Allgemeine Zeitung. Nr. 130. Augsburg, 9. Mai 1840.General Horsford, einer der verdienstvollsten Veteranen der brittischen Armee, ist am 30 April, 73 Jahre alt, in Paris mit Tod abgegangen. Am 30 April Abends, wo im Theater der Königin (dem italienischen Opernhaus) I Puritani gegeben wurden, kam es, wie es scheint in Folge einer kleinen Theatercabale, zu einer sehr stürmischen Scene. Aus einem Theile des Schauspielhauses, wo die Verschwornen saßen, erscholl auf einmal das lärmende Geschrei: "Tamburini! wo ist Tamburini?" Der jetzige Entrepreneur der Oper, der Sänger Lablache, hatte nämlich dieses bei dem Publicum beliebte, aber etwas theure Talent für die Saison anzuwerben verabsäumt; daher der Lärm. Hr. Laporte hielt im Verlaufe des Abends von den Brettern herab mehrere beschwichtigende Stegreifreden an das Publicum, die aber den Sturm nicht beschworen. Die Oper konnte nicht zu Ende gespielt, das Ballet gar nicht gegeben werden. Die Journale sind, als gebe es gerade nichts Wichtigeres zu verhandeln, voll von dieser welschen Oper-Emeute. - Am 1 Mai beehrten die Königin und Prinz Albert die deutsche Oper zum erstenmale mit ihrem Besuch. Frankreich. Paris, 4 Mai. Der Moniteur Parisien sagt, daß telegraphische Depeschen aus allen größern Departementstädten eingelaufen seyen mit der Meldung, daß das Namensfest des Königs dort allenthalben mit Zeichen der Freude und Anhänglichkeit begangen worden. Der König machte in einer Antwort auf die Anrede des Grafen Jaubert, Ministers der öffentlichen Arbeiten, am 1 Mai die Bemerkung: "Die öffentliche Wohlfahrt steigt im Verhältniß der Leichtigkeit der Transporte und der Schnelligkeit der Communicationen. Ich sehne mich, dem Publicum jene Eisenbahnlinien überliefert zu sehen, die wir mit solcher Ungeduld erwarten, und ich gestehe, daß es ein bedauernswerther Umstand für uns ist, darin unsern Nachbarn so weit nachzustehen, die bereits im Besitze der daraus entspringenden Vortheile sind; ich hoffe aber, daß unter Ihrer Verwaltung und mit Beihülfe Ihrer geschickten Mitarbeiter Frankreich in dieser Beziehung das Ausland in nichts mehr zu beneiden haben wird." Mit der Gesundheit der Herzogin von Orleans geht es viel besser. Ihre k. Hoh. hatte Sonntag Nachts einige Stunden erquickenden Schlummers, und man hoffte sie in wenigen Tagen wieder ganz hergestellt zu sehen. Der Graf von Paris wurde am 1 Mai zum erstenmal seit seiner Wiederherstellung spatzieren gefahren. Eine k. Ordonnanz vom 3 Mai ernennt Hrn. Jacquinot-Godard, Präsidenten des k. Gerichtshofs von Paris, zum Rath bei dem Cassationshof an die Stelle des verewigten Hrn. Tripier. Hr. Dupont de l'Eure hat die ihm angebotene Stelle eines Raths am Cassationshofe ausgeschlagen, so sehr auch seine politischen Freunde in ihn drangen, dieselbe anzunehmen. Die Gazette des Tribunaux meldet, daß der Präfect, Hr. Petit de Bantel, auf den sich die Aufmerksamkeit durch die blutigen Auftritte von Foix gerichtet hat, zu andern Verrichtungen abberufen sey. Bei Anlaß der Zuweisung der letzten Bittschriften, welche die Versetzung der Asche Napoleons auf französischen Boden verlangten, an den Präsidenten des Conseils, bemerkte das Commerce, es hänge nur von Hrn. Thiers ab, die Asche des Kaisers zu erhalten, und es bedürfe hiezu nichts weiter, als daß man das Verlangen ganz einfach an die englische Regierung stelle. Das Capitole behauptet dasselbe. "Sogar in England - sagt dieses Bonapartistische Blatt - fand der patriotische Wunsch Frankreichs edle Sympathien. Warum also wurde von der französischen Regierung nie eine Reclamation der Gebeine Napoleons an die Regierung