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Allgemeine Zeitung. Nr. 130. Augsburg, 9. Mai 1840.

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Das Cabinet griechischer Vasen in München.

Die Sammlungen für alte und neue Kunst, durch welche unsere Hauptstadt sich so vorzüglich auszeichnet, sind seit dem Anfang dieses Monats durch die Vollendung einer neuen sehr bedeutsamen vermehrt worden. Es ist nämlich die Einrichtung des Cabinets griechischer Vasen im Besitz Sr. Maj. des Königs eben jetzt vollendet und die vortreffliche Sammlung in ihrem schönen und sinnreich angeordneten Locale während der letzten Tage von Sr. Maj. dem König, von der königlichen Familie, und von ausgezeichneten Fremden und Einheimischen besucht worden.

Das Local ist ihr in dem Erdgeschoß des südlichen Flügels der Pinakothek angewiesen worden, da es zweckmäßig geachtet wurde, jene Werke der griechischen Kunstthätigkeit als Erzeugnisse der Graphik mit den Werken neuerer Malerei durch das Local näher zu vereinigen, welches, wie bekannt, auch noch die große und umfassende Sammlung der Handzeichnungen und der Kupferstiche in seine großen, herrlichen Räume aufgenommen hat.

Das Local für die Vasen bietet außer dem Vorsaal zwei große und sehr lichte Säle, und einen dritten rückwärtsliegenden von kleineren Dimensionen. Alle drei wurden in Rücksicht auf ihre Bestimmung nach dem Befehle Sr. Maj. des Königs durch Hrn. Geheimerath Leo v. Klenze, den Erbauer der Pinakothek, dem auch die Einrichtung und Aufstellung dieser Sammlung verdankt wird, ihrer Bestimmung gemäß nicht nur ganz im Styl der ächtgriechischen Ornamente und Arabesken ausgeschmückt, sondern auch, was ihnen schon allein einen höchst bedeutenden Werth und für den Freund der altgriechischen Kunst ein unschätzbares Interesse gibt, mit vollkommen treuen und genauen Copien jener Gemälde in reinem altgriechischem Styl verziert, welche in Grabgewölben zu Corneto entdeckt worden sind. Es erhöht aber die Freude über diesen wichtigen Erwerb, daß wir jene bedeutsamen Urkunden der ältesten griechischen Graphik in diesen, in Größe, Färbung, Styl und Umgebung bis zur Täuschung treuen Facsimile's vor uns und geordnet sehen, während sie an ihrem Fundort durch Wetter und Versäumniß schon jetzt fast ganz zerstört sind und in kurzem ganz verschwunden seyn werden. Noch lange, wenn dort ihre letzte Spur längst erloschen ist, werden sie hier durch die Sorgfalt eines kunstsinnigen Monarchen in ihrer erneuerten und frischen Neuheit für eine so Gott will lange Reihe von Zeitläufen verjüngt und gerettet erscheinen. Es sind in jenen Bildern Scenen dargestellt, welche sich auf die Todten und die Beerdigung beziehen: der Abgeschiedene auf dem Sterbebette, umgeben von den Seinigen; die Beerdigung, zu welcher aus einer nahen Sammlung, wie aus einem Magazin, von den Betheiligten die für das Grab bestimmten Vasen genommen werden, die Chöre, die Leichenspiele, und Anderes, was sich auf das Leben des Verstorbenen, seine Schicksale, seine Ehren und Beschäftigungen, oder auf die Götter bezieht, die er verehrt hat - Alles in jenem festlichen, auch die Leichenfeier erheiternden Charakter, der den Alten eigenthümlich war. Die Färbung der Gestalten ist nach der monochromatischen Art so, daß die einzelnen Farben, z. B. das Mattroth der Gestalten, das Blau oder Gelb der Gewande gleichförmig aufgetragen und das Ganze gleichsam mit den verschiedenen Farben illuminirt ist. Auch haben diese Gemälde noch den besondern Werth, daß sie das Verhältniß der alten Keramographie oder Thonmalerei der Griechen zur Wandmalerei derselben deutlich machen. Die Eigenthümlichkeit der Thonmalerei war durch die rothe Farbe des gebrannten Geschirres und durch die Schwärze des Firnisses, dann durch die verhältnißmäßige Kleinheit der Gefäße und der Figuren, endlich durch die Form derselben und ihre Bestimmung gegeben, und wurde nach diesen Bedingungen als eine besondere Gattung ausgebildet. Im Uebrigen aber erscheint sie, was Erfindung, Anordnung und Styl anbelangt, mit der Wandmalerei hier ganz übereinstimmend, die, ihrerseits über größere Flächen und einen bedeutenderen Reichthum der Gestalten und Farben gebietend, in ihrer Weise sich reicher und freier entfalten konnte.

