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Allgemeine Zeitung. Nr. 157. Augsburg, 5. Juni 1840.

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möglichste Gute der größtmöglichen Zahl dahin verstanden zu haben, daß man, anstatt die verschiedenen Bestrebungen der einzelnen Classen der Gesellschaft mit einander in Einklang zu bringen und, wie uns die Natur überall zeigt, das Beste des einen durch das Wohl des andern zu befördern, die Mehrzahl auf Kosten der Minorität in besondern Schutz nehmen soll, und vergaß dabei gänzlich, daß dieser naturwidrige Zustand gerade derjenige ist, der, wo er noch herbeigerufen, das eigentliche demokratische Element verschwinden machte, und den Staat früher oder später einer Dictatur zuführte. Dieß scheinen alle Parteien begriffen zu haben; daher denn auch der Enthusiasmus, der sich jetzt, namentlich im Westen der Union, zu Gunsten Harrisons entwickelt, und dem die Regierungspartei bei den nächsten Wahlen kaum gewachsen seyn dürfte. Beide Parteien, die ultrademokratische und die föderalistische, sind des Kampfes müde; namentlich aber scheinen die letztern zur Besinnung gebracht worden seyn, denn sie kümmern sich jetzt gar nicht mehr um Politik, sondern überlassen diese den "jungen Männern", und diese young men's party aus allen Ständen, befähigt wie keine vor ihnen und von selbst gewählten Anführern befehligt, ist eine neue demokratische Partei, der sich jeder rechtschaffene Mann, er mag früher Whig oder Locofoco gewesen seyn, anschließen kann. Diese jungen Männer bilden den Sturm, den Van Buren bei den nächsten Octoberwahlen zu beschwören haben wird, und ich bezweifle fast, ob sein Talent dieser Aufgabe gewachsen ist.

Was mich hier besonders freut, ist die Thatsache, daß bei der jetzigen Spaltung der Parteien die Macht und der Zusammenhang der Deutschen erst recht sichtbar wird. Von ihnen hängt jetzt die Erwählung des Präsidenten ab. Wie die Deutschen stimmen, so geht jetzt die ganze Union. Es scheint also doch, als ob die Vorsehung mit den Fremden und namentlich mit den Deutschen hier eine eigene Absicht hätte. Sie bilden jetzt schon das eigentliche conservative Element, ohne welches auch diese Freistaaten schnell zur Dictatur übergehen oder nach dem Muster der spanischen in Anarchie ausarten würden. Vielleicht ist gerade der Abgang aller fremdartigen Elemente daran Schuld, daß die südamerikanischen Republiken keine feste Basis gewinnen, so wie die große Zunahme von Deutschen in den mittlern (östlichen und westlichen) Staaten der Union den Zwischenkörper bildet, der die beständige Reibung der höchst heterogenen südlichen und nördlichen Provinzen verhindert, und durch das Gewicht und den Nachdruck des germanischen Charakters einigen Ballast in das schwankende Staatsschiff bringt. Beide Parteien erschöpfen sich jetzt in Appellationen an die deutsche Gemüthlichkeit, an ihre Ehrlichkeit, ihren Biedersinn, ja sogar an ihre Philosophie, die man bisher nur spottweise mit dem Namen Mondschein belegt hatte. Journale auf Journale folgen sich in deutscher und in deutscher und englischer Sprache, amerikanische Advocaten und Staatsmänner lernen deutsch, um persönlich unsere guten alten Landsleute anreden zu können, und sogar der alte General Harrison, der von der jungen Mittelpartei aufgenommene Candidat für die Präsidentschaft, hat die deutschen Landleute in der Nachbarschaft seines Gutes North Benx in Ohio in deutscher Sprache angeredet. - Sie wissen, daß ich in der Politik ein matter of fact man bin, und mich nicht gern mit jugendlichen Träumereien beschäftige; dessen ungeachtet aber kann ich nicht umhin die Meinung auszusprechen, daß die Deutschen in Amerika eine wichtige welthistorische Bestimmung haben, und daß es nur an tüchtigen Köpfen fehlt, die den Muth haben mit kecker Hand in das Rad der Ereignisse zu greifen.

(Beschluß folgt.)

Cap der guten Hoffnung.

