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Allgemeine Zeitung. Nr. 132. Augsburg, 11. Mai 1840.

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worden, so würden ohne Zweifel tausend Stimmen über einen so herrlichen Fund laut aufjubeln. So aber hat die Entdeckung derselben auf ganz entgegengesetzte Weise stattgehabt. Seit Jahren, vielleicht seit einem Jahrhundert, stand dieselbe im Garten der Villa Medici, heutzutage der französischen Akademie. Jedermann schämte sich, sie anzusehen, weil Kopf und Arme auf das unwürdigste restaurirt waren. Nach diesen Beigaben beurtheilte man das Ganze. Der Director, Hr. Ingres, hat das Verdienst, dieses Kunstwerk der herrlichsten Epoche griechischer Kunst vor den Augen des Publicums entschleiert, oder besser gesagt, dieses von der Blindheit, die es gefangen hielt, erlöst zu haben. Den französischen Sammlungen aber hat er eine Zierde gesichert, die selbst eine Venus von Melos nicht ganz in Schatten setzen wird.

Ungarn.

Es ist bekanntlich wohl zuweilen der Fall, daß die französische Deputirtenkammer während der wichtigsten Verhandlungen, wenn sie nicht politische Parteifragen betreffen, schlummert; daß aber von demselben gesetzgebenden Körper nach einander fast sich ganz widersprechende Beschlüsse mit gleicher Einmüthigkeit gefaßt werden können, dieß zeigte die neuerliche Verhandlung des ungarischen Reichstags über die Eisenbahnen. - Nachdem früher in einer fast mit Einstimmigkeit und unter großer Aufregung gefaßten Repräsentation Se. Maj. der König gebeten worden, der linkseitigen, als vor Allem dem Landesinteresse zusagenden Eisenbahn die Sanction zu ertheilen, ist mittlerweile der "orientalische" Enthusiasmus verraucht, und von der staatswirthschaftlichen Ueberzeugung nichts mehr übrig geblieben, als daß Stände und Magnaten bei Gelegenheit der Beschlußnahme über den Donau-Theiß-Canal, in Folge eines von Nagy Pal geschickt ausgeführten Manövers, dieser Repräsentation selbst die Bitte einschalteten: Se. Majestät möchte die gemessensten Befehle ertheilen, daß die rechtseitige Eisenbahn des Baron Sina bis nach Ofen und Pesth geführt werde. - Die Gründe in dieser Repräsentation sind eben so merkwürdig, als die Beschlußnahme selbst, die fast ohne alle Erörterung erfolgte: nämlich um die auf dem Donau-Theiß-Canale verführten Landesproducte, welcher die linkseitigen Comitate durchschneidet, auf der rechten Eisenbahn nach Süd und West zu verführen, oder vielleicht besser gesagt, um sie die Pester Brücke passiren zu lassen. Auch die Verbindung mit dem Meere wird dabei in Aussicht gestellt, und die freilich vom Landtage mit zögernder Stiefmütterlichkeit behandelte Donau-Straße ganz übersehen. Mit kräftiger Energie erhob sich am andern Tage Graf Aurel Dessewffy gegen diese legislatorische Procedur, um, wie er sagte, wenigstens den moralischen Eindruck zu retten; er wurde von andern Stimmen unterstützt. Inzwischen gelangen die zwei merkwürdigen Repräsentationen, als gesetzlich gefaßt, nach Wien, und der Regierung ist, durch diese Paralysirung, für Berücksichtigung der wahren Landesinteressen eine so freie Hand gegeben, wie es vielleicht öfter bei den Beschlüssen des ungarischen Reichstags wünschenswerth wäre.

Algier.

