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Allgemeine Zeitung. Nr. 133. Augsburg, 12. Mai 1840.

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Censur unterwerfen, mit dem einzigen Unterschied, daß die Censoren gewählt und responsabel, statt ernannt und irresponsabel seyen. Dann hätten wir aber statt eines Fortschrittes in dem letzten Halbjahrhundert uns nur in einem Kreise gedreht, und ständen nach 60 Jahren wieder an jenen Worten, welche die alten Censoren Ludwigs XV und XVI mit rother Dinte schrieben: "Wir haben dieses Buch oder Journal gelesen und nichts gesehen, welches dessen Druck verhindern könnte." Nur daß unter diesem Worte statt dem Namen eines Mannes des Königs jener eines Repräsentanten des Volkes stehen würde."

Wenn man alles dieses gelesen hat, so sagt man sich: also in der demokratischen Partei gibt es auch eine conservative und eine radicale Schule. Die eine möchte mit den alten bekannten Mitteln die Bewegung hemmen, die ihr Schwindel macht, und sieht ihr Heil in der Ruhe, die erzwungen wird, während die andere die Bewegung liebt und ihr freien Lauf lassen will, weil sie selbst noch keinen Schwindel fühlt. Wir erlauben uns folgende Bemerkung: das Leben allein ist das Gute in den Formen, die es bedingt, in der Bewegung, die es erzeugt, und eine der ersten Bedingungen des Lebens ist, daß es sich zu wahren verstehe. Jede Autorität, die statt zu handeln Unberufenen die Ehre anthut mit demselben zu polemisiren, und die hoffet sich mit ihnen und der Zeit mit leeren Wortklaubereien oder Wortheucheleien abzufinden, geht nothwendigerweise zu Grunde. Censur und Polizeiaufsicht haben ihre letzte und bedrückendste Ausbildung, von welcher man vor 60 Jahren keine Idee hatte, gerade unter der Republik und dem Kaiserreiche erhalten.

Die Zeit hat aber als Frucht auch die Ueberzeugung getragen, daß, welches auch das Princip einer Autorität und deren angebliche Liberalität sey, ihre Bedürfnisse stets die nämlichen bleiben, daß von oben verlangt, befohlen und Gehorsam erheischt werden müsse. Getrost kann man, statt in die Polemik der Parteien einzugehen, jetzt die Frage an das Volk stellen: was ist Wahrheit, denn mit der Lebensregel: an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, sieht der schlichte Verstand, daß die unberufenen Volksbeglücker und selbstgemachten Volksvertreter am Ende alles dasjenige für sich selbst verlangen, was sie den alten Regierungen abzudisputiren wußten, nämlich eine discretionäre Gewalt, deren Responsabilität einer Zukunft angehört, in welchen das Individuum, das solche zu tragen hätte, nicht mehr da ist, aber eine discretionäre Gewalt, welche weder durch Sitte und Gebrauch noch durch Gewohnheit und persönliche Stellung geregelt ist.

Schweiz.

