Allgemeine Zeitung. Nr. 109. Augsburg, 18. April 1840.Man sieht es als leicht möglich an, daß letztere den Entwurf verwirft, dann würde aber ohne Zweifel das Ministerium in den letzten Tagen der Session einen Entwurf vorlegen, der bloß auf eine gewisse Zeit der Verfügung jener Ordonnanz (deren Wirkung gesetzlich mit der jetzigen Session aufhört), Gesetzeskraft gäbe; hierdurch würde der jetzige status quo verlängert, zum großen Nachtheil der inländischen Industrie. - Gestern wurde endlich der Bericht der Commission über die Conversion der Rente der Kammer vorgelegt; er ändert den Entwurf in mehreren Nebenpunkten ab, der Grundsatz bleibt derselbe. - Der sogenannte indisciplinirte Theil der Linken sieht immer mehr ein, daß das Bündniß zwischen ihr und Hrn. Thiers eine Löwengesellschaft, und sie das Instrument des Hrn. Thiers ist, so daß unter dessen Verwaltung für die Grundsätze dieser Fraction keine Fortschritte zu erwarten stehen; mehrere Mitglieder derselben, die nicht in der Intimität des Hrn. Barrot stehen, tragen sich aber seit den letzten Tagen mit der Hoffnung umher, daß Hr. Barrot nur aus dem Grunde dem Hrn. Thiers zustimme, weil er hoffe, durch dieses Benehmen sich den Weg zu bahnen, um den Hrn. Thiers über kurz oder lang aus seiner jetzigen Position zu verdrängen und dann mit einem mehr aus der Linken entsprossenen Cabinet ihm nachzufolgen. Diese Hoffnung ist aber zu sanguinisch; ich kann an deren Erfüllung nicht glauben: weder eine Majorität der Kammer, noch die Krone würden einer so bedeutenden Modification ihre Zustimmung ertheilen. - Bei den herannahenden Ostern hörte ich mehrere der nicht hier ansässigen Deputirten Beschwerde darüber führen, daß der Präsident, Hr. Sauzet, dieses Jahr keinen Ball gegeben hat (und jetzt sieht man die Epoche hiezu für verflossen an); man schließt aus diesem Umstand, daß Hr. Sauzet darauf verzichtet, zur künftigen Session wieder erwählt zu werden, und spricht schon von dessen Ersatz durch Dupin oder Barrot. - Das Ministerium sowohl als die Linke sind mißvergnügt über eine Stelle des Berichts über den Gesetzesentwurf der geheimen Ausgaben, den gestern der Herzog von Broglie in der Pairskammer erstattete; es heißt darin, mehrere Mitglieder der Commission hätten erklärt, das Cabinet verdiene kein Vertrauen, wegen seines Bündnisses mit der Linken; es stehe dadurch auf einer schlüpfrigen Grundlage und man müsse fürchten, es werde von seinen Alliirten auf einen gefährlichen Weg hingerissen. Italien. Toulon, 10 April. Die Differenz zwischen England und Neapel ist noch weit von einer Ausgleichung entfernt. Man schreibt uns heute aus Civita Vecchia vom 5 April: "Ein englischer Courier ist eilig in unsrer Stadt angekommen, um auf dem nach Malta gehenden französischen Paketboot überzufahren. Der Courier überbringt versiegelte Befehle für den Admiral Stopford. Der englische Gesandte sollte diese Befehle nur in dem Fall abfertigen, wenn der König von Neapel darauf beharrte, die Annahme des englischen Ultimatums zu verweigern. Der englische Gesandte hatte erklärt, daß im Fall der Verweigerung das englische Geschwader Befehle habe, Gewalt zu brauchen. Ohne Zweifel enthalten die Depeschen dieses Couriers die Aufforderung an den Admiral, die Drohung des Gesandten in Vollzug zu setzen. Alles dieß fordert aber Zeit. In Malta liegen nur zwei Linienschiffe, die Prinzessin Charlotte und der Bellerophon, und bevor ein Theil des bei Vurla vor Anker liegenden Geschwaders zurückberufen ist, kann ein Monat vergehen, und die Sache inzwischen zur Ausgleichung kommen. Indessen haben alle Kaufleute von Italien an ihre Correspondenten geschrieben, nichts unter neapolitanischer Flagge in Ladung zu geben, und die