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Allgemeine Zeitung. Nr. 122. Augsburg, 1. Mai 1840.

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vorgenommenen Ersparnisse, und bemerkt dann ausdrücklich, daß für das laufende Jahr das Budget, wie es vorgelegt worden, die wesentlichen Staatsbedürfnisse umfasse, und keine Möglichkeit vorhanden sey, in der Verminderung noch weiter zu gehen. Ein sehr wunder Punkt ist nur oberflächlich berührt, nämlich die Klage über zu große Centralisation. Sie war in den Bedenken der Generalstaaten nicht näher motivirt worden, und somit beschränkte sich auch die Regierung auf die allgemeine Antwort, man mache sich darüber gewöhnlich sehr unrichtige Begriffe, die dem, der selbst mit der Verwaltung genauer bekannt sey, im Augenblick als unpraktisch in die Augen fallen; das Ministerium der innern Angelegenheiten habe ohnehin so viel zu thun, daß es keineswegs geneigt seyn könnte, Gegenstände, deren Behandlung nicht unumgänglich nothwendig sey, in seinen Geschäftskreis zu ziehen. Dieser Gegenstand wird noch zu manchen Erörterungen Anlaß geben, ist es aber nicht, der besonders heftigen Streit veranlaßt. Dieß ist fürs erste nur über die Finanzen zu erwarten.

Italien.

Unsre politische Lage ist noch immer dieselbe, ja ich möchte sagen, schlimmer und verwickelter als je. Das Erscheinen eines zweiten englischen Dampfschiffes und einer Kriegsbrigg am letzten Sonnabend und die plötzlich darauf erfolgte Abfahrt des Bellerophon so wie des ihn begleitenden Dampfschiffes ohne die üblichen Begrüßungen erregten unter dem hiesigen Handelsstande neue Bestürzung, welche durch die Nachricht, es seyen bereits einige Schiffe auf hoher See genommen, und auf andere in Malta und Gibraltar Beschlag gelegt worden, noch vergrößert wurde. Daß von Admiral Stopford der Befehl ergangen ist, die Repressalien zu beginnen, ist nun officiell; die Meldung findet sich in dem Journal von Malta mit dem Datum 10 April eingerückt. Der französische Botschafter, Herzog v. Montebello, auf dessen Vermittelung man noch hofft, wird heute oder morgen erwartet. Das gestern hier angekommene französische Dampfschiff brachte die Nachricht mit, daß eine Flottille von 9 Segeln von Toulon ausgelaufen und hieher unterwegs sey, wahrscheinlich um die englische Flotte zu beobachten, und nöthigenfalls französisches Eigenthum zu schützen. Mehrere neapolitanische Schiffe, welche theils leer, theils mit Maccaroni beladen in die hohe See gehen wollten, wurden von englischen Schiffen, die bei und hinter der Insel Capri kreuzen, zurückgewiesen, nachdem sie ihnen Proviant abgekauft und bezahlt hatten. Trotz aller dieser Vorgänge beharrt unsre Regierung auf dem bisher beobachteten Stillschweigen, wodurch so viele Interessen beeinträchtigt werden. Mittlerweile finden es die Capitäne der Kauffahrteischiffe der Klugheit angemessen, in den resp. Häfen, wo sie sich gerade befinden, bis auf bessere Zeiten liegen zu bleiben, um auf diese Weise ihr und Andern Eigenthum zu sichern.

