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Allgemeine Zeitung. Nr. 109. Augsburg, 18. April 1840.

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Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonnabend
Nr. 109.
18 April 1840
Großbritannien.

Fortsetzung der Unterhausverhandlungen über China.

In der Sitzung am 8 April wurden die Debatten durch den liberalen Seifenfabricanten Hrn. Hawes, Mitglied für das Londoner Kirchspiel Lambeth, wieder aufgenommen. Er meinte, Graham hätte in seiner Resolution auch angeben sollen, was denn die Tories in Bezug auf den Opiumhandel für eine Politik zu befolgen gesonnen seyen, in dem Falle, daß sie die Regierungsgewalt erlangten. Die Unterdrückung desselben würde, seines Erachtens, eben so wenig in ihrer (der Tories) Macht stehen, als in jener der jetzigen brittischen Regierung oder der chinesischen Regierung selbst. Hiernach könne er in der Motion nur eine Parteitaktik erkennen. Hr. Thesiger, das neue conservative Mitglied für Woodstock, hob in seiner Rede zu Gunsten der Motion besonders tadelnd hervor, daß die Regierung auf den Wink Sir G. Richardsons, welcher nach dem unglücklichen Lord Napier und Hrn. Davies Handelsoberaufseher in Canton war, nicht geachtet habe, nämlich daß zur Unterdrückung des Opiumhandels das sicherste Mittel dieses sey, den Anbau des Mohns und die Opiumfabrication in Indien zu verhindern, und durch die Anwesenheit einer brittischen Behörde in Lintin eine heilsame Controle über die dieses verbotenen Handels verdächtigen englischen Schiffe auszuüben. Hr. Ch. Buller, der auf der ministeriellen Seite folgte, behandelte die parlamentarische Jungfernrede Hrn. Thesigers (der übrigens in der forensischen Beredsamkeit ein alterprobter Praktiker ist) mit Ironie. Alle angeblichen Unterlassungssünden, deren er die Regierung gegenüber von China zeihe, bemerkte er, träfen das Ministerium Grey, zu dem der Antragsteller gehört habe, und das Peel-Wellington'sche Ministerium eben so gut wie das jetzige; als ein älteres Parlamentsmitglied wolle er übrigens den ehrenwerthen und rechtsgelehrten Herrn (Thesiger) ermahnen, wenn er sich nächstens wieder in persönlichen Anspielungen zu ergehen Lust habe, zuvor seinen Mann besser ins Auge zu fassen; denn kein Vorwurf könne wohl abgeschmackter seyn, als gegen Lord Palmerston der Vorwurf der Lethargie. (Zuruf der ministeriellen Seite.) Wenn Sir J. Grahams Anklagen etwas heißen sollten, so hätte er auch die ausführbaren Mittel andeuten müssen, durch welche die beklagten Uebel sich hätten beseitigen lassen; nichts aber sey leichter, als diese Art von rückwärtsblickender Voraussicht, oder voraussichtlichem Rückblick. (Gelächter.) Hr. Gladstone auf der Oppositionsseite bemerkte unter Anderm (in Bezug auf Macaulay's Behauptung, von Chinesen seyen die Unschuldigen mit den Schuldigen confundirt worden), daß unter den 200 Kaufleuten, welche in Canton gefangen gesetzt waren, keine fünf Unschuldigen gewesen seyen. Der seit ungefähr fünfzig Jahren mit dem chinesischen Handel vertraute Hr. G. Palmer erinnerte, außer den von Sir J. Graham erwähnten Schwierigkeiten ständen einer Expedition gegen China noch andere entgegen: die Gefährlichkeit der dortigen Gewässer, die in jenen Breiten häufigen Orkane u. s. w. Zugleich nahm er den Charakter der Chinesen in Schutz: sie seyen freundlich gegen Fremde im Unglück (das Wort "Barbar," auf welches man so viel Gewicht lege, sey gleichbedeutend mit "Fremder"), und redlich im Handel. Wenn der Mörder des Chinesen Lin Weihes nicht habe ausgemittelt werden können, so hätten die chinesischen Behörden allerdings nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen die Bestrafung seiner Genossen in dem erwähnten Raufhandel verlangen können. Was endlich die Opium-Contrebande betreffe, so werde sie offenbar von der englischen Behörde begünstigt, wie dieselbe denn eben jetzt unter den Augen des Capitäns Elliot mit großer Schwunghaftigkeit betrieben werde.