Englands gestellt? Wenn wir gut unterrichtet sind, so sollte Hr. Emmanuel las Cases über diesen Gegenstand das Wort ergreifen, als die Kammer sich mit den hierauf bezüglichen Bittschriften beschäftigte. Hr. las Cases wollte erzählen, was Lord Melbourne (??) hierüber zu O'Connell äußerte. "Ich widersetze mich nicht, sagte der Minister, einer Motion über diesen Gegenstand, aber ich könnte Ihnen dabei nur wiederholen, daß wir nie auf eine Eröffnung dieser Art von Seite der französischen Regierung zu antworten hatten." Wenn wirklich, wie wir glauben, Hr. las Cases Willens war, eine solche Erklärung auf der französischen Tribune zu machen, so können wir der Eile, mit welcher Hr. Thiers der Discussion ein Ende zu machen suchte, nur eine traurige Deutung geben." Die Regierung läßt eine neue Auflage des Moniteur von 1793 an veranstalten. Die Algierer Expeditionsarmee wird auch dießmal von einer Anzahl fremder Officiere, namentlich von Belgiern, begleitet. Den Mitgliedern der wissenschaftlichen Commission hat der Marschall Valee aber, man weiß nicht aus welchem Grunde, verboten, der Armee sich anzuschließen. Abd-El-Kader soll, heißt es in Briefen der französischen Blätter aus Algier vom 25 April, Willens seyn, den Engpaß Teniah auf dem Wege von Belida nach Medeah mit 20,000 Mann zu vertheidigen. Die Hadschuten sind wieder nach ihren Wohnsitzen zurückgekehrt, da die Besatzung von Scherschel bis jetzt noch keine Bewegung machte. Im Osten der Metidscha soll eine bedeutende Masse Araber sich versammelt haben, in der Absicht, die Lager und Landhäuser der Franzosen bei Algier anzugreifen, während die Armee nach Medeah und Miliana marschirt. Paris, 1 Mai. In einem englischen Magazin erschien vor einiger Zeit unter dem Titel: "Nimrod in Frankreich," ein Aufsatz, in dem neben manchen andern Bemerkungen, die von Seite des Verfassers eben so viel Wohlwollen als Unbefangenheit bewiesen, auch die Ansicht geäußert wurde, die Franzosen seyen, genau betrachtet, so gute Royalisten als je zuvor. So sonderbar diese Behauptung auch auf den ersten Anblick klingen, so sehr sie auch im Widerspruch mit verschiedenen Phänomenen der neueren Geschichte Frankreichs erscheinen mag, so wahr ist es dennoch, daß die Franzosen sehr monarchisch gesinnt sind, und daß gar viele von ihnen eine vernünftige und glorreiche Alleinherrschaft den Schwankungen einer üppigen, unbändigen Freiheit vorziehen würden. Sie lieben es, sich und ihre Natur in einer bemerkbaren Persönlichkeit abgespiegelt zu beschauen, und weil Napoleon ihren lebendigsten Drang, wie ihre blendendsten Eigenschaften an sich in hellstem, vollsten Widerschein zeigte, ward der Kaiser ihr Ideal.... Auch gegenwärtig behält das Königthum, als gesellschaftliche Einrichtung, in den Augen des Volks seine Geltung nach wie vor, und das Königsfest bleibt immer ein großes Volksfest. Nachmittags schließen sich allenthalben die Läden, die ganze bürgerliche Welt fliegt aus, füllt den Garten der Tuilerien, wo an diesem Tage sich keine fashionable Seele blicken läßt, oder zerstreut sich in den Champs Elysees, um sich dort an den mancherlei Spektakeln zu ergötzen, bewundert den Gamin, der an einem Schlaraffenbaum (mat de cocagne) sich gebärdend wie ein Affe, und behend wie ein Eichhorn herumklettert, freut sich an den Lorbeern von Mazagran, die an drei oder vier verschiedenen Orten, unter Begleitung gräulicher Musik gepflükt werden, oder wiegt sich in einem Carroussel; außer der Barriere wird gespeist, und Abends General Horsford, einer der verdienstvollsten Veteranen der brittischen Armee, ist am 30 April, 73 Jahre alt, in Paris mit Tod abgegangen. Am 30 April Abends, wo im Theater der Königin (dem italienischen Opernhaus) I Puritani gegeben wurden, kam es, wie es scheint in Folge einer kleinen Theatercabale, zu einer sehr stürmischen Scene. Aus einem Theile des Schauspielhauses, wo die Verschwornen saßen, erscholl auf einmal das lärmende Geschrei: „Tamburini! wo ist Tamburini?