Um einen rechten Begriff von der Anmuth unsers Sees zu haben, muß man ihn und seine Uferländer jetzt im reichsten Frühlingsschmuck und bei einer Wärme von 18-20° R. sehen, während Briefe aus Neapel, Rom und Florenz über Kälte, Schnee, Regen und trüben Himmel klagen, und die Südseite der penninischen und grajischen Alpen noch mit fünf Fuß hohem Schnee bedeckt ist. Besonders hat das sonst so frühlingsfrühe Piemont auch in den Thälern viel von Schnee und Kälte zu leiden. - Kurz nachdem die waadtländische Regierung Adam Mizkiewicz zum Professor der lateinischen Litteratur an der Lausanner Akademie ernannt, und dadurch ihrer Akademie einen Glanz mehr gegeben hatte, wurde in Genf der verdiente Minister Cherbulier einstimmig zum Professor der griechischen und lateinischen Litteratur ernannt - eine lang verdiente Auszeichnung, wodurch eine bedeutende Lücke der Genfer Akademie aufs beste ausgefüllt worden ist, und die Leiter dieser Akademie in der öffentlichen Meinung sehr gewonnen haben. - Das furchtbare Brandunglück des nahen savoyischen Städtchens Sallanches hat bei den Anwohnern unsers Sees schnelle Hülfe gefunden, besonders in Genf, wo in wenigen Tagen an Geld, Wäsche, Betten, Decken, Kleidungsstücken, Brod und Sämereien so viel zusammen gekommen ist, daß drei- oder viermal große vierspännige Wagen dahin abgingen, und mit dem, was sie brachten, den ersten dringendsten Bedürfnissen der armen Abgebrannten abgeholfen werden konnte. Der König von Sardinien hat sich dem Danke der Bedrängten angeschlossen, und durch seinen Generalconsul in Genf dieser Stadt für ihre schnelle und große Wohlthätigkeit danken lassen. Wer den Einwohnern Genfs nicht mit Unrecht Kälte, Berechnung, Egoismus und Calculationsgeist im gewöhnlichen Leben Schuld gibt, der muß sie beim Wohlthun in großen Calamitäten beobachten, nicht allein in der eigenen Stadt, sondern auch für Fremde und Entfernte. Davon wissen die abgebrannten Einwohner von Monnety, Salins und Salanches, die Griechen von 1825 - 1829, die Polen, die Ueberschwemmten von Uri und Wallis zu reden. Einer der ausgezeichnetsten deutschen Musiker, die hier leben, Landrock aus Böhmen, gab ein sehr einträgliches Concert zum Besten der Abgebrannten von Sallanches.

Erklärung.

In der Allg. Zeitung vom 28 Januar 1838 findet sich in einem Brief aus Bonn folgende Stelle: "Die Gräfin Hatzfeld, welche kürzlich ihr Söhnchen einem Entführer so muthig entriß, ist die geschiedene Gattin des Grafen Hatzfeld ... Derjenige, welcher die Entführung im Auftrag des Grafen versuchte, ist der Amtmann W. zu Schönstein." - Die Allg. Zeitung erwähnte bald darauf einer die Wahrheit obigen Gerüchtes widerlegenden Reclamation des Hrn. Polizeirathes und Amtmanns Wachter zu Schönstein. Erst in der jüngsten Zeit erhielt die Redaction unbezweifelbare Kunde, daß Hr. Wachter in der über jene Sache angeordneten Untersuchung durch rechtskräftiges Urtheil vollständig und durchaus freigesprochen worden. Die Redaction glaubt sich daher zu Bekanntmachung dieser Thatsache für verpflichtet, und verbindet damit den Ausdruck ihres Bedauerns, durch Aufnahme jener irrigen Angabe vielleicht mit Veranlassung zu jener Untersuchung gegeben zu haben.

[1805]

Todes-Anzeige.

Ich erfülle die traurige Pflicht, meinen Verwandten und Bekannten die Anzeige zu machen, daß mein geliebter und theurer Bruder
Edmund Graf v. Kesselstatt,
Capitular der aufgelösten Domstifte Würzburg, Eichstädt und Passau, Ritter des königl. preuß. rothen Adler-Ordens
IIter Classe,
zu Trier am 29 April d. J. Morgens halb 3 Uhr an Lungenlähmung in Folge allgemeiner Entkräftung, in seinem 75sten Jahre mit Tode abgegangen ist. - Mainz, den 2 Mai 1840.

Franz Graf v. Kesselstatt.

Censur unterwerfen, mit dem einzigen Unterschied, daß die Censoren gewählt und responsabel, statt ernannt und irresponsabel seyen. Dann hätten wir aber statt eines Fortschrittes in dem letzten Halbjahrhundert uns nur in einem Kreise gedreht, und ständen nach 60 Jahren wieder an jenen Worten, welche die alten Censoren Ludwigs XV und XVI mit rother Dinte schrieben: „Wir haben dieses Buch oder Journal gelesen und nichts gesehen, welches dessen Druck verhindern könnte.“ Nur daß unter diesem Worte statt dem Namen eines Mannes des Königs jener eines Repräsentanten des Volkes stehen würde.“

