Allgemeine Zeitung. Nr. 113. Augsburg, 22. April 1840.ihr wahres oder vermeintliches Recht auf jede Weise geltend zu machen entschlossen ist. Dieser Artikel lautet: "Die brittischen Unterthanen im Königreiche beider Sicilien haben die Befugniß, daselbst Etablissements und Waarenlager zu halten, und über ihr Vermögen, persönliches sowohl als jedweder andern Art, frei zu verfügen durch Kauf, Schenkung, Tausch, letztwillige Anordnung und in jeder andern Weise, ohne Anstand und Behinderung." - Hierauf gründet Hr. Temple, im Auftrage seines Hofes, die Beschwerden, deren Abstellung die Regierung Ihrer Maj. nöthigenfalls mit bewaffneter Hand, nämlich durch eine Blokade der neapolitanischen Häfen, durchzusetzen bereit ist. Ich will hier nicht auf die Frage eingehen, ob der Contract mit Taix wirklich ein Bruch des Tractats mit England vom Jahre 1816 ist, wie englischerseits behauptet wird. Dafür und dagegen ließe sich Mancherlei vorbringen. Gewiß aber erleidet der englische Handel große Verluste, indem seit der Concedirung des Monopols durch den Minister des Innern, Cavaliere Sant-Angelo, im Sommer 1838 der Preis des Schwefels, dieses für die englischen Fabriken so nothwendigen Artikels, um mehr als das Doppelte gestiegen ist. Hr. Mac Gregor, der im vorigen Herbste als brittischer Handelscommissär und Bevollmächtigter hierher kam, um die seit langer Zeit schwebenden Unterhandlungen wegen eines neuen Handelstractats und einer Modification des sicilianischen Tarifs zum Abschlusse zu bringen, richtete sein Augenmerk vorzüglich auf das Schwefelmonopol, dessen Abschaffung er in seiner amtlichen Correspondenz mit Fürst Cassaro als conditio sine qua non jeder weitern Verhandlung schon damals, und bevor er noch Sicilien bereist hatte, aufstellte. Hr. Mac Gregor besuchte hierauf die Insel und sammelte in Palermo, Alcamo, Girgenti, Licata und in den Schwefeldistricten im Val di Noto die nöthigen Materialien, um den dem brittischen Handel aus dem Monopol erwachsenden Verlust mit Genauigkeit angeben zu können. Englische Kaufleute auf hiesigem Platze, welche Hrn. Mac Gregor bei dieser Arbeit an die Hand gingen, und deren Glaubwürdigkeit über jeden Zweifel erhaben ist, versicherten mich, daß bei dem Fortbestande des Monopols der Verlust der in dem Schwefelhandel verwendeten englischen Capitalien, welche sie auf 2 Millionen Pf. St. veranschlagen, unabwendbar sey; hiezu müsse man die bedeutenden Summen rechnen, welche von brittischen Kaufleuten zum Betrieb der Minen, auf Baulichkeiten, Maschinen etc. vor der Concedirung des Monopols verausgabt worden seyen, und die nun gleichfalls verloren gehen würden; endlich noch die Steigerung der Schwefelpreise, welche die englischen Manufacturen jährlich mit einer Mehrausgabe von 300,000 Pf. St. belaste. Früher habe man in allen sicilianischen Häfen englische Kauffahrer gefunden, deren Zahl im Durchschnitt jährlich an 600 betrug, während in den letzten anderthalb Jahren nicht 200 englische Schiffe daselbst erschienen seyen. Zu jeder Zeit hat Großbritannien seinen Handel kräftig geschützt, keine Verwaltung, gehöre sie den Tories oder den Whigs an, dürfte es wagen, gegründeten Klagen des englischen Handelsstandes Gehör, und, so weit es möglich, Abhülfe zu versagen. Man kann daher mit Sicherheit erwarten, daß Lord Palmerston nicht nachgeben werde. Um so mehr ist es zu beklagen, daß der König den redlichen und einsichtsvollen Rathschlägen des Fürsten Cassaro sein Ohr verschloß. Man wird es nicht zu feindseligen Demonstrationen von Seite Englands kommen lassen, trotz der Einschiffung von Truppen nach Sicilien und trotz der Befestigung