beiden kürzlich abgereisten Botschafter, wovon der eine (Hr. v. Serra Capriola) nach Paris, der andere (Fürst Castelcicala) nach London bestimmt ist, haben nicht gewagt, auf dem neapolitanischen Paketboot nach Marseille zu reisen, sondern das Dampfboot Maria Antoinetta, das am 29 März von Neapel abging, bringt sie nach Frankreich. Der König von Neapel trifft fortwährend große Vertheidigungsanstalten, und hat 11,000 Mann und viele Kriegsmunition nach Sicilien geschickt. Die Besonnenen bedauern die unnachgiebige Haltung des Königs von Neapel, da man besonders bei Erscheinung eines englischen Geschwaders an der Küste von Sicilien bedenkliche Unruhen auf dieser Insel befürchtet. Die Bewohner derselben sind schon lange schwierig und unzufrieden, und warten nur auf eine Gelegenheit zu einer Schilderhebung. - Erst diese Differenz hat plötzlich die Absendung des schon seit einem Jahr ernannten Botschafters nach Paris bewirkt. Bis jetzt war die Beilegung der Differenzen zwischen Frankreich und Neapel durch jene Zögerung hinausgeschoben. Bekanntlich berührten deßwegen die französischen Paketboote der Levante seit drei Jahren Neapel nicht mehr. (Semaphore de Marseille.) Mit dem Dampfboot Sully haben wir Nachrichten aus Neapel vom 5 April erhalten. Die neapolitanische Regierung hatte seit einigen Tagen Kenntniß von den geheimen Instructionen, welche Hr. Temple von seinem Cabinet erhalten, so wie von den Depeschen, die an den Admiral Stopford abgegangen, um mit einem Theil der brittischen Streitkräfte im Mittelmeer, vor Neapel oder vor den Häfen Siciliens zu erscheinen. Die Vertheidigungsanstalten werden aufs thätigste betrieben. Dasselbe, was sich vor noch nicht langer Zeit bei Erscheinung der Escadre des Admirals Lalande, welche Alles in Alarm setzte, begeben, erneuerte sich in den letzten Tagen. Der König selbst steht der Leitung der nöthigen Arbeiten vor, um jeden Angriff zurückzuweisen. Am 5 April war der Bruch mit England allgemein bekannt. Es herrschte eine ziemliche Aufregung, doch wurde die öffentliche Ruhe nicht gestört. Hr. Temple hatte mit der Regierung allen Verkehr abgebrochen. Ein englisches Dampfboot war in Neapel eingetroffen, um zur Verfügung des Hrn. Temple und des englischen Consuls zu bleiben. Man glaubte, die von Malta abgegangenen englischen Kriegsschiffe würden gegen den 11 oder 12 vor Neapel erscheinen. Das mehrerwähnte Circularschreiben, welches der brittische Consul in Neapel an die dort ansässigen englischen Kaufleute erlassen, lautet wie folgt: "Ich bin von Hrn. Temple, außerordentlichem Gesandten Ihrer brittischen Maj. am Hofe von Neapel, beauftragt, die in diesem Königreich ansässigen brittischen Kaufleute in Kenntniß zu setzen, daß sich Umstände zugetragen haben, welche die brittische Seemacht in den Fall setzen werden, gegen die unter der Flagge beider Sicilien segelnden Schiffe Repressalien zu üben. Die brittischen Kaufleute werden demnach hinsichtlich der Waarenladung am Bord jener Fahrzeuge die geeigneten Vorsichtsmaaßregeln treffen. Ich beeile mich hiemit, Ihnen diese Mittheilung zu machen. Sollten weitere Maaßregeln, die den brittischen Handel hemmen, für nöthig erachtet oder angeordnet werden, so dürfen Sie darauf rechnen, daß ich Ihnen hievon Anzeige machen werde. (Unterz.) Th. Galway." (Constitutionnel.) Die Antwort, welche Hr. Temple auf seine letzte Note von der neapolitanischen Regierung erhielt, zeigte ihm bloß einfach die Abreise des Fürsten Castelcicala nach London an, mit dem Bemerken, der Fürst sey beauftragt, der brittischen Regierung Erläuterungen zu überbringen. Man sieht es als leicht möglich an, daß letztere den Entwurf verwirft, dann würde aber ohne Zweifel das Ministerium in den