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Allgemeine Zeitung. Nr. 154. Augsburg, 2. Juni 1840.

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Dagegen hat der Hr. Abg. v. Itzstein Bezug auf eine Proclamation des Königs von Hannover genommen, womit ein Bundesbeschluß zur öffentlichen Kenntniß gebracht wurde, der am 5 Sept. v. J. gefaßt worden seyn soll. Da der König von Hannover diesen Bundesbeschluß zur öffentlichen Kenntniß gebracht hat, und er dabei zunächst betheiligt erscheint, so habe ich keine Ursache, die Existenz desselben in Abrede zu stellen. Dieser Beschluß besteht. (Der Hr. Minister verliest ihn.) Ich kann nicht finden, daß dieser Bundesbeschluß mißverstanden werden kann, und eben deßhalb scheint er auch in keiner Weise einer Interpretation zu bedürfen. Er sagt mit kurzen Worten, daß den in der fünften Sitzung vom 26 April d. J. gestellten Anträgen keine Folge gegeben werden könne, und fügt hinzu, daß bei obwaltender Sachlage keine Veranlassung zur Einwirkung auf diese innere Angelegenheit des Königreichs Hannover gegeben sey Sie haben vielfach auf den Bund provocirt und, wie Sie selbst sagen, mit Spannung seinen Beschluß erwartet. Es wird also von Ihnen die Competenz des Bundes, diesen Beschluß zu fassen, nicht im mindesten in Zweifel gezogen werden können. Der Beschluß, wie er vorliegt, ist formelles Recht geworden, und besteht für Sie, für den König von Hannover, für ganz Deutschland. Wir Alle sind ihm Achtung schuldig, und diese Achtung auf irgend eine Weise außer Augen zu setzen, wäre nach meinem Dafürhalten eine schwere Verletzung der Pflichten, die uns Allen obliegen. Wenn es nun in diesem Beschluß heißt, daß es sich hier von einer innern Landesangelegenheit des Königsreichs Hannover handle, so werden Sie nicht gemeint seyn, sich in diese innere Angelegenheit des Königreichs Hannover in irgend einer Weise zu mischen, und noch weniger kann es die Intention des Großherzogs seyn, sich eine solche Einmischung zu Schulden kommen zu lassen. Wenn es dem König gelingt, seine innern Angelegenheiten zu ordnen, ohne daß ein Einschreiten des Bundes nothwendig wird, so kann dieß nur als ein erwünschtes Ereigniß betrachtet werden. Wenn nun die Verhältnisse dadurch wieder die Consistenz gewinnen, wovon gesagt wird, daß sie verloren gegangen sey, so kann dieser Zustand nur als ein erfreulicher bezeichnet werden, welchen zu stören sich Niemand unterfangen wird. Wenigstens wird die großherzogliche Regierung und jede Regierung Deutschlands sich ein Gewissen daraus machen, einen, wenn auch, nach Ihrer Behauptung, nur formell legalen Verfassungszustand, in irgend einem deutschen Bundesstaat gewaltsam zu stören. Der Bund würde glauben, gegen das Grundprincip seiner Existenz, nämlich die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit der einzelnen Bundesstaaten, zu handeln, wenn er ohne die dringendste Veranlassung zu einer solchen Einmischung sich herabließe. Wenn der Zustand, von dem ich sprach, ohne die Einmischung des Bundes herbeigeführt werden kann, so ist dieses Ereigniß nur ein wünschenswerthes, und es wäre nicht nur gewagt, sondern vielleicht ein Verbrechen, in die natürliche Entwickelung der Verhältnisse einzugreifen und Unruhen zu stiften, wo sie früher nicht vorhanden waren; frevelhaft wäre es, der Zeit voraneilend nach eingebildeten Gütern zu haschen und dadurch den innern Frieden eines deutschen Bundesstaats zu stören. Ich glaube, daß Sie nicht erwarten werden, es solle die Regierung bei obwaltender Sachlage, wie sich der Bundesbeschluß ausdrückt, in ihren Schritten, wenn sie welche gethan haben könnte, was zu avouiren ich nicht berechtigt bin, noch weiter gehen."

