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Allgemeine Zeitung. Nr. 155. Augsburg, 3. Juni 1840.

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Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Mittwoch
Nr. 155.
3 Junius 1840.
Portugal.

Der Marschall Marquis de Saldanha ist in Auftrag des Gouvernements nach London abgereist, um wegen der maßlosen Forderungen Englands zu unterhandeln; England dringt auf Bezahlung dessen was man ihm schuldet, mit der Drohung, daß es seine Maaßregeln ergreifen würde in dem Fall des Nichtbezahlens. Worin die Maaßregeln bestehen werden, wird nicht gesagt, man kann sich aber wohl an den Fingern herzählen, daß es damit auf die Besitznahme der ostindischen Besitzungen abgesehen ist, die ihnen besonders gegenwärtig wegen der Differenzen mit China so sehr convenirten. - Den Minister des Auswärtigen, den Grafen Villa Real, beschuldigen nun selbst seine Freunde der Nachlässigkeit, daß er die Sache bisher so habe hängen lassen und keine entscheidenden Schritte gethan habe, die eine solche drohende Note des englischen Gouvernements abgewendet haben würden. Man macht ihm den Vorwurf, daß er zu sehr auf seinen diplomatischen Ruf vertraut habe, so wie auf seine persönlichen Verbindungen mit den englischen Notabilitäten, die er geglaubt durch Hinhalten einzuschläfern. Nachdem die Sache nun bis zu jenem Aeußersten gediehen, hat derselbe die gescheidtesten Notabilitäten (mit Ausschluß der Septembristen) zu einer Berathung zusammenberufen, deren Resultat die Sendung Saldanha's nach England war. Außer Instructionen zur gütlichen Beilegung dieser Angelegenheit hat man dem Gesandten auch Wechsel zur Befriedigung der dringendsten Schuldner mitgegeben, ausgestellt von dem Minister des Auswärtigen auf die portugiesische Schatzkammer und zahlbar in gewissen Terminen. Wird das so aufgebrachte und jetzt so rücksichtslos handelnde englische Gouvernement solche Wechsel eines bankerotten Staats acceptiren? Wird Saldanha jenem Gouvernement so viel Vertrauen einflößen können, daß es an das Versprechen der Zahlung der Wechsel glaubt? Wird überhaupt dem englischen Gouvernement so viel an der Bezahlung gelegen seyn, wenn es unter dem schicklichen Vorwande der Nichtbezahlung einmal die Absicht hat, sich auf diese Art die indischen Besitzungen anzueignen, was unstreitig jenem Gouvernement mehr Vortheil bringt, als die Bezahlung dessen, was Portugal an englische Unterthanen schuldet? Der geeignetste Mann zu der Sendung würde wohl der Herzog v. Palmella gewesen seyn, allein dabei waren noch andere Rücksichten zu nehmen, indem man zugleich den Saldanha auf Antrieb der gemäßigten Partei auf einige Zeit entfernen wollte, denn man will für gewiß behaupten, daß eine weit verzweigte Verschwörung zu Gunsten eines absoluten Gouvernements existire, an deren Spitze Saldanha und der Patriarch stehen sollen. Die Gemäßigten, zu denen auch das Ministerium theilweise gehört, fürchten solche Anschläge. Saldanha, sagt man, soll den Verschwornen sein Wort gegeben haben, nicht nach England zu gehen, wenn man ihn dazu auffordern würde, allein er konnte nicht umhin, den ausdrücklichen Befehlen der Königin zu gehorchen. Die ganze Handlungsweise der Regierung deutet auf Machtgewinnung, auf Verstärkung ihrer Partei durch Einschub von Männern ihres Glaubens an die Stelle von Septembristen. Die Oppositionsblätter predigen dieß täglich, sie sagen laut, daß man nach dem Absolutismus strebe, daß das Volk seine Freiheit wieder verliere. Das Volk aber, welches nun seit 20 Jahren, seit der constitutionellen Verfassung, noch nichts von der vielgerühmten Freiheit geschmeckt, im Gegentheil die Erfahrung gemacht hat, daß es seitdem einen großen Theil seiner Wohlhabenheit verloren, bekümmert sich wenig um das Geschwätz der Zeitungsschreiber, und läßt sich zu Gunsten einer solchen imaginairen Freiheit (die hier bis jetzt nichts anderes als Druck der Parteien war) nicht aufregen. Würde die absolutistische Partei nur so viele Macht erhalten, um ihre Gegner in Zaum zu halten, was gegenwärtig allen Anschein hat, so stünden euch weiter keine Schwierigkeiten in dem Wege. Und warum sollte sich die Königin widersetzen, wenn man sie zwingt absolut zu regieren. Hat man sie doch auch gezwungen den constitutionellen Eid abzulegen! - Fortwährend ist die Witterung rauh, kalt und regnerisch, bereits seit vier Wochen, was ungemein vielen Schaden an Oliven, Wein und Weizen thut, die jetzt in Blüthe stehen, so daß man eine sehr schlechte Ernte befürchtet. Es steigen daher alle Lebensmittel ungemein im Preise, und die Klagen des armen Mannes nehmen immer mehr zu, besonders da das Brod schon um die Hälfte im Preise höher gegangen. Ein deutsches Frühjahrswetter kann nicht so rauh seyn, wie das dießjährige hier ist. Viele Bäume haben noch nicht einmal ihr volles Laub, weder Kastanien noch Ulmen und Akazien.