Die Bemühungen unseres Gesandten am neapolitanischen Hofe, Marquis v. Crosa, die zwischen Hrn. Temple und dem Gouvernement von Neapel unterbrochenen Unterhandlungen wieder herzustellen, schienen anfänglich einen günstigen Erfolg zu versprechen. Man kam dahin überein, daß die Communicationen von Seite des Hrn. Temple wieder aufgenommen werden, und letzterer der sicilianischen Regierung in einer Note die Bedingungen darlegen und begründen sollte, auf denen der englische Repräsentant im Namen Großbritanniens noch immer bestehen zu müssen glaube. Hr. v. Crosa war nämlich der Meinung, es sey die Sache des Hrn. Temple, den ersten Schritt zur Annäherung zu thun, indem die letzte Note von Neapel ausgegangen war, mithin ein gemäßigtes Ultimatum von Seite des Hrn. Temple sich auf die natürlichste Art an die bisher gepflogene Correspondenz anschließen konnte. Obwohl nun nicht alsbald eine bestimmte Antwort von Seite des englischen Repräsentanten erfolgte, schien derselbe doch halb und halb entschlossen, den Vorschlag des Hrn. Crosa zu befolgen und den ersten Schritt zur Versöhnung zu thun, als der Marquis ganz unerwartet am folgenden Tag eine Zuschrift erhielt, worin Hr. Temple erklärt, daß seine Erwiederung auf die zuletzt von Neapel gemachten schriftlichen Erörterungen bereits erfolgt sey; er habe diese Erörterungen ausdrücklich für ausweichend und ungenügend erklärt, mithin sey es jetzt die Sache Neapels, ihm eine deutliche und definitive Antwort zu ertheilen; er könne daher auf keinen Fall der erste seyn, der die unterbrochenen Communicationen wieder in Gang bringe. Es fragt sich nun, ob die neapolitanische Regierung sich diesem rücksichtslosen Verfahren fügen und der Zumuthung des englischen Repräsentanten nachgeben werde. Nach dem, was man aus Neapel erfährt, zu urtheilen, wird dieß schwerlich geschehen; vielmehr scheint es, daß man entschlossen ist, die Sache aufs Aeußerste kommen zu lassen.

Die mit Toscana bestandene Streitfrage wegen Verkaufs der Kirchengüter im Großherzogthum, worüber mehrere Noten gewechselt wurden, ist nun zur Zufriedenheit sowohl des heiligen Stuhls als der Regierung in Florenz beigelegt und durch eine Uebereinkunft für die Zukunft geregelt. - An der Angelegenheit des Nachbarstaates Neapel nimmt hier Alles lebhaften Antheil. Die Sachen sollen sich immer bedenklicher gestalten. Die von verschiedenen Seiten gemachten Versuche zu einer Ausgleichung sind alle an dem unbeugsamen Willen des Königs gescheitert. Ein Zusammenstoß scheint fast unvermeidlich, wenn von England aus nicht versöhnlichere Bedingungen eintreffen. Heute erfahren wir, daß die Feindseligkeiten von Seite der Engländer bereits begonnen haben, indem laut Schiffernachrichten mehrere neapolitanische Schiffe von brittischen genommen und nach Malta aufgebracht seyn sollen. - Der zum interimistischen preußischen Geschäftsträger am neapolitanischen Hofe ernannte Kammerherr Graf v. Bernstorff ist auf seiner Reise dahin hier eingetroffen. - Unter den vielen Fremden von Auszeichnung, die in letzter Zeit vom Papst empfangen wurden, befanden sich der Fürst Sanguszko, der Graf und die Gräfin Barkoczy, Graf und Gräfin v. Sternberg, General Baron v. Appel und die Baronin Orczy, welche sämmtlich vorgestern nach Beendigung der Messe in der Sacristei der sixtinischen Capelle von dem k. k. österreichischen Botschafter Grafen v. Lützow Sr. Heiligkeit dem Papst vorgestellt wurden.

Unter den Lesern der Allg. Ztg. sind gewiß gar manche, die sich von ihren Reisen des wunderherrlichen Anblicks des Montblanc und seiner Gletscher von Sallanches aus erinnern. Diese kleine savoyische Stadt (im Faucigny) steht seit vorigem Ostertag nicht mehr und ihre Einwohner irren jetzt, wenn sie nicht in den Flammen umgekommen sind, ohne Besitz und Obdach herum, selbst ohne Nahrung, denn auch alles Vieh, alle Getreide- und Brodvorräthe, alle vorhandenen Kartoffeln sind mit verbrannt. Es ist ein entsetzliches Elend. Hundert Personen sind umgekommen, besonders mehrere Mütter, die ihre kleinen Kinder retten wollten, viel mehrere aber sind schwer verwundet oder verstümmelt. Bei dem herrschenden starken Nordostwind verbreitete sich das Feuer nach allen Seiten so reißend schnell, daß in anderthalb Stunden die ganze Stadt in Flammen stand. An Löschen des Feuers und an Retten von Sachen war bei der furchtbaren Gluth in und um diesen großen Feuerherd gar nicht zu denken; und noch in