v. Itzstein erwiederte unter Andern: "Die Regierung behauptet, der Kammer stehe kein Recht zu, in dieser Sache etwas zu thun. Die Kammer aber, und nicht die badische Kammer allein, sondern alle Ständeversammlungen Deutschlands, also die Repräsentanten Deutschlands, sind anderer Meinung... Wäre die Verfassung von 1833 nicht aufgehoben, wären die Stände unter ihrer Herrschaft versammelt, hätte der König von Hannover ihnen das Schattenbild einer Verfassung, wie wir sie gegenwärtig sehen, vorgelegt, und hätten diese darüber verhandelt und diese Verfassung mit oder ohne Abänderung angenommen, so müßte sich das Volk dabei beruhigen; dem ist aber gegenwärtig nicht also. Die Verfassung von 1833 ist nun einmal, man mag sagen, was man will, einseitig aufgehoben, und Alles, was von diesem Zustande, von diesem Ereigniß ausgeht, ist nichtig, somit sind auch die jetzigen Stände als nichtig gewählt anzusehen, wobei ich zugleich auch auf die merkwürdige Art aufmerksam machen will, wie man dort Minoritätswahlen (eine Erscheinung, von der man sonst gar keinen Begriff hatte) bewirkt und die Leute zusammengetrieben hat, um Wahlen im Sinne der Regierung zu erhalten. Aus nichtigen Ständen kann aber auch nichts zu Recht Bestehendes, nichts Verbindendes hervorgehen. Es ist auch bekannt, daß der größte Theil des hannover'schen Landes die Stände nicht anerkennt. Will und kann man unter solchen Umständen etwas Gutes, etwas zur Beruhigung Beitragendes von den Beschlüssen erwarten, die solche Stände etwa fassen? Nein! Erwarte man vielmehr, daß aus diesem Zustand ein weit bitterer Geist in jenem Lande hervorgehen und in ganz Deutschland sich zeigen wird wie früher. Ich glaube daher, daß der Widerspruch gegen unsere Competenz nicht hinreichend ist, uns zu hindern, heute in unserer Berathung fortzufahren, und, wie ich dem Hrn. Minister der auswärtigen Angelegenheiten gern zugebe, dadurch nur den Ausdruck der Volksrepräsentation in Baden, vereinigt mit dem der übrigen Stände zu bewirken, der Weisheit der übrigen Regierungen, welche solche Aussprüche der öffentlichen Meinung nicht unbeachtet lassen werden, und der Verfügung des Bundestags allerdings das Weitere heimgebend. Wenn übrigens der Hr. Minister dargethan zu haben glaubt, daß der Bundesbeschluß, wie er vorliegt, so sehr klar sey, so widerstrebt dieß doch dem Gefühle, welches viele Millionen verständiger Menschen in Beziehung auf denselben haben. Auch steht die Erklärung des Hrn. Ministers, wie ich später noch näher nachweisen werde, in bedeutendem Widerspruche mit der Erklärung der sächsischen Minister, und doch hat die sächsische Regierung mit der badischen gleich gestimmt. Es sollte nun scheinen, daß, wenn eine Regierung erklärt, die Interpretation sei nicht so, wie man sie erwarten konnte, die andere Regierung, welche ebenso bei dem Bundestage gestimmt hat, dieselbe Ansicht haben müsse.

(Fortsetzung folgt.)