“ Der jetzige Entrepreneur der Oper, der Sänger Lablache, hatte nämlich dieses bei dem Publicum beliebte, aber etwas theure Talent für die Saison anzuwerben verabsäumt; daher der Lärm. Hr. Laporte hielt im Verlaufe des Abends von den Brettern herab mehrere beschwichtigende Stegreifreden an das Publicum, die aber den Sturm nicht beschworen. Die Oper konnte nicht zu Ende gespielt, das Ballet gar nicht gegeben werden. Die Journale sind, als gebe es gerade nichts Wichtigeres zu verhandeln, voll von dieser welschen Oper-Emeute. – Am 1 Mai beehrten die Königin und Prinz Albert die deutsche Oper zum erstenmale mit ihrem Besuch. Frankreich. Paris, 4 Mai. Der Moniteur Parisien sagt, daß telegraphische Depeschen aus allen größern Departementstädten eingelaufen seyen mit der Meldung, daß das Namensfest des Königs dort allenthalben mit Zeichen der Freude und Anhänglichkeit begangen worden. Der König machte in einer Antwort auf die Anrede des Grafen Jaubert, Ministers der öffentlichen Arbeiten, am 1 Mai die Bemerkung: „Die öffentliche Wohlfahrt steigt im Verhältniß der Leichtigkeit der Transporte und der Schnelligkeit der Communicationen. Ich sehne mich, dem Publicum jene Eisenbahnlinien überliefert zu sehen, die wir mit solcher Ungeduld erwarten, und ich gestehe, daß es ein bedauernswerther Umstand für uns ist, darin unsern Nachbarn so weit nachzustehen, die bereits im Besitze der daraus entspringenden Vortheile sind; ich hoffe aber, daß unter Ihrer Verwaltung und mit Beihülfe Ihrer geschickten Mitarbeiter Frankreich in dieser Beziehung das Ausland in nichts mehr zu beneiden haben wird.“ Mit der Gesundheit der Herzogin von Orleans geht es viel besser. Ihre k. Hoh. hatte Sonntag Nachts einige Stunden erquickenden Schlummers, und man hoffte sie in wenigen Tagen wieder ganz hergestellt zu sehen. Der Graf von Paris wurde am 1 Mai zum erstenmal seit seiner Wiederherstellung spatzieren gefahren. Eine k. Ordonnanz vom 3 Mai ernennt Hrn. Jacquinot-Godard, Präsidenten des k. Gerichtshofs von Paris, zum Rath bei dem Cassationshof an die Stelle des verewigten Hrn. Tripier. Hr. Dupont de l'Eure hat die ihm angebotene Stelle eines Raths am Cassationshofe ausgeschlagen, so sehr auch seine politischen Freunde in ihn drangen, dieselbe anzunehmen. Die Gazette des Tribunaux meldet, daß der Präfect, Hr. Petit de Bantel, auf den sich die Aufmerksamkeit durch die blutigen Auftritte von Foix gerichtet hat, zu andern Verrichtungen abberufen sey. Bei Anlaß der Zuweisung der letzten Bittschriften, welche die Versetzung der Asche Napoleons auf französischen Boden verlangten, an den Präsidenten des Conseils, bemerkte das Commerce, es hänge nur von Hrn. Thiers ab, die Asche des Kaisers zu erhalten, und es bedürfe hiezu nichts weiter, als daß man das Verlangen ganz einfach an die englische Regierung stelle. Das Capitole behauptet dasselbe. „Sogar in England – sagt dieses Bonapartistische Blatt – fand der patriotische Wunsch Frankreichs edle Sympathien. Warum also wurde von der französischen Regierung nie eine Reclamation der Gebeine Napoleons an die Regierung Englands gestellt? Wenn wir gut unterrichtet sind, so sollte Hr. Emmanuel las Cases über diesen Gegenstand das Wort ergreifen, als die Kammer sich mit den hierauf bezüglichen Bittschriften beschäftigte. Hr. las Cases wollte erzählen, was Lord Melbourne (??) hierüber zu O'Connell äußerte. „Ich widersetze mich nicht, sagte der Minister, einer Motion über diesen Gegenstand, aber ich könnte Ihnen dabei nur wiederholen, daß wir nie auf eine Eröffnung dieser Art von Seite der französischen Regierung zu antworten hatten.