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Allgemeine Zeitung. Nr. 103. Augsburg, 12. April 1840.

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Ueber die Ermordung des Grafen de Espanna.

Alle Blätter haben von diesem schaudervollen Ereigniß gesprochen; die Wahrheit wurde jedoch nie bekannt. Eine Art politischer Scham hielt uns ab, den gräßlichsten Vorfall zu beleuchten, der den sechsjährigen Bürgerkrieg in Spanien besudelt. Unter so viel Mord, Brand, Gift und Verrath würde man vergeblich eine zweite Handlung suchen, neben die Ermordung des Grafen de Espanna zu stellen. Deßhalb schwiegen wir bis jetzt. Nun sind mir aber Briefe aus Berga zugekommen, welche die Ankunft des Generalcapitäns Grafen v. Morella in dieser unserer catalonischen Hauptfestung melden. Man schreibt, er habe die Mitglieder der Junta und die Guerilleros, die beim Morde des Grafen de Espanna implicirt gewesen, arretiren lassen, und nehme sich vor, ein strenges Strafgericht über sie zu halten. Viel Blut wird wahrscheinlich fließen, die Schuld liegt zu Tage, und die Details des Verbrechens gingen flüsternd von Mund zu Mund durch die Reihen aller catalonischen Bataillone; doch laut wagte keiner darüber zu sprechen. Die Mörder des Grafen de Espanna, hochgestellt und mächtig, hätten schnell jedes vorlaute Wort mit dem Leben bestraft. Nun ist es aber nothwendig geworden, die ganze Wahrheit ans Tageslicht zu bringen; wir sind es den Manen des Grafen de Espanna, der Meinung der Welt über Cabrera's Strafgerichte schuldig.

Fünf Generalcapitäne wurden nach und nach den Cataloniern von König Karl bestellt, und doch hatte diese größte und reichste Provinz der Halbinsel nur secundären Einfluß auf den Fortgang der Kriegsoperationen ausgeübt. Die Regierungsjunta und die Guerrillachefs vereitelten alle Anstrengungen; die Junta, aus Mönchen und Advocaten zusammengesetzt, vom Generalcapitän unabhängig, ja sogar in ihrem Pleno mit höheren Gewalten versehen, verhinderte Conscriptionen, verweigerte Steuerausschreibungen, verwendete willkürlich die Subsidien, gab eigenmächtig Befehle an die Guerrillachefs, und unterhielt Intriguen im königlichen Hauptquartier, versicherte sich der Ausführung ihrer Befehle durch die schändlichsten Mittel, und verfolgte ihre Feinde mit beispielloser Grausamkeit. Die Guerrillachefs ihrerseits, meist an die Spitze jener Banden gestellt, die sie in ihren Geburtsthälern zu den Waffen gerufen, übten fanatischen Einfluß auf ihre Leute aus; sie hatten das Land förmlich unter sich getheilt; sie plünderten und verwüsteten systematisch, jeder in seinem District; erpreßten nach Gutdünken und theilten die goldenen Früchte ihrer Raubzüge mit ihren Gönnern, den Mitgliedern der Junta. Die Rolle der Generalcapitäne war auf Einsammeln der spärlichen Berichte gewiesen, die in pomphaften Ausdrücken die Häuptlinge über ihre eigenmächtigen Unternehmungen zukommen ließen. So Brujo, Torres, Mareto, Royo, Urbiztondo. Von Jahr zu Jahr ging es schlechter. Das Land wurde verarmt, Tausende hingeopfert, Millionen vergeudet. Da rief der König den Grafen de Espanna. Der greise Held, der schon unter ungleich schwereren Verhältnissen mit gigantischen Kräften gerungen hatte, gab dem Wunsche seines Herrn nach. Es dürfte hier nicht unpassend seyn, zwei Worte zu sagen über den größten Kriegsführer und treuesten Diener der spanischen Bourbonen.