In der fortgesetzten Discussion am 9 April hob Dr. Lushington hervor, daß die Chinesen, als sie den Verkauf des Opiums in ihrem Lande verboten, demselben factisch doch durch die Finger sahen. Ihr Benehmen lasse sich jedenfalls nicht rechtfertigen, denn wenn man auch behaupten wolle, sie wüßten nichts von dem unter den europäischen Staaten geltenden sogenannten Völkerrecht, so könnten sie doch keine Exemtion von den allgemeinen Verbindlichkeiten des Rechtsgefühls ansprechen. Für die Festnehmung der englischen Kaufleute in Canton, für die Austreibung der brittischen Residenten aus der portugiesischen Niederlassung Macao, für die Vergiftung der Quellen, welche das ehrenwerthe Mitglied für Newark (Gladstone) sonderbarer Weise zu entschuldigen versucht habe - für alle diese Frevel dürfe, ja müsse England von China Genugthuung fordern, und nöthigenfalls mit gewaffneter Hand erzwingen. Lord Sandon entgegnete in Bezug auf die angebliche Vergiftung der Brunnen durch die Chinesen, dieselbe wäre nicht so arg, wie die Vergiftung von Millionen Menschen mit Opium. Nach einer ziemlich unerheblichen Rede von Sir J. C. Hobhouse, dem Präsidenten des ostindischen Controlamtes, gegen die Motion seines vormaligen Freundes, und nunmehrigen "sehr ehrenwerthen Feindes," die er als bloßes Parteiwerk bezeichnete, erhob sich Sir R. Peel. Nach den gestern erwähnten Eingangsworten seines Vortrags, in denen er den Vorwurf der Parteiabsicht, Angesichts der Wichtigkeit des Gegenstands, als einen ungegründeten und trivialen zurückwies, fuhr er fort: "Die gegenwärtige


Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonnabend
Nr. 109.
18 April 1840
Großbritannien.

Fortsetzung der Unterhausverhandlungen über China.

In der Sitzung am 8 April wurden die Debatten durch den liberalen Seifenfabricanten Hrn. Hawes, Mitglied für das Londoner Kirchspiel Lambeth, wieder aufgenommen. Er meinte, Graham hätte in seiner Resolution auch angeben sollen, was denn die Tories in Bezug auf den Opiumhandel für eine Politik zu befolgen gesonnen seyen, in dem Falle, daß sie die Regierungsgewalt erlangten. Die Unterdrückung desselben würde, seines Erachtens, eben so wenig in ihrer (der Tories) Macht stehen, als in jener der jetzigen brittischen Regierung oder der chinesischen Regierung selbst. Hiernach könne er in der Motion nur eine Parteitaktik erkennen. Hr. Thesiger, das neue conservative Mitglied für Woodstock, hob in seiner Rede zu Gunsten der Motion besonders tadelnd hervor, daß die Regierung auf den Wink Sir G. Richardsons, welcher nach dem unglücklichen Lord Napier und Hrn. Davies Handelsoberaufseher in Canton war, nicht geachtet habe, nämlich daß zur Unterdrückung des Opiumhandels das sicherste Mittel dieses sey, den Anbau des Mohns und die Opiumfabrication in Indien zu verhindern, und durch die Anwesenheit einer brittischen Behörde in Lintin eine heilsame Controle über die dieses verbotenen Handels verdächtigen englischen Schiffe auszuüben. Hr. Ch. Buller, der auf der ministeriellen Seite folgte, behandelte die parlamentarische Jungfernrede Hrn. Thesigers (der übrigens in der forensischen Beredsamkeit ein alterprobter Praktiker ist) mit Ironie. Alle angeblichen Unterlassungssünden, deren er die Regierung gegenüber von China zeihe, bemerkte er, träfen das Ministerium Grey, zu dem der Antragsteller gehört habe, und das Peel-Wellington'sche Ministerium eben so gut wie das jetzige; als ein älteres Parlamentsmitglied wolle er übrigens den ehrenwerthen und rechtsgelehrten Herrn (Thesiger) ermahnen, wenn er sich nächstens wieder in persönlichen Anspielungen zu ergehen Lust habe, zuvor seinen Mann besser ins Auge zu fassen; denn kein Vorwurf könne wohl abgeschmackter seyn, als gegen Lord Palmerston der Vorwurf der Lethargie. (Zuruf der ministeriellen Seite.) Wenn Sir J. Grahams Anklagen etwas heißen sollten, so hätte er auch die ausführbaren Mittel andeuten müssen, durch welche die beklagten Uebel sich hätten beseitigen lassen; nichts aber sey leichter, als diese Art von rückwärtsblickender Voraussicht, oder voraussichtlichem Rückblick. (Gelächter.) Hr. Gladstone auf der Oppositionsseite bemerkte unter Anderm (in Bezug auf Macaulay's Behauptung, von Chinesen seyen die Unschuldigen mit den Schuldigen confundirt worden), daß unter den 200 Kaufleuten, welche in Canton gefangen gesetzt waren, keine fünf Unschuldigen gewesen seyen. Der seit ungefähr fünfzig Jahren mit dem chinesischen Handel vertraute Hr. G. Palmer erinnerte, außer den von Sir J. Graham erwähnten Schwierigkeiten ständen einer Expedition gegen China noch andere entgegen: die Gefährlichkeit der dortigen Gewässer, die in jenen Breiten häufigen Orkane u. s. w. Zugleich nahm er den Charakter der Chinesen in Schutz: sie seyen freundlich gegen Fremde im Unglück (das Wort „Barbar,“ auf welches man so viel Gewicht lege, sey gleichbedeutend mit „Fremder“), und redlich im Handel. Wenn der Mörder des Chinesen Lin Weihes nicht habe ausgemittelt werden können, so hätten die chinesischen Behörden allerdings nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen die Bestrafung seiner Genossen in dem erwähnten Raufhandel verlangen können. Was endlich die Opium-Contrebande betreffe, so werde sie offenbar von der englischen Behörde begünstigt, wie dieselbe denn eben jetzt unter den Augen des Capitäns Elliot mit großer Schwunghaftigkeit betrieben werde.