Hannover. (Ueber die sogenannten Minoritätswahlen.) Als die Anhänger des Staatsgrundgesetzes von 1833 zu der Ansicht gelangt waren, daß ihre phantastischen Hoffnungen, deren Erfüllung sie von der Bundesversammlung erwarteten, wohl schwerlich erfüllt werden dürften, hätte eine leidenschaftlose Beachtung der Verhältnisse sie zu der Ueberzeugung führen müssen, daß nur auf dem Wege der ständischen Vermittelung ein sicheres und würdiges Ziel zu erstreben sey. Das, was man durch die angeschuldigte Rechtswidrigkeit anscheinend nicht erreichen konnte, wollte man nunmehr auf anderm Wege und mit andern Mitteln herbeiführen. Aber es gab der Mittel und Wege nur wenige, um eine Einmischung des Bundes überhaupt, und insbesondere eine rasche Bewegung hervorzurufen. Statt, wie oben erwähnt, ihre Gesinnungen und Wünsche in eine loyale Richtung zu bannen, sie durch das Medium der ständischen Verhandlung zu manifestiren, strebten sie vielmehr gerade darnach, das Zusammentreten einer Ständeversammlung zu vereiteln. Sie wandten alle ihre Kräfte und alle ihre Mittel an, um die ständischen Wahlen zu hintertreiben, hoffend, es werde der Bund, wenn eine vollständige ständische Versammlung fehle, wohl jedenfalls einschreiten müssen. Doch auch dieser zweite Anlauf schlug im Ganzen fehl. Die Ständeversammlung kam ungeachtet der nicht gesparten oppositionellen Umtriebe zu Stande, und nur einzelne Spuren dieser illegalen Bestrebungen blieben als Merkzeichen ihrer Thätigkeit zurück. Zu diesen Ueberresten der damaligen Thätigkeit der Oppositionspartei gehören ganz vorzüglich die seit jener Zeit sogenannten Minoritätswahlen, über die seitdem so viel gesprochen worden ist. Seit länger als einem Jahre hat die Opposition mit diesen s. g. Minoritätswahlen, und mit ihnen fast allein den Kreuzzug gegen die hannover'sche Regierung unterhalten. Ueberall, wo man gegen das Cabinet den offenen oder verdeckten Zug begann, glänzten die s. g. Minoritätswahlen hervor; überall, wo man gegen das Cabinet predigen konnte, wurden die s. g. Minoritätswahlen als leitendes Thema benutzt, und überall endlich, wo dem Cabinet Ungesetzlichkeit oder widerrechtliches Verfahren bewiesen werden sollte, hat man sich der s. g. Minoritätswahlen gerade als stärkstes Beweismittel bedient. Obwohl die Plane der Opposition keinen vollkommen ergiebigen Boden fanden,

Dagegen hat der Hr. Abg. v. Itzstein Bezug auf eine Proclamation des Königs von Hannover genommen, womit ein Bundesbeschluß zur öffentlichen Kenntniß gebracht wurde, der am 5 Sept. v. J. gefaßt worden seyn soll. Da der König von Hannover diesen Bundesbeschluß zur öffentlichen Kenntniß gebracht hat, und er dabei zunächst betheiligt erscheint, so habe ich keine Ursache, die Existenz desselben in Abrede zu stellen. Dieser Beschluß besteht. (Der Hr. Minister verliest ihn.) Ich kann nicht finden, daß dieser Bundesbeschluß mißverstanden werden kann, und eben deßhalb scheint er auch in keiner Weise einer Interpretation zu bedürfen. Er sagt mit kurzen Worten, daß den in der fünften Sitzung vom 26 April d. J. gestellten Anträgen keine Folge gegeben werden könne, und fügt hinzu, daß bei obwaltender Sachlage keine Veranlassung zur Einwirkung auf diese innere Angelegenheit des Königreichs Hannover gegeben sey Sie haben vielfach auf den Bund provocirt und, wie Sie selbst sagen, mit Spannung seinen Beschluß erwartet. Es wird also von Ihnen die Competenz des Bundes, diesen Beschluß zu fassen, nicht im mindesten in Zweifel gezogen werden können. Der Beschluß, wie er vorliegt, ist formelles Recht geworden, und besteht für Sie, für den König von Hannover, für ganz Deutschland. Wir Alle sind ihm Achtung schuldig, und diese Achtung auf irgend eine Weise außer Augen zu setzen, wäre nach meinem Dafürhalten eine schwere Verletzung der Pflichten, die uns Allen obliegen. Wenn es nun in diesem Beschluß heißt, daß es sich hier von einer innern Landesangelegenheit des Königsreichs Hannover handle, so werden Sie nicht gemeint seyn, sich in diese innere Angelegenheit des Königreichs Hannover in irgend einer Weise zu mischen, und noch weniger kann es die Intention des Großherzogs seyn, sich eine solche Einmischung zu Schulden kommen zu lassen. Wenn es dem König gelingt, seine innern Angelegenheiten zu ordnen, ohne daß ein Einschreiten des Bundes nothwendig wird, so kann dieß nur als ein erwünschtes Ereigniß