Spanien.

Die Regierung hatte früher auf die ungeduldig erwartete Einnahme von Morella gerechnet. Befehl war den Leibgarden und der Escorte der Königin gegeben worden,


Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Mittwoch
Nr. 155.
3 Junius 1840.
Portugal.

Der Marschall Marquis de Saldanha ist in Auftrag des Gouvernements nach London abgereist, um wegen der maßlosen Forderungen Englands zu unterhandeln; England dringt auf Bezahlung dessen was man ihm schuldet, mit der Drohung, daß es seine Maaßregeln ergreifen würde in dem Fall des Nichtbezahlens. Worin die Maaßregeln bestehen werden, wird nicht gesagt, man kann sich aber wohl an den Fingern herzählen, daß es damit auf die Besitznahme der ostindischen Besitzungen abgesehen ist, die ihnen besonders gegenwärtig wegen der Differenzen mit China so sehr convenirten. – Den Minister des Auswärtigen, den Grafen Villa Real, beschuldigen nun selbst seine Freunde der Nachlässigkeit, daß er die Sache bisher so habe hängen lassen und keine entscheidenden Schritte gethan habe, die eine solche drohende Note des englischen Gouvernements abgewendet haben würden. Man macht ihm den Vorwurf, daß er zu sehr auf seinen diplomatischen Ruf vertraut habe, so wie auf seine persönlichen Verbindungen mit den englischen Notabilitäten, die er geglaubt durch Hinhalten einzuschläfern. Nachdem die Sache nun bis zu jenem Aeußersten gediehen, hat derselbe die gescheidtesten Notabilitäten (mit Ausschluß der Septembristen) zu einer Berathung zusammenberufen, deren Resultat die Sendung Saldanha's nach England war. Außer Instructionen zur gütlichen Beilegung dieser Angelegenheit hat man dem Gesandten auch Wechsel zur Befriedigung der dringendsten Schuldner mitgegeben, ausgestellt von dem Minister des Auswärtigen auf die portugiesische Schatzkammer und zahlbar in gewissen Terminen. Wird das so aufgebrachte und jetzt so rücksichtslos handelnde englische Gouvernement solche Wechsel eines bankerotten Staats acceptiren? Wird Saldanha jenem Gouvernement so viel Vertrauen einflößen können, daß es an das Versprechen der Zahlung der Wechsel glaubt? Wird überhaupt dem englischen Gouvernement so viel an der Bezahlung gelegen seyn, wenn es unter dem schicklichen Vorwande der Nichtbezahlung einmal die Absicht hat, sich auf diese Art die indischen Besitzungen anzueignen, was unstreitig jenem Gouvernement mehr Vortheil bringt, als die Bezahlung dessen, was Portugal an englische Unterthanen schuldet? Der geeignetste Mann zu der Sendung würde wohl der Herzog v. Palmella gewesen seyn, allein dabei waren noch andere Rücksichten zu nehmen, indem man zugleich den Saldanha auf Antrieb der gemäßigten Partei auf einige Zeit entfernen wollte, denn man will für gewiß behaupten, daß eine weit verzweigte Verschwörung zu Gunsten eines absoluten Gouvernements existire, an deren Spitze Saldanha und der Patriarch stehen sollen. Die Gemäßigten, zu denen auch das Ministerium theilweise gehört, fürchten solche Anschläge. Saldanha, sagt man, soll den Verschwornen sein Wort gegeben haben, nicht nach England zu gehen, wenn man ihn dazu auffordern würde, allein er konnte nicht umhin, den ausdrücklichen Befehlen der Königin zu gehorchen. Die ganze Handlungsweise der Regierung deutet auf Machtgewinnung, auf Verstärkung ihrer Partei durch Einschub von Männern ihres Glaubens an die Stelle von Septembristen. Die Oppositionsblätter predigen dieß täglich, sie sagen laut, daß man nach dem Absolutismus strebe, daß das Volk seine Freiheit wieder verliere. Das Volk aber, welches nun seit 20 Jahren, seit der constitutionellen Verfassung, noch nichts von der vielgerühmten Freiheit geschmeckt, im Gegentheil die Erfahrung gemacht hat, daß es seitdem einen großen Theil seiner Wohlhabenheit verloren, bekümmert sich wenig um das Geschwätz der Zeitungsschreiber, und läßt sich zu Gunsten einer solchen imaginairen Freiheit (die hier bis jetzt nichts anderes als Druck der Parteien war) nicht aufregen. Würde die absolutistische Partei nur so viele Macht erhalten, um ihre Gegner in Zaum zu halten, was gegenwärtig allen Anschein hat, so stünden euch weiter keine Schwierigkeiten in dem Wege. Und warum sollte sich die Königin widersetzen, wenn man sie zwingt absolut zu regieren. Hat man sie doch auch gezwungen den constitutionellen Eid abzulegen! – Fortwährend ist die Witterung rauh, kalt und regnerisch, bereits seit vier Wochen, was ungemein vielen Schaden an Oliven, Wein und Weizen thut, die jetzt in Blüthe stehen, so daß man eine sehr schlechte Ernte befürchtet. Es steigen daher alle Lebensmittel ungemein im Preise, und die Klagen des armen Mannes nehmen immer mehr zu, besonders da das Brod schon um die Hälfte im Preise höher gegangen. Ein deutsches Frühjahrswetter kann nicht so rauh seyn, wie das dießjährige hier ist. Viele Bäume haben noch nicht einmal ihr volles Laub, weder Kastanien noch Ulmen und Akazien.