Charles d'Espagne ward im Jahr 1773 in der Grafschaft Foix geboren, welche seine Vorfahren früher als souveränes Fürstenthum nebst Comminges und dem Lande Couserans besessen hatten. Sein Vater, der Marquis d'Espagne, französischer Generallieutenant, bestimmte seinen zweiten Sohn Charles schon früh den Waffen, nach den Ansichten einer Zeit, in der nachgeborne Söhne großer Herren nur zwischen Krummstab und Degen zu wählen hatten. Der Chevalier d'Espagne trat in eine der Compagnien der maison rouge Ludwigs XVI, die sein Vater befehligte. Obwohl sehr jung, war er doch Zeuge aller Gräuel der ersten Revolution. Sein Vater und viele seiner Verwandten wurden guillotinirt. Er und sein älterer Bruder, nunmehr Marquis d'Espagne, schlossen sich an die Armee des Fürsten von Conde an. Sie machten jene traurige und erfolglose Campagne mit. Nach Auflösung des Conde'schen Corps begab sich Graf d'Espagne nach Spanien, zur Zeit, als der Friedensfürst alle streitbaren Kräfte des Reichs längs den Pyrenäen gegen Napoleon zusammenzog. Er trat als Hauptmann in ein Infanterieregiment und focht lange Zeit mit abwechselndem Glück in meist subalternen Stellen. Endlich schien sein Stern aufzugehen. Auf dem Schlachtfelde von Baylen ward er zum Brigadegeneral befördert; für die Einnahme von Pamplona erhielt er das Großkreuz des militärischen Sanct Ferdinandordens; an Wellingtons Seite rückte er in Madrid ein, von diesem zum Gouverneur der Hauptstadt ernannt. Er ward mit Auszeichnung genannt bei Albuhera, Salamanca, Vitoria, an all' jenen ewig denkwürdigen Tagen, die Spanier und Britten noch jetzt mit Stolz nennen, so groß und so blutig, daß selbst für die Besiegten die Erinnerung nicht ohne Ruhm und Glanz ist. Nach dem Pariser Frieden bot ihm Ludwig XVIII an, in französische Dienste zu treten, was Graf d'Espagne jedoch ablehnte; er wolle nicht in jenen Reihen fechten, gegen die er beständig die Waffen geführt; was von französischem Blut in ihm gewesen, sey auf spanischem Boden durch Franzosenhand geflossen. Sein Haß gegen sein erstes Vaterland, der mit den Jahren immer zunahm, ging so weit, daß er gar nicht mehr französisch sprechen wollte, auch seinen französischen Namen ins Spanische übersetzte, statt d'Espagne - de Espanna. Im Jahr 1815 ward er zum Generallieutenant, später zum commandirenden General der königlichen Fußgarde ernannt; wer in jenen Zeiten Spanien besucht, wird noch der musterhaften Disciplin gedenken, die Graf de Espanna diesem prachtvollen Corps beigebracht. Später ward er Generalcapitän von Aragon, und residirte vier Jahre in Saragossa. Die Rolle des Grafen de Espanna während des Constitutionskrieges konnte nicht zweifelhaft seyn; auch zog er sich den Haß aller Liberalen zu, die in ihm einen Tyrannen und Wütherich, blinden Häscher der blutigen Decretalien Ferdinands VII sahen. Und doch lassen sich alle Handlungen des Grafen de Espanna so einfach auf das einzige Princip zurückführen, ohne das jeder militärische Geist, jede Mannszucht unmöglich ist. Der Befehl des Souveräns ist das höchste Gesetz des Soldaten. Man versteht, daß hier von der Hinrichtung des Generals Bessieres die Rede ist, ein trauriges Ereigniß, über das ich mich nicht näher erklären kann, da es nicht an mir ist, als Ankläger königlicher Personen aufzutreten, selbst nicht nach ihrem Tode. Als 1827 Catalonien unruhig werden wollte, begab sich Ferdinand VII selbst nach Barcelona, und stellte den Grafen de Espanna an die Spitze der unzufriedenen Provinz. Der Catalonier gehorcht nur dem, den er fürchtet; das wußte Graf de Espanna; er packte sie mit grimmiger Faust, ließ die Köpfe der Rädelsführer abschlagen und schickte die übrigen auf Galeeren; da beugten sie und schmiegten sich, gehorchten ihm und es ward Ruhe.