betrachtet werden. Wenn nun die Verhältnisse dadurch wieder die Consistenz gewinnen, wovon gesagt wird, daß sie verloren gegangen sey, so kann dieser Zustand nur als ein erfreulicher bezeichnet werden, welchen zu stören sich Niemand unterfangen wird. Wenigstens wird die großherzogliche Regierung und jede Regierung Deutschlands sich ein Gewissen daraus machen, einen, wenn auch, nach Ihrer Behauptung, nur formell legalen Verfassungszustand, in irgend einem deutschen Bundesstaat gewaltsam zu stören. Der Bund würde glauben, gegen das Grundprincip seiner Existenz, nämlich die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit der einzelnen Bundesstaaten, zu handeln, wenn er ohne die dringendste Veranlassung zu einer solchen Einmischung sich herabließe. Wenn der Zustand, von dem ich sprach, ohne die Einmischung des Bundes herbeigeführt werden kann, so ist dieses Ereigniß nur ein wünschenswerthes, und es wäre nicht nur gewagt, sondern vielleicht ein Verbrechen, in die natürliche Entwickelung der Verhältnisse einzugreifen und Unruhen zu stiften, wo sie früher nicht vorhanden waren; frevelhaft wäre es, der Zeit voraneilend nach eingebildeten Gütern zu haschen und dadurch den innern Frieden eines deutschen Bundesstaats zu stören. Ich glaube, daß Sie nicht erwarten werden, es solle die Regierung bei obwaltender Sachlage, wie sich der Bundesbeschluß ausdrückt, in ihren Schritten, wenn sie welche gethan haben könnte, was zu avouiren ich nicht berechtigt bin, noch weiter gehen.“

v. Itzstein erwiederte unter Andern: „Die Regierung behauptet, der Kammer stehe kein Recht zu, in dieser Sache etwas zu thun. Die Kammer aber, und nicht die badische Kammer allein, sondern alle Ständeversammlungen Deutschlands, also die Repräsentanten Deutschlands, sind anderer Meinung... Wäre die Verfassung von 1833 nicht aufgehoben, wären die Stände unter ihrer Herrschaft versammelt, hätte der König von Hannover ihnen das Schattenbild einer Verfassung, wie wir sie gegenwärtig sehen, vorgelegt, und hätten diese darüber verhandelt und diese Verfassung mit oder ohne Abänderung angenommen, so müßte sich das Volk dabei beruhigen; dem ist aber gegenwärtig nicht also. Die Verfassung von 1833 ist nun einmal, man mag sagen, was man will, einseitig aufgehoben, und Alles, was von diesem Zustande, von diesem Ereigniß ausgeht, ist nichtig, somit sind auch die jetzigen Stände als nichtig gewählt anzusehen, wobei ich zugleich auch auf die merkwürdige Art aufmerksam machen will, wie man dort Minoritätswahlen (eine Erscheinung, von der man sonst gar keinen Begriff hatte) bewirkt und die Leute zusammengetrieben hat, um Wahlen im Sinne der Regierung zu erhalten. Aus nichtigen Ständen kann aber auch nichts zu Recht Bestehendes, nichts Verbindendes hervorgehen. Es ist auch bekannt, daß der größte Theil des hannover'schen Landes die Stände nicht anerkennt. Will und kann man unter solchen Umständen etwas Gutes, etwas zur Beruhigung Beitragendes von den Beschlüssen erwarten, die solche Stände etwa fassen? Nein! Erwarte man vielmehr, daß aus diesem Zustand ein weit bitterer Geist in jenem Lande hervorgehen und in ganz Deutschland sich zeigen wird wie früher. Ich glaube daher, daß der Widerspruch gegen unsere Competenz nicht hinreichend ist, uns zu hindern, heute in unserer Berathung fortzufahren, und, wie ich dem Hrn. Minister der auswärtigen Angelegenheiten gern zugebe, dadurch nur den Ausdruck der Volksrepräsentation in Baden, vereinigt mit dem der übrigen Stände zu bewirken, der Weisheit der übrigen Regierungen, welche solche Aussprüche der öffentlichen Meinung nicht unbeachtet lassen werden, und der Verfügung des Bundestags allerdings das Weitere heimgebend. Wenn übrigens der Hr. Minister dargethan zu haben glaubt, daß der Bundesbeschluß, wie er vorliegt, so sehr klar sey, so widerstrebt dieß doch dem Gefühle, welches viele Millionen verständiger Menschen in Beziehung auf denselben haben. Auch steht die Erklärung des Hrn. Ministers, wie ich später noch näher nachweisen werde, in bedeutendem Widerspruche mit der Erklärung der sächsischen Minister, und doch hat die sächsische Regierung mit der badischen gleich gestimmt. Es sollte nun scheinen, daß, wenn eine Regierung erklärt, die Interpretation sei nicht so, wie man sie erwarten konnte, die andere Regierung, welche ebenso bei dem Bundestage gestimmt hat, dieselbe Ansicht haben müsse.