“ Wenn wirklich, wie wir glauben, Hr. las Cases Willens war, eine solche Erklärung auf der französischen Tribune zu machen, so können wir der Eile, mit welcher Hr. Thiers der Discussion ein Ende zu machen suchte, nur eine traurige Deutung geben.“ Die Regierung läßt eine neue Auflage des Moniteur von 1793 an veranstalten. Die Algierer Expeditionsarmee wird auch dießmal von einer Anzahl fremder Officiere, namentlich von Belgiern, begleitet. Den Mitgliedern der wissenschaftlichen Commission hat der Marschall Valée aber, man weiß nicht aus welchem Grunde, verboten, der Armee sich anzuschließen. Abd-El-Kader soll, heißt es in Briefen der französischen Blätter aus Algier vom 25 April, Willens seyn, den Engpaß Teniah auf dem Wege von Belida nach Medeah mit 20,000 Mann zu vertheidigen. Die Hadschuten sind wieder nach ihren Wohnsitzen zurückgekehrt, da die Besatzung von Scherschel bis jetzt noch keine Bewegung machte. Im Osten der Metidscha soll eine bedeutende Masse Araber sich versammelt haben, in der Absicht, die Lager und Landhäuser der Franzosen bei Algier anzugreifen, während die Armee nach Medeah und Miliana marschirt. Paris, 1 Mai. In einem englischen Magazin erschien vor einiger Zeit unter dem Titel: „Nimrod in Frankreich,“ ein Aufsatz, in dem neben manchen andern Bemerkungen, die von Seite des Verfassers eben so viel Wohlwollen als Unbefangenheit bewiesen, auch die Ansicht geäußert wurde, die Franzosen seyen, genau betrachtet, so gute Royalisten als je zuvor. So sonderbar diese Behauptung auch auf den ersten Anblick klingen, so sehr sie auch im Widerspruch mit verschiedenen Phänomenen der neueren Geschichte Frankreichs erscheinen mag, so wahr ist es dennoch, daß die Franzosen sehr monarchisch gesinnt sind, und daß gar viele von ihnen eine vernünftige und glorreiche Alleinherrschaft den Schwankungen einer üppigen, unbändigen Freiheit vorziehen würden. Sie lieben es, sich und ihre Natur in einer bemerkbaren Persönlichkeit abgespiegelt zu beschauen, und weil Napoleon ihren lebendigsten Drang, wie ihre blendendsten Eigenschaften an sich in hellstem, vollsten Widerschein zeigte, ward der Kaiser ihr Ideal.... Auch gegenwärtig behält das Königthum, als gesellschaftliche Einrichtung, in den Augen des Volks seine Geltung nach wie vor, und das Königsfest bleibt immer ein großes Volksfest. Nachmittags schließen sich allenthalben die Läden, die ganze bürgerliche Welt fliegt aus, füllt den Garten der Tuilerien, wo an diesem Tage sich keine fashionable Seele blicken läßt, oder zerstreut sich in den Champs Elysées, um sich dort an den mancherlei Spektakeln zu ergötzen, bewundert den Gamin, der an einem Schlaraffenbaum (màt de cocagne) sich gebärdend wie ein Affe, und behend wie ein Eichhorn herumklettert, freut sich an den Lorbeern von Mazagran, die an drei oder vier verschiedenen Orten, unter Begleitung gräulicher Musik gepflükt werden, oder wiegt sich in einem Carroussel; außer der Barrière wird gespeist, und Abends <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0002" n="1034"/> <p>General Horsford, einer der verdienstvollsten Veteranen der brittischen Armee, ist am 30 April, 73 Jahre alt, in Paris mit Tod abgegangen.