Ein Bericht des Marschalls Valee an den Kriegsminister aus Algier vom 24 April gibt umständliche Details über seine letzten Operationen im Osten der Metidscha. Abd-El-Kader befand sich dort in eigener Person. Er hatte Miliana verlassen, und zu den Truppen seines Chalifa's Achmet-ben-Salem sich begeben, im Augenblick, als er an den Marschall das letzte Schreiben abgeschickt hatte (von dem Inhalt dieses Schreibens sagt der Bericht kein Wort). Die Vertheidigung Medeah's überließ der Emir, als er vom Schelif sich entfernte, seinen Chalifas El-Barkani, Mubarek und Ben-Arasch. Am 18 April traf der Marschall im Lager Fonduk ein, und rückte dem Emir entgegen, der am Fuße eines Berges nahe an den Ufern des Uad-el-Kaddara gelagert war. Am 19 Morgens kamen sich die beiden feindlichen Colonnen einander zu Gesicht. Die Franzosen erblickten Abd-El-Kader selbst an der Spitze seiner Truppen, nur auf doppelte Kanonenschußweite von jenem Flüßchen entfernt. Die Araber hielten die Höhen besetzt, welche den Weg dominiren. General Rostolan umging mit der Infanterie die Stellung des Feindes und erstieg dann das Gebirge. Die Araber leisteten geringen Widerstand und wechselten bloß einige Flintenschüsse mit einer Compagnie der Kuruglis. Abd-El-Kader zog sich zurück und schlug sein Lager im Stammgebiet der Beni-Hini auf, wohin ihn der Marschall nicht weiter verfolgte. Während eines unbedeutenden Scharmützels im Thale des Uad-el-Zeitun sah man Abd-El-Kader einigemal inmitten eines Reiterhaufens. Die Araber vermieden jedes ernste Gefecht. Die Franzosen hatten nur fünf Verwundete, worunter der General Rostolan. Am 20 sahen die Franzosen viele Feuer auf dem Atlasgebirge; es waren Kabylendörfer, welche Abd-El-Kader in Brand stecken ließ, weil ihre Bewohner sich geweigert hatten, für ihn die Waffen zu ergreifen. Am 21 kehrte die Colonne wieder nach Algier zurück. Der ganze Gewinn dieser Operation beschränkte sich auf die Wegnahme von 400 Ochsen, welche der ausgehungerten Armee sehr zu Statten kamen. Im übrigen bewiesen die Araber wiederholt, daß es lediglich von ihrer Laune abhänge, einen Kampf mit den Franzosen anzunehmen oder nicht. Die schwerfälligen Colonnen der Franzosen konnten die flüchtigen Reiterschwärme der Afrikaner nirgends ereilen. Dessen ungeachtet scheut sich der Marschall Valee nicht, im abgenützten Styl der Clauzel'schen Bulletins zu sagen: "Diese kurze Expedition hatte ein wichtiges moralisches Resultat. Abd-El-Kader, der gezwungen wurde, vor unsern Soldaten zu fliehen und den Kampf nicht anzunehmen wagte, hat in den Augen der Araber das Blendwerk verloren, das ihn umgab."

Aegypten.

Wir leben hier in Unruhe und banger Besorgniß. Eine aus 10,000 Mann errichtete Nationalgarde, zu der nur Handwerker der Fabriken, Eseltreiber und herrenlose Bediente genommen wurden, ist, nachdem sie etwas einexercirt war, unter die Regimenter als Linienmilitär vertheilt worden. Ihr Abmarsch aus Kairo verursachte während zwei Tagen eine Weiberemeute, welche die ganze Stadt in den größten Allarm versetzte und beinahe eine Revolte verursacht hätte. Erst nachdem sämmtliche Quartiere der Stadt gesperrt, und die Weiber von den Kavas mit Stockprügeln in ihre Häuser zurückgetrieben waren, wurde es wieder ruhig. Seitdem ist aus Alexandria der Befehl gekommen, eine neue Nationalgarde von 20,000 Mann zu errichten, die nur aus ansässigen Bürgern der Stadt bestehen soll. In Bulak und Altkairo sind zwei Regimenter errichtet worden, die von einem gewissen Rais-Ali el Dshesar commandirt werden. Dessen Erhebung zu dieser Charge ist charakterisch für den Geist der Regierung des Pascha. Vor ungefähr 20 Jahren machte dieser selbe Rais-Ali eine Revolution in Bulak, indem er sämmtliche Matrosen der Nilbarken, die unter seinem speciellen Befehl standen, aus einem mir unbekannten Grunde, aufregte. Die Revolte ward bald erstickt, und der Anführer derselben gefangen. Aus besonderer Gnade ließ ihn Mehemed Ali nicht umbringen, sondern verwies