(Fortsetzung folgt.)

Hannover. (Ueber die sogenannten Minoritätswahlen.) Als die Anhänger des Staatsgrundgesetzes von 1833 zu der Ansicht gelangt waren, daß ihre phantastischen Hoffnungen, deren Erfüllung sie von der Bundesversammlung erwarteten, wohl schwerlich erfüllt werden dürften, hätte eine leidenschaftlose Beachtung der Verhältnisse sie zu der Ueberzeugung führen müssen, daß nur auf dem Wege der ständischen Vermittelung ein sicheres und würdiges Ziel zu erstreben sey. Das, was man durch die angeschuldigte Rechtswidrigkeit anscheinend nicht erreichen konnte, wollte man nunmehr auf anderm Wege und mit andern Mitteln herbeiführen. Aber es gab der Mittel und Wege nur wenige, um eine Einmischung des Bundes überhaupt, und insbesondere eine rasche Bewegung hervorzurufen. Statt, wie oben erwähnt, ihre Gesinnungen und Wünsche in eine loyale Richtung zu bannen, sie durch das Medium der ständischen Verhandlung zu manifestiren, strebten sie vielmehr gerade darnach, das Zusammentreten einer Ständeversammlung zu vereiteln. Sie wandten alle ihre Kräfte und alle ihre Mittel an, um die ständischen Wahlen zu hintertreiben, hoffend, es werde der Bund, wenn eine vollständige ständische Versammlung fehle, wohl jedenfalls einschreiten müssen. Doch auch dieser zweite Anlauf schlug im Ganzen fehl. Die Ständeversammlung kam ungeachtet der nicht gesparten oppositionellen Umtriebe zu Stande, und nur einzelne Spuren dieser illegalen Bestrebungen blieben als Merkzeichen ihrer Thätigkeit zurück. Zu diesen Ueberresten der damaligen Thätigkeit der Oppositionspartei gehören ganz vorzüglich die seit jener Zeit sogenannten Minoritätswahlen, über die seitdem so viel gesprochen worden ist. Seit länger als einem Jahre hat die Opposition mit diesen s. g. Minoritätswahlen, und mit ihnen fast allein den Kreuzzug gegen die hannover'sche Regierung unterhalten. Ueberall, wo man gegen das Cabinet den offenen oder verdeckten Zug begann, glänzten die s. g. Minoritätswahlen hervor; überall, wo man gegen das Cabinet predigen konnte, wurden die s. g. Minoritätswahlen als leitendes Thema benutzt, und überall endlich, wo dem Cabinet Ungesetzlichkeit oder widerrechtliches Verfahren bewiesen werden sollte, hat man sich der s. g. Minoritätswahlen gerade als stärkstes Beweismittel bedient. Obwohl die Plane der Opposition keinen vollkommen ergiebigen Boden fanden,

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Dagegen hat der Hr. Abg. v. Itzstein Bezug auf eine Proclamation des Königs von Hannover genommen, womit ein Bundesbeschluß zur öffentlichen Kenntniß gebracht wurde, der am 5 Sept. v. J. gefaßt worden seyn soll. Da der König von Hannover diesen Bundesbeschluß zur öffentlichen Kenntniß gebracht hat, und er dabei zunächst betheiligt erscheint, so habe ich keine Ursache, die Existenz desselben in Abrede zu stellen. Dieser Beschluß besteht. (Der Hr. Minister verliest ihn.) Ich kann nicht finden, daß dieser Bundesbeschluß mißverstanden werden kann, und eben deßhalb scheint er auch in keiner Weise einer Interpretation zu bedürfen. Er sagt mit kurzen Worten, daß den in der fünften Sitzung vom 26 April d. J. gestellten Anträgen keine Folge gegeben werden könne, und fügt hinzu, daß bei obwaltender Sachlage keine Veranlassung zur Einwirkung auf diese innere Angelegenheit des Königreichs Hannover gegeben sey Sie haben vielfach auf den Bund provocirt und, wie Sie selbst sagen, mit Spannung seinen Beschluß erwartet. Es wird also von Ihnen die Competenz des Bundes, diesen Beschluß zu fassen, nicht im mindesten in Zweifel gezogen werden können. Der Beschluß, wie er vorliegt, ist formelles Recht geworden, und besteht für Sie, für den König von Hannover, für ganz Deutschland. Wir Alle sind ihm Achtung schuldig, und