vorgenommenen Ersparnisse, und bemerkt dann ausdrücklich, daß für das laufende Jahr das Budget, wie es vorgelegt worden, die wesentlichen Staatsbedürfnisse umfasse, und keine Möglichkeit vorhanden sey, in der Verminderung noch weiter zu gehen. Ein sehr wunder Punkt ist nur oberflächlich berührt, nämlich die Klage über zu große Centralisation. Sie war in den Bedenken der Generalstaaten nicht näher motivirt worden, und somit beschränkte sich auch die Regierung auf die allgemeine Antwort, man mache sich darüber gewöhnlich sehr unrichtige Begriffe, die dem, der selbst mit der Verwaltung genauer bekannt sey, im Augenblick als unpraktisch in die Augen fallen; das Ministerium der innern Angelegenheiten habe ohnehin so viel zu thun, daß es keineswegs geneigt seyn könnte, Gegenstände, deren Behandlung nicht unumgänglich nothwendig sey, in seinen Geschäftskreis zu ziehen. Dieser Gegenstand wird noch zu manchen Erörterungen Anlaß geben, ist es aber nicht, der besonders heftigen Streit veranlaßt. Dieß ist fürs erste nur über die Finanzen zu erwarten.

Italien.

Unsre politische Lage ist noch immer dieselbe, ja ich möchte sagen, schlimmer und verwickelter als je. Das Erscheinen eines zweiten englischen Dampfschiffes und einer Kriegsbrigg am letzten Sonnabend und die plötzlich darauf erfolgte Abfahrt des Bellerophon so wie des ihn begleitenden Dampfschiffes ohne die üblichen Begrüßungen erregten unter dem hiesigen Handelsstande neue Bestürzung, welche durch die Nachricht, es seyen bereits einige Schiffe auf hoher See genommen, und auf andere in Malta und Gibraltar Beschlag gelegt worden, noch vergrößert wurde. Daß von Admiral Stopford der Befehl ergangen ist, die Repressalien zu beginnen, ist nun officiell; die Meldung findet sich in dem Journal von Malta mit dem Datum 10 April eingerückt. Der französische Botschafter, Herzog v. Montebello, auf dessen Vermittelung man noch hofft, wird heute oder morgen erwartet. Das gestern hier angekommene französische Dampfschiff brachte die Nachricht mit, daß eine Flottille von 9 Segeln von Toulon ausgelaufen und hieher unterwegs sey, wahrscheinlich um die englische Flotte zu beobachten, und nöthigenfalls französisches Eigenthum zu schützen. Mehrere neapolitanische Schiffe, welche theils leer, theils mit Maccaroni beladen in die hohe See gehen wollten, wurden von englischen Schiffen, die bei und hinter der Insel Capri kreuzen, zurückgewiesen, nachdem sie ihnen Proviant abgekauft und bezahlt hatten. Trotz aller dieser Vorgänge beharrt unsre Regierung auf dem bisher beobachteten Stillschweigen, wodurch so viele Interessen beeinträchtigt werden. Mittlerweile finden es die Capitäne der Kauffahrteischiffe der Klugheit angemessen, in den resp. Häfen, wo sie sich gerade befinden, bis auf bessere Zeiten liegen zu bleiben, um auf diese Weise ihr und Andern Eigenthum zu sichern.

