "Papa Barrot" eine Nase zu drehen.

Wenn in der ersten Sitzung die Männer ihr Herz ergossen, die, so verschieden außerdem ihre Ideen und Forderungen seyn mögen, "Treue der Fahne Orleans" als ihren Wahlspruch anerkennen oder wenigstens ausgeben, so wird jenen, die nur durch das schwache Band des politischen Eides an die herrschende Dynastie geknüpft sind, für die übrigen Tage des Turniers der Kampfpreis zugesprochen. Hr. Berryer zeigte sich wieder als vollendeter Meister des mimischen Ausdrucks; seine Bewegungen waren so rund, richtig und würdevoll, sein Organ so metallen, gebieterisch und doch so biegsam, jedem Befehle der Empfindung folgend, der ganze Mann so stattlich und männlich reizend, daß die Zuhörer unterjocht wurden, und die Zuschauerinnen verloren waren. Doch ist der Geist seiner Worte diese Majestät des Vortrags, ist der Inhalt des Buches den glänzenden Einband werth?

Der große Haufe, und auch viele Gebildete, lieben oft in dem, was nicht an sich schon tiefern Untersuchungen angehört, überraschende Argumente, in einander wie ein Panzerhemd verschlungen, und Entdeckung neuer Gesichtspunkte weniger, als die energische und blendende Versinnlichung ihrer eigenen Gefühle und besonders Vorurtheile durch einen Mann von Namen. Das leistet Hr. Berryer vollkommen.

Il parlar che nell' anima si sente.

Das ist für alle Welt, was er so beredt, so eindringlich zu sagen weiß. Daher sein Erfolg. Wenn Hr. Berryer die Volksehre der Franzosen halb zürnend, halb begeistert anruft, so ist es, was die Wirkung auf die Gemüther angeht, wo nicht dasselbe, doch etwas Aehnliches, als wenn O'Connell Gerechtigkeit für Irland fordert; Hr. Berryer ist nur der Sachwalter, nicht der Ritter der Legitimität, während O'Connell zugleich der "hired servant" und der geborne Vorkämpfer seiner Mitbürger ist; beide sind revolutionäre Agitatoren ihrer ursprünglichen Bestimmung zufolge, obgleich beide auch gewandt, die verwirrtesten Fragen des Rechts leicht und sicher zu entwirren.

So revolutionär aber der Legitimist Berryer, so diplomatisch der Republicaner Garnier-Pages. In Gang und Benehmen ruhig und abgemessen, in der Enthüllung seiner Gedanken äußerst vorsichtig, voll schonender Formen gegen den Gegner, dem er die bittersten Wahrheiten sagt, scheint er sein Ziel, nicht wie ein schimmerndes Ideal, nicht wie eine Befreiung von schmählichem Joche, sondern wie der Gelehrte ein Problem seines Verstandes zu suchen. Sein Aussehen ist blaß und finster, und wenn man ihn in seiner schwarzen Bekleidung, die vortrefflich zu dem Uebrigen paßt, auf den Boulevards mit einigen Journalisten umherspazieren und ihnen die Geheimnisse der politischen Coulissen mittheilen sah, so mochte man an einen Magier des Mittelalters denken, der einigen gläubigen Seelen die Mysterien der Zukunft offenbart. So düster und starr seine Gesichtsbildung im Allgemeinen ist, so kann der strenge Republicaner einen sanften, fast schmerzlichen Zug nicht verheimlichen. Man möchte sagen, nicht der giftige Haß des Bestehenden, der in dem Troß seiner Partei kocht, sondern die Hindernisse, welche der Erreichung seiner Aufgabe entgegenstehen, beschäftigten vor Allem seine Seele. Und hat er dieß nicht in seiner letzten Rede dargethan, als er dem Ministerium Mole eine so unparteiische Anerkennung zollte? als er, der gründliche Revolutionär, behauptete, der Fortschritt sey auch ohne Revolutionen möglich? Ein solches Geständniß im Munde dieses Mannes ist eben so merkwürdig als Beitrag zur Geschichte der öffentlichen Meinung in Frankreich, wie als Bürgschaft, daß Mäßigung und Klugheit, was auch die Geschicke dieses Landes werden mögen, in den Reihen seiner Bürger stets Vertreter und Organe finden werden.

Das Schwefelmonopol in Sicilien.