Spanien.

Die Regierung hatte früher auf die ungeduldig erwartete Einnahme von Morella gerechnet. Befehl war den Leibgarden und der Escorte der Königin gegeben worden,

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[1233/0001] Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. Mittwoch Nr. 155. 3 Junius 1840. Portugal. _ Lissabon, 18 Mai. Der Marschall Marquis de Saldanha ist in Auftrag des Gouvernements nach London abgereist, um wegen der maßlosen Forderungen Englands zu unterhandeln; England dringt auf Bezahlung dessen was man ihm schuldet, mit der Drohung, daß es seine Maaßregeln ergreifen würde in dem Fall des Nichtbezahlens. Worin die Maaßregeln bestehen werden, wird nicht gesagt, man kann sich aber wohl an den Fingern herzählen, daß es damit auf die Besitznahme der ostindischen Besitzungen abgesehen ist, die ihnen besonders gegenwärtig wegen der Differenzen mit China so sehr convenirten. – Den Minister des Auswärtigen, den Grafen Villa Real, beschuldigen nun selbst seine Freunde der Nachlässigkeit, daß er die Sache bisher so habe hängen lassen und keine entscheidenden Schritte gethan habe, die eine solche drohende Note des englischen Gouvernements abgewendet haben würden. Man macht ihm den Vorwurf, daß er zu sehr auf seinen diplomatischen Ruf vertraut habe, so wie auf seine persönlichen Verbindungen mit den englischen Notabilitäten, die er geglaubt durch Hinhalten einzuschläfern. Nachdem die Sache nun bis zu jenem Aeußersten gediehen, hat derselbe die gescheidtesten Notabilitäten (mit Ausschluß der Septembristen) zu einer Berathung zusammenberufen, deren Resultat die Sendung Saldanha's nach England war. Außer Instructionen zur gütlichen Beilegung dieser Angelegenheit hat man dem Gesandten auch Wechsel zur Befriedigung der dringendsten Schuldner mitgegeben, ausgestellt von dem Minister des Auswärtigen auf die portugiesische Schatzkammer und zahlbar in gewissen Terminen. Wird das so aufgebrachte und jetzt so rücksichtslos handelnde englische Gouvernement solche Wechsel eines bankerotten Staats acceptiren? Wird Saldanha jenem Gouvernement so viel Vertrauen einflößen können, daß es an das Versprechen der Zahlung der Wechsel glaubt? Wird überhaupt dem englischen Gouvernement so viel an der Bezahlung gelegen seyn, wenn es unter dem schicklichen Vorwande der Nichtbezahlung einmal die Absicht hat, sich auf diese Art die indischen Besitzungen anzueignen, was unstreitig jenem Gouvernement mehr Vortheil bringt, als die Bezahlung dessen, was Portugal an englische Unterthanen schuldet? Der geeignetste Mann zu der Sendung würde wohl der Herzog v. Palmella gewesen seyn, allein dabei waren noch andere Rücksichten