einiger unserer Küstenpunkte. Unter vernünftigen Menschen kann hierüber kein Zweifel obwalten. Es wird dieser Sache also doch am Ende nur durch Nachgiebigkeit von unserer Seite ein Ende gemacht, und mit großen Opfern erkauft werden, was kurz vorher mit etwas mehr Mäßigung weit leichter hätte erreicht werden können. Uebrigens ist dieser unangenehme Handel noch nicht beigelegt, und das gestern hier umlaufende Gerücht, als habe ein Gesandter einer großen Macht seine Vermittelung mit Erfolg angeboten, vollkommen grundlos. (Journal des Debats.) Die Nachricht von dem nahebevorstehenden Bruch zwischen England und dem Hof von Neapel hat in Malta lebhafte Aufregung verursacht. Am 6 April war das Dampfboot Scamander, welches in Civitavecchia die Depeschen des Hrn. Temple für den Admiral Stopford erhalten, noch nicht in Malta angekommen. Aber die seit einiger Zeit aus Sicilien erhaltenen Briefe ließen die bevorstehenden Feindseligkeiten mit den Engländern ahnen und drückten über die Stimmung des Volks auf jener Insel große Besorgniß aus. Die Conscription, die der König dort einführen wollte, hat auf die Sicilianer einen sehr üblen Eindruck gemacht. Es hieß auf Malta, der Admiral Stopford werde sich mit den Linienschiffen Bellerophon und Prinzessin Charlotte selbst nach Sicilien begeben. Die Schiffe Rainbow, Tyne und Jason waren von Vurla eingetroffen, um ihren Proviant zu erneuern; man hielt sie in Malta zurück, um nöthigenfalls die gegen Neapel zu verwendenden Streitkräfte zu verstärken. Neapel, 11 April. In den letzten drei Tagen hat sich hier nichts Wesentliches ereignet, da, wie es allen Anschein hat, alle Unterhandlungen zwischen der Regierung und dem englischen Gesandten abgebrochen sind, und es demnach vor dem Eintreffen der Flotte, die laut telegraphischen Nachrichten bereits in der Nähe von Sicilien sichtbar war, zu keiner Entscheidung kommen kann. Man ist allgemein in der unangenehmsten Spannung, nicht wegen drohender Gefahr, die nicht besteht, wenn es auch zu einer Blokade kommen sollte, sondern in Folge der peinlichen Ungewißheit, worein man sich durch das vollständige Stillschweigen der Regierung versetzt sieht. Die Geschäfte sind geradezu unterbrochen, denn Niemand wagt es nach den Circularien der englischen und französischen Consuln mit neapolitanischen Schiffen Güter zu versenden. So weiß man auch nicht, wie man die gestern ergriffenen Maaßregel, den Eingang in den Hafen vermittelst Ketten und Balken zu verbarricadiren, deuten soll. - Das Benehmen Englands in dieser Angelegenheit findet im Allgemeinen unter dem Handelsstand wenig Beifall; es wird als eine seiner unwürdige Gewaltthätigkeit betrachtet, auch ist es unserer Regierung nicht zu verargen, wenn sie nicht nachgibt, zumal die Frage wegen des Schwefelmonopols beseitigt, und dessen Abschaffung als beschlossen zu betrachten ist. England muß nun seinerseits seine überspannten Ansprüche auf Entschädigung aufgeben. - Nachschrift. Man sagt diesen Abend, daß eilf Kriegsschiffe im Anzuge seyen. Deutschland. München, 20 April. Gestern spät traf der Adjutant Sr. kaiserl. Hoh. des Herzogs Max von Leuchtenberg mit der Depesche aus St. Petersburg hier ein, daß die Herzogin am 9 April von einer Prinzessin glücklich entbunden ward. (Durch den Telegraphen war diese Nachricht in kürzester Zeit nach Berlin, und von da schon am 16 Abends hier angelangt.) - Das Eisenbahndirectorium macht dermal bei Eintritt der schönen Frühlingswitterung glänzende Geschäfte; gestern am Ostertage fuhren nach Maisach hin und zurück mehr als 1800 Personen, und heute soll der Zudrang noch stärker seyn. - In verwichner