Von Dr. Krauß sind Nachrichten aus der Capstadt vom 2 Februar d. J. angelangt, welche seine glückliche Ankunft daselbst, nach einer neunmonatlichen Reise im Zula-Lande und nach Port Natal, melden. Er fuhr unterm 31 Mai 1839 von Port Elisabeth in der Algoa-Bay mit dem Kutter Mazeppa ab, langte nach einer achttägigen Seereise in Port Natal an und nahm bei einem der dorthin von dem Capdistricte Emigrirten sein Quartier. Er beschreibt die Mühseligkeiten, welche diese Auswanderer auf einer achtzehn Monate lang dauernden Landreise vom Cap bis Port-Natal durch die ungebahnten Wege, Angriffe der Buschmänner und später der Kaffern zu erdulden hatten, und dabei aller sonst gewohnten Bequemlichkeiten und Lebensbedürfnisse entbehren mußten, sehr ausführlich, und meldet, daß dieselben, nach einigen glücklich zurückgeschlagenen Angriffen der Kaffern, jetzt im Stande seyen, sich dort anzusiedeln. Für den Naturforscher liefere diese Gegend, welche in naturhistorischer Beziehung noch beinahe gar nicht untersucht sey, eine außerordentlich reiche Ausbeute, da beinahe Alles von dem am Cap Vorkommenden verschieden sey. Außer einer bedeutenden zoologisch-, botanisch- und geognostischen Sammlung aus der Umgegend von Port-Natal, welche die früher vom Cap aus abgesendete und bereits hier angelangte weit übertreffen soll, machte er auch noch in geologischer Beziehung eine neue wichtige Entdeckung über Steinkohlenlager längs der Quathlamba-Berge, wo er die Kohlenschichten bis auf einige Fuß mächtig antraf, welche an dem Tugala-Rivier noch mächtiger seyn sollen. Nachdem er in Port-Natal seine naturhistorischen Schätze geordnet und eingepackt hatte, kehrte er auf das Cap zurück, und gedenkt im Laufe des Monats Julius wieder im deutschen Vaterlande einzutreffen. (Schw. M.)

Leipziger Ostermesse 1840.

Der Charakter unserer Messe war, daß sie sehr lebhaft begann; bis auf wenige Branchen aber schnell wieder zu Ende ging. Dieß lag überhaupt in dem späten Eintritt der Messe; die Leute, welche Sommerartikel kauften, suchten natürlich so schnell als möglich nach Hause zu kommen, insofern sie sich nicht schon in Frankfurt am Main versorgt hatten. In der That fehlten von Hannover bis nach Frankfurt hin, und aus andern südlicheren Gegenden Deutschlands der Einkäufer mehrere. Leider fiel die Messe für einige wichtige Artikel, die unter dem Druck der Zeitumstände seufzen, nicht günstig aus. Namentlich findet im Wollenhandel eine beinahe vollständige Lähmung statt, und noch nie waren die feinen Sorten so werthlos als jetzt. Stockung des Geschäfts in Amerika, Ueberfüllung des englischen Marktes, immer drohender sich erweiternde Concurrenz anderer Productionsländer, namentlich Australiens, endlich Vervollkommnung der Fabrication, die durch Behandlung mittlere Sorten in bessere zu verwandeln weiß, alle diese Umstände vereinigen sich, der Schaf-Veredelung einen harten Schlag beizubringen, den die Producenten mittlerer und geringerer Qualitäten weniger zu fühlen haben. Man versichert mir jedoch, daß die Preise in Leipzig höher ständen, als in vielen Consumtionsländern. Daß so ungünstige Umstände sich auch auf die Tücher erstrecken müssen, war zu erwarten; zwar wurden von circa 150,000 Stück etwa zwei Drittel verkauft; die Käufer machten aber, in Erwartung noch niedrigerer Wollpreise, die drückendsten Ansprüche auf Wohlfeilheit, und viel Geld ist an den ordinäreren Qualitäten verloren gegangen. Daß solche Conjuncturen die feinen Modesorten weniger berührten, liegt in der Natur der Sache; der Absatz derselben ist so ziemlich stabil. Recht lebhaft war der Absatz der niederländischen und sächsischen (Crimmitzschauer) wollenen Sommerzeuge. - Unsere Thibets scheinen sich von Seide und anderen Stoffen verdrängen zu lassen, wogegen

