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Allgemeine Zeitung. Nr. 151. Augsburg, 30. Mai 1840.

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Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonnabend
Nr. 151.
30 Mai 1840.
Spanien.

Die Aerzte rathen, wie bekannt, der Königin Isabelle seit einiger Zeit eine Luftveränderung an, die sie als unumgänglich nothwendig für die Wiederherstellung ihrer Gesundheit betrachten. Die Königin-Regentin soll sich, diesem Rath zufolge, vorgenommen haben, ihre Tochter selbst in einigen Tagen nach den Gewässern von Caldas in Catalonien zu geleiten. Auch die jüngere Schwester der Königin wird die Reise mitmachen. Zwei Minister werden, wie man versichert, dem Gefolge sich anschließen; man nennt die HH. Armendariz und Cleonard. Zwei Umstände dürften hinsichtlich dieser Reise einige Besorgnisse einflößen. Valencia liegt auf dem Weg, welchen der Hof nehmen will. Diese Stadt hat sich so oft meuterisch gezeigt, daß man wünschte, die Königin möchte eine andere Straße einschlagen. Oder wird die Gegenwart der Königin die dortige Bevölkerung vielleicht der Regierung günstiger stimmen? Die Trennung der Minister wird unter den gegenwärtigen Umständen auf den Gang der öffentlichen Angelegenheiten nur störend wirken.

Großbritannien.

In den torystischen Blättern der letzten Tage ist weniger Triumph über den erlangten Sieg als man erwarten sollte; aber desto mehr offener Haß gegen das Ministerium. "Es ist schwer", sagt der M. Herald, "sich einen tiefern Abgrund schamloser Entwürdigung vorzustellen, als den, in welchen sich die Minister am Schweife jenes verschmitzten Barbaren (O'Connell) haben hinein schleppen lassen." Die Times behauptet, daß Lord John Russell, im Widerspruch mit der förmlichen Versicherung des ersten Ministers, nun das Vorhandenseyn eines politischen Bündnisses zwischen der whig-radicalen Regierung und O'Connell offen bekannt habe. Die ministeriellen Blätter rügen besonders das Betragen des Sir C. Wood und Lord Howick. "Das Gerücht geht", sagt der M. Advertiser, "daß beide im Begriff sind, sich mit Lord Stanley, Sir James Graham und den übrigen Renegaten der Reform völlig zu verbinden; doch können wir das noch nicht glauben. Sir C. Wood hat mehr Verstand und mehr Achtung vor seinem alten Freunde, als daß er nur einen Augenblick an solch ein schmähliches Verfahren denken möchte, und Lord Howick, meinen wir, wird, nachdem er nun seiner Ausschußphantasie nachgegeben hat, beim dritten Verlesen der Bill zeigen, daß er kein unwürdiger Sprößling eines edlen und patriotischen Geschlechts ist." "Wir möchten", sagt das M. Chronicle (22 Mai) in Bezug auf das Betragen Lord Howicks, "ein Exemplar dieser Art Gewissenhaftigkeit in einem Museum moralischer Curiositäten aufstellen, zusammen mit Sir Francis Burdetts politischer Beständigkeit und Bischof Philpotts' Wahrheitsliebe." Mit Anspielung auf Shakspeare's Kaufmann von Venedig sagt dasselbe Blatt in seiner vorgestrigen Nummer: "Indem Lord Howick die Heiligkeit eines kleinen Rechts und die Ausführung eines großen Unrechts vertheidigte, handelte er schnurstracks gegen die bekannte Lehre:

Um großes Recht thu' gern ein kleines Unrecht,
Und beug' den grausen Teufel seines Willens.
Er erkannte dem die Wahlfreiheit zerstörenden Teufel das Pfund Fleisch zu, das Irland zunächst an seinem Herzen herausgeschnitten werden soll, und, mag sich der arme Patient nun auch daran zu Tode bluten, so ist das nichts als eine vorübergehende Inconvenienz, im Vergleich mit dem glücklich geretteten Wohlbefinden des verdrehten Gewissens Sr. Lordschaft."