diese Achtung auf irgend eine Weise außer Augen zu setzen, wäre nach meinem Dafürhalten eine schwere Verletzung der Pflichten, die uns Allen obliegen. Wenn es nun in diesem Beschluß heißt, daß es sich hier von einer <hi rendition="#g">innern Landesangelegenheit</hi> des Königsreichs Hannover handle, so werden Sie nicht gemeint seyn, sich in diese innere Angelegenheit des Königreichs Hannover in irgend einer Weise zu mischen, und noch weniger kann es die Intention des Großherzogs seyn, sich eine solche Einmischung zu Schulden kommen zu lassen. Wenn es dem König gelingt, seine innern Angelegenheiten zu ordnen, ohne daß ein Einschreiten des Bundes nothwendig wird, so kann dieß nur als ein erwünschtes Ereigniß betrachtet werden. Wenn nun die Verhältnisse dadurch wieder die Consistenz gewinnen, wovon gesagt wird, daß sie verloren gegangen sey, so kann dieser Zustand nur als ein erfreulicher bezeichnet werden, welchen zu stören sich Niemand unterfangen wird. Wenigstens wird die großherzogliche Regierung und jede Regierung Deutschlands sich ein Gewissen daraus machen, einen, wenn auch, nach Ihrer Behauptung, nur formell legalen Verfassungszustand, in irgend einem deutschen Bundesstaat gewaltsam zu stören. Der Bund würde glauben, gegen das Grundprincip seiner Existenz, nämlich die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit der einzelnen Bundesstaaten, zu handeln, wenn er ohne die dringendste Veranlassung zu einer solchen Einmischung sich herabließe. Wenn der Zustand, von dem ich sprach, ohne die Einmischung des Bundes herbeigeführt werden kann, so ist dieses Ereigniß nur ein wünschenswerthes, und es wäre nicht nur gewagt, sondern vielleicht ein Verbrechen, in die natürliche Entwickelung der Verhältnisse einzugreifen und Unruhen zu stiften, wo sie früher nicht vorhanden waren; frevelhaft wäre es, der Zeit voraneilend nach eingebildeten Gütern zu haschen und dadurch den innern Frieden eines deutschen Bundesstaats zu stören. Ich glaube, daß Sie nicht erwarten werden, es solle die Regierung bei obwaltender Sachlage, wie sich der Bundesbeschluß ausdrückt, in ihren Schritten, wenn sie welche gethan haben könnte, was zu avouiren ich nicht berechtigt bin, noch weiter gehen.&#x201C;</p><lb/>
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[1228/0012] Dagegen hat der Hr. Abg. v. Itzstein Bezug auf eine Proclamation des Königs von Hannover genommen, womit ein Bundesbeschluß zur öffentlichen Kenntniß gebracht wurde, der am 5 Sept. v. J. gefaßt worden seyn soll. Da der König von Hannover diesen Bundesbeschluß zur öffentlichen Kenntniß gebracht hat, und er dabei zunächst betheiligt erscheint, so habe ich keine Ursache, die Existenz desselben in Abrede zu stellen. Dieser Beschluß besteht. (Der Hr. Minister verliest ihn.) Ich kann nicht finden, daß dieser Bundesbeschluß mißverstanden werden kann, und eben deßhalb scheint er auch in keiner Weise einer Interpretation zu bedürfen. Er sagt mit kurzen Worten, daß den in der fünften Sitzung vom 26 April d. J. gestellten Anträgen keine Folge gegeben werden könne, und fügt hinzu, daß bei obwaltender Sachlage keine Veranlassung zur Einwirkung auf diese innere Angelegenheit des Königreichs Hannover gegeben sey Sie haben vielfach auf den Bund provocirt und, wie Sie selbst sagen, mit Spannung seinen Beschluß erwartet. Es wird also von Ihnen die Competenz des Bundes, diesen Beschluß zu fassen, nicht im mindesten in Zweifel gezogen werden können. Der Beschluß, wie er vorliegt, ist formelles Recht geworden, und besteht für Sie, für den König von Hannover, für ganz Deutschland. Wir Alle sind ihm Achtung schuldig, und diese Achtung auf irgend eine Weise außer Augen zu setzen, wäre nach meinem Dafürhalten eine schwere Verletzung der Pflichten, die