In Briefen aus Sicilien, welche die "Blätter für litterarische Unterhaltung" eben veröffentlichen, findet sich eine Darstellung, die zwar auf den Standpunkt des Monopols sich stellt und so dahin geführt wird, die unnatürliche Maaßregel der gewaltsamen Beschränkung der Production zu vertheidigen, aber doch wegen der eigenen Anschauungen und Detailangaben Beachtung verdient. Wir heben davon Folgendes aus:
"Girgenti bietet dem Reisenden durch seine Lage, seine merkwürdigen Alterthümer und seine Betriebsamkeit so viel Gegenstände des Interesses dar, daß die Wahl schwer scheinen könnte unter all dem Mittheilungswerthen. Aber man kann gegenwärtig keinen Augenblick zweifelhaft seyn, worüber man von hier aus zu berichten habe. Girgenti ist der Hauptort des sicilischen Schwefelvertriebs, und alle Bewegungen der jüngsten Zeit Siciliens haben sich um diese Angelegenheit gedreht; die Räubereien, die Befürchtungen der Regierung, die Erbitterung der Gemüther, die leisen und lauten Beschwerden der Betheiligten und Antheilnehmenden, alle werden aus der einen Quelle hergeleitet, dem sogenannten Schwefelmonopole. Es muß bei der Wichtigkeit dieser Angelegenheit und dem Aufsehen, welches dieselbe auch im Ausland erregt hat, von hier aus eine erschöpfende Darlegung der Verhältnisse allerdings erwartet werden. Aber die Urtheile, welche im Volk cursiren, sind wie gewöhnlich so wenig begründet und die Mittheilungen von Thatsachen widersprechen einander so sehr oder sind so ungenau, daß sich zu sichern Resultaten nicht gelangen läßt. Nun liegt mir zwar, indem ich dieses schreibe, eine Vertheidigung der Maaßregel vor, welche durch ihre Publication in den "Annalen des Reichs" für eine officielle Rechtfertigung genommen

einen Aufruhr, den nur der baldige Rückzug des Redners besänftigen konnte.

Den Handschuh, den er der Linken hingeworfen, mußte natürlich ihr unumschränkter Gebieter und Heerführer, Hr. Odilon-Barrot, aufheben. Die weißen Haare auf seinem Haupte bürgen dafür, daß seine Jugend die Republik gesehen; in Blick und Stimme glüht die Thatkraft eines revolutionären Willens, und die physische Erscheinung gehört eher einem alten Marschall Vorwärts des Parlaments, als einem Feldherrn an, der von unbemerkten Umwegen und künstlich gelegtem Hinterhalt den Sieg erwartet. Auch die Natur seiner geistreichen Anlagen scheint ihn für diese Rolle zu bestimmen; nicht durch verstrickende Beweise, nicht durch schlaue Lockungen umfängt er den Gegner; er klammert sich an tönende Schlagworte der Parteien, spinnt sie zu einer langen Standrede mit Advocatenemphase aus, und sagt im Grund nur Dinge, welche die Preßorgane seiner Farbe schon seit Wochen durchtrompetet. Jetzt spielt er den Mäßigen, den Diplomaten, thut unschuldig, versteckt seine wahren Zwecke, oder verlegt sie in neblige Ferne – der sonst so Ungeduldige; allein leicht könnte sein Ruf das Opfer des Versuches werden. Hr. Barrot ist nicht so klug als er sich einbilden mag, und die hält man am leichtesten zum besten, die sich für pfiffig halten, ohne es zu seyn; Hr. Thiers aber scheint wie dazu geschaffen, dem „Papa Barrot“ eine Nase zu drehen.

Wenn in der ersten Sitzung die Männer ihr Herz ergossen, die, so verschieden außerdem ihre Ideen und Forderungen seyn mögen, „Treue der Fahne Orleans“ als ihren Wahlspruch anerkennen oder wenigstens ausgeben, so wird jenen, die nur durch das schwache Band des politischen Eides an die herrschende Dynastie geknüpft sind, für die übrigen Tage des Turniers der Kampfpreis zugesprochen. Hr. Berryer zeigte sich wieder als vollendeter Meister des mimischen Ausdrucks; seine Bewegungen waren so rund, richtig und würdevoll, sein Organ so metallen, gebieterisch und doch so biegsam, jedem Befehle der Empfindung folgend, der ganze Mann so stattlich und männlich reizend, daß die Zuhörer unterjocht wurden, und die Zuschauerinnen verloren waren. Doch ist der Geist seiner Worte diese Majestät des Vortrags, ist der Inhalt des Buches den glänzenden Einband werth?