Nacht starb hier nach längern Körperleiden im 56sten Jahre seines Alters der königl. General-Zolladministrator, Ritter des Verdienstordens vom heil. Michael, des k. k. österreich. Leopold-Ordens ihr wahres oder vermeintliches Recht auf jede Weise geltend zu machen entschlossen ist. Dieser Artikel lautet: „Die brittischen Unterthanen im Königreiche beider Sicilien haben die Befugniß, daselbst Etablissements und Waarenlager zu halten, und über ihr Vermögen, persönliches sowohl als jedweder andern Art, frei zu verfügen durch Kauf, Schenkung, Tausch, letztwillige Anordnung und in jeder andern Weise, ohne Anstand und Behinderung.“ – Hierauf gründet Hr. Temple, im Auftrage seines Hofes, die Beschwerden, deren Abstellung die Regierung Ihrer Maj. nöthigenfalls mit bewaffneter Hand, nämlich durch eine Blokade der neapolitanischen Häfen, durchzusetzen bereit ist. Ich will hier nicht auf die Frage eingehen, ob der Contract mit Taix wirklich ein Bruch des Tractats mit England vom Jahre 1816 ist, wie englischerseits behauptet wird. Dafür und dagegen ließe sich Mancherlei vorbringen. Gewiß aber erleidet der englische Handel große Verluste, indem seit der Concedirung des Monopols durch den Minister des Innern, Cavaliere Sant-Angelo, im Sommer 1838 der Preis des Schwefels, dieses für die englischen Fabriken so nothwendigen Artikels, um mehr als das Doppelte gestiegen ist. Hr. Mac Gregor, der im vorigen Herbste als brittischer Handelscommissär und Bevollmächtigter hierher kam, um die seit langer Zeit schwebenden Unterhandlungen wegen eines neuen Handelstractats und einer Modification des sicilianischen Tarifs zum Abschlusse zu bringen, richtete sein Augenmerk vorzüglich auf das Schwefelmonopol, dessen Abschaffung er in seiner amtlichen Correspondenz mit Fürst Cassaro als conditio sine qua non jeder weitern Verhandlung schon damals, und bevor er noch Sicilien bereist hatte, aufstellte. Hr. Mac Gregor besuchte hierauf die Insel und sammelte in Palermo, Alcamo, Girgenti, Licata und in den Schwefeldistricten im Val di Noto die nöthigen Materialien, um den dem brittischen Handel aus dem Monopol erwachsenden Verlust mit Genauigkeit angeben zu können. Englische Kaufleute auf hiesigem Platze, welche Hrn. Mac Gregor bei dieser Arbeit an die Hand gingen, und deren Glaubwürdigkeit über jeden Zweifel erhaben ist, versicherten mich, daß bei dem Fortbestande des Monopols der Verlust der in dem Schwefelhandel verwendeten englischen Capitalien, welche sie auf 2 Millionen Pf. St. veranschlagen, unabwendbar sey; hiezu müsse man die bedeutenden Summen rechnen, welche von brittischen Kaufleuten zum Betrieb der Minen, auf Baulichkeiten, Maschinen etc. vor der Concedirung des Monopols verausgabt worden seyen, und die nun gleichfalls verloren gehen würden; endlich noch die Steigerung der Schwefelpreise, welche die englischen Manufacturen jährlich mit einer Mehrausgabe von 300,000 Pf. St. belaste. Früher habe man in allen sicilianischen Häfen englische Kauffahrer gefunden, deren Zahl im Durchschnitt jährlich an 600 betrug, während in den letzten anderthalb Jahren nicht 200 englische Schiffe daselbst erschienen seyen. Zu jeder Zeit hat Großbritannien seinen Handel kräftig geschützt, keine Verwaltung, gehöre sie den Tories oder den Whigs an, dürfte es wagen, gegründeten Klagen des englischen Handelsstandes Gehör, und, so weit es möglich, Abhülfe zu versagen. Man kann daher mit Sicherheit erwarten, daß Lord Palmerston nicht nachgeben werde. Um so mehr ist es zu beklagen, daß der König den redlichen und einsichtsvollen Rathschlägen des Fürsten Cassaro sein Ohr verschloß. Man wird es nicht