möglichste Gute der größtmöglichen Zahl dahin verstanden zu haben, daß man, anstatt die verschiedenen Bestrebungen der einzelnen Classen der Gesellschaft mit einander in Einklang zu bringen und, wie uns die Natur überall zeigt, das Beste des einen durch das Wohl des andern zu befördern, die Mehrzahl auf Kosten der Minorität in besondern Schutz nehmen soll, und vergaß dabei gänzlich, daß dieser naturwidrige Zustand gerade derjenige ist, der, wo er noch herbeigerufen, das eigentliche demokratische Element verschwinden machte, und den Staat früher oder später einer Dictatur zuführte. Dieß scheinen alle Parteien begriffen zu haben; daher denn auch der Enthusiasmus, der sich jetzt, namentlich im Westen der Union, zu Gunsten Harrisons entwickelt, und dem die Regierungspartei bei den nächsten Wahlen kaum gewachsen seyn dürfte. Beide Parteien, die ultrademokratische und die föderalistische, sind des Kampfes müde; namentlich aber scheinen die letztern zur Besinnung gebracht worden seyn, denn sie kümmern sich jetzt gar nicht mehr um Politik, sondern überlassen diese den „jungen Männern“, und diese young men's party aus allen Ständen, befähigt wie keine vor ihnen und von selbst gewählten Anführern befehligt, ist eine neue demokratische Partei, der sich jeder rechtschaffene Mann, er mag früher Whig oder Locofoco gewesen seyn, anschließen kann. Diese jungen Männer bilden den Sturm, den Van Buren bei den nächsten Octoberwahlen zu beschwören haben wird, und ich bezweifle fast, ob sein Talent dieser Aufgabe gewachsen ist.

Was mich hier besonders freut, ist die Thatsache, daß bei der jetzigen Spaltung der Parteien die Macht und der Zusammenhang der Deutschen erst recht sichtbar wird. Von ihnen hängt jetzt die Erwählung des Präsidenten ab. Wie die Deutschen stimmen, so geht jetzt die ganze Union. Es scheint also doch, als ob die Vorsehung mit den Fremden und namentlich mit den Deutschen hier eine eigene Absicht hätte. Sie bilden jetzt schon das eigentliche conservative Element, ohne welches auch diese Freistaaten schnell zur Dictatur übergehen oder nach dem Muster der spanischen in Anarchie ausarten würden. Vielleicht ist gerade der Abgang aller fremdartigen Elemente daran Schuld, daß die südamerikanischen Republiken keine feste Basis gewinnen, so wie die große Zunahme von Deutschen in den mittlern (östlichen und westlichen) Staaten der Union den Zwischenkörper bildet, der die beständige Reibung der höchst heterogenen südlichen und nördlichen Provinzen verhindert, und durch das Gewicht und den Nachdruck des germanischen Charakters einigen Ballast in das schwankende Staatsschiff bringt. Beide Parteien erschöpfen sich jetzt in Appellationen an die deutsche Gemüthlichkeit, an ihre Ehrlichkeit, ihren Biedersinn, ja sogar an ihre Philosophie, die man bisher nur spottweise mit dem Namen Mondschein belegt hatte. Journale auf Journale folgen sich in deutscher und in deutscher und englischer Sprache, amerikanische Advocaten und Staatsmänner lernen deutsch, um persönlich unsere guten alten Landsleute anreden zu können, und sogar der alte General Harrison, der von der jungen Mittelpartei aufgenommene Candidat für die Präsidentschaft, hat die deutschen Landleute in der Nachbarschaft seines Gutes North Benx in Ohio in deutscher Sprache angeredet. – Sie wissen, daß ich in der Politik ein matter of fact man bin, und mich nicht gern mit jugendlichen Träumereien beschäftige; dessen ungeachtet aber kann ich nicht umhin die Meinung auszusprechen, daß die Deutschen in Amerika eine wichtige welthistorische Bestimmung haben, und daß es nur an tüchtigen Köpfen fehlt, die den Muth haben mit kecker Hand in das Rad der Ereignisse zu greifen.

(Beschluß folgt.)

Cap der guten Hoffnung.