Der große Haufe, und auch viele Gebildete, lieben oft in dem, was nicht an sich schon tiefern Untersuchungen angehört, überraschende Argumente, in einander wie ein Panzerhemd verschlungen, und Entdeckung neuer Gesichtspunkte weniger, als die energische und blendende Versinnlichung ihrer eigenen Gefühle und besonders Vorurtheile durch einen Mann von Namen. Das leistet Hr. Berryer vollkommen.

Il parlar che nell' anima si sente.

Das ist für alle Welt, was er so beredt, so eindringlich zu sagen weiß. Daher sein Erfolg. Wenn Hr. Berryer die Volksehre der Franzosen halb zürnend, halb begeistert anruft, so ist es, was die Wirkung auf die Gemüther angeht, wo nicht dasselbe, doch etwas Aehnliches, als wenn O'Connell Gerechtigkeit für Irland fordert; Hr. Berryer ist nur der Sachwalter, nicht der Ritter der Legitimität, während O'Connell zugleich der „hired servant“ und der geborne Vorkämpfer seiner Mitbürger ist; beide sind revolutionäre Agitatoren ihrer ursprünglichen Bestimmung zufolge, obgleich beide auch gewandt, die verwirrtesten Fragen des Rechts leicht und sicher zu entwirren.

So revolutionär aber der Legitimist Berryer, so diplomatisch der Republicaner Garnier-Pagès. In Gang und Benehmen ruhig und abgemessen, in der Enthüllung seiner Gedanken äußerst vorsichtig, voll schonender Formen gegen den Gegner, dem er die bittersten Wahrheiten sagt, scheint er sein Ziel, nicht wie ein schimmerndes Ideal, nicht wie eine Befreiung von schmählichem Joche, sondern wie der Gelehrte ein Problem seines Verstandes zu suchen. Sein Aussehen ist blaß und finster, und wenn man ihn in seiner schwarzen Bekleidung, die vortrefflich zu dem Uebrigen paßt, auf den Boulevards mit einigen Journalisten umherspazieren und ihnen die Geheimnisse der politischen Coulissen mittheilen sah, so mochte man an einen Magier des Mittelalters denken, der einigen gläubigen Seelen die Mysterien der Zukunft offenbart. So düster und starr seine Gesichtsbildung im Allgemeinen ist, so kann der strenge Republicaner einen sanften, fast schmerzlichen Zug nicht verheimlichen. Man möchte sagen, nicht der giftige Haß des Bestehenden, der in dem Troß seiner Partei kocht, sondern die Hindernisse, welche der Erreichung seiner Aufgabe entgegenstehen, beschäftigten vor Allem seine Seele. Und hat er dieß nicht in seiner letzten Rede dargethan, als er dem Ministerium Molé eine so unparteiische Anerkennung zollte? als er, der gründliche Revolutionär, behauptete, der Fortschritt sey auch ohne Revolutionen möglich? Ein solches Geständniß im Munde dieses Mannes ist eben so merkwürdig als Beitrag zur Geschichte der öffentlichen Meinung in Frankreich, wie als Bürgschaft, daß Mäßigung und Klugheit, was auch die Geschicke dieses Landes werden mögen, in den Reihen seiner Bürger stets Vertreter und Organe finden werden.

Das Schwefelmonopol in Sicilien.

In Briefen aus Sicilien, welche die „Blätter für litterarische Unterhaltung“ eben veröffentlichen, findet sich eine Darstellung, die zwar auf den Standpunkt des Monopols sich stellt und so dahin geführt wird, die unnatürliche Maaßregel der gewaltsamen Beschränkung der Production zu vertheidigen, aber doch wegen der eigenen Anschauungen und Detailangaben Beachtung verdient. Wir heben davon Folgendes aus:
„Girgenti bietet dem Reisenden durch seine Lage, seine merkwürdigen Alterthümer und seine Betriebsamkeit so viel Gegenstände des Interesses dar, daß die Wahl schwer scheinen könnte unter all dem Mittheilungswerthen. Aber man kann gegenwärtig keinen Augenblick zweifelhaft seyn, worüber man von hier aus zu berichten habe. Girgenti ist der Hauptort des sicilischen Schwefelvertriebs, und alle Bewegungen der jüngsten Zeit Siciliens haben sich um diese Angelegenheit gedreht; die Räubereien, die Befürchtungen der Regierung, die Erbitterung der Gemüther, die leisen und lauten Beschwerden der Betheiligten und Antheilnehmenden, alle werden aus der einen Quelle hergeleitet, dem sogenannten Schwefelmonopole. Es muß bei der Wichtigkeit dieser Angelegenheit und dem Aufsehen, welches dieselbe auch im Ausland erregt hat, von hier aus eine erschöpfende Darlegung der Verhältnisse allerdings erwartet werden. Aber die Urtheile, welche im Volk cursiren, sind wie gewöhnlich so wenig begründet und die Mittheilungen von Thatsachen widersprechen einander so sehr oder sind so ungenau, daß sich zu sichern Resultaten nicht gelangen läßt. Nun liegt mir zwar, indem ich dieses schreibe, eine Vertheidigung der Maaßregel vor, welche durch ihre Publication in den „Annalen des Reichs“ für eine officielle Rechtfertigung genommen