</p><lb/> <p>Am 30 April Abends, wo im Theater der Königin (dem italienischen Opernhaus) I Puritani gegeben wurden, kam es, wie es scheint in Folge einer kleinen Theatercabale, zu einer sehr stürmischen Scene. 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Die Journale sind, als gebe es gerade nichts Wichtigeres zu verhandeln, voll von dieser welschen Oper-Emeute. – Am 1 Mai beehrten die Königin und Prinz Albert die deutsche Oper zum erstenmale mit ihrem Besuch.</p> </div> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 4 Mai.</dateline> <p/><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Moniteur Parisien</hi> sagt, daß telegraphische Depeschen aus allen größern Departementstädten eingelaufen seyen mit der Meldung, daß das Namensfest des Königs dort allenthalben mit Zeichen der Freude und Anhänglichkeit begangen worden.</p><lb/> <p>Der König machte in einer Antwort auf die Anrede des Grafen Jaubert, Ministers der öffentlichen Arbeiten, am 1 Mai die Bemerkung: „Die öffentliche Wohlfahrt steigt im Verhältniß der Leichtigkeit der Transporte und der Schnelligkeit der Communicationen. 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Warum also wurde von der französischen Regierung nie eine Reclamation der Gebeine Napoleons an die Regierung Englands gestellt? Wenn wir gut unterrichtet sind, so sollte Hr. Emmanuel las Cases über diesen Gegenstand das Wort ergreifen, als die Kammer sich mit den hierauf bezüglichen Bittschriften beschäftigte. Hr. las Cases wollte erzählen, was Lord Melbourne (??) hierüber zu O'Connell äußerte. „Ich widersetze mich nicht, sagte der Minister, einer Motion über diesen Gegenstand, aber ich könnte Ihnen dabei nur wiederholen, daß wir nie auf eine Eröffnung dieser Art von Seite der französischen Regierung zu antworten hatten.“ Wenn wirklich, wie wir glauben, Hr. las Cases Willens war, eine solche Erklärung auf der französischen Tribune zu machen, so können wir der Eile, mit welcher Hr. 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So sonderbar diese Behauptung auch auf den ersten Anblick klingen, so sehr sie auch im Widerspruch mit verschiedenen Phänomenen der neueren Geschichte Frankreichs erscheinen mag, so wahr ist es dennoch, daß die Franzosen sehr monarchisch gesinnt sind, und daß gar viele von ihnen eine vernünftige und glorreiche Alleinherrschaft den Schwankungen einer üppigen, unbändigen Freiheit vorziehen würden. Sie lieben es, sich und ihre Natur in einer bemerkbaren Persönlichkeit abgespiegelt zu beschauen, und weil Napoleon ihren lebendigsten Drang, wie ihre blendendsten Eigenschaften an sich in hellstem, vollsten Widerschein zeigte, ward der Kaiser ihr Ideal.... Auch gegenwärtig behält das Königthum, als gesellschaftliche Einrichtung, in den Augen des Volks seine Geltung nach wie vor, und das Königsfest bleibt immer ein großes Volksfest. Nachmittags schließen sich allenthalben die Läden, die ganze bürgerliche Welt fliegt aus, füllt den Garten der Tuilerien, wo an diesem Tage sich keine fashionable Seele blicken läßt, oder zerstreut sich in den Champs Elysées, um sich dort an den mancherlei Spektakeln zu ergötzen, bewundert den Gamin, der an einem Schlaraffenbaum (màt de cocagne) sich gebärdend wie ein Affe, und behend wie ein Eichhorn herumklettert, freut sich an den Lorbeern von Mazagran, die an drei oder vier verschiedenen Orten, unter Begleitung gräulicher Musik gepflükt werden, oder wiegt sich in einem Carroussel; außer der Barrière wird gespeist, und Abends<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1034/0002]
General Horsford, einer der verdienstvollsten Veteranen der brittischen Armee, ist am 30 April, 73 Jahre alt, in Paris mit Tod abgegangen.