Wenn man alles dieses gelesen hat, so sagt man sich: also in der demokratischen Partei gibt es auch eine conservative und eine radicale Schule. Die eine möchte mit den alten bekannten Mitteln die Bewegung hemmen, die ihr Schwindel macht, und sieht ihr Heil in der Ruhe, die erzwungen wird, während die andere die Bewegung liebt und ihr freien Lauf lassen will, weil sie selbst noch keinen Schwindel fühlt. Wir erlauben uns folgende Bemerkung: das Leben allein ist das Gute in den Formen, die es bedingt, in der Bewegung, die es erzeugt, und eine der ersten Bedingungen des Lebens ist, daß es sich zu wahren verstehe. Jede Autorität, die statt zu handeln Unberufenen die Ehre anthut mit demselben zu polemisiren, und die hoffet sich mit ihnen und der Zeit mit leeren Wortklaubereien oder Wortheucheleien abzufinden, geht nothwendigerweise zu Grunde. Censur und Polizeiaufsicht haben ihre letzte und bedrückendste Ausbildung, von welcher man vor 60 Jahren keine Idee hatte, gerade unter der Republik und dem Kaiserreiche erhalten.

Die Zeit hat aber als Frucht auch die Ueberzeugung getragen, daß, welches auch das Princip einer Autorität und deren angebliche Liberalität sey, ihre Bedürfnisse stets die nämlichen bleiben, daß von oben verlangt, befohlen und Gehorsam erheischt werden müsse. Getrost kann man, statt in die Polemik der Parteien einzugehen, jetzt die Frage an das Volk stellen: was ist Wahrheit, denn mit der Lebensregel: an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, sieht der schlichte Verstand, daß die unberufenen Volksbeglücker und selbstgemachten Volksvertreter am Ende alles dasjenige für sich selbst verlangen, was sie den alten Regierungen abzudisputiren wußten, nämlich eine discretionäre Gewalt, deren Responsabilität einer Zukunft angehört, in welchen das Individuum, das solche zu tragen hätte, nicht mehr da ist, aber eine discretionäre Gewalt, welche weder durch Sitte und Gebrauch noch durch Gewohnheit und persönliche Stellung geregelt ist.

Schweiz.

Um einen rechten Begriff von der Anmuth unsers Sees zu haben, muß man ihn und seine Uferländer jetzt im reichsten Frühlingsschmuck und bei einer Wärme von 18-20° R. sehen, während Briefe aus Neapel, Rom und Florenz über Kälte, Schnee, Regen und trüben Himmel klagen, und die Südseite der penninischen und grajischen Alpen noch mit fünf Fuß hohem Schnee bedeckt ist. Besonders hat das sonst so frühlingsfrühe Piemont auch in den Thälern viel von Schnee und Kälte zu leiden. – Kurz nachdem die waadtländische Regierung Adam Mizkiewicz zum Professor der lateinischen Litteratur an der Lausanner Akademie ernannt, und dadurch ihrer Akademie einen Glanz mehr gegeben hatte, wurde in Genf der verdiente Minister Cherbulier einstimmig zum Professor der griechischen und lateinischen Litteratur ernannt – eine lang verdiente Auszeichnung, wodurch eine bedeutende Lücke der Genfer Akademie aufs beste ausgefüllt worden ist, und die Leiter dieser Akademie in der öffentlichen Meinung sehr gewonnen haben. – Das furchtbare Brandunglück des nahen savoyischen Städtchens Sallanches hat bei den Anwohnern unsers Sees schnelle Hülfe gefunden, besonders in Genf, wo in wenigen Tagen an Geld, Wäsche, Betten, Decken, Kleidungsstücken, Brod und Sämereien so viel zusammen gekommen ist, daß drei- oder viermal große vierspännige Wagen dahin abgingen, und mit dem, was sie brachten, den ersten dringendsten Bedürfnissen der armen Abgebrannten abgeholfen werden konnte. Der König von Sardinien hat sich dem Danke der Bedrängten angeschlossen, und durch seinen Generalconsul in Genf dieser Stadt für ihre schnelle und große Wohlthätigkeit danken lassen. Wer den Einwohnern Genfs nicht mit Unrecht Kälte, Berechnung, Egoismus und Calculationsgeist im gewöhnlichen Leben Schuld gibt, der muß sie beim Wohlthun in großen Calamitäten beobachten, nicht allein in der eigenen Stadt, sondern auch für Fremde und Entfernte. Davon wissen die abgebrannten Einwohner von Monnety, Salins und Salanches, die Griechen von 1825 - 1829, die Polen, die Ueberschwemmten von Uri und Wallis zu reden. Einer der ausgezeichnetsten deutschen Musiker, die hier leben, Landrock aus Böhmen, gab ein sehr einträgliches Concert zum Besten der Abgebrannten von Sallanches.