letzten Tagen der Session einen Entwurf vorlegen, der bloß auf eine gewisse Zeit der Verfügung jener Ordonnanz (deren Wirkung gesetzlich mit der jetzigen Session aufhört), Gesetzeskraft gäbe; hierdurch würde der jetzige status quo verlängert, zum großen Nachtheil der inländischen Industrie. – Gestern wurde endlich der Bericht der Commission über die Conversion der Rente der Kammer vorgelegt; er ändert den Entwurf in mehreren Nebenpunkten ab, der Grundsatz bleibt derselbe. – Der sogenannte indisciplinirte Theil der Linken sieht immer mehr ein, daß das Bündniß zwischen ihr und Hrn. Thiers eine Löwengesellschaft, und sie das Instrument des Hrn. Thiers ist, so daß unter dessen Verwaltung für die Grundsätze dieser Fraction keine Fortschritte zu erwarten stehen; mehrere Mitglieder derselben, die nicht in der Intimität des Hrn. Barrot stehen, tragen sich aber seit den letzten Tagen mit der Hoffnung umher, daß Hr. Barrot nur aus dem Grunde dem Hrn. Thiers zustimme, weil er hoffe, durch dieses Benehmen sich den Weg zu bahnen, um den Hrn. Thiers über kurz oder lang aus seiner jetzigen Position zu verdrängen und dann mit einem mehr aus der Linken entsprossenen Cabinet ihm nachzufolgen. Diese Hoffnung ist aber zu sanguinisch; ich kann an deren Erfüllung nicht glauben: weder eine Majorität der Kammer, noch die Krone würden einer so bedeutenden Modification ihre Zustimmung ertheilen. – Bei den herannahenden Ostern hörte ich mehrere der nicht hier ansässigen Deputirten Beschwerde darüber führen, daß der Präsident, Hr. Sauzet, dieses Jahr keinen Ball gegeben hat (und jetzt sieht man die Epoche hiezu für verflossen an); man schließt aus diesem Umstand, daß Hr. Sauzet darauf verzichtet, zur künftigen Session wieder erwählt zu werden, und spricht schon von dessen Ersatz durch Dupin oder Barrot. – Das Ministerium sowohl als die Linke sind mißvergnügt über eine Stelle des Berichts über den Gesetzesentwurf der geheimen Ausgaben, den gestern der Herzog von Broglie in der Pairskammer erstattete; es heißt darin, mehrere Mitglieder der Commission hätten erklärt, das Cabinet verdiene kein Vertrauen, wegen seines Bündnisses mit der Linken; es stehe dadurch auf einer schlüpfrigen Grundlage und man müsse fürchten, es werde von seinen Alliirten auf einen gefährlichen Weg hingerissen. Italien. Toulon, 10 April. Die Differenz zwischen England und Neapel ist noch weit von einer Ausgleichung entfernt. Man schreibt uns heute aus Cività Vecchia vom 5 April: „Ein englischer Courier ist eilig in unsrer Stadt angekommen, um auf dem nach Malta gehenden französischen Paketboot überzufahren. Der Courier überbringt versiegelte Befehle für den Admiral Stopford. Der englische Gesandte sollte diese Befehle nur in dem Fall abfertigen, wenn der König von Neapel darauf beharrte, die Annahme des englischen Ultimatums zu verweigern. Der englische Gesandte hatte erklärt, daß im Fall der Verweigerung das englische Geschwader Befehle habe, Gewalt zu brauchen. Ohne Zweifel enthalten die Depeschen dieses Couriers die Aufforderung an den Admiral, die Drohung des Gesandten in Vollzug zu setzen. Alles dieß fordert aber Zeit. In Malta liegen nur zwei Linienschiffe, die Prinzessin Charlotte und der Bellerophon, und bevor ein Theil des bei Vurla vor Anker liegenden Geschwaders zurückberufen ist, kann ein Monat vergehen, und die Sache inzwischen zur Ausgleichung kommen. Indessen haben alle Kaufleute von Italien an ihre Correspondenten geschrieben, nichts unter neapolitanischer Flagge in Ladung zu geben, und die beiden kürzlich abgereisten Botschafter, wovon der eine (Hr. v. Serra Capriola) nach Paris, der andere (Fürst Castelcicala) nach London bestimmt ist, haben nicht gewagt, auf