Catalonien ist um so schwerer zu beherrschen, als es aus

Ueber die Ermordung des Grafen de España.

Alle Blätter haben von diesem schaudervollen Ereigniß gesprochen; die Wahrheit wurde jedoch nie bekannt. Eine Art politischer Scham hielt uns ab, den gräßlichsten Vorfall zu beleuchten, der den sechsjährigen Bürgerkrieg in Spanien besudelt. Unter so viel Mord, Brand, Gift und Verrath würde man vergeblich eine zweite Handlung suchen, neben die Ermordung des Grafen de España zu stellen. Deßhalb schwiegen wir bis jetzt. Nun sind mir aber Briefe aus Berga zugekommen, welche die Ankunft des Generalcapitäns Grafen v. Morella in dieser unserer catalonischen Hauptfestung melden. Man schreibt, er habe die Mitglieder der Junta und die Guerilleros, die beim Morde des Grafen de España implicirt gewesen, arretiren lassen, und nehme sich vor, ein strenges Strafgericht über sie zu halten. Viel Blut wird wahrscheinlich fließen, die Schuld liegt zu Tage, und die Details des Verbrechens gingen flüsternd von Mund zu Mund durch die Reihen aller catalonischen Bataillone; doch laut wagte keiner darüber zu sprechen. Die Mörder des Grafen de España, hochgestellt und mächtig, hätten schnell jedes vorlaute Wort mit dem Leben bestraft. Nun ist es aber nothwendig geworden, die ganze Wahrheit ans Tageslicht zu bringen; wir sind es den Manen des Grafen de España, der Meinung der Welt über Cabrera's Strafgerichte schuldig.

Fünf Generalcapitäne wurden nach und nach den Cataloniern von König Karl bestellt, und doch hatte diese größte und reichste Provinz der Halbinsel nur secundären Einfluß auf den Fortgang der Kriegsoperationen ausgeübt. Die Regierungsjunta und die Guerrillachefs vereitelten alle Anstrengungen; die Junta, aus Mönchen und Advocaten zusammengesetzt, vom Generalcapitän unabhängig, ja sogar in ihrem Pleno mit höheren Gewalten versehen, verhinderte Conscriptionen, verweigerte Steuerausschreibungen, verwendete willkürlich die Subsidien, gab eigenmächtig Befehle an die Guerrillachefs, und unterhielt Intriguen im königlichen Hauptquartier, versicherte sich der Ausführung ihrer Befehle durch die schändlichsten Mittel, und verfolgte ihre Feinde mit beispielloser Grausamkeit. Die Guerrillachefs ihrerseits, meist an die Spitze jener Banden gestellt, die sie in ihren Geburtsthälern zu den Waffen gerufen, übten fanatischen Einfluß auf ihre Leute aus; sie hatten das Land förmlich unter sich getheilt; sie plünderten und verwüsteten systematisch, jeder in seinem District; erpreßten nach Gutdünken und theilten die goldenen Früchte ihrer Raubzüge mit ihren Gönnern, den Mitgliedern der Junta. Die Rolle der Generalcapitäne war auf Einsammeln der spärlichen Berichte gewiesen, die in pomphaften Ausdrücken die Häuptlinge über ihre eigenmächtigen Unternehmungen zukommen ließen. So Brujó, Torres, Mareto, Royo, Urbiztondo. Von Jahr zu Jahr ging es schlechter. Das Land wurde verarmt, Tausende hingeopfert, Millionen vergeudet. Da rief der König den Grafen de España. Der greise Held, der schon unter ungleich schwereren Verhältnissen mit gigantischen Kräften gerungen hatte, gab dem Wunsche seines Herrn nach. Es dürfte hier nicht unpassend seyn, zwei Worte zu sagen über den größten Kriegsführer und treuesten Diener der spanischen Bourbonen.