Erklärung.

In der Allg. Zeitung vom 28 Januar 1838 findet sich in einem Brief aus Bonn folgende Stelle: „Die Gräfin Hatzfeld, welche kürzlich ihr Söhnchen einem Entführer so muthig entriß, ist die geschiedene Gattin des Grafen Hatzfeld ... Derjenige, welcher die Entführung im Auftrag des Grafen versuchte, ist der Amtmann W. zu Schönstein.“ – Die Allg. Zeitung erwähnte bald darauf einer die Wahrheit obigen Gerüchtes widerlegenden Reclamation des Hrn. Polizeirathes und Amtmanns Wachter zu Schönstein. Erst in der jüngsten Zeit erhielt die Redaction unbezweifelbare Kunde, daß Hr. Wachter in der über jene Sache angeordneten Untersuchung durch rechtskräftiges Urtheil vollständig und durchaus freigesprochen worden. Die Redaction glaubt sich daher zu Bekanntmachung dieser Thatsache für verpflichtet, und verbindet damit den Ausdruck ihres Bedauerns, durch Aufnahme jener irrigen Angabe vielleicht mit Veranlassung zu jener Untersuchung gegeben zu haben.

[1805]

Todes-Anzeige.

Ich erfülle die traurige Pflicht, meinen Verwandten und Bekannten die Anzeige zu machen, daß mein geliebter und theurer Bruder
Edmund Graf v. Kesselstatt,
Capitular der aufgelösten Domstifte Würzburg, Eichstädt und Passau, Ritter des königl. preuß. rothen Adler-Ordens
IIter Classe,
zu Trier am 29 April d. J. Morgens halb 3 Uhr an Lungenlähmung in Folge allgemeiner Entkräftung, in seinem 75sten Jahre mit Tode abgegangen ist. – Mainz, den 2 Mai 1840.

Franz Graf v. Kesselstatt.