dem neapolitanischen Paketboot nach Marseille zu reisen, sondern das Dampfboot Maria Antoinetta, das am 29 März von Neapel abging, bringt sie nach Frankreich. Der König von Neapel trifft fortwährend große Vertheidigungsanstalten, und hat 11,000 Mann und viele Kriegsmunition nach Sicilien geschickt. Die Besonnenen bedauern die unnachgiebige Haltung des Königs von Neapel, da man besonders bei Erscheinung eines englischen Geschwaders an der Küste von Sicilien bedenkliche Unruhen auf dieser Insel befürchtet. Die Bewohner derselben sind schon lange schwierig und unzufrieden, und warten nur auf eine Gelegenheit zu einer Schilderhebung. – Erst diese Differenz hat plötzlich die Absendung des schon seit einem Jahr ernannten Botschafters nach Paris bewirkt. Bis jetzt war die Beilegung der Differenzen zwischen Frankreich und Neapel durch jene Zögerung hinausgeschoben. Bekanntlich berührten deßwegen die französischen Paketboote der Levante seit drei Jahren Neapel nicht mehr. (Sémaphore de Marseille.) Mit dem Dampfboot Sully haben wir Nachrichten aus Neapel vom 5 April erhalten. Die neapolitanische Regierung hatte seit einigen Tagen Kenntniß von den geheimen Instructionen, welche Hr. Temple von seinem Cabinet erhalten, so wie von den Depeschen, die an den Admiral Stopford abgegangen, um mit einem Theil der brittischen Streitkräfte im Mittelmeer, vor Neapel oder vor den Häfen Siciliens zu erscheinen. Die Vertheidigungsanstalten werden aufs thätigste betrieben. Dasselbe, was sich vor noch nicht langer Zeit bei Erscheinung der Escadre des Admirals Lalande, welche Alles in Alarm setzte, begeben, erneuerte sich in den letzten Tagen. Der König selbst steht der Leitung der nöthigen Arbeiten vor, um jeden Angriff zurückzuweisen. Am 5 April war der Bruch mit England allgemein bekannt. Es herrschte eine ziemliche Aufregung, doch wurde die öffentliche Ruhe nicht gestört. Hr. Temple hatte mit der Regierung allen Verkehr abgebrochen. Ein englisches Dampfboot war in Neapel eingetroffen, um zur Verfügung des Hrn. Temple und des englischen Consuls zu bleiben. Man glaubte, die von Malta abgegangenen englischen Kriegsschiffe würden gegen den 11 oder 12 vor Neapel erscheinen. Das mehrerwähnte Circularschreiben, welches der brittische Consul in Neapel an die dort ansässigen englischen Kaufleute erlassen, lautet wie folgt: „Ich bin von Hrn. Temple, außerordentlichem Gesandten Ihrer brittischen Maj. am Hofe von Neapel, beauftragt, die in diesem Königreich ansässigen brittischen Kaufleute in Kenntniß zu setzen, daß sich Umstände zugetragen haben, welche die brittische Seemacht in den Fall setzen werden, gegen die unter der Flagge beider Sicilien segelnden Schiffe Repressalien zu üben. Die brittischen Kaufleute werden demnach hinsichtlich der Waarenladung am Bord jener Fahrzeuge die geeigneten Vorsichtsmaaßregeln treffen. Ich beeile mich hiemit, Ihnen diese Mittheilung zu machen. Sollten weitere Maaßregeln, die den brittischen Handel hemmen, für nöthig erachtet oder angeordnet werden, so dürfen Sie darauf rechnen, daß ich Ihnen hievon Anzeige machen werde. (Unterz.) Th. Galway.“ (Constitutionnel.) Die Antwort, welche Hr. Temple auf seine letzte Note von der neapolitanischen Regierung erhielt, zeigte ihm bloß einfach die Abreise des Fürsten Castelcicala nach London an, mit dem Bemerken, der Fürst sey beauftragt, der brittischen Regierung Erläuterungen zu überbringen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0005" n="0869"/> Man sieht es als leicht möglich an, daß letztere den Entwurf verwirft, dann würde aber ohne Zweifel das Ministerium in den letzten Tagen der Session einen Entwurf vorlegen, der bloß auf eine gewisse Zeit der Verfügung jener Ordonnanz (deren Wirkung gesetzlich mit der jetzigen Session aufhört), Gesetzeskraft gäbe; hierdurch würde der jetzige status quo verlängert, zum großen Nachtheil der inländischen Industrie. – Gestern wurde endlich der Bericht der Commission über die Conversion der Rente der Kammer vorgelegt; er ändert den Entwurf in mehreren Nebenpunkten ab, der Grundsatz bleibt derselbe. – Der sogenannte indisciplinirte Theil der Linken sieht immer mehr ein, daß das Bündniß zwischen ihr und Hrn. Thiers eine Löwengesellschaft, und sie das Instrument des Hrn. Thiers ist, so daß unter dessen Verwaltung für die Grundsätze dieser Fraction keine Fortschritte zu erwarten stehen; mehrere Mitglieder derselben, die nicht in der Intimität des Hrn. Barrot stehen, tragen sich aber seit den letzten Tagen mit der Hoffnung umher, daß Hr. Barrot nur aus dem Grunde dem Hrn. Thiers zustimme, weil er hoffe, durch dieses Benehmen sich den Weg zu bahnen, um den Hrn. Thiers über kurz oder lang aus seiner jetzigen Position zu verdrängen und dann mit einem mehr aus der Linken entsprossenen Cabinet ihm nachzufolgen. Diese Hoffnung ist aber zu sanguinisch; ich kann an deren Erfüllung nicht glauben: weder eine Majorität der Kammer, noch die Krone würden einer so bedeutenden Modification ihre Zustimmung ertheilen. – Bei den herannahenden Ostern hörte ich mehrere der nicht hier ansässigen Deputirten Beschwerde darüber führen, daß der Präsident, Hr. Sauzet, dieses Jahr keinen Ball gegeben hat (und jetzt sieht man die Epoche hiezu für verflossen an); man schließt aus diesem Umstand, daß Hr. Sauzet darauf verzichtet, zur künftigen Session wieder erwählt zu werden, und spricht schon von dessen Ersatz durch Dupin oder Barrot. – Das Ministerium sowohl als die Linke sind mißvergnügt über eine Stelle des Berichts über den Gesetzesentwurf der geheimen Ausgaben, den gestern der Herzog von Broglie in der Pairskammer erstattete; es heißt darin, mehrere Mitglieder der Commission hätten erklärt, das Cabinet verdiene kein Vertrauen, wegen seines Bündnisses mit der Linken; es stehe dadurch auf einer schlüpfrigen Grundlage und man müsse fürchten, es werde von seinen Alliirten auf einen gefährlichen Weg hingerissen.</p><lb/> </div> </div> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Italien.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Toulon,</hi> 10 April.</dateline> <p> Die Differenz zwischen England und Neapel ist noch weit von einer Ausgleichung entfernt. 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Indessen haben alle Kaufleute von Italien an ihre Correspondenten geschrieben, nichts unter neapolitanischer Flagge in Ladung zu geben, und die beiden kürzlich abgereisten Botschafter, wovon der eine (Hr. v. Serra Capriola) nach Paris, der andere (Fürst Castelcicala) nach London bestimmt ist, haben nicht gewagt, auf dem neapolitanischen Paketboot nach Marseille zu reisen, sondern das Dampfboot Maria Antoinetta, das am 29 März von Neapel abging, bringt sie nach Frankreich. Der König von Neapel trifft fortwährend große Vertheidigungsanstalten, und hat 11,000 Mann und viele Kriegsmunition nach Sicilien geschickt. Die Besonnenen bedauern die unnachgiebige Haltung des Königs von Neapel, da man besonders bei Erscheinung eines englischen Geschwaders an der Küste von Sicilien bedenkliche Unruhen auf dieser Insel befürchtet. Die Bewohner derselben sind schon lange schwierig und unzufrieden, und warten nur auf eine Gelegenheit zu einer Schilderhebung. – Erst diese Differenz hat plötzlich die Absendung des schon seit einem Jahr ernannten Botschafters nach Paris bewirkt. Bis jetzt war die Beilegung der Differenzen zwischen Frankreich und Neapel durch jene Zögerung hinausgeschoben. Bekanntlich berührten deßwegen die französischen Paketboote der Levante seit drei Jahren Neapel nicht mehr.