Charles d'Espagne ward im Jahr 1773 in der Grafschaft Foix geboren, welche seine Vorfahren früher als souveränes Fürstenthum nebst Comminges und dem Lande Couserans besessen hatten. Sein Vater, der Marquis d'Espagne, französischer Generallieutenant, bestimmte seinen zweiten Sohn Charles schon früh den Waffen, nach den Ansichten einer Zeit, in der nachgeborne Söhne großer Herren nur zwischen Krummstab und Degen zu wählen hatten. Der Chevalier d'Espagne trat in eine der Compagnien der maison rouge Ludwigs XVI, die sein Vater befehligte. Obwohl sehr jung, war er doch Zeuge aller Gräuel der ersten Revolution. Sein Vater und viele seiner Verwandten wurden guillotinirt. Er und sein älterer Bruder, nunmehr Marquis d'Espagne, schlossen sich an die Armee des Fürsten von Condé an. Sie machten jene traurige und erfolglose Campagne mit. Nach Auflösung des Condé'schen Corps begab sich Graf d'Espagne nach Spanien, zur Zeit, als der Friedensfürst alle streitbaren Kräfte des Reichs längs den Pyrenäen gegen Napoleon zusammenzog. Er trat als Hauptmann in ein Infanterieregiment und focht lange Zeit mit abwechselndem Glück in meist subalternen Stellen. Endlich schien sein Stern aufzugehen. Auf dem Schlachtfelde von Baylen ward er zum Brigadegeneral befördert; für die Einnahme von Pamplona erhielt er das Großkreuz des militärischen Sanct Ferdinandordens; an Wellingtons Seite rückte er in Madrid ein, von diesem zum Gouverneur der Hauptstadt ernannt. Er ward mit Auszeichnung genannt bei Albuhera, Salamanca, Vitoria, an all' jenen ewig denkwürdigen Tagen, die Spanier und Britten noch jetzt mit Stolz nennen, so groß und so blutig, daß selbst für die Besiegten die Erinnerung nicht ohne Ruhm und Glanz ist. Nach dem Pariser Frieden bot ihm Ludwig XVIII an, in französische Dienste zu treten, was Graf d'Espagne jedoch ablehnte; er wolle nicht in jenen Reihen fechten, gegen die er beständig die Waffen geführt; was von französischem Blut in ihm gewesen, sey auf spanischem Boden durch Franzosenhand geflossen. Sein Haß gegen sein erstes Vaterland, der mit den Jahren immer zunahm, ging so weit, daß er gar nicht mehr französisch sprechen wollte, auch seinen französischen Namen ins Spanische übersetzte, statt d'Espagne – de España. Im Jahr 1815 ward er zum Generallieutenant, später zum commandirenden General der königlichen Fußgarde ernannt; wer in jenen Zeiten Spanien besucht, wird noch der musterhaften Disciplin gedenken, die Graf de España diesem prachtvollen Corps beigebracht. Später ward er Generalcapitän von Aragon, und residirte vier Jahre in Saragossa. Die Rolle des Grafen de España während des Constitutionskrieges konnte nicht zweifelhaft seyn; auch zog er sich den Haß aller Liberalen zu, die in ihm einen Tyrannen und Wütherich, blinden Häscher der blutigen Decretalien Ferdinands VII sahen. Und doch lassen sich alle Handlungen des Grafen de España so einfach auf das einzige Princip zurückführen, ohne das jeder militärische Geist, jede Mannszucht unmöglich ist. Der Befehl des Souveräns ist das höchste Gesetz des Soldaten. Man versteht, daß hier von der Hinrichtung des Generals Bessières die Rede ist, ein trauriges Ereigniß, über das ich mich nicht näher erklären kann, da es nicht an mir ist, als Ankläger königlicher Personen aufzutreten, selbst nicht nach ihrem Tode. Als 1827 Catalonien unruhig werden wollte, begab sich Ferdinand VII selbst nach Barcelona, und stellte den Grafen de España an die Spitze der unzufriedenen Provinz. Der Catalonier gehorcht nur dem, den er fürchtet; das wußte Graf de España; er packte sie mit grimmiger Faust, ließ die Köpfe der Rädelsführer abschlagen und schickte die übrigen auf Galeeren; da beugten sie und schmiegten sich, gehorchten ihm und es ward Ruhe.