zu nehmen, indem man zugleich den Saldanha auf Antrieb der gemäßigten Partei auf einige Zeit entfernen wollte, denn man will für gewiß behaupten, daß eine weit verzweigte Verschwörung zu Gunsten eines absoluten Gouvernements existire, an deren Spitze Saldanha und der Patriarch stehen sollen. Die Gemäßigten, zu denen auch das Ministerium theilweise gehört, fürchten solche Anschläge. Saldanha, sagt man, soll den Verschwornen sein Wort gegeben haben, nicht nach England zu gehen, wenn man ihn dazu auffordern würde, allein er konnte nicht umhin, den ausdrücklichen Befehlen der Königin zu gehorchen. Die ganze Handlungsweise der Regierung deutet auf Machtgewinnung, auf Verstärkung ihrer Partei durch Einschub von Männern ihres Glaubens an die Stelle von Septembristen. Die Oppositionsblätter predigen dieß täglich, sie sagen laut, daß man nach dem Absolutismus strebe, daß das Volk seine Freiheit wieder verliere. Das Volk aber, welches nun seit 20 Jahren, seit der constitutionellen Verfassung, noch nichts von der vielgerühmten Freiheit geschmeckt, im Gegentheil die Erfahrung gemacht hat, daß es seitdem einen großen Theil seiner Wohlhabenheit verloren, bekümmert sich wenig um das Geschwätz der Zeitungsschreiber, und läßt sich zu Gunsten einer solchen imaginairen Freiheit (die hier bis jetzt nichts anderes als Druck der Parteien war) nicht aufregen. Würde die absolutistische Partei nur so viele Macht erhalten, um ihre Gegner in Zaum zu halten, was gegenwärtig allen Anschein hat, so stünden euch weiter keine Schwierigkeiten in dem Wege. Und warum sollte sich die Königin widersetzen, wenn man sie zwingt absolut zu regieren. Hat man sie doch auch gezwungen den constitutionellen Eid abzulegen! – Fortwährend ist die Witterung rauh, kalt und regnerisch, bereits seit vier Wochen, was ungemein vielen Schaden an Oliven, Wein und Weizen thut, die jetzt in Blüthe stehen, so daß man eine sehr schlechte Ernte befürchtet. Es steigen daher alle Lebensmittel ungemein im Preise, und die Klagen des armen Mannes nehmen immer mehr zu, besonders da das Brod schon um die Hälfte im Preise höher gegangen. Ein deutsches Frühjahrswetter kann nicht so rauh seyn, wie das dießjährige hier ist. Viele Bäume haben noch nicht einmal ihr volles Laub, weder Kastanien noch Ulmen und Akazien. Spanien. _ Madrid, 23 Mai. Die Regierung hatte früher auf die ungeduldig erwartete Einnahme von Morella gerechnet. Befehl war den Leibgarden und der Escorte der Königin gegeben worden,

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 155. Augsburg, 3. Juni 1840, S. 1233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_155_18400603/1>, abgerufen am 21.11.2024.