worden, so würden ohne Zweifel tausend Stimmen über einen so herrlichen Fund laut aufjubeln. So aber hat die Entdeckung derselben auf ganz entgegengesetzte Weise stattgehabt. Seit Jahren, vielleicht seit einem Jahrhundert, stand dieselbe im Garten der Villa Medici, heutzutage der französischen Akademie. Jedermann schämte sich, sie anzusehen, weil Kopf und Arme auf das unwürdigste restaurirt waren. Nach diesen Beigaben beurtheilte man das Ganze. Der Director, Hr. Ingres, hat das Verdienst, dieses Kunstwerk der herrlichsten Epoche griechischer Kunst vor den Augen des Publicums entschleiert, oder besser gesagt, dieses von der Blindheit, die es gefangen hielt, erlöst zu haben. Den französischen Sammlungen aber hat er eine Zierde gesichert, die selbst eine Venus von Melos nicht ganz in Schatten setzen wird.

Ungarn.

Es ist bekanntlich wohl zuweilen der Fall, daß die französische Deputirtenkammer während der wichtigsten Verhandlungen, wenn sie nicht politische Parteifragen betreffen, schlummert; daß aber von demselben gesetzgebenden Körper nach einander fast sich ganz widersprechende Beschlüsse mit gleicher Einmüthigkeit gefaßt werden können, dieß zeigte die neuerliche Verhandlung des ungarischen Reichstags über die Eisenbahnen. – Nachdem früher in einer fast mit Einstimmigkeit und unter großer Aufregung gefaßten Repräsentation Se. Maj. der König gebeten worden, der linkseitigen, als vor Allem dem Landesinteresse zusagenden Eisenbahn die Sanction zu ertheilen, ist mittlerweile der „orientalische“ Enthusiasmus verraucht, und von der staatswirthschaftlichen Ueberzeugung nichts mehr übrig geblieben, als daß Stände und Magnaten bei Gelegenheit der Beschlußnahme über den Donau-Theiß-Canal, in Folge eines von Nagy Pal geschickt ausgeführten Manövers, dieser Repräsentation selbst die Bitte einschalteten: Se. Majestät möchte die gemessensten Befehle ertheilen, daß die rechtseitige Eisenbahn des Baron Sina bis nach Ofen und Pesth geführt werde. – Die Gründe in dieser Repräsentation sind eben so merkwürdig, als die Beschlußnahme selbst, die fast ohne alle Erörterung erfolgte: nämlich um die auf dem Donau-Theiß-Canale verführten Landesproducte, welcher die linkseitigen Comitate durchschneidet, auf der rechten Eisenbahn nach Süd und West zu verführen, oder vielleicht besser gesagt, um sie die Pester Brücke passiren zu lassen. Auch die Verbindung mit dem Meere wird dabei in Aussicht gestellt, und die freilich vom Landtage mit zögernder Stiefmütterlichkeit behandelte Donau-Straße ganz übersehen. Mit kräftiger Energie erhob sich am andern Tage Graf Aurel Dessewffy gegen diese legislatorische Procedur, um, wie er sagte, wenigstens den moralischen Eindruck zu retten; er wurde von andern Stimmen unterstützt. Inzwischen gelangen die zwei merkwürdigen Repräsentationen, als gesetzlich gefaßt, nach Wien, und der Regierung ist, durch diese Paralysirung, für Berücksichtigung der wahren Landesinteressen eine so freie Hand gegeben, wie es vielleicht öfter bei den Beschlüssen des ungarischen Reichstags wünschenswerth wäre.

Algier.