zu feindseligen Demonstrationen von Seite Englands kommen lassen, trotz der Einschiffung von Truppen nach Sicilien und trotz der Befestigung einiger unserer Küstenpunkte. Unter vernünftigen Menschen kann hierüber kein Zweifel obwalten. Es wird dieser Sache also doch am Ende nur durch Nachgiebigkeit von unserer Seite ein Ende gemacht, und mit großen Opfern erkauft werden, was kurz vorher mit etwas mehr Mäßigung weit leichter hätte erreicht werden können. Uebrigens ist dieser unangenehme Handel noch nicht beigelegt, und das gestern hier umlaufende Gerücht, als habe ein Gesandter einer großen Macht seine Vermittelung mit Erfolg angeboten, vollkommen grundlos. (Journal des Débats.) Die Nachricht von dem nahebevorstehenden Bruch zwischen England und dem Hof von Neapel hat in Malta lebhafte Aufregung verursacht. Am 6 April war das Dampfboot Scamander, welches in Civitávecchia die Depeschen des Hrn. Temple für den Admiral Stopford erhalten, noch nicht in Malta angekommen. Aber die seit einiger Zeit aus Sicilien erhaltenen Briefe ließen die bevorstehenden Feindseligkeiten mit den Engländern ahnen und drückten über die Stimmung des Volks auf jener Insel große Besorgniß aus. Die Conscription, die der König dort einführen wollte, hat auf die Sicilianer einen sehr üblen Eindruck gemacht. Es hieß auf Malta, der Admiral Stopford werde sich mit den Linienschiffen Bellerophon und Prinzessin Charlotte selbst nach Sicilien begeben. Die Schiffe Rainbow, Tyne und Jason waren von Vurla eingetroffen, um ihren Proviant zu erneuern; man hielt sie in Malta zurück, um nöthigenfalls die gegen Neapel zu verwendenden Streitkräfte zu verstärken. Neapel, 11 April. In den letzten drei Tagen hat sich hier nichts Wesentliches ereignet, da, wie es allen Anschein hat, alle Unterhandlungen zwischen der Regierung und dem englischen Gesandten abgebrochen sind, und es demnach vor dem Eintreffen der Flotte, die laut telegraphischen Nachrichten bereits in der Nähe von Sicilien sichtbar war, zu keiner Entscheidung kommen kann. Man ist allgemein in der unangenehmsten Spannung, nicht wegen drohender Gefahr, die nicht besteht, wenn es auch zu einer Blokade kommen sollte, sondern in Folge der peinlichen Ungewißheit, worein man sich durch das vollständige Stillschweigen der Regierung versetzt sieht. Die Geschäfte sind geradezu unterbrochen, denn Niemand wagt es nach den Circularien der englischen und französischen Consuln mit neapolitanischen Schiffen Güter zu versenden. So weiß man auch nicht, wie man die gestern ergriffenen Maaßregel, den Eingang in den Hafen vermittelst Ketten und Balken zu verbarricadiren, deuten soll. – Das Benehmen Englands in dieser Angelegenheit findet im Allgemeinen unter dem Handelsstand wenig Beifall; es wird als eine seiner unwürdige Gewaltthätigkeit betrachtet, auch ist es unserer Regierung nicht zu verargen, wenn sie nicht nachgibt, zumal die Frage wegen des Schwefelmonopols beseitigt, und dessen Abschaffung als beschlossen zu betrachten ist. England muß nun seinerseits seine überspannten Ansprüche auf Entschädigung aufgeben. – Nachschrift. Man sagt diesen Abend, daß eilf Kriegsschiffe im Anzuge seyen. Deutschland. München, 20 April. Gestern spät traf der Adjutant Sr. kaiserl. Hoh. des Herzogs Max von Leuchtenberg mit der Depesche aus St. Petersburg hier ein, daß die Herzogin am 9 April von einer Prinzessin glücklich entbunden ward. (Durch den Telegraphen war diese Nachricht in kürzester Zeit nach Berlin, und von da schon am 16 Abends hier angelangt.) – Das Eisenbahndirectorium macht dermal bei Eintritt der schönen Frühlingswitterung glänzende Geschäfte; gestern