Man hat in neuerer Zeit öfter die Behauptung aufgestellt, daß die reichen und sinnvollen Gemälde auf griechischem Töpfergeschirr nicht von den Töpfern oder denjenigen, welche sie für die Töpfer wohl oft um geringen Lohn ausführten, erfunden, sondern nach Werken größerer Meister copirt und auf das Geschirr durch Nachahmung seyen übertragen worden. Führten Andere dagegen die ganz verschiedene Beschaffenheit der in Rom und Pompeji gefundenen alten Malereien an, so hieß es, diese seyen später und aus einer Zeit, wo die Keramographie längst aufgehört und die ursprünglich mit ihr übereinstimmende Wand- und Holzmalerei sich umgestaltet hatte. Nun haben wir aber hier durch eine seltene Gunst des Glücks in jenen offenbar von griechischen Künstlern ausgeschmückten Grabgrotten auf hetrurischem Gebiete Werke der Wandmalerei, welche mit den Werken der Thonmalerei, und sogar mit denjenigen, die ältere Style zeigen, gleichzeitig sind, und da sie, abgesehen von der Uebereinstimmung, in welcher sie durch Geist und Styl mit den keramographischen stehen, gleichwohl jene eben bezeichnete, und durch Ort wie durch Bestimmung gebotene Eigenthümlichkeit offenbaren, so fällt die alte und oft wiederholte Behauptung von der Uebertragung und Nachahmung größerer und selbstständiger Gemälde auf die Geschirre von selbst weg. Die Thonmalerei erscheint gleich der Wandmalerei als ein eigenthümlicher, selbstständiger und im Wesentlichen unter keinem andern Einfluß stehender Zweig der großen und mannichfachen griechischen Malerkunst, welcher das ihm durch Material, Form und Bestimmung des Geschirrs Gebotene als seine Eigenthümlichkeit für sich entfaltet, seine eigenen Motive und Mittel, darum aber auch seine besondern Muster und Meister gehabt hat, die übrigens nicht unterlassen haben auf vielen Gemälden ihren Namen beizusetzen mit der Angabe, daß sie dieselben gemalt, oder gemacht haben (egrapsen, euooesen). Auch diese neueröffnete Sammlung ist reich an solchen hier zum erstenmal genannten und zugleich durch ihre Werke beurkundeten Künstlernamen.

Blickt man von dieser bedeutsamen und festlichen Umgebung der schönen architektonischen Räume auf ihren Inhalt, so wird man mit Ueberraschung und Erstaunen den Reichthum, die Mannichfaltigkeit und die Schönheit der Geräthe, die hier vereinigt sind, und auf vielen die Bedeutsamkeit und den Umfang der Werke der griechischen Keramographie wahrnehmen, die hier dem Blick eine neuverjüngte ferne Kunstwelt des frühesten classischen Alterthums auf Einmal aufthun. Das erste Gefühl ist sogleich, daß man sich von der ganzen griechischen Kerameia, von allen Arten und Formen des griechischen Geschirres und Hausgeräthes in Thon umgeben sieht, nicht jenes

Das Cabinet griechischer Vasen in München.