Von Dr. Krauß sind Nachrichten aus der Capstadt vom 2 Februar d. J. angelangt, welche seine glückliche Ankunft daselbst, nach einer neunmonatlichen Reise im Zula-Lande und nach Port Natal, melden. Er fuhr unterm 31 Mai 1839 von Port Elisabeth in der Algoa-Bay mit dem Kutter Mazeppa ab, langte nach einer achttägigen Seereise in Port Natal an und nahm bei einem der dorthin von dem Capdistricte Emigrirten sein Quartier. Er beschreibt die Mühseligkeiten, welche diese Auswanderer auf einer achtzehn Monate lang dauernden Landreise vom Cap bis Port-Natal durch die ungebahnten Wege, Angriffe der Buschmänner und später der Kaffern zu erdulden hatten, und dabei aller sonst gewohnten Bequemlichkeiten und Lebensbedürfnisse entbehren mußten, sehr ausführlich, und meldet, daß dieselben, nach einigen glücklich zurückgeschlagenen Angriffen der Kaffern, jetzt im Stande seyen, sich dort anzusiedeln. Für den Naturforscher liefere diese Gegend, welche in naturhistorischer Beziehung noch beinahe gar nicht untersucht sey, eine außerordentlich reiche Ausbeute, da beinahe Alles von dem am Cap Vorkommenden verschieden sey. Außer einer bedeutenden zoologisch-, botanisch- und geognostischen Sammlung aus der Umgegend von Port-Natal, welche die früher vom Cap aus abgesendete und bereits hier angelangte weit übertreffen soll, machte er auch noch in geologischer Beziehung eine neue wichtige Entdeckung über Steinkohlenlager längs der Quathlamba-Berge, wo er die Kohlenschichten bis auf einige Fuß mächtig antraf, welche an dem Tugala-Rivier noch mächtiger seyn sollen. Nachdem er in Port-Natal seine naturhistorischen Schätze geordnet und eingepackt hatte, kehrte er auf das Cap zurück, und gedenkt im Laufe des Monats Julius wieder im deutschen Vaterlande einzutreffen. (Schw. M.)

Leipziger Ostermesse 1840.

Der Charakter unserer Messe war, daß sie sehr lebhaft begann; bis auf wenige Branchen aber schnell wieder zu Ende ging. Dieß lag überhaupt in dem späten Eintritt der Messe; die Leute, welche Sommerartikel kauften, suchten natürlich so schnell als möglich nach Hause zu kommen, insofern sie sich nicht schon in Frankfurt am Main versorgt hatten. In der That fehlten von Hannover bis nach Frankfurt hin, und aus andern südlicheren Gegenden Deutschlands der Einkäufer mehrere. Leider fiel die Messe für einige wichtige Artikel, die unter dem Druck der Zeitumstände seufzen, nicht günstig aus. Namentlich findet im Wollenhandel eine beinahe vollständige Lähmung statt, und noch nie waren die feinen Sorten so werthlos als jetzt. Stockung des Geschäfts in Amerika, Ueberfüllung des englischen Marktes, immer drohender sich erweiternde Concurrenz anderer Productionsländer, namentlich Australiens, endlich Vervollkommnung der Fabrication, die durch Behandlung mittlere Sorten in bessere zu verwandeln weiß, alle diese Umstände vereinigen sich, der Schaf-Veredelung einen harten Schlag beizubringen, den die Producenten mittlerer und geringerer Qualitäten weniger zu fühlen haben. Man versichert mir jedoch, daß die Preise in Leipzig höher ständen, als in vielen Consumtionsländern. Daß so ungünstige Umstände sich auch auf die Tücher erstrecken müssen, war zu erwarten; zwar wurden von circa 150,000 Stück etwa zwei Drittel verkauft; die Käufer machten aber, in Erwartung noch niedrigerer Wollpreise, die drückendsten Ansprüche auf Wohlfeilheit, und viel Geld ist an den ordinäreren Qualitäten verloren gegangen. Daß solche Conjuncturen die feinen Modesorten weniger berührten, liegt in der Natur der Sache; der Absatz derselben ist so ziemlich stabil. Recht lebhaft war der Absatz der niederländischen und sächsischen (Crimmitzschauer) wollenen Sommerzeuge. – Unsere Thibets scheinen sich von Seide und anderen Stoffen verdrängen zu lassen, wogegen