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[0795/0011] einen Aufruhr, den nur der baldige Rückzug des Redners besänftigen konnte. Den Handschuh, den er der Linken hingeworfen, mußte natürlich ihr unumschränkter Gebieter und Heerführer, Hr. Odilon-Barrot, aufheben. Die weißen Haare auf seinem Haupte bürgen dafür, daß seine Jugend die Republik gesehen; in Blick und Stimme glüht die Thatkraft eines revolutionären Willens, und die physische Erscheinung gehört eher einem alten Marschall Vorwärts des Parlaments, als einem Feldherrn an, der von unbemerkten Umwegen und künstlich gelegtem Hinterhalt den Sieg erwartet. Auch die Natur seiner geistreichen Anlagen scheint ihn für diese Rolle zu bestimmen; nicht durch verstrickende Beweise, nicht durch schlaue Lockungen umfängt er den Gegner; er klammert sich an tönende Schlagworte der Parteien, spinnt sie zu einer langen Standrede mit Advocatenemphase aus, und sagt im Grund nur Dinge, welche die Preßorgane seiner Farbe schon seit Wochen durchtrompetet. Jetzt spielt er den Mäßigen, den Diplomaten, thut unschuldig, versteckt seine wahren Zwecke, oder verlegt sie in neblige Ferne – der sonst so Ungeduldige; allein leicht könnte sein Ruf das Opfer des Versuches werden. Hr. Barrot ist nicht so klug als er sich einbilden mag, und die hält man am leichtesten zum besten, die sich für pfiffig halten, ohne es zu seyn; Hr. Thiers aber scheint wie dazu geschaffen, dem „Papa Barrot“ eine Nase zu drehen. Wenn in der ersten Sitzung die Männer ihr Herz ergossen, die, so verschieden außerdem ihre Ideen und Forderungen seyn mögen, „Treue der Fahne Orleans“ als ihren Wahlspruch anerkennen oder wenigstens ausgeben, so wird jenen, die nur durch das schwache Band des politischen Eides an die herrschende Dynastie geknüpft sind, für die übrigen Tage des Turniers der Kampfpreis zugesprochen. Hr. Berryer zeigte sich wieder als vollendeter Meister des mimischen Ausdrucks; seine Bewegungen waren so rund, richtig und würdevoll, sein Organ so metallen, gebieterisch und doch so biegsam, jedem Befehle der Empfindung folgend, der ganze Mann so stattlich und männlich reizend, daß die Zuhörer unterjocht wurden, und die Zuschauerinnen verloren waren. Doch ist der Geist seiner Worte diese Majestät des Vortrags, ist der Inhalt des Buches den glänzenden Einband werth? Der große Haufe, und auch viele Gebildete, lieben oft in dem, was nicht an sich schon tiefern Untersuchungen angehört, überraschende Argumente, in einander wie ein Panzerhemd verschlungen, und Entdeckung neuer Gesichtspunkte weniger, als die energische und blendende Versinnlichung ihrer eigenen Gefühle und besonders Vorurtheile durch einen Mann von Namen. Das leistet Hr. Berryer vollkommen. Il parlar che nell' anima si sente. Das ist für alle Welt, was er so beredt, so eindringlich zu sagen weiß. Daher sein Erfolg. Wenn Hr. Berryer die Volksehre der Franzosen halb zürnend, halb begeistert anruft, so ist es, was die Wirkung auf die Gemüther angeht, wo nicht dasselbe, doch etwas Aehnliches, als wenn O'Connell Gerechtigkeit für Irland fordert; Hr. Berryer ist nur der Sachwalter, nicht der Ritter der Legitimität, während O'Connell zugleich der „hired servant“ und der geborne Vorkämpfer seiner Mitbürger ist; beide sind revolutionäre Agitatoren ihrer ursprünglichen Bestimmung zufolge, obgleich beide auch gewandt, die verwirrtesten Fragen des Rechts leicht und sicher zu entwirren. So revolutionär aber der Legitimist Berryer, so diplomatisch der Republicaner Garnier-Pagès. In Gang und Benehmen ruhig