Der weitere Verlauf der gestrigen Sitzung hat über die Ab- und Aussichten des Ministeriums nichts aufgeklärt; die torystischen Blätter finden es unerhört, daß Lord John Russell die Gesinnung des Hauses hinsichtlich Lord Stanley's Bill ein drittesmal auf die Probe stellen will. Außerdem triumphiren sie über zwei in Cambridge und Ludlow errungene Wahlsiege; an beiden Orten ist der conservative Candidat wieder ernannt worden: Sir Alexander Grant für Cambridge mit 745 Stimmen (gegen 652 Stimmen die Prof. Starkie hatte); Hr. Bockfield für Ludlow mit 201 Stimmen (gegen 160 Stimmen des Hrn. Larpent.) Von andern Neuigkeiten beschäftigen besonders der Brand des Yorker Münsters und das zweite Verhör über Lord William Russells Ermordung die öffentliche Aufmerksamkeit.

Die Chartisten haben in Hanley und New-Castle wieder Versammlungen gehalten, und am letzten Orte auf Antrag des James Ayre beschlossen, sich eine vollkommen neue centralisirte Organisation zu geben, mit einem einstweiligen in London sitzenden leitenden Convent von zehn Delegirten.

Mehrere englische Blätter veröffentlichen einen Brief des Lord Brougham an die Gilde der Edinburger Kaufleute, datirt von Grenoble und geschrieben als Antwort auf das Gesuch, er möge eine von ihnen unterzeichnete Petition gegen den


Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonnabend
Nr. 151.
30 Mai 1840.
Spanien.

Die Aerzte rathen, wie bekannt, der Königin Isabelle seit einiger Zeit eine Luftveränderung an, die sie als unumgänglich nothwendig für die Wiederherstellung ihrer Gesundheit betrachten. Die Königin-Regentin soll sich, diesem Rath zufolge, vorgenommen haben, ihre Tochter selbst in einigen Tagen nach den Gewässern von Caldas in Catalonien zu geleiten. Auch die jüngere Schwester der Königin wird die Reise mitmachen. Zwei Minister werden, wie man versichert, dem Gefolge sich anschließen; man nennt die HH. Armendariz und Cleonard. Zwei Umstände dürften hinsichtlich dieser Reise einige Besorgnisse einflößen. Valencia liegt auf dem Weg, welchen der Hof nehmen will. Diese Stadt hat sich so oft meuterisch gezeigt, daß man wünschte, die Königin möchte eine andere Straße einschlagen. Oder wird die Gegenwart der Königin die dortige Bevölkerung vielleicht der Regierung günstiger stimmen? Die Trennung der Minister wird unter den gegenwärtigen Umständen auf den Gang der öffentlichen Angelegenheiten nur störend wirken.

Großbritannien.

In den torystischen Blättern der letzten Tage ist weniger Triumph über den erlangten Sieg als man erwarten sollte; aber desto mehr offener Haß gegen das Ministerium. „Es ist schwer“, sagt der M. Herald, „sich einen tiefern Abgrund schamloser Entwürdigung vorzustellen, als den, in welchen sich die Minister am Schweife jenes verschmitzten Barbaren (O'Connell) haben hinein schleppen lassen.“ Die Times behauptet, daß Lord John Russell, im Widerspruch mit der förmlichen Versicherung des ersten Ministers, nun das Vorhandenseyn eines politischen Bündnisses zwischen der whig-radicalen Regierung und O'Connell offen bekannt habe. Die ministeriellen Blätter rügen besonders das Betragen des Sir C. Wood und Lord Howick. „Das Gerücht geht“, sagt der M. Advertiser, „daß beide im Begriff sind, sich mit Lord Stanley, Sir James Graham und den übrigen Renegaten der Reform völlig zu verbinden; doch können wir das noch nicht glauben. Sir C. Wood hat mehr Verstand und mehr Achtung vor seinem alten Freunde, als daß er nur einen Augenblick an solch ein schmähliches Verfahren denken möchte, und Lord Howick, meinen wir, wird, nachdem er nun seiner Ausschußphantasie nachgegeben hat, beim dritten Verlesen der Bill zeigen, daß er kein unwürdiger Sprößling eines edlen und patriotischen Geschlechts ist.“ „Wir möchten“, sagt das M. Chronicle (22 Mai) in Bezug auf das Betragen Lord Howicks, „ein Exemplar dieser Art Gewissenhaftigkeit in einem Museum moralischer Curiositäten aufstellen, zusammen mit Sir Francis Burdetts politischer Beständigkeit und Bischof Philpotts' Wahrheitsliebe.“ Mit Anspielung auf Shakspeare's Kaufmann von Venedig sagt dasselbe Blatt in seiner vorgestrigen Nummer: „Indem Lord Howick die Heiligkeit eines kleinen Rechts und die Ausführung eines großen Unrechts vertheidigte, handelte er schnurstracks gegen die bekannte Lehre:

Um großes Recht thu' gern ein kleines Unrecht,
Und beug' den grausen Teufel seines Willens.
Er erkannte dem die Wahlfreiheit zerstörenden Teufel das Pfund Fleisch zu, das Irland zunächst an seinem Herzen herausgeschnitten werden soll, und, mag sich der arme Patient nun auch daran zu Tode bluten, so ist das nichts als eine vorübergehende Inconvenienz, im Vergleich mit dem glücklich geretteten Wohlbefinden des verdrehten Gewissens Sr. Lordschaft.“

Der weitere Verlauf der gestrigen Sitzung hat über die Ab- und Aussichten des Ministeriums nichts aufgeklärt; die torystischen Blätter finden es unerhört, daß Lord John Russell die Gesinnung des Hauses hinsichtlich Lord Stanley's Bill ein drittesmal auf die Probe stellen will. Außerdem triumphiren sie über zwei in Cambridge und Ludlow errungene Wahlsiege; an beiden Orten ist der conservative Candidat wieder ernannt worden: Sir Alexander Grant für Cambridge mit 745 Stimmen (gegen 652 Stimmen die Prof. Starkie hatte); Hr. Bockfield für Ludlow mit 201 Stimmen (gegen 160 Stimmen des Hrn. Larpent.) Von andern Neuigkeiten beschäftigen besonders der Brand des Yorker Münsters und das zweite Verhör über Lord William Russells Ermordung die öffentliche Aufmerksamkeit.

Die Chartisten haben in Hanley und New-Castle wieder Versammlungen gehalten, und am letzten Orte auf Antrag des James Ayre beschlossen, sich eine vollkommen neue centralisirte Organisation zu geben, mit einem einstweiligen in London sitzenden leitenden Convent von zehn Delegirten.

Mehrere englische Blätter veröffentlichen einen Brief des Lord Brougham an die Gilde der Edinburger Kaufleute, datirt von Grenoble und geschrieben als Antwort auf das Gesuch, er möge eine von ihnen unterzeichnete Petition gegen den