Die Bemühungen unseres Gesandten am neapolitanischen Hofe, Marquis v. Crosa, die zwischen Hrn. Temple und dem Gouvernement von Neapel unterbrochenen Unterhandlungen wieder herzustellen, schienen anfänglich einen günstigen Erfolg zu versprechen. Man kam dahin überein, daß die Communicationen von Seite des Hrn. Temple wieder aufgenommen werden, und letzterer der sicilianischen Regierung in einer Note die Bedingungen darlegen und begründen sollte, auf denen der englische Repräsentant im Namen Großbritanniens noch immer bestehen zu müssen glaube. Hr. v. Crosa war nämlich der Meinung, es sey die Sache des Hrn. Temple, den ersten Schritt zur Annäherung zu thun, indem die letzte Note von Neapel ausgegangen war, mithin ein gemäßigtes Ultimatum von Seite des Hrn. Temple sich auf die natürlichste Art an die bisher gepflogene Correspondenz anschließen konnte. Obwohl nun nicht alsbald eine bestimmte Antwort von Seite des englischen Repräsentanten erfolgte, schien derselbe doch halb und halb entschlossen, den Vorschlag des Hrn. Crosa zu befolgen und den ersten Schritt zur Versöhnung zu thun, als der Marquis ganz unerwartet am folgenden Tag eine Zuschrift erhielt, worin Hr. Temple erklärt, daß seine Erwiederung auf die zuletzt von Neapel gemachten schriftlichen Erörterungen bereits erfolgt sey; er habe diese Erörterungen ausdrücklich für ausweichend und ungenügend erklärt, mithin sey es jetzt die Sache Neapels, ihm eine deutliche und definitive Antwort zu ertheilen; er könne daher auf keinen Fall der erste seyn, der die unterbrochenen Communicationen wieder in Gang bringe. Es fragt sich nun, ob die neapolitanische Regierung sich diesem rücksichtslosen Verfahren fügen und der Zumuthung des englischen Repräsentanten nachgeben werde. Nach dem, was man aus Neapel erfährt, zu urtheilen, wird dieß schwerlich geschehen; vielmehr scheint es, daß man entschlossen ist, die Sache aufs Aeußerste kommen zu lassen.

Die mit Toscana bestandene Streitfrage wegen Verkaufs der Kirchengüter im Großherzogthum, worüber mehrere Noten gewechselt wurden, ist nun zur Zufriedenheit sowohl des heiligen Stuhls als der Regierung in Florenz beigelegt und durch eine Uebereinkunft für die Zukunft geregelt. – An der Angelegenheit des Nachbarstaates Neapel nimmt hier Alles lebhaften Antheil. Die Sachen sollen sich immer bedenklicher gestalten. Die von verschiedenen Seiten gemachten Versuche zu einer Ausgleichung sind alle an dem unbeugsamen Willen des Königs gescheitert. Ein Zusammenstoß scheint fast unvermeidlich, wenn von England aus nicht versöhnlichere Bedingungen eintreffen. Heute erfahren wir, daß die Feindseligkeiten von Seite der Engländer bereits begonnen haben, indem laut Schiffernachrichten mehrere neapolitanische Schiffe von brittischen genommen und nach Malta aufgebracht seyn sollen. – Der zum interimistischen preußischen Geschäftsträger am neapolitanischen Hofe ernannte Kammerherr Graf v. Bernstorff ist auf seiner Reise dahin hier eingetroffen. – Unter den vielen Fremden von Auszeichnung, die in letzter Zeit vom Papst empfangen wurden, befanden sich der Fürst Sanguszko, der Graf und die Gräfin Barkoczy, Graf und Gräfin v. Sternberg, General Baron v. Appel und die Baronin Orczy, welche sämmtlich vorgestern nach Beendigung der Messe in der Sacristei der sixtinischen Capelle von dem k. k. österreichischen Botschafter Grafen v. Lützow Sr. Heiligkeit dem Papst vorgestellt wurden.

Unter den Lesern der Allg. Ztg. sind gewiß gar manche, die sich von ihren Reisen des wunderherrlichen Anblicks des Montblanc und seiner Gletscher von Sallanches aus erinnern. Diese kleine savoyische Stadt (im Faucigny) steht seit vorigem Ostertag nicht mehr und ihre Einwohner irren jetzt, wenn sie nicht in den Flammen umgekommen sind, ohne Besitz und Obdach herum, selbst ohne Nahrung, denn auch alles Vieh, alle Getreide- und Brodvorräthe, alle vorhandenen Kartoffeln sind mit verbrannt. Es ist ein entsetzliches Elend. Hundert Personen sind umgekommen, besonders mehrere Mütter, die ihre kleinen Kinder retten wollten, viel mehrere aber sind schwer verwundet oder verstümmelt. Bei dem herrschenden starken Nordostwind verbreitete sich das Feuer nach allen Seiten so reißend schnell, daß in anderthalb Stunden die ganze Stadt in Flammen stand. An Löschen des Feuers und an Retten von Sachen war bei der furchtbaren Gluth in und um diesen großen Feuerherd gar nicht zu denken; und noch in