</p><lb/> <p>(<hi rendition="#g">Sémaphore de Marseille</hi>.) Mit dem Dampfboot <hi rendition="#g">Sully</hi> haben wir Nachrichten aus <hi rendition="#b">Neapel</hi> vom 5 April erhalten. Die neapolitanische Regierung hatte seit einigen Tagen Kenntniß von den geheimen Instructionen, welche Hr. Temple von seinem Cabinet erhalten, so wie von den Depeschen, die an den Admiral Stopford abgegangen, um mit einem Theil der brittischen Streitkräfte im Mittelmeer, vor Neapel oder vor den Häfen Siciliens zu erscheinen. Die Vertheidigungsanstalten werden aufs thätigste betrieben. Dasselbe, was sich vor noch nicht langer Zeit bei Erscheinung der Escadre des Admirals Lalande, welche Alles in Alarm setzte, begeben, erneuerte sich in den letzten Tagen. Der König selbst steht der Leitung der nöthigen Arbeiten vor, um jeden Angriff zurückzuweisen. Am 5 April war der Bruch mit England allgemein bekannt. Es herrschte eine ziemliche Aufregung, doch wurde die öffentliche Ruhe nicht gestört. Hr. Temple hatte mit der Regierung allen Verkehr abgebrochen. Ein englisches Dampfboot war in Neapel eingetroffen, um zur Verfügung des Hrn. Temple und des englischen Consuls zu bleiben. Man glaubte, die von Malta abgegangenen englischen Kriegsschiffe würden gegen den 11 oder 12 vor Neapel erscheinen.</p><lb/> <p>Das mehrerwähnte Circularschreiben, welches der brittische Consul in Neapel an die dort ansässigen englischen Kaufleute erlassen, lautet wie folgt: „Ich bin von Hrn. Temple, außerordentlichem Gesandten Ihrer brittischen Maj. am Hofe von Neapel, beauftragt, die in diesem Königreich ansässigen brittischen Kaufleute in Kenntniß zu setzen, daß sich Umstände zugetragen haben, welche die brittische Seemacht in den Fall setzen werden, gegen die unter der Flagge beider Sicilien segelnden Schiffe Repressalien zu üben. Die brittischen Kaufleute werden demnach hinsichtlich der Waarenladung am Bord jener Fahrzeuge die geeigneten Vorsichtsmaaßregeln treffen. Ich beeile mich hiemit, Ihnen diese Mittheilung zu machen. Sollten weitere Maaßregeln, die den brittischen Handel hemmen, für nöthig erachtet oder angeordnet werden, so dürfen Sie darauf rechnen, daß ich Ihnen hievon Anzeige machen werde. (Unterz.) Th. <hi rendition="#g">Galway</hi>.“</p><lb/> <p>(<hi rendition="#g">Constitutionnel</hi>.) Die Antwort, welche Hr. 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Italien.
_ Toulon, 10 April. Die Differenz zwischen England und Neapel ist noch weit von einer Ausgleichung entfernt. Man schreibt uns heute aus Cività Vecchia vom 5 April: „Ein englischer Courier ist eilig in unsrer Stadt angekommen, um auf dem nach Malta gehenden französischen Paketboot überzufahren. Der Courier überbringt versiegelte Befehle für den Admiral Stopford. Der englische Gesandte sollte diese Befehle nur in dem Fall abfertigen, wenn der König von Neapel darauf beharrte, die Annahme des englischen Ultimatums zu verweigern. Der englische Gesandte hatte erklärt, daß im Fall der Verweigerung das englische Geschwader Befehle habe, Gewalt zu brauchen. Ohne Zweifel enthalten die Depeschen dieses Couriers die Aufforderung an den Admiral, die Drohung des Gesandten in Vollzug zu setzen. Alles dieß fordert aber Zeit. In Malta liegen nur zwei Linienschiffe, die Prinzessin Charlotte und der Bellerophon, und bevor ein Theil des bei Vurla vor Anker liegenden Geschwaders zurückberufen ist, kann ein Monat vergehen, und die Sache inzwischen zur Ausgleichung kommen. Indessen haben alle Kaufleute von Italien an ihre Correspondenten geschrieben, nichts unter neapolitanischer Flagge in Ladung zu