am Ostertage fuhren nach Maisach hin und zurück mehr als 1800 Personen, und heute soll der Zudrang noch stärker seyn. – In verwichner Nacht starb hier nach längern Körperleiden im 56sten Jahre seines Alters der königl. General-Zolladministrator, Ritter des Verdienstordens vom heil. Michael, des k. k. österreich. Leopold-Ordens <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0005" n="0901"/> ihr wahres oder vermeintliches Recht auf jede Weise geltend zu machen entschlossen ist. Dieser Artikel lautet: „Die brittischen Unterthanen im Königreiche beider Sicilien haben die Befugniß, daselbst Etablissements und Waarenlager zu halten, und über ihr Vermögen, persönliches sowohl als jedweder andern Art, frei zu verfügen durch Kauf, Schenkung, Tausch, letztwillige Anordnung und in jeder andern Weise, ohne Anstand und Behinderung.“ – Hierauf gründet Hr. Temple, im Auftrage seines Hofes, die Beschwerden, deren Abstellung die Regierung Ihrer Maj. nöthigenfalls mit bewaffneter Hand, nämlich durch eine Blokade der neapolitanischen Häfen, durchzusetzen bereit ist. Ich will hier nicht auf die Frage eingehen, ob der Contract mit Taix wirklich ein Bruch des Tractats mit England vom Jahre 1816 ist, wie englischerseits behauptet wird. Dafür und dagegen ließe sich Mancherlei vorbringen. Gewiß aber erleidet der englische Handel große Verluste, indem seit der Concedirung des Monopols durch den Minister des Innern, Cavaliere Sant-Angelo, im Sommer 1838 der Preis des Schwefels, dieses für die englischen Fabriken so nothwendigen Artikels, um mehr als das Doppelte gestiegen ist. Hr. Mac Gregor, der im vorigen Herbste als brittischer Handelscommissär und Bevollmächtigter hierher kam, um die seit langer Zeit schwebenden Unterhandlungen wegen eines neuen Handelstractats und einer Modification des sicilianischen Tarifs zum Abschlusse zu bringen, richtete sein Augenmerk vorzüglich auf das Schwefelmonopol, dessen Abschaffung er in seiner amtlichen Correspondenz mit Fürst Cassaro als conditio sine qua non jeder weitern Verhandlung schon damals, und bevor er noch Sicilien bereist hatte, aufstellte. Hr. Mac Gregor besuchte hierauf die Insel und sammelte in Palermo, Alcamo, Girgenti, Licata und in den Schwefeldistricten im Val di Noto die nöthigen Materialien, um den dem brittischen Handel aus dem Monopol erwachsenden Verlust mit Genauigkeit angeben zu können. Englische Kaufleute auf hiesigem Platze, welche Hrn. Mac Gregor bei dieser Arbeit an die Hand gingen, und deren Glaubwürdigkeit über jeden Zweifel erhaben ist, versicherten mich, daß bei dem Fortbestande des Monopols der Verlust der in dem Schwefelhandel verwendeten englischen Capitalien, welche sie auf 2 Millionen Pf. St. veranschlagen, unabwendbar sey; hiezu müsse man die bedeutenden Summen rechnen, welche von brittischen Kaufleuten zum Betrieb der Minen, auf Baulichkeiten, Maschinen etc. vor der Concedirung des Monopols verausgabt worden seyen, und die nun gleichfalls verloren gehen würden; endlich noch die Steigerung der Schwefelpreise, welche die englischen Manufacturen jährlich mit einer Mehrausgabe von 300,000 Pf. St. belaste. Früher habe man in allen sicilianischen Häfen englische Kauffahrer gefunden, deren Zahl im Durchschnitt jährlich an 600 betrug, während in den letzten anderthalb Jahren nicht 200 englische Schiffe daselbst erschienen seyen. Zu jeder Zeit hat Großbritannien seinen Handel kräftig geschützt, keine Verwaltung, gehöre sie den Tories oder den Whigs an, dürfte es wagen, gegründeten Klagen des englischen Handelsstandes Gehör, und, so weit es möglich, Abhülfe zu versagen. Man kann daher mit