In der fortgesetzten Discussion am 9 April hob Dr. Lushington hervor, daß die Chinesen, als sie den Verkauf des Opiums in ihrem Lande verboten, demselben factisch doch durch die Finger sahen. Ihr Benehmen lasse sich jedenfalls nicht rechtfertigen, denn wenn man auch behaupten wolle, sie wüßten nichts von dem unter den europäischen Staaten geltenden sogenannten Völkerrecht, so könnten sie doch keine Exemtion von den allgemeinen Verbindlichkeiten des Rechtsgefühls ansprechen. Für die Festnehmung der englischen Kaufleute in Canton, für die Austreibung der brittischen Residenten aus der portugiesischen Niederlassung Macao, für die Vergiftung der Quellen, welche das ehrenwerthe Mitglied für Newark (Gladstone) sonderbarer Weise zu entschuldigen versucht habe – für alle diese Frevel dürfe, ja müsse England von China Genugthuung fordern, und nöthigenfalls mit gewaffneter Hand erzwingen. Lord Sandon entgegnete in Bezug auf die angebliche Vergiftung der Brunnen durch die Chinesen, dieselbe wäre nicht so arg, wie die Vergiftung von Millionen Menschen mit Opium. Nach einer ziemlich unerheblichen Rede von Sir J. C. Hobhouse, dem Präsidenten des ostindischen Controlamtes, gegen die Motion seines vormaligen Freundes, und nunmehrigen „sehr ehrenwerthen Feindes,“ die er als bloßes Parteiwerk bezeichnete, erhob sich Sir R. Peel. Nach den gestern erwähnten Eingangsworten seines Vortrags, in denen er den Vorwurf der Parteiabsicht, Angesichts der Wichtigkeit des Gegenstands, als einen ungegründeten und trivialen zurückwies, fuhr er fort: „Die gegenwärtige