uns Allen obliegen. Wenn es nun in diesem Beschluß heißt, daß es sich hier von einer innern Landesangelegenheit des Königsreichs Hannover handle, so werden Sie nicht gemeint seyn, sich in diese innere Angelegenheit des Königreichs Hannover in irgend einer Weise zu mischen, und noch weniger kann es die Intention des Großherzogs seyn, sich eine solche Einmischung zu Schulden kommen zu lassen. Wenn es dem König gelingt, seine innern Angelegenheiten zu ordnen, ohne daß ein Einschreiten des Bundes nothwendig wird, so kann dieß nur als ein erwünschtes Ereigniß betrachtet werden. Wenn nun die Verhältnisse dadurch wieder die Consistenz gewinnen, wovon gesagt wird, daß sie verloren gegangen sey, so kann dieser Zustand nur als ein erfreulicher bezeichnet werden, welchen zu stören sich Niemand unterfangen wird. Wenigstens wird die großherzogliche Regierung und jede Regierung Deutschlands sich ein Gewissen daraus machen, einen, wenn auch, nach Ihrer Behauptung, nur formell legalen Verfassungszustand, in irgend einem deutschen Bundesstaat gewaltsam zu stören. Der Bund würde glauben, gegen das Grundprincip seiner Existenz, nämlich die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit der einzelnen Bundesstaaten, zu handeln, wenn er ohne die dringendste Veranlassung zu einer solchen Einmischung sich herabließe. Wenn der Zustand, von dem ich sprach, ohne die Einmischung des Bundes herbeigeführt werden kann, so ist dieses Ereigniß nur ein wünschenswerthes, und es wäre nicht nur gewagt, sondern vielleicht ein Verbrechen, in die natürliche Entwickelung der Verhältnisse einzugreifen und Unruhen zu stiften, wo sie früher nicht vorhanden waren; frevelhaft wäre es, der Zeit voraneilend nach eingebildeten Gütern zu haschen und dadurch den innern Frieden eines deutschen Bundesstaats zu stören. Ich glaube, daß Sie nicht erwarten werden, es solle die Regierung bei obwaltender Sachlage, wie sich der Bundesbeschluß ausdrückt, in ihren Schritten, wenn sie welche gethan haben könnte, was zu avouiren ich nicht berechtigt bin, noch weiter gehen.“ v. Itzstein erwiederte unter Andern: „Die Regierung behauptet, der Kammer stehe kein Recht zu, in dieser Sache etwas zu thun. Die Kammer aber, und nicht die badische Kammer allein, sondern alle Ständeversammlungen Deutschlands, also die Repräsentanten Deutschlands, sind anderer Meinung... Wäre die Verfassung von 1833 nicht aufgehoben, wären die Stände unter ihrer Herrschaft versammelt, hätte der König von Hannover ihnen das Schattenbild einer Verfassung, wie wir sie gegenwärtig sehen, vorgelegt, und hätten diese darüber verhandelt und diese Verfassung mit oder ohne Abänderung angenommen, so müßte sich das Volk dabei beruhigen; dem ist aber gegenwärtig nicht also. Die Verfassung von 1833 ist nun einmal, man mag sagen, was man will, einseitig aufgehoben, und Alles, was von diesem Zustande, von diesem Ereigniß ausgeht, ist nichtig, somit sind auch die jetzigen Stände als nichtig gewählt anzusehen, wobei ich zugleich auch auf die merkwürdige Art aufmerksam machen will, wie man dort Minoritätswahlen (eine Erscheinung, von der man sonst gar keinen Begriff hatte) bewirkt und die Leute zusammengetrieben hat, um Wahlen im Sinne der Regierung zu erhalten. Aus nichtigen Ständen kann aber auch nichts zu Recht Bestehendes, nichts Verbindendes hervorgehen. Es ist auch bekannt, daß der größte Theil des hannover'schen Landes die Stände nicht anerkennt. Will und kann man unter solchen Umständen etwas Gutes, etwas zur Beruhigung Beitragendes von den Beschlüssen erwarten, die solche Stände etwa fassen? Nein! Erwarte man vielmehr, daß aus diesem Zustand ein weit bitterer Geist in jenem Lande hervorgehen und in ganz Deutschland sich zeigen wird wie früher. Ich glaube