Sicherheit erwarten, daß Lord Palmerston nicht nachgeben werde. Um so mehr ist es zu beklagen, daß der König den redlichen und einsichtsvollen Rathschlägen des Fürsten Cassaro sein Ohr verschloß. Man wird es nicht zu feindseligen Demonstrationen von Seite Englands kommen lassen, trotz der Einschiffung von Truppen nach Sicilien und trotz der Befestigung einiger unserer Küstenpunkte. Unter vernünftigen Menschen kann hierüber kein Zweifel obwalten. Es wird dieser Sache also doch am Ende nur durch Nachgiebigkeit von unserer Seite ein Ende gemacht, und mit großen Opfern erkauft werden, was kurz vorher mit etwas mehr Mäßigung weit leichter hätte erreicht werden können. Uebrigens ist dieser unangenehme Handel noch nicht beigelegt, und das gestern hier umlaufende Gerücht, als habe ein Gesandter einer großen Macht seine Vermittelung mit Erfolg angeboten, vollkommen grundlos.</p><lb/> <p>(<hi rendition="#g">Journal des Débats</hi>.) Die Nachricht von dem nahebevorstehenden Bruch zwischen England und dem Hof von Neapel hat in Malta lebhafte Aufregung verursacht. Am 6 April war das Dampfboot Scamander, welches in Civitávecchia die Depeschen des Hrn. Temple für den Admiral Stopford erhalten, noch nicht in Malta angekommen. Aber die seit einiger Zeit aus Sicilien erhaltenen Briefe ließen die bevorstehenden Feindseligkeiten mit den Engländern ahnen und drückten über die Stimmung des Volks auf jener Insel große Besorgniß aus. Die Conscription, die der König dort einführen wollte, hat auf die Sicilianer einen sehr üblen Eindruck gemacht. Es hieß auf Malta, der Admiral Stopford werde sich mit den Linienschiffen Bellerophon und Prinzessin Charlotte selbst nach Sicilien begeben. Die Schiffe Rainbow, Tyne und Jason waren von Vurla eingetroffen, um ihren Proviant zu erneuern; man hielt sie in Malta zurück, um nöthigenfalls die gegen Neapel zu verwendenden Streitkräfte zu verstärken.</p><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Neapel,</hi> 11 April.</dateline> <p> In den letzten drei Tagen hat sich hier nichts Wesentliches ereignet, da, wie es allen Anschein hat, alle Unterhandlungen zwischen der Regierung und dem englischen Gesandten abgebrochen sind, und es demnach vor dem Eintreffen der Flotte, die laut telegraphischen Nachrichten bereits in der Nähe von Sicilien sichtbar war, zu keiner Entscheidung kommen kann. Man ist allgemein in der unangenehmsten Spannung, nicht wegen drohender Gefahr, die nicht besteht, wenn es auch zu einer Blokade kommen sollte, sondern in Folge der peinlichen Ungewißheit, worein man sich durch das vollständige Stillschweigen der Regierung versetzt sieht. Die Geschäfte sind geradezu unterbrochen, denn Niemand wagt es nach den Circularien der englischen und französischen Consuln mit neapolitanischen Schiffen Güter zu versenden. So weiß man auch nicht, wie man die gestern ergriffenen Maaßregel, den Eingang in den Hafen vermittelst Ketten und Balken zu verbarricadiren, deuten soll. – Das Benehmen Englands in dieser Angelegenheit findet im Allgemeinen unter dem Handelsstand wenig Beifall; es wird als eine seiner unwürdige Gewaltthätigkeit betrachtet, auch ist es unserer Regierung nicht zu verargen, wenn sie nicht nachgibt, zumal die Frage wegen des Schwefelmonopols beseitigt, und dessen Abschaffung als beschlossen zu betrachten ist. 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ihr wahres oder vermeintliches Recht auf jede Weise geltend zu machen entschlossen ist. Dieser Artikel lautet: „Die brittischen Unterthanen im Königreiche beider Sicilien haben die Befugniß, daselbst Etablissements und Waarenlager zu halten, und über ihr Vermögen, persönliches sowohl als jedweder andern Art, frei zu verfügen durch Kauf, Schenkung, Tausch, letztwillige Anordnung und in jeder andern Weise, ohne Anstand und Behinderung.