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[0865/0001] Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. Sonnabend Nr. 109. 18 April 1840 Großbritannien. _ London, 11 April. Fortsetzung der Unterhausverhandlungen über China. In der Sitzung am 8 April wurden die Debatten durch den liberalen Seifenfabricanten Hrn. Hawes, Mitglied für das Londoner Kirchspiel Lambeth, wieder aufgenommen. Er meinte, Graham hätte in seiner Resolution auch angeben sollen, was denn die Tories in Bezug auf den Opiumhandel für eine Politik zu befolgen gesonnen seyen, in dem Falle, daß sie die Regierungsgewalt erlangten. Die Unterdrückung desselben würde, seines Erachtens, eben so wenig in ihrer (der Tories) Macht stehen, als in jener der jetzigen brittischen Regierung oder der chinesischen Regierung selbst. Hiernach könne er in der Motion nur eine Parteitaktik erkennen. Hr. Thesiger, das neue conservative Mitglied für Woodstock, hob in seiner Rede zu Gunsten der Motion besonders tadelnd hervor, daß die Regierung auf den Wink Sir G. Richardsons, welcher nach dem unglücklichen Lord Napier und Hrn. Davies Handelsoberaufseher in Canton war, nicht geachtet habe, nämlich daß zur Unterdrückung des Opiumhandels das sicherste Mittel dieses sey, den Anbau des Mohns und die Opiumfabrication in Indien zu verhindern, und durch die Anwesenheit einer brittischen Behörde in Lintin eine heilsame Controle über die dieses verbotenen Handels verdächtigen englischen Schiffe auszuüben. Hr. Ch. Buller, der auf der ministeriellen Seite folgte, behandelte die parlamentarische Jungfernrede Hrn. Thesigers (der übrigens in der forensischen Beredsamkeit ein alterprobter Praktiker ist) mit Ironie. Alle angeblichen Unterlassungssünden, deren er die Regierung gegenüber von China zeihe, bemerkte er, träfen das Ministerium Grey, zu dem der Antragsteller gehört habe, und das Peel-Wellington'sche Ministerium eben so gut wie das jetzige; als ein älteres Parlamentsmitglied wolle er übrigens den ehrenwerthen und rechtsgelehrten Herrn (Thesiger) ermahnen, wenn er sich nächstens wieder in persönlichen Anspielungen zu ergehen Lust habe, zuvor seinen Mann besser ins Auge zu fassen; denn kein Vorwurf könne wohl abgeschmackter seyn, als gegen Lord Palmerston der Vorwurf der Lethargie. (Zuruf der ministeriellen Seite.) Wenn Sir J. Grahams Anklagen etwas heißen sollten, so hätte er auch die ausführbaren Mittel andeuten müssen, durch welche die beklagten Uebel sich hätten beseitigen lassen; nichts aber sey leichter, als diese Art von rückwärtsblickender Voraussicht, oder voraussichtlichem Rückblick. (Gelächter.) Hr. Gladstone auf der Oppositionsseite bemerkte unter Anderm (in Bezug auf Macaulay's Behauptung, von Chinesen seyen die Unschuldigen mit den Schuldigen confundirt worden), daß unter den 200 Kaufleuten, welche in Canton gefangen gesetzt waren, keine fünf Unschuldigen gewesen seyen. Der seit ungefähr fünfzig Jahren mit dem chinesischen Handel vertraute Hr. G. Palmer erinnerte, außer den von Sir J. Graham erwähnten Schwierigkeiten ständen einer Expedition gegen China noch andere entgegen: die Gefährlichkeit der dortigen Gewässer, die in jenen Breiten häufigen Orkane u. s. w. Zugleich nahm er den Charakter der Chinesen in Schutz: sie seyen freundlich gegen Fremde im Unglück (das Wort „Barbar,“ auf welches man so viel Gewicht lege, sey gleichbedeutend mit „Fremder“), und redlich im Handel. Wenn der Mörder des Chinesen Lin Weihes nicht habe ausgemittelt werden können, so hätten die chinesischen Behörden allerdings nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen die Bestrafung seiner Genossen in dem erwähnten Raufhandel verlangen können. Was endlich die Opium-Contrebande betreffe, so werde sie offenbar von der englischen Behörde begünstigt, wie dieselbe denn eben jetzt unter den Augen des Capitäns Elliot mit großer Schwunghaftigkeit betrieben werde. In der fortgesetzten Discussion am 9 April hob Dr. Lushington hervor, daß die Chinesen, als sie den Verkauf des Opiums in ihrem Lande verboten, demselben factisch doch durch die Finger sahen. Ihr Benehmen lasse sich jedenfalls nicht rechtfertigen, denn wenn man auch behaupten wolle, sie wüßten nichts von dem unter den europäischen Staaten geltenden sogenannten Völkerrecht, so könnten sie doch keine Exemtion von den allgemeinen Verbindlichkeiten des Rechtsgefühls ansprechen. Für die Festnehmung der englischen Kaufleute in Canton, für die Austreibung der brittischen Residenten aus der portugiesischen Niederlassung Macao, für die Vergiftung der Quellen, welche das ehrenwerthe Mitglied für Newark (Gladstone) sonderbarer Weise zu entschuldigen versucht habe – für alle diese Frevel dürfe, ja müsse England von China Genugthuung fordern, und nöthigenfalls mit gewaffneter Hand erzwingen. Lord Sandon entgegnete in Bezug auf die angebliche Vergiftung der Brunnen durch die Chinesen, dieselbe wäre nicht so arg, wie die Vergiftung von Millionen Menschen mit Opium. Nach einer ziemlich unerheblichen Rede von Sir J. C. Hobhouse, dem Präsidenten des ostindischen Controlamtes, gegen die Motion seines vormaligen Freundes, und nunmehrigen „sehr ehrenwerthen Feindes,“ die er als bloßes Parteiwerk bezeichnete, erhob sich Sir R. Peel. 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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 109. Augsburg, 18. April 1840, S. 0865. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_109_18400418/1>, abgerufen am 21.11.2024.