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[1061/0013] Censur unterwerfen, mit dem einzigen Unterschied, daß die Censoren gewählt und responsabel, statt ernannt und irresponsabel seyen. Dann hätten wir aber statt eines Fortschrittes in dem letzten Halbjahrhundert uns nur in einem Kreise gedreht, und ständen nach 60 Jahren wieder an jenen Worten, welche die alten Censoren Ludwigs XV und XVI mit rother Dinte schrieben: „Wir haben dieses Buch oder Journal gelesen und nichts gesehen, welches dessen Druck verhindern könnte.“ Nur daß unter diesem Worte statt dem Namen eines Mannes des Königs jener eines Repräsentanten des Volkes stehen würde.“ Wenn man alles dieses gelesen hat, so sagt man sich: also in der demokratischen Partei gibt es auch eine conservative und eine radicale Schule. 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Die Zeit hat aber als Frucht auch die Ueberzeugung getragen, daß, welches auch das Princip einer Autorität und deren angebliche Liberalität sey, ihre Bedürfnisse stets die nämlichen bleiben, daß von oben verlangt, befohlen und Gehorsam erheischt werden müsse. Getrost kann man, statt in die Polemik der Parteien einzugehen, jetzt die Frage an das Volk stellen: was ist Wahrheit, denn mit der Lebensregel: an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, sieht der schlichte Verstand, daß die unberufenen Volksbeglücker und selbstgemachten Volksvertreter am Ende alles dasjenige für sich selbst verlangen, was sie den alten Regierungen abzudisputiren wußten, nämlich eine discretionäre Gewalt, deren Responsabilität einer Zukunft angehört, in welchen das Individuum, das solche zu tragen hätte, nicht mehr da ist, aber eine discretionäre Gewalt, welche weder durch Sitte und Gebrauch noch durch Gewohnheit und persönliche Stellung geregelt ist. Schweiz. _ Vom Genfer See, 3 Mai. Um einen rechten Begriff von der Anmuth unsers Sees zu haben, muß man ihn und seine Uferländer jetzt im reichsten Frühlingsschmuck und bei einer Wärme von 18-20° R. sehen, während Briefe aus Neapel, Rom und Florenz über Kälte, Schnee, Regen und trüben Himmel klagen, und die Südseite der penninischen und grajischen Alpen noch mit fünf Fuß hohem Schnee bedeckt ist. Besonders hat das sonst so frühlingsfrühe Piemont auch in den Thälern viel von Schnee und Kälte zu leiden. – Kurz nachdem die waadtländische Regierung Adam Mizkiewicz zum Professor der lateinischen Litteratur an der Lausanner Akademie ernannt, und dadurch ihrer Akademie einen Glanz mehr gegeben hatte, wurde in Genf der verdiente Minister Cherbulier einstimmig zum Professor der griechischen und lateinischen Litteratur ernannt – eine lang verdiente Auszeichnung, wodurch eine bedeutende Lücke der Genfer Akademie aufs beste ausgefüllt worden ist, und die Leiter dieser Akademie in der öffentlichen Meinung sehr gewonnen haben. – Das furchtbare Brandunglück des nahen savoyischen Städtchens Sallanches hat bei den Anwohnern unsers Sees schnelle Hülfe gefunden, besonders in Genf, wo in wenigen Tagen an Geld, Wäsche, Betten, Decken, Kleidungsstücken, Brod und Sämereien so viel zusammen gekommen ist, daß drei- oder viermal große vierspännige Wagen dahin abgingen, und mit dem, was sie brachten, den ersten dringendsten Bedürfnissen der armen Abgebrannten abgeholfen werden konnte. Der König von Sardinien hat sich dem Danke der Bedrängten angeschlossen, und durch seinen Generalconsul in Genf dieser Stadt für ihre schnelle und große Wohlthätigkeit danken lassen. Wer den Einwohnern Genfs nicht mit Unrecht Kälte, Berechnung, Egoismus und Calculationsgeist im gewöhnlichen Leben Schuld gibt, der muß sie beim Wohlthun in großen Calamitäten beobachten, nicht allein in der eigenen Stadt, sondern auch für Fremde und Entfernte. Davon wissen die abgebrannten Einwohner von Monnety, Salins und Salanches, die Griechen von 1825 - 1829, die Polen, die Ueberschwemmten von Uri und Wallis zu reden. Einer der ausgezeichnetsten deutschen Musiker, die hier leben, Landrock aus Böhmen, gab ein sehr einträgliches Concert zum Besten der Abgebrannten von Sallanches. Erklärung. In der Allg. Zeitung vom 28 Januar 1838 findet sich in einem Brief aus Bonn folgende Stelle: „Die Gräfin Hatzfeld, welche kürzlich ihr Söhnchen einem Entführer so muthig entriß, ist die geschiedene Gattin des Grafen Hatzfeld ... Derjenige, welcher die Entführung im Auftrag des Grafen versuchte, ist der Amtmann W. zu Schönstein.“ – Die Allg. Zeitung erwähnte bald darauf einer die Wahrheit obigen Gerüchtes widerlegenden Reclamation des Hrn. Polizeirathes und Amtmanns Wachter zu Schönstein. Erst in der jüngsten Zeit erhielt die Redaction unbezweifelbare Kunde, daß Hr. Wachter in der über jene Sache angeordneten Untersuchung durch rechtskräftiges Urtheil vollständig und durchaus freigesprochen worden. Die Redaction glaubt sich daher zu Bekanntmachung dieser Thatsache für verpflichtet, und verbindet damit den Ausdruck ihres Bedauerns, durch Aufnahme jener irrigen Angabe vielleicht mit Veranlassung zu jener Untersuchung gegeben zu haben. [1805] Todes-Anzeige. Ich erfülle die traurige Pflicht, meinen Verwandten und Bekannten die Anzeige zu machen, daß mein geliebter und theurer Bruder Edmund Graf v. Kesselstatt, Capitular der aufgelösten Domstifte Würzburg, Eichstädt und Passau, Ritter des königl. preuß. rothen Adler-Ordens IIter Classe, zu Trier am 29 April d. J. Morgens halb 3 Uhr an Lungenlähmung in Folge allgemeiner Entkräftung, in seinem 75sten Jahre mit Tode abgegangen ist. – Mainz, den 2 Mai 1840. Franz Graf v. Kesselstatt.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 133. Augsburg, 12. Mai 1840, S. 1061. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_133_18400512/13>, abgerufen am 23.11.2024.