geben, und die beiden kürzlich abgereisten Botschafter, wovon der eine (Hr. v. Serra Capriola) nach Paris, der andere (Fürst Castelcicala) nach London bestimmt ist, haben nicht gewagt, auf dem neapolitanischen Paketboot nach Marseille zu reisen, sondern das Dampfboot Maria Antoinetta, das am 29 März von Neapel abging, bringt sie nach Frankreich. Der König von Neapel trifft fortwährend große Vertheidigungsanstalten, und hat 11,000 Mann und viele Kriegsmunition nach Sicilien geschickt. Die Besonnenen bedauern die unnachgiebige Haltung des Königs von Neapel, da man besonders bei Erscheinung eines englischen Geschwaders an der Küste von Sicilien bedenkliche Unruhen auf dieser Insel befürchtet. Die Bewohner derselben sind schon lange schwierig und unzufrieden, und warten nur auf eine Gelegenheit zu einer Schilderhebung. – Erst diese Differenz hat plötzlich die Absendung des schon seit einem Jahr ernannten Botschafters nach Paris bewirkt. Bis jetzt war die Beilegung der Differenzen zwischen Frankreich und Neapel durch jene Zögerung hinausgeschoben. Bekanntlich berührten deßwegen die französischen Paketboote der Levante seit drei Jahren Neapel nicht mehr.
(Sémaphore de Marseille.) Mit dem Dampfboot Sully haben wir Nachrichten aus Neapel vom 5 April erhalten. Die neapolitanische Regierung hatte seit einigen Tagen Kenntniß von den geheimen Instructionen, welche Hr. Temple von seinem Cabinet erhalten, so wie von den Depeschen, die an den Admiral Stopford abgegangen, um mit einem Theil der brittischen Streitkräfte im Mittelmeer, vor Neapel oder vor den Häfen Siciliens zu erscheinen. Die Vertheidigungsanstalten werden aufs thätigste betrieben. Dasselbe, was sich vor noch nicht langer Zeit bei Erscheinung der Escadre des Admirals Lalande, welche Alles in Alarm setzte, begeben, erneuerte sich in den letzten Tagen. Der König selbst steht der Leitung der nöthigen Arbeiten vor, um jeden Angriff zurückzuweisen. Am 5 April war der Bruch mit England allgemein bekannt. Es herrschte eine ziemliche Aufregung, doch wurde die öffentliche Ruhe nicht gestört. Hr. Temple hatte mit der Regierung allen Verkehr abgebrochen. Ein englisches Dampfboot war in Neapel eingetroffen, um zur Verfügung des Hrn. Temple und des englischen Consuls zu bleiben. Man glaubte, die von Malta abgegangenen englischen Kriegsschiffe würden gegen den 11 oder 12 vor Neapel erscheinen.
Das mehrerwähnte Circularschreiben, welches der brittische Consul in Neapel an die dort ansässigen englischen Kaufleute erlassen, lautet wie folgt: „Ich bin von Hrn. Temple, außerordentlichem Gesandten Ihrer brittischen Maj. am Hofe von Neapel, beauftragt, die in diesem Königreich ansässigen brittischen Kaufleute in Kenntniß zu setzen, daß sich Umstände zugetragen haben, welche die brittische Seemacht in den Fall setzen werden, gegen die unter der Flagge beider Sicilien segelnden Schiffe Repressalien zu üben. Die brittischen Kaufleute werden demnach hinsichtlich der Waarenladung am Bord jener Fahrzeuge die geeigneten Vorsichtsmaaßregeln treffen. Ich beeile mich hiemit, Ihnen diese Mittheilung zu machen. Sollten weitere Maaßregeln, die den brittischen Handel hemmen, für nöthig erachtet oder angeordnet werden, so dürfen Sie darauf rechnen, daß ich Ihnen hievon Anzeige machen werde. (Unterz.) Th. Galway.“
(Constitutionnel.) Die Antwort, welche Hr. Temple auf seine letzte Note von der neapolitanischen Regierung erhielt, zeigte ihm bloß einfach die Abreise des Fürsten Castelcicala nach London an, mit dem Bemerken, der Fürst sey beauftragt, der brittischen Regierung Erläuterungen zu überbringen.
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
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