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[0973/0005] vorgenommenen Ersparnisse, und bemerkt dann ausdrücklich, daß für das laufende Jahr das Budget, wie es vorgelegt worden, die wesentlichen Staatsbedürfnisse umfasse, und keine Möglichkeit vorhanden sey, in der Verminderung noch weiter zu gehen. Ein sehr wunder Punkt ist nur oberflächlich berührt, nämlich die Klage über zu große Centralisation. Sie war in den Bedenken der Generalstaaten nicht näher motivirt worden, und somit beschränkte sich auch die Regierung auf die allgemeine Antwort, man mache sich darüber gewöhnlich sehr unrichtige Begriffe, die dem, der selbst mit der Verwaltung genauer bekannt sey, im Augenblick als unpraktisch in die Augen fallen; das Ministerium der innern Angelegenheiten habe ohnehin so viel zu thun, daß es keineswegs geneigt seyn könnte, Gegenstände, deren Behandlung nicht unumgänglich nothwendig sey, in seinen Geschäftskreis zu ziehen. Dieser Gegenstand wird noch zu manchen Erörterungen Anlaß geben, ist es aber nicht, der besonders heftigen Streit veranlaßt. Dieß ist fürs erste nur über die Finanzen zu erwarten. Italien. _ Neapel, 21 April. Unsre politische Lage ist noch immer dieselbe, ja ich möchte sagen, schlimmer und verwickelter als je. Das Erscheinen eines zweiten englischen Dampfschiffes und einer Kriegsbrigg am letzten Sonnabend und die plötzlich darauf erfolgte Abfahrt des Bellerophon so wie des ihn begleitenden Dampfschiffes ohne die üblichen Begrüßungen erregten unter dem hiesigen Handelsstande neue Bestürzung, welche durch die Nachricht, es seyen bereits einige Schiffe auf hoher See genommen, und auf andere in Malta und Gibraltar Beschlag gelegt worden, noch vergrößert wurde. Daß von Admiral Stopford der Befehl ergangen ist, die Repressalien zu beginnen, ist nun officiell; die Meldung findet sich in dem Journal von Malta mit dem Datum 10 April eingerückt. Der französische Botschafter, Herzog v. Montebello, auf dessen Vermittelung man noch hofft, wird heute oder morgen erwartet. Das gestern hier angekommene französische Dampfschiff brachte die Nachricht mit, daß eine Flottille von 9 Segeln von Toulon ausgelaufen und hieher unterwegs sey, wahrscheinlich um die englische Flotte zu beobachten, und nöthigenfalls französisches Eigenthum zu schützen. Mehrere neapolitanische Schiffe, welche theils leer, theils mit Maccaroni beladen in die hohe See gehen wollten, wurden von englischen Schiffen, die bei und hinter der Insel Capri kreuzen, zurückgewiesen, nachdem sie ihnen Proviant abgekauft und bezahlt hatten. Trotz aller dieser Vorgänge beharrt unsre Regierung auf dem bisher beobachteten Stillschweigen, wodurch so viele Interessen beeinträchtigt werden. Mittlerweile finden es die Capitäne der Kauffahrteischiffe der Klugheit angemessen, in den resp. Häfen, wo sie sich gerade befinden, bis auf bessere Zeiten liegen zu bleiben, um auf diese Weise ihr und Andern Eigenthum zu sichern. _ Turin, 24 April. Die Bemühungen unseres Gesandten am neapolitanischen Hofe, Marquis v. Crosa, die zwischen Hrn. Temple und dem Gouvernement von Neapel unterbrochenen Unterhandlungen wieder herzustellen, schienen anfänglich einen günstigen Erfolg zu versprechen. Man kam dahin überein, daß die Communicationen von Seite des Hrn. Temple wieder aufgenommen werden, und letzterer der sicilianischen Regierung in einer Note die Bedingungen darlegen und begründen sollte, auf denen der englische Repräsentant im Namen Großbritanniens noch immer bestehen zu müssen glaube. Hr. v. Crosa war nämlich der Meinung, es sey die Sache des Hrn. Temple, den ersten Schritt zur Annäherung zu thun, indem die letzte Note von Neapel ausgegangen war, mithin ein gemäßigtes Ultimatum von Seite des Hrn. Temple sich auf die natürlichste Art an die bisher gepflogene Correspondenz