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[1251/0011] möglichste Gute der größtmöglichen Zahl dahin verstanden zu haben, daß man, anstatt die verschiedenen Bestrebungen der einzelnen Classen der Gesellschaft mit einander in Einklang zu bringen und, wie uns die Natur überall zeigt, das Beste des einen durch das Wohl des andern zu befördern, die Mehrzahl auf Kosten der Minorität in besondern Schutz nehmen soll, und vergaß dabei gänzlich, daß dieser naturwidrige Zustand gerade derjenige ist, der, wo er noch herbeigerufen, das eigentliche demokratische Element verschwinden machte, und den Staat früher oder später einer Dictatur zuführte. Dieß scheinen alle Parteien begriffen zu haben; daher denn auch der Enthusiasmus, der sich jetzt, namentlich im Westen der Union, zu Gunsten Harrisons entwickelt, und dem die Regierungspartei bei den nächsten Wahlen kaum gewachsen seyn dürfte. Beide Parteien, die ultrademokratische und die föderalistische, sind des Kampfes müde; namentlich aber scheinen die letztern zur Besinnung gebracht worden seyn, denn sie kümmern sich jetzt gar nicht mehr um Politik, sondern überlassen diese den „jungen Männern“, und diese young men's party aus allen Ständen, befähigt wie keine vor ihnen und von selbst gewählten Anführern befehligt, ist eine neue demokratische Partei, der sich jeder rechtschaffene Mann, er mag früher Whig oder Locofoco gewesen seyn, anschließen kann. Diese jungen Männer bilden den Sturm, den Van Buren bei den nächsten Octoberwahlen zu beschwören haben wird, und ich bezweifle fast, ob sein Talent dieser Aufgabe gewachsen ist. Was mich hier besonders freut, ist die Thatsache, daß bei der jetzigen Spaltung der Parteien die Macht und der Zusammenhang der Deutschen erst recht sichtbar wird. Von ihnen hängt jetzt die Erwählung des Präsidenten ab. Wie die Deutschen stimmen, so geht jetzt die ganze Union. Es scheint also doch, als ob die Vorsehung mit den Fremden und namentlich mit den Deutschen hier eine eigene Absicht hätte. Sie bilden jetzt schon das eigentliche conservative Element, ohne welches auch diese Freistaaten schnell zur Dictatur übergehen oder nach dem Muster der spanischen in Anarchie ausarten würden. Vielleicht ist gerade der Abgang aller fremdartigen Elemente daran Schuld, daß die südamerikanischen Republiken keine feste Basis gewinnen, so wie die große Zunahme von Deutschen in den mittlern (östlichen und westlichen) Staaten der Union den Zwischenkörper bildet, der die beständige Reibung der höchst heterogenen südlichen und nördlichen Provinzen verhindert, und durch das Gewicht und den Nachdruck des germanischen Charakters einigen Ballast in das schwankende Staatsschiff bringt. Beide Parteien erschöpfen sich jetzt in Appellationen an die deutsche Gemüthlichkeit, an ihre Ehrlichkeit, ihren Biedersinn, ja sogar an ihre Philosophie, die man bisher nur spottweise mit dem Namen Mondschein belegt hatte. Journale auf Journale folgen sich in deutscher und in deutscher und englischer Sprache, amerikanische Advocaten und Staatsmänner lernen deutsch, um persönlich unsere guten alten Landsleute anreden zu können, und sogar der alte General Harrison, der von der jungen Mittelpartei aufgenommene Candidat für die Präsidentschaft, hat die deutschen Landleute in der Nachbarschaft seines Gutes North Benx in Ohio in deutscher Sprache angeredet. – Sie wissen, daß ich in der Politik ein matter of fact man bin, und mich nicht gern mit jugendlichen Träumereien beschäftige; dessen ungeachtet aber kann ich nicht umhin die Meinung auszusprechen, daß die Deutschen in Amerika eine wichtige welthistorische Bestimmung haben, und daß es nur an tüchtigen Köpfen fehlt, die den Muth haben mit kecker Hand in das Rad der Ereignisse zu greifen. (Beschluß folgt.) Cap der guten Hoffnung. _ Stuttgart, 25 Mai. Von Dr. Krauß sind Nachrichten aus der Capstadt vom 2 Februar d. J. angelangt, welche