“ – Hierauf gründet Hr. Temple, im Auftrage seines Hofes, die Beschwerden, deren Abstellung die Regierung Ihrer Maj. nöthigenfalls mit bewaffneter Hand, nämlich durch eine Blokade der neapolitanischen Häfen, durchzusetzen bereit ist. Ich will hier nicht auf die Frage eingehen, ob der Contract mit Taix wirklich ein Bruch des Tractats mit England vom Jahre 1816 ist, wie englischerseits behauptet wird. Dafür und dagegen ließe sich Mancherlei vorbringen. Gewiß aber erleidet der englische Handel große Verluste, indem seit der Concedirung des Monopols durch den Minister des Innern, Cavaliere Sant-Angelo, im Sommer 1838 der Preis des Schwefels, dieses für die englischen Fabriken so nothwendigen Artikels, um mehr als das Doppelte gestiegen ist. Hr. Mac Gregor, der im vorigen Herbste als brittischer Handelscommissär und Bevollmächtigter hierher kam, um die seit langer Zeit schwebenden Unterhandlungen wegen eines neuen Handelstractats und einer Modification des sicilianischen Tarifs zum Abschlusse zu bringen, richtete sein Augenmerk vorzüglich auf das Schwefelmonopol, dessen Abschaffung er in seiner amtlichen Correspondenz mit Fürst Cassaro als conditio sine qua non jeder weitern Verhandlung schon damals, und bevor er noch Sicilien bereist hatte, aufstellte. Hr. Mac Gregor besuchte hierauf die Insel und sammelte in Palermo, Alcamo, Girgenti, Licata und in den Schwefeldistricten im Val di Noto die nöthigen Materialien, um den dem brittischen Handel aus dem Monopol erwachsenden Verlust mit Genauigkeit angeben zu können. Englische Kaufleute auf hiesigem Platze, welche Hrn. Mac Gregor bei dieser Arbeit an die Hand gingen, und deren Glaubwürdigkeit über jeden Zweifel erhaben ist, versicherten mich, daß bei dem Fortbestande des Monopols der Verlust der in dem Schwefelhandel verwendeten englischen Capitalien, welche sie auf 2 Millionen Pf. St. veranschlagen, unabwendbar sey; hiezu müsse man die bedeutenden Summen rechnen, welche von brittischen Kaufleuten zum Betrieb der Minen, auf Baulichkeiten, Maschinen etc. vor der Concedirung des Monopols verausgabt worden seyen, und die nun gleichfalls verloren gehen würden; endlich noch die Steigerung der Schwefelpreise, welche die englischen Manufacturen jährlich mit einer Mehrausgabe von 300,000 Pf. St. belaste. Früher habe man in allen sicilianischen Häfen englische Kauffahrer gefunden, deren Zahl im Durchschnitt jährlich an 600 betrug, während in den letzten anderthalb Jahren nicht 200 englische Schiffe daselbst erschienen seyen. Zu jeder Zeit hat Großbritannien seinen Handel kräftig geschützt, keine Verwaltung, gehöre sie den Tories oder den Whigs an, dürfte es wagen, gegründeten Klagen des englischen Handelsstandes Gehör, und, so weit es möglich, Abhülfe zu versagen. Man kann daher mit Sicherheit erwarten, daß Lord Palmerston nicht nachgeben werde. Um so mehr ist es zu beklagen, daß der König den redlichen und einsichtsvollen Rathschlägen des Fürsten Cassaro sein Ohr verschloß. Man wird es nicht zu feindseligen Demonstrationen von Seite Englands kommen lassen, trotz der Einschiffung von Truppen nach Sicilien und trotz der Befestigung einiger unserer Küstenpunkte. Unter vernünftigen Menschen kann hierüber kein Zweifel obwalten. Es wird dieser Sache also doch am Ende nur durch Nachgiebigkeit von unserer Seite ein Ende gemacht, und mit großen Opfern erkauft werden, was kurz vorher mit etwas mehr Mäßigung weit leichter hätte erreicht werden können. Uebrigens ist dieser unangenehme Handel noch nicht beigelegt, und das gestern hier umlaufende Gerücht, als habe ein Gesandter einer großen Macht seine Vermittelung mit Erfolg angeboten, vollkommen grundlos.