und abgemessen, in der Enthüllung seiner Gedanken äußerst vorsichtig, voll schonender Formen gegen den Gegner, dem er die bittersten Wahrheiten sagt, scheint er sein Ziel, nicht wie ein schimmerndes Ideal, nicht wie eine Befreiung von schmählichem Joche, sondern wie der Gelehrte ein Problem seines Verstandes zu suchen. Sein Aussehen ist blaß und finster, und wenn man ihn in seiner schwarzen Bekleidung, die vortrefflich zu dem Uebrigen paßt, auf den Boulevards mit einigen Journalisten umherspazieren und ihnen die Geheimnisse der politischen Coulissen mittheilen sah, so mochte man an einen Magier des Mittelalters denken, der einigen gläubigen Seelen die Mysterien der Zukunft offenbart. So düster und starr seine Gesichtsbildung im Allgemeinen ist, so kann der strenge Republicaner einen sanften, fast schmerzlichen Zug nicht verheimlichen. Man möchte sagen, nicht der giftige Haß des Bestehenden, der in dem Troß seiner Partei kocht, sondern die Hindernisse, welche der Erreichung seiner Aufgabe entgegenstehen, beschäftigten vor Allem seine Seele. Und hat er dieß nicht in seiner letzten Rede dargethan, als er dem Ministerium Molé eine so unparteiische Anerkennung zollte? als er, der gründliche Revolutionär, behauptete, der Fortschritt sey auch ohne Revolutionen möglich? Ein solches Geständniß im Munde dieses Mannes ist eben so merkwürdig als Beitrag zur Geschichte der öffentlichen Meinung in Frankreich, wie als Bürgschaft, daß Mäßigung und Klugheit, was auch die Geschicke dieses Landes werden mögen, in den Reihen seiner Bürger stets Vertreter und Organe finden werden. Das Schwefelmonopol in Sicilien. In Briefen aus Sicilien, welche die „Blätter für litterarische Unterhaltung“ eben veröffentlichen, findet sich eine Darstellung, die zwar auf den Standpunkt des Monopols sich stellt und so dahin geführt wird, die unnatürliche Maaßregel der gewaltsamen Beschränkung der Production zu vertheidigen, aber doch wegen der eigenen Anschauungen und Detailangaben Beachtung verdient. Wir heben davon Folgendes aus: „Girgenti bietet dem Reisenden durch seine Lage, seine merkwürdigen Alterthümer und seine Betriebsamkeit so viel Gegenstände des Interesses dar, daß die Wahl schwer scheinen könnte unter all dem Mittheilungswerthen. Aber man kann gegenwärtig keinen Augenblick zweifelhaft seyn, worüber man von hier aus zu berichten habe. Girgenti ist der Hauptort des sicilischen Schwefelvertriebs, und alle Bewegungen der jüngsten Zeit Siciliens haben sich um diese Angelegenheit gedreht; die Räubereien, die Befürchtungen der Regierung, die Erbitterung der Gemüther, die leisen und lauten Beschwerden der Betheiligten und Antheilnehmenden, alle werden aus der einen Quelle hergeleitet, dem sogenannten Schwefelmonopole. Es muß bei der Wichtigkeit dieser Angelegenheit und dem Aufsehen, welches dieselbe auch im Ausland erregt hat, von hier aus eine erschöpfende Darlegung der Verhältnisse allerdings erwartet werden. Aber die Urtheile, welche im Volk cursiren, sind wie gewöhnlich so wenig begründet und die Mittheilungen von Thatsachen widersprechen einander so sehr oder sind so ungenau, daß sich zu sichern Resultaten nicht gelangen läßt. Nun liegt mir zwar, indem ich dieses schreibe, eine Vertheidigung der Maaßregel vor, welche durch ihre Publication in den „Annalen des Reichs“ für eine officielle Rechtfertigung genommen

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 100. Augsburg, 9. April 1840, S. 0795. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_100_18400409/11>, abgerufen am 09.11.2024.