Die Sammlungen für alte und neue Kunst, durch welche unsere Hauptstadt sich so vorzüglich auszeichnet, sind seit dem Anfang dieses Monats durch die Vollendung einer neuen sehr bedeutsamen vermehrt worden. Es ist nämlich die Einrichtung des Cabinets griechischer Vasen im Besitz Sr. Maj. des Königs eben jetzt vollendet und die vortreffliche Sammlung in ihrem schönen und sinnreich angeordneten Locale während der letzten Tage von Sr. Maj. dem König, von der königlichen Familie, und von ausgezeichneten Fremden und Einheimischen besucht worden.

Das Local ist ihr in dem Erdgeschoß des südlichen Flügels der Pinakothek angewiesen worden, da es zweckmäßig geachtet wurde, jene Werke der griechischen Kunstthätigkeit als Erzeugnisse der Graphik mit den Werken neuerer Malerei durch das Local näher zu vereinigen, welches, wie bekannt, auch noch die große und umfassende Sammlung der Handzeichnungen und der Kupferstiche in seine großen, herrlichen Räume aufgenommen hat.

Das Local für die Vasen bietet außer dem Vorsaal zwei große und sehr lichte Säle, und einen dritten rückwärtsliegenden von kleineren Dimensionen. Alle drei wurden in Rücksicht auf ihre Bestimmung nach dem Befehle Sr. Maj. des Königs durch Hrn. Geheimerath Leo v. Klenze, den Erbauer der Pinakothek, dem auch die Einrichtung und Aufstellung dieser Sammlung verdankt wird, ihrer Bestimmung gemäß nicht nur ganz im Styl der ächtgriechischen Ornamente und Arabesken ausgeschmückt, sondern auch, was ihnen schon allein einen höchst bedeutenden Werth und für den Freund der altgriechischen Kunst ein unschätzbares Interesse gibt, mit vollkommen treuen und genauen Copien jener Gemälde in reinem altgriechischem Styl verziert, welche in Grabgewölben zu Corneto entdeckt worden sind. Es erhöht aber die Freude über diesen wichtigen Erwerb, daß wir jene bedeutsamen Urkunden der ältesten griechischen Graphik in diesen, in Größe, Färbung, Styl und Umgebung bis zur Täuschung treuen Facsimile's vor uns und geordnet sehen, während sie an ihrem Fundort durch Wetter und Versäumniß schon jetzt fast ganz zerstört sind und in kurzem ganz verschwunden seyn werden. Noch lange, wenn dort ihre letzte Spur längst erloschen ist, werden sie hier durch die Sorgfalt eines kunstsinnigen Monarchen in ihrer erneuerten und frischen Neuheit für eine so Gott will lange Reihe von Zeitläufen verjüngt und gerettet erscheinen. Es sind in jenen Bildern Scenen dargestellt, welche sich auf die Todten und die Beerdigung beziehen: der Abgeschiedene auf dem Sterbebette, umgeben von den Seinigen; die Beerdigung, zu welcher aus einer nahen Sammlung, wie aus einem Magazin, von den Betheiligten die für das Grab bestimmten Vasen genommen werden, die Chöre, die Leichenspiele, und Anderes, was sich auf das Leben des Verstorbenen, seine Schicksale, seine Ehren und Beschäftigungen, oder auf die Götter bezieht, die er verehrt hat – Alles in jenem festlichen, auch die Leichenfeier erheiternden Charakter, der den Alten eigenthümlich war. Die Färbung der Gestalten ist nach der monochromatischen Art so, daß die einzelnen Farben, z. B. das Mattroth der Gestalten, das Blau oder Gelb der Gewande gleichförmig aufgetragen und das Ganze gleichsam mit den verschiedenen Farben illuminirt ist. Auch haben diese Gemälde noch den besondern Werth, daß sie das Verhältniß der alten Keramographie oder Thonmalerei der Griechen zur Wandmalerei derselben deutlich machen. Die Eigenthümlichkeit der Thonmalerei war durch die rothe Farbe des gebrannten Geschirres und durch die Schwärze des Firnisses, dann durch die verhältnißmäßige Kleinheit der Gefäße und der Figuren, endlich durch die Form derselben und ihre Bestimmung gegeben, und wurde nach diesen Bedingungen als eine besondere Gattung ausgebildet. Im Uebrigen aber erscheint sie, was Erfindung, Anordnung und Styl anbelangt, mit der Wandmalerei hier ganz übereinstimmend, die, ihrerseits über größere Flächen und einen bedeutenderen Reichthum der Gestalten und Farben gebietend, in ihrer Weise sich reicher und freier entfalten konnte.