Ein Bericht des Marschalls Valée an den Kriegsminister aus Algier vom 24 April gibt umständliche Details über seine letzten Operationen im Osten der Metidscha. Abd-El-Kader befand sich dort in eigener Person. Er hatte Miliana verlassen, und zu den Truppen seines Chalifa's Achmet-ben-Salem sich begeben, im Augenblick, als er an den Marschall das letzte Schreiben abgeschickt hatte (von dem Inhalt dieses Schreibens sagt der Bericht kein Wort). Die Vertheidigung Medeah's überließ der Emir, als er vom Schelif sich entfernte, seinen Chalifas El-Barkani, Mubarek und Ben-Arasch. Am 18 April traf der Marschall im Lager Fonduk ein, und rückte dem Emir entgegen, der am Fuße eines Berges nahe an den Ufern des Uad-el-Kaddara gelagert war. Am 19 Morgens kamen sich die beiden feindlichen Colonnen einander zu Gesicht. Die Franzosen erblickten Abd-El-Kader selbst an der Spitze seiner Truppen, nur auf doppelte Kanonenschußweite von jenem Flüßchen entfernt. Die Araber hielten die Höhen besetzt, welche den Weg dominiren. General Rostolan umging mit der Infanterie die Stellung des Feindes und erstieg dann das Gebirge. Die Araber leisteten geringen Widerstand und wechselten bloß einige Flintenschüsse mit einer Compagnie der Kuruglis. Abd-El-Kader zog sich zurück und schlug sein Lager im Stammgebiet der Beni-Hini auf, wohin ihn der Marschall nicht weiter verfolgte. Während eines unbedeutenden Scharmützels im Thale des Uad-el-Zeitun sah man Abd-El-Kader einigemal inmitten eines Reiterhaufens. Die Araber vermieden jedes ernste Gefecht. Die Franzosen hatten nur fünf Verwundete, worunter der General Rostolan. Am 20 sahen die Franzosen viele Feuer auf dem Atlasgebirge; es waren Kabylendörfer, welche Abd-El-Kader in Brand stecken ließ, weil ihre Bewohner sich geweigert hatten, für ihn die Waffen zu ergreifen. Am 21 kehrte die Colonne wieder nach Algier zurück. Der ganze Gewinn dieser Operation beschränkte sich auf die Wegnahme von 400 Ochsen, welche der ausgehungerten Armee sehr zu Statten kamen. Im übrigen bewiesen die Araber wiederholt, daß es lediglich von ihrer Laune abhänge, einen Kampf mit den Franzosen anzunehmen oder nicht. Die schwerfälligen Colonnen der Franzosen konnten die flüchtigen Reiterschwärme der Afrikaner nirgends ereilen. Dessen ungeachtet scheut sich der Marschall Valée nicht, im abgenützten Styl der Clauzel'schen Bulletins zu sagen: „Diese kurze Expedition hatte ein wichtiges moralisches Resultat. Abd-El-Kader, der gezwungen wurde, vor unsern Soldaten zu fliehen und den Kampf nicht anzunehmen wagte, hat in den Augen der Araber das Blendwerk verloren, das ihn umgab.“

Aegypten.

Wir leben hier in Unruhe und banger Besorgniß. Eine aus 10,000 Mann errichtete Nationalgarde, zu der nur Handwerker der Fabriken, Eseltreiber und herrenlose Bediente genommen wurden, ist, nachdem sie etwas einexercirt war, unter die Regimenter als Linienmilitär vertheilt worden. Ihr Abmarsch aus Kairo verursachte während zwei Tagen eine Weiberemeute, welche die ganze Stadt in den größten Allarm versetzte und beinahe eine Revolte verursacht hätte. Erst nachdem sämmtliche Quartiere der Stadt gesperrt, und die Weiber von den Kavas mit Stockprügeln in ihre Häuser zurückgetrieben waren, wurde es wieder ruhig. Seitdem ist aus Alexandria der Befehl gekommen, eine neue Nationalgarde von 20,000 Mann zu errichten, die nur aus ansässigen Bürgern der Stadt bestehen soll. In Bulak und Altkairo sind zwei Regimenter errichtet worden, die von einem gewissen Rais-Ali el Dshesar commandirt werden. Dessen Erhebung zu dieser Charge ist charakterisch für den Geist der Regierung des Pascha. Vor ungefähr 20 Jahren machte dieser selbe Rais-Ali eine Revolution in Bulak, indem er sämmtliche Matrosen der Nilbarken, die unter seinem speciellen Befehl standen, aus einem mir unbekannten Grunde, aufregte. Die Revolte ward bald erstickt, und der Anführer derselben gefangen. Aus besonderer Gnade ließ ihn Mehemed Ali nicht umbringen, sondern verwies