Catalonien ist um so schwerer zu beherrschen, als es aus

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[0817/0009] Ueber die Ermordung des Grafen de España. Alle Blätter haben von diesem schaudervollen Ereigniß gesprochen; die Wahrheit wurde jedoch nie bekannt. Eine Art politischer Scham hielt uns ab, den gräßlichsten Vorfall zu beleuchten, der den sechsjährigen Bürgerkrieg in Spanien besudelt. Unter so viel Mord, Brand, Gift und Verrath würde man vergeblich eine zweite Handlung suchen, neben die Ermordung des Grafen de España zu stellen. Deßhalb schwiegen wir bis jetzt. Nun sind mir aber Briefe aus Berga zugekommen, welche die Ankunft des Generalcapitäns Grafen v. Morella in dieser unserer catalonischen Hauptfestung melden. Man schreibt, er habe die Mitglieder der Junta und die Guerilleros, die beim Morde des Grafen de España implicirt gewesen, arretiren lassen, und nehme sich vor, ein strenges Strafgericht über sie zu halten. Viel Blut wird wahrscheinlich fließen, die Schuld liegt zu Tage, und die Details des Verbrechens gingen flüsternd von Mund zu Mund durch die Reihen aller catalonischen Bataillone; doch laut wagte keiner darüber zu sprechen. Die Mörder des Grafen de España, hochgestellt und mächtig, hätten schnell jedes vorlaute Wort mit dem Leben bestraft. Nun ist es aber nothwendig geworden, die ganze Wahrheit ans Tageslicht zu bringen; wir sind es den Manen des Grafen de España, der Meinung der Welt über Cabrera's Strafgerichte schuldig. Fünf Generalcapitäne wurden nach und nach den Cataloniern von König Karl bestellt, und doch hatte diese größte und reichste Provinz der Halbinsel nur secundären Einfluß auf den Fortgang der Kriegsoperationen ausgeübt. Die Regierungsjunta und die Guerrillachefs vereitelten alle Anstrengungen; die Junta, aus Mönchen und Advocaten zusammengesetzt, vom Generalcapitän unabhängig, ja sogar in ihrem Pleno mit höheren Gewalten versehen, verhinderte Conscriptionen, verweigerte Steuerausschreibungen, verwendete willkürlich die Subsidien, gab eigenmächtig Befehle an die Guerrillachefs, und unterhielt Intriguen im königlichen Hauptquartier, versicherte sich der Ausführung ihrer Befehle durch die schändlichsten Mittel, und verfolgte ihre Feinde mit beispielloser Grausamkeit. Die Guerrillachefs ihrerseits, meist an die Spitze jener Banden gestellt, die sie in ihren Geburtsthälern zu den Waffen gerufen, übten fanatischen Einfluß auf ihre Leute aus; sie hatten das Land förmlich unter sich getheilt; sie plünderten und verwüsteten systematisch, jeder in seinem District; erpreßten nach Gutdünken und theilten die goldenen Früchte ihrer Raubzüge mit ihren Gönnern, den Mitgliedern der Junta. Die Rolle der Generalcapitäne war auf Einsammeln der spärlichen Berichte gewiesen, die in pomphaften Ausdrücken die Häuptlinge über ihre eigenmächtigen Unternehmungen zukommen ließen. So Brujó, Torres, Mareto, Royo, Urbiztondo. Von Jahr zu Jahr ging es schlechter. Das Land wurde verarmt, Tausende hingeopfert, Millionen vergeudet. Da rief der König den Grafen de España. Der greise Held, der schon unter ungleich schwereren Verhältnissen mit gigantischen Kräften gerungen hatte, gab dem Wunsche seines Herrn nach. Es dürfte hier nicht unpassend seyn, zwei Worte zu sagen über den größten Kriegsführer und treuesten Diener der spanischen Bourbonen. Charles d'Espagne ward im Jahr 1773 in der Grafschaft Foix geboren, welche seine Vorfahren früher als souveränes Fürstenthum nebst Comminges und dem Lande Couserans besessen hatten. Sein Vater, der Marquis d'Espagne, französischer Generallieutenant, bestimmte seinen zweiten Sohn Charles schon früh den Waffen, nach den Ansichten