seine glückliche Ankunft daselbst, nach einer neunmonatlichen Reise im Zula-Lande und nach Port Natal, melden. Er fuhr unterm 31 Mai 1839 von Port Elisabeth in der Algoa-Bay mit dem Kutter Mazeppa ab, langte nach einer achttägigen Seereise in Port Natal an und nahm bei einem der dorthin von dem Capdistricte Emigrirten sein Quartier. Er beschreibt die Mühseligkeiten, welche diese Auswanderer auf einer achtzehn Monate lang dauernden Landreise vom Cap bis Port-Natal durch die ungebahnten Wege, Angriffe der Buschmänner und später der Kaffern zu erdulden hatten, und dabei aller sonst gewohnten Bequemlichkeiten und Lebensbedürfnisse entbehren mußten, sehr ausführlich, und meldet, daß dieselben, nach einigen glücklich zurückgeschlagenen Angriffen der Kaffern, jetzt im Stande seyen, sich dort anzusiedeln. Für den Naturforscher liefere diese Gegend, welche in naturhistorischer Beziehung noch beinahe gar nicht untersucht sey, eine außerordentlich reiche Ausbeute, da beinahe Alles von dem am Cap Vorkommenden verschieden sey. Außer einer bedeutenden zoologisch-, botanisch- und geognostischen Sammlung aus der Umgegend von Port-Natal, welche die früher vom Cap aus abgesendete und bereits hier angelangte weit übertreffen soll, machte er auch noch in geologischer Beziehung eine neue wichtige Entdeckung über Steinkohlenlager längs der Quathlamba-Berge, wo er die Kohlenschichten bis auf einige Fuß mächtig antraf, welche an dem Tugala-Rivier noch mächtiger seyn sollen. Nachdem er in Port-Natal seine naturhistorischen Schätze geordnet und eingepackt hatte, kehrte er auf das Cap zurück, und gedenkt im Laufe des Monats Julius wieder im deutschen Vaterlande einzutreffen. (Schw. M.) Leipziger Ostermesse 1840. _ Leipzig, 20 Mai. Der Charakter unserer Messe war, daß sie sehr lebhaft begann; bis auf wenige Branchen aber schnell wieder zu Ende ging. Dieß lag überhaupt in dem späten Eintritt der Messe; die Leute, welche Sommerartikel kauften, suchten natürlich so schnell als möglich nach Hause zu kommen, insofern sie sich nicht schon in Frankfurt am Main versorgt hatten. In der That fehlten von Hannover bis nach Frankfurt hin, und aus andern südlicheren Gegenden Deutschlands der Einkäufer mehrere. Leider fiel die Messe für einige wichtige Artikel, die unter dem Druck der Zeitumstände seufzen, nicht günstig aus. Namentlich findet im Wollenhandel eine beinahe vollständige Lähmung statt, und noch nie waren die feinen Sorten so werthlos als jetzt. Stockung des Geschäfts in Amerika, Ueberfüllung des englischen Marktes, immer drohender sich erweiternde Concurrenz anderer Productionsländer, namentlich Australiens, endlich Vervollkommnung der Fabrication, die durch Behandlung mittlere Sorten in bessere zu verwandeln weiß, alle diese Umstände vereinigen sich, der Schaf-Veredelung einen harten Schlag beizubringen, den die Producenten mittlerer und geringerer Qualitäten weniger zu fühlen haben. Man versichert mir jedoch, daß die Preise in Leipzig höher ständen, als in vielen Consumtionsländern. Daß so ungünstige Umstände sich auch auf die Tücher erstrecken müssen, war zu erwarten; zwar wurden von circa 150,000 Stück etwa zwei Drittel verkauft; die Käufer machten aber, in Erwartung noch niedrigerer Wollpreise, die drückendsten Ansprüche auf Wohlfeilheit, und viel Geld ist an den ordinäreren Qualitäten verloren gegangen. Daß solche Conjuncturen die feinen Modesorten weniger berührten, liegt in der Natur der Sache; der Absatz derselben ist so ziemlich stabil. Recht lebhaft war der Absatz der niederländischen und sächsischen (Crimmitzschauer) wollenen Sommerzeuge. – Unsere Thibets scheinen sich von Seide und anderen Stoffen verdrängen zu lassen, wogegen

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 157. Augsburg, 5. Juni 1840, S. 1251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_157_18400605/11>, abgerufen am 03.12.2024.