(Journal des Débats.) Die Nachricht von dem nahebevorstehenden Bruch zwischen England und dem Hof von Neapel hat in Malta lebhafte Aufregung verursacht. Am 6 April war das Dampfboot Scamander, welches in Civitávecchia die Depeschen des Hrn. Temple für den Admiral Stopford erhalten, noch nicht in Malta angekommen. Aber die seit einiger Zeit aus Sicilien erhaltenen Briefe ließen die bevorstehenden Feindseligkeiten mit den Engländern ahnen und drückten über die Stimmung des Volks auf jener Insel große Besorgniß aus. Die Conscription, die der König dort einführen wollte, hat auf die Sicilianer einen sehr üblen Eindruck gemacht. Es hieß auf Malta, der Admiral Stopford werde sich mit den Linienschiffen Bellerophon und Prinzessin Charlotte selbst nach Sicilien begeben. Die Schiffe Rainbow, Tyne und Jason waren von Vurla eingetroffen, um ihren Proviant zu erneuern; man hielt sie in Malta zurück, um nöthigenfalls die gegen Neapel zu verwendenden Streitkräfte zu verstärken.
_ Neapel, 11 April. In den letzten drei Tagen hat sich hier nichts Wesentliches ereignet, da, wie es allen Anschein hat, alle Unterhandlungen zwischen der Regierung und dem englischen Gesandten abgebrochen sind, und es demnach vor dem Eintreffen der Flotte, die laut telegraphischen Nachrichten bereits in der Nähe von Sicilien sichtbar war, zu keiner Entscheidung kommen kann. Man ist allgemein in der unangenehmsten Spannung, nicht wegen drohender Gefahr, die nicht besteht, wenn es auch zu einer Blokade kommen sollte, sondern in Folge der peinlichen Ungewißheit, worein man sich durch das vollständige Stillschweigen der Regierung versetzt sieht. Die Geschäfte sind geradezu unterbrochen, denn Niemand wagt es nach den Circularien der englischen und französischen Consuln mit neapolitanischen Schiffen Güter zu versenden. So weiß man auch nicht, wie man die gestern ergriffenen Maaßregel, den Eingang in den Hafen vermittelst Ketten und Balken zu verbarricadiren, deuten soll. – Das Benehmen Englands in dieser Angelegenheit findet im Allgemeinen unter dem Handelsstand wenig Beifall; es wird als eine seiner unwürdige Gewaltthätigkeit betrachtet, auch ist es unserer Regierung nicht zu verargen, wenn sie nicht nachgibt, zumal die Frage wegen des Schwefelmonopols beseitigt, und dessen Abschaffung als beschlossen zu betrachten ist. England muß nun seinerseits seine überspannten Ansprüche auf Entschädigung aufgeben. – Nachschrift. Man sagt diesen Abend, daß eilf Kriegsschiffe im Anzuge seyen.
Deutschland.
_ München, 20 April. Gestern spät traf der Adjutant Sr. kaiserl. Hoh. des Herzogs Max von Leuchtenberg mit der Depesche aus St. Petersburg hier ein, daß die Herzogin am 9 April von einer Prinzessin glücklich entbunden ward. (Durch den Telegraphen war diese Nachricht in kürzester Zeit nach Berlin, und von da schon am 16 Abends hier angelangt.) – Das Eisenbahndirectorium macht dermal bei Eintritt der schönen Frühlingswitterung glänzende Geschäfte; gestern am Ostertage fuhren nach Maisach hin und zurück mehr als 1800 Personen, und heute soll der Zudrang noch stärker seyn. – In verwichner Nacht starb hier nach längern Körperleiden im 56sten Jahre seines Alters der königl. General-Zolladministrator, Ritter des Verdienstordens vom heil. Michael, des k. k. österreich. Leopold-Ordens
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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