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[1201/0001] Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. Sonnabend Nr. 151. 30 Mai 1840. Spanien. _ Madrid, 17 Mai. Die Aerzte rathen, wie bekannt, der Königin Isabelle seit einiger Zeit eine Luftveränderung an, die sie als unumgänglich nothwendig für die Wiederherstellung ihrer Gesundheit betrachten. Die Königin-Regentin soll sich, diesem Rath zufolge, vorgenommen haben, ihre Tochter selbst in einigen Tagen nach den Gewässern von Caldas in Catalonien zu geleiten. Auch die jüngere Schwester der Königin wird die Reise mitmachen. Zwei Minister werden, wie man versichert, dem Gefolge sich anschließen; man nennt die HH. Armendariz und Cleonard. Zwei Umstände dürften hinsichtlich dieser Reise einige Besorgnisse einflößen. Valencia liegt auf dem Weg, welchen der Hof nehmen will. Diese Stadt hat sich so oft meuterisch gezeigt, daß man wünschte, die Königin möchte eine andere Straße einschlagen. Oder wird die Gegenwart der Königin die dortige Bevölkerung vielleicht der Regierung günstiger stimmen? Die Trennung der Minister wird unter den gegenwärtigen Umständen auf den Gang der öffentlichen Angelegenheiten nur störend wirken. Großbritannien. _ London, 23 Mai. In den torystischen Blättern der letzten Tage ist weniger Triumph über den erlangten Sieg als man erwarten sollte; aber desto mehr offener Haß gegen das Ministerium. „Es ist schwer“, sagt der M. Herald, „sich einen tiefern Abgrund schamloser Entwürdigung vorzustellen, als den, in welchen sich die Minister am Schweife jenes verschmitzten Barbaren (O'Connell) haben hinein schleppen lassen.“ Die Times behauptet, daß Lord John Russell, im Widerspruch mit der förmlichen Versicherung des ersten Ministers, nun das Vorhandenseyn eines politischen Bündnisses zwischen der whig-radicalen Regierung und O'Connell offen bekannt habe. Die ministeriellen Blätter rügen besonders das Betragen des Sir C. Wood und Lord Howick. „Das Gerücht geht“, sagt der M. Advertiser, „daß beide im Begriff sind, sich mit Lord Stanley, Sir James Graham und den übrigen Renegaten der Reform völlig zu verbinden; doch können wir das noch nicht glauben. Sir C. Wood hat mehr Verstand und mehr Achtung vor seinem alten Freunde, als daß er nur einen Augenblick an solch ein schmähliches Verfahren denken möchte, und Lord Howick, meinen wir, wird, nachdem er nun seiner Ausschußphantasie nachgegeben hat, beim dritten Verlesen der Bill zeigen, daß er kein unwürdiger Sprößling eines edlen und patriotischen Geschlechts ist.“ „Wir möchten“, sagt das M. Chronicle (22 Mai) in Bezug auf das Betragen Lord Howicks, „ein Exemplar dieser Art Gewissenhaftigkeit in einem Museum moralischer Curiositäten aufstellen, zusammen mit Sir Francis Burdetts politischer Beständigkeit und Bischof Philpotts' Wahrheitsliebe.“ Mit Anspielung auf Shakspeare's Kaufmann von Venedig sagt dasselbe Blatt in seiner vorgestrigen Nummer: „Indem Lord Howick die Heiligkeit eines kleinen Rechts und die Ausführung eines großen Unrechts vertheidigte, handelte er schnurstracks gegen die bekannte Lehre: Um großes Recht thu' gern ein kleines Unrecht, Und beug' den grausen Teufel seines Willens. Er erkannte dem die Wahlfreiheit zerstörenden Teufel das Pfund Fleisch zu, das Irland zunächst an seinem Herzen herausgeschnitten werden soll, und, mag sich der arme Patient nun auch daran zu Tode bluten, so ist das nichts als eine vorübergehende Inconvenienz, im Vergleich mit dem glücklich geretteten Wohlbefinden des verdrehten Gewissens Sr. Lordschaft.“ Der weitere Verlauf der gestrigen Sitzung hat über die Ab- und Aussichten des Ministeriums nichts aufgeklärt; die torystischen Blätter finden es unerhört, daß Lord John Russell die Gesinnung des Hauses hinsichtlich Lord Stanley's Bill ein drittesmal auf die Probe stellen will. Außerdem triumphiren sie über zwei in Cambridge und Ludlow errungene Wahlsiege; an beiden Orten ist der conservative Candidat wieder ernannt worden: Sir Alexander Grant für Cambridge mit 745 Stimmen (gegen 652 Stimmen die Prof. Starkie hatte); Hr. Bockfield für Ludlow mit 201 Stimmen (gegen 160 Stimmen des Hrn. Larpent.) Von andern Neuigkeiten beschäftigen besonders der Brand des Yorker Münsters und das zweite Verhör über Lord William Russells Ermordung die öffentliche Aufmerksamkeit. Die Chartisten haben in Hanley und New-Castle wieder Versammlungen gehalten, und am letzten Orte auf Antrag des James Ayre beschlossen, sich eine vollkommen neue centralisirte Organisation zu geben, mit einem einstweiligen in London sitzenden leitenden Convent von zehn Delegirten. Mehrere englische Blätter veröffentlichen einen Brief des Lord Brougham an die Gilde der Edinburger Kaufleute, datirt von Grenoble und geschrieben als Antwort auf das Gesuch, er möge eine von ihnen unterzeichnete Petition gegen den

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 151. Augsburg, 30. Mai 1840, S. 1201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_151_18400530/1>, abgerufen am 21.11.2024.