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[1051/0011] worden, so würden ohne Zweifel tausend Stimmen über einen so herrlichen Fund laut aufjubeln. So aber hat die Entdeckung derselben auf ganz entgegengesetzte Weise stattgehabt. Seit Jahren, vielleicht seit einem Jahrhundert, stand dieselbe im Garten der Villa Medici, heutzutage der französischen Akademie. Jedermann schämte sich, sie anzusehen, weil Kopf und Arme auf das unwürdigste restaurirt waren. Nach diesen Beigaben beurtheilte man das Ganze. Der Director, Hr. Ingres, hat das Verdienst, dieses Kunstwerk der herrlichsten Epoche griechischer Kunst vor den Augen des Publicums entschleiert, oder besser gesagt, dieses von der Blindheit, die es gefangen hielt, erlöst zu haben. Den französischen Sammlungen aber hat er eine Zierde gesichert, die selbst eine Venus von Melos nicht ganz in Schatten setzen wird. Ungarn. _ Preßburg, 30 April. Es ist bekanntlich wohl zuweilen der Fall, daß die französische Deputirtenkammer während der wichtigsten Verhandlungen, wenn sie nicht politische Parteifragen betreffen, schlummert; daß aber von demselben gesetzgebenden Körper nach einander fast sich ganz widersprechende Beschlüsse mit gleicher Einmüthigkeit gefaßt werden können, dieß zeigte die neuerliche Verhandlung des ungarischen Reichstags über die Eisenbahnen. – Nachdem früher in einer fast mit Einstimmigkeit und unter großer Aufregung gefaßten Repräsentation Se. Maj. der König gebeten worden, der linkseitigen, als vor Allem dem Landesinteresse zusagenden Eisenbahn die Sanction zu ertheilen, ist mittlerweile der „orientalische“ Enthusiasmus verraucht, und von der staatswirthschaftlichen Ueberzeugung nichts mehr übrig geblieben, als daß Stände und Magnaten bei Gelegenheit der Beschlußnahme über den Donau-Theiß-Canal, in Folge eines von Nagy Pal geschickt ausgeführten Manövers, dieser Repräsentation selbst die Bitte einschalteten: Se. Majestät möchte die gemessensten Befehle ertheilen, daß die rechtseitige Eisenbahn des Baron Sina bis nach Ofen und Pesth geführt werde. – Die Gründe in dieser Repräsentation sind eben so merkwürdig, als die Beschlußnahme selbst, die fast ohne alle Erörterung erfolgte: nämlich um die auf dem Donau-Theiß-Canale verführten Landesproducte, welcher die linkseitigen Comitate durchschneidet, auf der rechten Eisenbahn nach Süd und West zu verführen, oder vielleicht besser gesagt, um sie die Pester Brücke passiren zu lassen. Auch die Verbindung mit dem Meere wird dabei in Aussicht gestellt, und die freilich vom Landtage mit zögernder Stiefmütterlichkeit behandelte Donau-Straße ganz übersehen. Mit kräftiger Energie erhob sich am andern Tage Graf Aurel Dessewffy gegen diese legislatorische Procedur, um, wie er sagte, wenigstens den moralischen Eindruck zu retten; er wurde von andern Stimmen unterstützt. Inzwischen gelangen die zwei merkwürdigen Repräsentationen, als gesetzlich gefaßt, nach Wien, und der Regierung ist, durch diese Paralysirung, für Berücksichtigung der wahren Landesinteressen eine so freie Hand gegeben, wie es vielleicht öfter bei den Beschlüssen des ungarischen Reichstags wünschenswerth wäre. Algier. Ein Bericht des Marschalls Valée an den Kriegsminister aus Algier vom 24 April gibt umständliche Details über seine letzten Operationen im Osten der Metidscha. Abd-El-Kader befand sich dort in eigener Person. Er hatte Miliana verlassen, und zu den Truppen seines Chalifa's Achmet-ben-Salem sich begeben, im Augenblick, als er an den Marschall das letzte Schreiben abgeschickt hatte (von dem Inhalt dieses Schreibens sagt der Bericht kein Wort). Die Vertheidigung Medeah's überließ der Emir, als er vom Schelif