Am 30 April Abends, wo im Theater der Königin (dem italienischen Opernhaus) I Puritani gegeben wurden, kam es, wie es scheint in Folge einer kleinen Theatercabale, zu einer sehr stürmischen Scene. Aus einem Theile des Schauspielhauses, wo die Verschwornen saßen, erscholl auf einmal das lärmende Geschrei: „Tamburini! wo ist Tamburini?“ Der jetzige Entrepreneur der Oper, der Sänger Lablache, hatte nämlich dieses bei dem Publicum beliebte, aber etwas theure Talent für die Saison anzuwerben verabsäumt; daher der Lärm. Hr. Laporte hielt im Verlaufe des Abends von den Brettern herab mehrere beschwichtigende Stegreifreden an das Publicum, die aber den Sturm nicht beschworen. Die Oper konnte nicht zu Ende gespielt, das Ballet gar nicht gegeben werden. Die Journale sind, als gebe es gerade nichts Wichtigeres zu verhandeln, voll von dieser welschen Oper-Emeute. – Am 1 Mai beehrten die Königin und Prinz Albert die deutsche Oper zum erstenmale mit ihrem Besuch.
Frankreich.
_ Paris, 4 Mai.
Der Moniteur Parisien sagt, daß telegraphische Depeschen aus allen größern Departementstädten eingelaufen seyen mit der Meldung, daß das Namensfest des Königs dort allenthalben mit Zeichen der Freude und Anhänglichkeit begangen worden.
Der König machte in einer Antwort auf die Anrede des Grafen Jaubert, Ministers der öffentlichen Arbeiten, am 1 Mai die Bemerkung: „Die öffentliche Wohlfahrt steigt im Verhältniß der Leichtigkeit der Transporte und der Schnelligkeit der Communicationen. Ich sehne mich, dem Publicum jene Eisenbahnlinien überliefert zu sehen, die wir mit solcher Ungeduld erwarten, und ich gestehe, daß es ein bedauernswerther Umstand für uns ist, darin unsern Nachbarn so weit nachzustehen, die bereits im Besitze der daraus entspringenden Vortheile sind; ich hoffe aber, daß unter Ihrer Verwaltung und mit Beihülfe Ihrer geschickten Mitarbeiter Frankreich in dieser Beziehung das Ausland in nichts mehr zu beneiden haben wird.“
Mit der Gesundheit der Herzogin von Orleans geht es viel besser. Ihre k. Hoh. hatte Sonntag Nachts einige Stunden erquickenden Schlummers, und man hoffte sie in wenigen Tagen wieder ganz hergestellt zu sehen. Der Graf von Paris wurde am 1 Mai zum erstenmal seit seiner Wiederherstellung spatzieren gefahren.
Eine k. Ordonnanz vom 3 Mai ernennt Hrn. Jacquinot-Godard, Präsidenten des k. Gerichtshofs von Paris, zum Rath bei dem Cassationshof an die Stelle des verewigten Hrn. Tripier.
Hr. Dupont de l'Eure hat die ihm angebotene Stelle eines Raths am Cassationshofe ausgeschlagen, so sehr auch seine politischen Freunde in ihn drangen, dieselbe anzunehmen.
Die Gazette des Tribunaux meldet, daß der Präfect, Hr. Petit de Bantel, auf den sich die Aufmerksamkeit durch die blutigen Auftritte von Foix gerichtet hat, zu andern Verrichtungen abberufen sey.