einer Zeit, in der nachgeborne Söhne großer Herren nur zwischen Krummstab und Degen zu wählen hatten. Der Chevalier d'Espagne trat in eine der Compagnien der maison rouge Ludwigs XVI, die sein Vater befehligte. Obwohl sehr jung, war er doch Zeuge aller Gräuel der ersten Revolution. Sein Vater und viele seiner Verwandten wurden guillotinirt. Er und sein älterer Bruder, nunmehr Marquis d'Espagne, schlossen sich an die Armee des Fürsten von Condé an. Sie machten jene traurige und erfolglose Campagne mit. Nach Auflösung des Condé'schen Corps begab sich Graf d'Espagne nach Spanien, zur Zeit, als der Friedensfürst alle streitbaren Kräfte des Reichs längs den Pyrenäen gegen Napoleon zusammenzog. Er trat als Hauptmann in ein Infanterieregiment und focht lange Zeit mit abwechselndem Glück in meist subalternen Stellen. Endlich schien sein Stern aufzugehen. Auf dem Schlachtfelde von Baylen ward er zum Brigadegeneral befördert; für die Einnahme von Pamplona erhielt er das Großkreuz des militärischen Sanct Ferdinandordens; an Wellingtons Seite rückte er in Madrid ein, von diesem zum Gouverneur der Hauptstadt ernannt. Er ward mit Auszeichnung genannt bei Albuhera, Salamanca, Vitoria, an all' jenen ewig denkwürdigen Tagen, die Spanier und Britten noch jetzt mit Stolz nennen, so groß und so blutig, daß selbst für die Besiegten die Erinnerung nicht ohne Ruhm und Glanz ist. Nach dem Pariser Frieden bot ihm Ludwig XVIII an, in französische Dienste zu treten, was Graf d'Espagne jedoch ablehnte; er wolle nicht in jenen Reihen fechten, gegen die er beständig die Waffen geführt; was von französischem Blut in ihm gewesen, sey auf spanischem Boden durch Franzosenhand geflossen. Sein Haß gegen sein erstes Vaterland, der mit den Jahren immer zunahm, ging so weit, daß er gar nicht mehr französisch sprechen wollte, auch seinen französischen Namen ins Spanische übersetzte, statt d'Espagne – de España. Im Jahr 1815 ward er zum Generallieutenant, später zum commandirenden General der königlichen Fußgarde ernannt; wer in jenen Zeiten Spanien besucht, wird noch der musterhaften Disciplin gedenken, die Graf de España diesem prachtvollen Corps beigebracht. Später ward er Generalcapitän von Aragon, und residirte vier Jahre in Saragossa. Die Rolle des Grafen de España während des Constitutionskrieges konnte nicht zweifelhaft seyn; auch zog er sich den Haß aller Liberalen zu, die in ihm einen Tyrannen und Wütherich, blinden Häscher der blutigen Decretalien Ferdinands VII sahen. Und doch lassen sich alle Handlungen des Grafen de España so einfach auf das einzige Princip zurückführen, ohne das jeder militärische Geist, jede Mannszucht unmöglich ist. Der Befehl des Souveräns ist das höchste Gesetz des Soldaten. Man versteht, daß hier von der Hinrichtung des Generals Bessières die Rede ist, ein trauriges Ereigniß, über das ich mich nicht näher erklären kann, da es nicht an mir ist, als Ankläger königlicher Personen aufzutreten, selbst nicht nach ihrem Tode. Als 1827 Catalonien unruhig werden wollte, begab sich Ferdinand VII selbst nach Barcelona, und stellte den Grafen de España an die Spitze der unzufriedenen Provinz. Der Catalonier gehorcht nur dem, den er fürchtet; das wußte Graf de España; er packte sie mit grimmiger Faust, ließ die Köpfe der Rädelsführer abschlagen und schickte die übrigen auf Galeeren; da beugten sie und schmiegten sich, gehorchten ihm und es ward Ruhe. Catalonien ist um so schwerer zu beherrschen, als es aus

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 103. Augsburg, 12. April 1840, S. 0817. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_103_18400412/9>, abgerufen am 23.11.2024.