Man hat in neuerer Zeit öfter die Behauptung aufgestellt, daß die reichen und sinnvollen Gemälde auf griechischem Töpfergeschirr nicht von den Töpfern oder denjenigen, welche sie für die Töpfer wohl oft um geringen Lohn ausführten, erfunden, sondern nach Werken größerer Meister copirt und auf das Geschirr durch Nachahmung seyen übertragen worden. Führten Andere dagegen die ganz verschiedene Beschaffenheit der in Rom und Pompeji gefundenen alten Malereien an, so hieß es, diese seyen später und aus einer Zeit, wo die Keramographie längst aufgehört und die ursprünglich mit ihr übereinstimmende Wand- und Holzmalerei sich umgestaltet hatte. Nun haben wir aber hier durch eine seltene Gunst des Glücks in jenen offenbar von griechischen Künstlern ausgeschmückten Grabgrotten auf hetrurischem Gebiete Werke der Wandmalerei, welche mit den Werken der Thonmalerei, und sogar mit denjenigen, die ältere Style zeigen, gleichzeitig sind, und da sie, abgesehen von der Uebereinstimmung, in welcher sie durch Geist und Styl mit den keramographischen stehen, gleichwohl jene eben bezeichnete, und durch Ort wie durch Bestimmung gebotene Eigenthümlichkeit offenbaren, so fällt die alte und oft wiederholte Behauptung von der Uebertragung und Nachahmung größerer und selbstständiger Gemälde auf die Geschirre von selbst weg. Die Thonmalerei erscheint gleich der Wandmalerei als ein eigenthümlicher, selbstständiger und im Wesentlichen unter keinem andern Einfluß stehender Zweig der großen und mannichfachen griechischen Malerkunst, welcher das ihm durch Material, Form und Bestimmung des Geschirrs Gebotene als seine Eigenthümlichkeit für sich entfaltet, seine eigenen Motive und Mittel, darum aber auch seine besondern Muster und Meister gehabt hat, die übrigens nicht unterlassen haben auf vielen Gemälden ihren Namen beizusetzen mit der Angabe, daß sie dieselben gemalt, oder gemacht haben (έγϱαψεν, έύοοησεν). Auch diese neueröffnete Sammlung ist reich an solchen hier zum erstenmal genannten und zugleich durch ihre Werke beurkundeten Künstlernamen.

Blickt man von dieser bedeutsamen und festlichen Umgebung der schönen architektonischen Räume auf ihren Inhalt, so wird man mit Ueberraschung und Erstaunen den Reichthum, die Mannichfaltigkeit und die Schönheit der Geräthe, die hier vereinigt sind, und auf vielen die Bedeutsamkeit und den Umfang der Werke der griechischen Keramographie wahrnehmen, die hier dem Blick eine neuverjüngte ferne Kunstwelt des frühesten classischen Alterthums auf Einmal aufthun. Das erste Gefühl ist sogleich, daß man sich von der ganzen griechischen Kerameia, von allen Arten und Formen des griechischen Geschirres und Hausgeräthes in Thon umgeben sieht, nicht jenes