Bei Anlaß der Zuweisung der letzten Bittschriften, welche die Versetzung der Asche Napoleons auf französischen Boden verlangten, an den Präsidenten des Conseils, bemerkte das Commerce, es hänge nur von Hrn. Thiers ab, die Asche des Kaisers zu erhalten, und es bedürfe hiezu nichts weiter, als daß man das Verlangen ganz einfach an die englische Regierung stelle. Das Capitole behauptet dasselbe. „Sogar in England – sagt dieses Bonapartistische Blatt – fand der patriotische Wunsch Frankreichs edle Sympathien. Warum also wurde von der französischen Regierung nie eine Reclamation der Gebeine Napoleons an die Regierung Englands gestellt? Wenn wir gut unterrichtet sind, so sollte Hr. Emmanuel las Cases über diesen Gegenstand das Wort ergreifen, als die Kammer sich mit den hierauf bezüglichen Bittschriften beschäftigte. Hr. las Cases wollte erzählen, was Lord Melbourne (??) hierüber zu O'Connell äußerte. „Ich widersetze mich nicht, sagte der Minister, einer Motion über diesen Gegenstand, aber ich könnte Ihnen dabei nur wiederholen, daß wir nie auf eine Eröffnung dieser Art von Seite der französischen Regierung zu antworten hatten.“ Wenn wirklich, wie wir glauben, Hr. las Cases Willens war, eine solche Erklärung auf der französischen Tribune zu machen, so können wir der Eile, mit welcher Hr. Thiers der Discussion ein Ende zu machen suchte, nur eine traurige Deutung geben.“
Die Regierung läßt eine neue Auflage des Moniteur von 1793 an veranstalten.
Die Algierer Expeditionsarmee wird auch dießmal von einer Anzahl fremder Officiere, namentlich von Belgiern, begleitet. Den Mitgliedern der wissenschaftlichen Commission hat der Marschall Valée aber, man weiß nicht aus welchem Grunde, verboten, der Armee sich anzuschließen. Abd-El-Kader soll, heißt es in Briefen der französischen Blätter aus Algier vom 25 April, Willens seyn, den Engpaß Teniah auf dem Wege von Belida nach Medeah mit 20,000 Mann zu vertheidigen. Die Hadschuten sind wieder nach ihren Wohnsitzen zurückgekehrt, da die Besatzung von Scherschel bis jetzt noch keine Bewegung machte. Im Osten der Metidscha soll eine bedeutende Masse Araber sich versammelt haben, in der Absicht, die Lager und Landhäuser der Franzosen bei Algier anzugreifen, während die Armee nach Medeah und Miliana marschirt.
_ Paris, 1 Mai. In einem englischen Magazin erschien vor einiger Zeit unter dem Titel: „Nimrod in Frankreich,“ ein Aufsatz, in dem neben manchen andern Bemerkungen, die von Seite des Verfassers eben so viel Wohlwollen als Unbefangenheit bewiesen, auch die Ansicht geäußert wurde, die Franzosen seyen, genau betrachtet, so gute Royalisten als je zuvor. So sonderbar diese Behauptung auch auf den ersten Anblick klingen, so sehr sie auch im Widerspruch mit verschiedenen Phänomenen der neueren Geschichte Frankreichs erscheinen mag, so wahr ist es dennoch, daß die Franzosen sehr monarchisch gesinnt sind, und daß gar viele von ihnen eine vernünftige und glorreiche Alleinherrschaft den Schwankungen einer üppigen, unbändigen Freiheit vorziehen würden. Sie lieben es, sich und ihre Natur in einer bemerkbaren Persönlichkeit abgespiegelt zu beschauen, und weil Napoleon ihren lebendigsten Drang, wie ihre blendendsten Eigenschaften an sich in hellstem, vollsten Widerschein zeigte, ward der Kaiser ihr Ideal.... Auch gegenwärtig behält das Königthum, als gesellschaftliche Einrichtung, in den Augen des Volks seine Geltung nach wie vor, und das Königsfest bleibt immer ein großes Volksfest. Nachmittags schließen sich allenthalben die Läden, die ganze bürgerliche Welt fliegt aus, füllt den Garten der Tuilerien, wo an diesem Tage sich keine fashionable Seele blicken läßt, oder zerstreut sich in den Champs Elysées, um sich dort an den mancherlei Spektakeln zu ergötzen, bewundert den Gamin, der an einem Schlaraffenbaum (màt de cocagne) sich gebärdend wie ein Affe, und behend wie ein Eichhorn herumklettert, freut sich an den Lorbeern von Mazagran, die an drei oder vier verschiedenen Orten, unter Begleitung gräulicher Musik gepflükt werden, oder wiegt sich in einem Carroussel; außer der Barrière wird gespeist, und Abends
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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