sich entfernte, seinen Chalifas El-Barkani, Mubarek und Ben-Arasch. Am 18 April traf der Marschall im Lager Fonduk ein, und rückte dem Emir entgegen, der am Fuße eines Berges nahe an den Ufern des Uad-el-Kaddara gelagert war. Am 19 Morgens kamen sich die beiden feindlichen Colonnen einander zu Gesicht. Die Franzosen erblickten Abd-El-Kader selbst an der Spitze seiner Truppen, nur auf doppelte Kanonenschußweite von jenem Flüßchen entfernt. Die Araber hielten die Höhen besetzt, welche den Weg dominiren. General Rostolan umging mit der Infanterie die Stellung des Feindes und erstieg dann das Gebirge. Die Araber leisteten geringen Widerstand und wechselten bloß einige Flintenschüsse mit einer Compagnie der Kuruglis. Abd-El-Kader zog sich zurück und schlug sein Lager im Stammgebiet der Beni-Hini auf, wohin ihn der Marschall nicht weiter verfolgte. Während eines unbedeutenden Scharmützels im Thale des Uad-el-Zeitun sah man Abd-El-Kader einigemal inmitten eines Reiterhaufens. Die Araber vermieden jedes ernste Gefecht. Die Franzosen hatten nur fünf Verwundete, worunter der General Rostolan. Am 20 sahen die Franzosen viele Feuer auf dem Atlasgebirge; es waren Kabylendörfer, welche Abd-El-Kader in Brand stecken ließ, weil ihre Bewohner sich geweigert hatten, für ihn die Waffen zu ergreifen. Am 21 kehrte die Colonne wieder nach Algier zurück. Der ganze Gewinn dieser Operation beschränkte sich auf die Wegnahme von 400 Ochsen, welche der ausgehungerten Armee sehr zu Statten kamen. Im übrigen bewiesen die Araber wiederholt, daß es lediglich von ihrer Laune abhänge, einen Kampf mit den Franzosen anzunehmen oder nicht. Die schwerfälligen Colonnen der Franzosen konnten die flüchtigen Reiterschwärme der Afrikaner nirgends ereilen. Dessen ungeachtet scheut sich der Marschall Valée nicht, im abgenützten Styl der Clauzel'schen Bulletins zu sagen: „Diese kurze Expedition hatte ein wichtiges moralisches Resultat. Abd-El-Kader, der gezwungen wurde, vor unsern Soldaten zu fliehen und den Kampf nicht anzunehmen wagte, hat in den Augen der Araber das Blendwerk verloren, das ihn umgab.“ Aegypten. _ Kairo, 12 April. Wir leben hier in Unruhe und banger Besorgniß. Eine aus 10,000 Mann errichtete Nationalgarde, zu der nur Handwerker der Fabriken, Eseltreiber und herrenlose Bediente genommen wurden, ist, nachdem sie etwas einexercirt war, unter die Regimenter als Linienmilitär vertheilt worden. Ihr Abmarsch aus Kairo verursachte während zwei Tagen eine Weiberemeute, welche die ganze Stadt in den größten Allarm versetzte und beinahe eine Revolte verursacht hätte. Erst nachdem sämmtliche Quartiere der Stadt gesperrt, und die Weiber von den Kavas mit Stockprügeln in ihre Häuser zurückgetrieben waren, wurde es wieder ruhig. Seitdem ist aus Alexandria der Befehl gekommen, eine neue Nationalgarde von 20,000 Mann zu errichten, die nur aus ansässigen Bürgern der Stadt bestehen soll. In Bulak und Altkairo sind zwei Regimenter errichtet worden, die von einem gewissen Rais-Ali el Dshesar commandirt werden. Dessen Erhebung zu dieser Charge ist charakterisch für den Geist der Regierung des Pascha. Vor ungefähr 20 Jahren machte dieser selbe Rais-Ali eine Revolution in Bulak, indem er sämmtliche Matrosen der Nilbarken, die unter seinem speciellen Befehl standen, aus einem mir unbekannten Grunde, aufregte. Die Revolte ward bald erstickt, und der Anführer derselben gefangen. Aus besonderer Gnade ließ ihn Mehemed Ali nicht umbringen, sondern verwies

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 132. Augsburg, 11. Mai 1840, S. 1051. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_132_18400511/11>, abgerufen am 21.11.2024.