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[1033/0009] Das Cabinet griechischer Vasen in München. _ München, 5 Mai. Die Sammlungen für alte und neue Kunst, durch welche unsere Hauptstadt sich so vorzüglich auszeichnet, sind seit dem Anfang dieses Monats durch die Vollendung einer neuen sehr bedeutsamen vermehrt worden. Es ist nämlich die Einrichtung des Cabinets griechischer Vasen im Besitz Sr. Maj. des Königs eben jetzt vollendet und die vortreffliche Sammlung in ihrem schönen und sinnreich angeordneten Locale während der letzten Tage von Sr. Maj. dem König, von der königlichen Familie, und von ausgezeichneten Fremden und Einheimischen besucht worden. Das Local ist ihr in dem Erdgeschoß des südlichen Flügels der Pinakothek angewiesen worden, da es zweckmäßig geachtet wurde, jene Werke der griechischen Kunstthätigkeit als Erzeugnisse der Graphik mit den Werken neuerer Malerei durch das Local näher zu vereinigen, welches, wie bekannt, auch noch die große und umfassende Sammlung der Handzeichnungen und der Kupferstiche in seine großen, herrlichen Räume aufgenommen hat. Das Local für die Vasen bietet außer dem Vorsaal zwei große und sehr lichte Säle, und einen dritten rückwärtsliegenden von kleineren Dimensionen. Alle drei wurden in Rücksicht auf ihre Bestimmung nach dem Befehle Sr. Maj. des Königs durch Hrn. Geheimerath Leo v. Klenze, den Erbauer der Pinakothek, dem auch die Einrichtung und Aufstellung dieser Sammlung verdankt wird, ihrer Bestimmung gemäß nicht nur ganz im Styl der ächtgriechischen Ornamente und Arabesken ausgeschmückt, sondern auch, was ihnen schon allein einen höchst bedeutenden Werth und für den Freund der altgriechischen Kunst ein unschätzbares Interesse gibt, mit vollkommen treuen und genauen Copien jener Gemälde in reinem altgriechischem Styl verziert, welche in Grabgewölben zu Corneto entdeckt worden sind. Es erhöht aber die Freude über diesen wichtigen Erwerb, daß wir jene bedeutsamen Urkunden der ältesten griechischen Graphik in diesen, in Größe, Färbung, Styl und Umgebung bis zur Täuschung treuen Facsimile's vor uns und geordnet sehen, während sie an ihrem Fundort durch Wetter und Versäumniß schon jetzt fast ganz zerstört sind und in kurzem ganz verschwunden seyn werden. Noch lange, wenn dort ihre letzte Spur längst erloschen ist, werden sie hier durch die Sorgfalt eines kunstsinnigen Monarchen in ihrer erneuerten und frischen Neuheit für eine so Gott will lange Reihe von Zeitläufen verjüngt und gerettet erscheinen. Es sind in jenen Bildern Scenen dargestellt, welche sich auf die Todten und die Beerdigung beziehen: der Abgeschiedene auf dem Sterbebette, umgeben von den Seinigen; die Beerdigung, zu welcher aus einer nahen Sammlung, wie aus einem Magazin, von den Betheiligten die für das Grab bestimmten Vasen genommen werden, die Chöre, die Leichenspiele, und Anderes, was sich auf das Leben des Verstorbenen, seine Schicksale, seine Ehren und Beschäftigungen, oder auf die Götter bezieht, die er verehrt hat – Alles in jenem festlichen, auch die Leichenfeier erheiternden Charakter, der den Alten eigenthümlich war. Die Färbung der Gestalten ist nach der monochromatischen Art so, daß die einzelnen Farben, z. B. das Mattroth der Gestalten, das Blau oder Gelb der Gewande gleichförmig aufgetragen und das Ganze gleichsam mit den verschiedenen Farben illuminirt ist. Auch haben diese Gemälde noch den besondern Werth, daß sie das Verhältniß der alten Keramographie oder Thonmalerei der Griechen zur Wandmalerei derselben deutlich