daher, daß der Widerspruch gegen unsere Competenz nicht hinreichend ist, uns zu hindern, heute in unserer Berathung fortzufahren, und, wie ich dem Hrn. Minister der auswärtigen Angelegenheiten gern zugebe, dadurch nur den Ausdruck der Volksrepräsentation in Baden, vereinigt mit dem der übrigen Stände zu bewirken, der Weisheit der übrigen Regierungen, welche solche Aussprüche der öffentlichen Meinung nicht unbeachtet lassen werden, und der Verfügung des Bundestags allerdings das Weitere heimgebend. Wenn übrigens der Hr. Minister dargethan zu haben glaubt, daß der Bundesbeschluß, wie er vorliegt, so sehr klar sey, so widerstrebt dieß doch dem Gefühle, welches viele Millionen verständiger Menschen in Beziehung auf denselben haben. Auch steht die Erklärung des Hrn. Ministers, wie ich später noch näher nachweisen werde, in bedeutendem Widerspruche mit der Erklärung der sächsischen Minister, und doch hat die sächsische Regierung mit der badischen gleich gestimmt. Es sollte nun scheinen, daß, wenn eine Regierung erklärt, die Interpretation sei nicht so, wie man sie erwarten konnte, die andere Regierung, welche ebenso bei dem Bundestage gestimmt hat, dieselbe Ansicht haben müsse. (Fortsetzung folgt.) _ Hannover. (Ueber die sogenannten Minoritätswahlen.) Als die Anhänger des Staatsgrundgesetzes von 1833 zu der Ansicht gelangt waren, daß ihre phantastischen Hoffnungen, deren Erfüllung sie von der Bundesversammlung erwarteten, wohl schwerlich erfüllt werden dürften, hätte eine leidenschaftlose Beachtung der Verhältnisse sie zu der Ueberzeugung führen müssen, daß nur auf dem Wege der ständischen Vermittelung ein sicheres und würdiges Ziel zu erstreben sey. Das, was man durch die angeschuldigte Rechtswidrigkeit anscheinend nicht erreichen konnte, wollte man nunmehr auf anderm Wege und mit andern Mitteln herbeiführen. Aber es gab der Mittel und Wege nur wenige, um eine Einmischung des Bundes überhaupt, und insbesondere eine rasche Bewegung hervorzurufen. Statt, wie oben erwähnt, ihre Gesinnungen und Wünsche in eine loyale Richtung zu bannen, sie durch das Medium der ständischen Verhandlung zu manifestiren, strebten sie vielmehr gerade darnach, das Zusammentreten einer Ständeversammlung zu vereiteln. Sie wandten alle ihre Kräfte und alle ihre Mittel an, um die ständischen Wahlen zu hintertreiben, hoffend, es werde der Bund, wenn eine vollständige ständische Versammlung fehle, wohl jedenfalls einschreiten müssen. Doch auch dieser zweite Anlauf schlug im Ganzen fehl. Die Ständeversammlung kam ungeachtet der nicht gesparten oppositionellen Umtriebe zu Stande, und nur einzelne Spuren dieser illegalen Bestrebungen blieben als Merkzeichen ihrer Thätigkeit zurück. Zu diesen Ueberresten der damaligen Thätigkeit der Oppositionspartei gehören ganz vorzüglich die seit jener Zeit sogenannten Minoritätswahlen, über die seitdem so viel gesprochen worden ist. Seit länger als einem Jahre hat die Opposition mit diesen s. g. Minoritätswahlen, und mit ihnen fast allein den Kreuzzug gegen die hannover'sche Regierung unterhalten. Ueberall, wo man gegen das Cabinet den offenen oder verdeckten Zug begann, glänzten die s. g. Minoritätswahlen hervor; überall, wo man gegen das Cabinet predigen konnte, wurden die s. g. Minoritätswahlen als leitendes Thema benutzt, und überall endlich, wo dem Cabinet Ungesetzlichkeit oder widerrechtliches Verfahren bewiesen werden sollte, hat man sich der s. g. Minoritätswahlen gerade als stärkstes Beweismittel bedient. Obwohl die Plane der Opposition keinen vollkommen ergiebigen Boden fanden,

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 154. Augsburg, 2. Juni 1840, S. 1228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_154_18400602/12>, abgerufen am 24.11.2024.