anschließen konnte. Obwohl nun nicht alsbald eine bestimmte Antwort von Seite des englischen Repräsentanten erfolgte, schien derselbe doch halb und halb entschlossen, den Vorschlag des Hrn. Crosa zu befolgen und den ersten Schritt zur Versöhnung zu thun, als der Marquis ganz unerwartet am folgenden Tag eine Zuschrift erhielt, worin Hr. Temple erklärt, daß seine Erwiederung auf die zuletzt von Neapel gemachten schriftlichen Erörterungen bereits erfolgt sey; er habe diese Erörterungen ausdrücklich für ausweichend und ungenügend erklärt, mithin sey es jetzt die Sache Neapels, ihm eine deutliche und definitive Antwort zu ertheilen; er könne daher auf keinen Fall der erste seyn, der die unterbrochenen Communicationen wieder in Gang bringe. Es fragt sich nun, ob die neapolitanische Regierung sich diesem rücksichtslosen Verfahren fügen und der Zumuthung des englischen Repräsentanten nachgeben werde. Nach dem, was man aus Neapel erfährt, zu urtheilen, wird dieß schwerlich geschehen; vielmehr scheint es, daß man entschlossen ist, die Sache aufs Aeußerste kommen zu lassen. _ Rom, 23 April. Die mit Toscana bestandene Streitfrage wegen Verkaufs der Kirchengüter im Großherzogthum, worüber mehrere Noten gewechselt wurden, ist nun zur Zufriedenheit sowohl des heiligen Stuhls als der Regierung in Florenz beigelegt und durch eine Uebereinkunft für die Zukunft geregelt. – An der Angelegenheit des Nachbarstaates Neapel nimmt hier Alles lebhaften Antheil. Die Sachen sollen sich immer bedenklicher gestalten. Die von verschiedenen Seiten gemachten Versuche zu einer Ausgleichung sind alle an dem unbeugsamen Willen des Königs gescheitert. Ein Zusammenstoß scheint fast unvermeidlich, wenn von England aus nicht versöhnlichere Bedingungen eintreffen. Heute erfahren wir, daß die Feindseligkeiten von Seite der Engländer bereits begonnen haben, indem laut Schiffernachrichten mehrere neapolitanische Schiffe von brittischen genommen und nach Malta aufgebracht seyn sollen. – Der zum interimistischen preußischen Geschäftsträger am neapolitanischen Hofe ernannte Kammerherr Graf v. Bernstorff ist auf seiner Reise dahin hier eingetroffen. – Unter den vielen Fremden von Auszeichnung, die in letzter Zeit vom Papst empfangen wurden, befanden sich der Fürst Sanguszko, der Graf und die Gräfin Barkoczy, Graf und Gräfin v. Sternberg, General Baron v. Appel und die Baronin Orczy, welche sämmtlich vorgestern nach Beendigung der Messe in der Sacristei der sixtinischen Capelle von dem k. k. österreichischen Botschafter Grafen v. Lützow Sr. Heiligkeit dem Papst vorgestellt wurden. _ Aus Savoyen, 24 April. Unter den Lesern der Allg. Ztg. sind gewiß gar manche, die sich von ihren Reisen des wunderherrlichen Anblicks des Montblanc und seiner Gletscher von Sallanches aus erinnern. Diese kleine savoyische Stadt (im Faucigny) steht seit vorigem Ostertag nicht mehr und ihre Einwohner irren jetzt, wenn sie nicht in den Flammen umgekommen sind, ohne Besitz und Obdach herum, selbst ohne Nahrung, denn auch alles Vieh, alle Getreide- und Brodvorräthe, alle vorhandenen Kartoffeln sind mit verbrannt. Es ist ein entsetzliches Elend. Hundert Personen sind umgekommen, besonders mehrere Mütter, die ihre kleinen Kinder retten wollten, viel mehrere aber sind schwer verwundet oder verstümmelt. Bei dem herrschenden starken Nordostwind verbreitete sich das Feuer nach allen Seiten so reißend schnell, daß in anderthalb Stunden die ganze Stadt in Flammen stand. An Löschen des Feuers und an Retten von Sachen war bei der furchtbaren Gluth in und um diesen großen Feuerherd gar nicht zu denken; und noch in

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 122. Augsburg, 1. Mai 1840, S. 0973. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_122_18400501/5>, abgerufen am 23.11.2024.