machen. Die Eigenthümlichkeit der Thonmalerei war durch die rothe Farbe des gebrannten Geschirres und durch die Schwärze des Firnisses, dann durch die verhältnißmäßige Kleinheit der Gefäße und der Figuren, endlich durch die Form derselben und ihre Bestimmung gegeben, und wurde nach diesen Bedingungen als eine besondere Gattung ausgebildet. Im Uebrigen aber erscheint sie, was Erfindung, Anordnung und Styl anbelangt, mit der Wandmalerei hier ganz übereinstimmend, die, ihrerseits über größere Flächen und einen bedeutenderen Reichthum der Gestalten und Farben gebietend, in ihrer Weise sich reicher und freier entfalten konnte. Man hat in neuerer Zeit öfter die Behauptung aufgestellt, daß die reichen und sinnvollen Gemälde auf griechischem Töpfergeschirr nicht von den Töpfern oder denjenigen, welche sie für die Töpfer wohl oft um geringen Lohn ausführten, erfunden, sondern nach Werken größerer Meister copirt und auf das Geschirr durch Nachahmung seyen übertragen worden. Führten Andere dagegen die ganz verschiedene Beschaffenheit der in Rom und Pompeji gefundenen alten Malereien an, so hieß es, diese seyen später und aus einer Zeit, wo die Keramographie längst aufgehört und die ursprünglich mit ihr übereinstimmende Wand- und Holzmalerei sich umgestaltet hatte. Nun haben wir aber hier durch eine seltene Gunst des Glücks in jenen offenbar von griechischen Künstlern ausgeschmückten Grabgrotten auf hetrurischem Gebiete Werke der Wandmalerei, welche mit den Werken der Thonmalerei, und sogar mit denjenigen, die ältere Style zeigen, gleichzeitig sind, und da sie, abgesehen von der Uebereinstimmung, in welcher sie durch Geist und Styl mit den keramographischen stehen, gleichwohl jene eben bezeichnete, und durch Ort wie durch Bestimmung gebotene Eigenthümlichkeit offenbaren, so fällt die alte und oft wiederholte Behauptung von der Uebertragung und Nachahmung größerer und selbstständiger Gemälde auf die Geschirre von selbst weg. Die Thonmalerei erscheint gleich der Wandmalerei als ein eigenthümlicher, selbstständiger und im Wesentlichen unter keinem andern Einfluß stehender Zweig der großen und mannichfachen griechischen Malerkunst, welcher das ihm durch Material, Form und Bestimmung des Geschirrs Gebotene als seine Eigenthümlichkeit für sich entfaltet, seine eigenen Motive und Mittel, darum aber auch seine besondern Muster und Meister gehabt hat, die übrigens nicht unterlassen haben auf vielen Gemälden ihren Namen beizusetzen mit der Angabe, daß sie dieselben gemalt, oder gemacht haben (έγϱαψεν, έύοοησεν). Auch diese neueröffnete Sammlung ist reich an solchen hier zum erstenmal genannten und zugleich durch ihre Werke beurkundeten Künstlernamen. Blickt man von dieser bedeutsamen und festlichen Umgebung der schönen architektonischen Räume auf ihren Inhalt, so wird man mit Ueberraschung und Erstaunen den Reichthum, die Mannichfaltigkeit und die Schönheit der Geräthe, die hier vereinigt sind, und auf vielen die Bedeutsamkeit und den Umfang der Werke der griechischen Keramographie wahrnehmen, die hier dem Blick eine neuverjüngte ferne Kunstwelt des frühesten classischen Alterthums auf Einmal aufthun. Das erste Gefühl ist sogleich, daß man sich von der ganzen griechischen Kerameia, von allen Arten und Formen des griechischen Geschirres und Hausgeräthes in Thon umgeben sieht, nicht jenes

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 130. Augsburg, 9. Mai 1840, S. 1033. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_130_18400509/9>, abgerufen am 21.11.2024.