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Allgemeine Zeitung. Nr. 164. Augsburg, 12. Juni 1840.

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Oper. Besonderes Lob zollt die Times auch dem Libretto und behauptet, daß die englischen Librettoschreiber sich glücklich preisen könnten, wenn ihnen nur ein halbes Duzend Zeilen von gleichem poetischen Werth, als der gesammte Text der Euryanthe gelänge. Zum Beweis citirt sie die (in der That recht gesangvolle) "spielend melancholische" Strophe: Glöcklein im Thale. Hinsichtlich der Ausführung dieser wie aller übrigen von der deutschen Gesellschaft des Prinzen-Theaters gegebenen Opern loben die englischen Blätter am meisten den Vortrag der Chöre und das Spiel des Orchesters.

Frankreich.

Der neueste Moniteur enthält endlich die schon seit mehrern Tagen erwarteten und von den Journalen viel besprochenen Ernennungen und Versetzungen bei den Präfecturen und Unterpräfecturen. Unter den Versetzungen ist auch die des Hrn. Petit de Bantel, Präfect der Arriege, zu der Präfectur von Cantal. Hr. Pascal, Präfect der östlichen Pyrenäen, ward zum Präfecten der Arriege ernannt.

Durch k. Ordonnanz vom 5 Jun. ward Hr. Lafon-Ladebat, Divisionschef der nichtkatholischen Culte, zum Maeitre des Requetes im ordentlichen Dienste, und durch einen Beschluß des Siegelbewahrers vom 5 Jun. Hrn. Cuvier, Maeitre des Requetes im außerordentlichen Dienste, zum Chef der Section der nicht katholischen Culte ernannt.

Eine Privatcorrespondenz des Toulonnais aus Budschia gibt ein trauriges Bild von dem Zustande der Garnison in dieser Stadt, die durch den Zug gegen Medeah, zu dem auch sie einen Theil ihrer Truppen geben mußte, sehr geschwächt war. Die Kabylen begingen in der Umgegend, ja dicht unter den Mauern der Stadt, ungestraft Mordthaten, und fordern höhnend die Franzosen auf, sich dafür zu rächen. Sie wissen wohl, daß diese sich nicht einmal zum Heumachen aus der Stadt entfernen dürfen, da die 500 Mann starke Besatzung nicht einmal im Stande ist, alle festen Plätze der Stadt - es sind 12 Blockhäuser, 3 Forts, 14 Posten und eine Mauer von 3/4 Stunden Umfang - zu besetzen.

In Philippeville dauern die Ueberfälle der Araber fort, namentlich lauern sie den Posten auf, die sie aus einem Hinterhalte angreifen und plündern, was das Volk ziemlich schwierig macht. Als nach einem solchen Ueberfalle 18 Araber bewaffnet in einem Busche von der Besatzung eines Blockhauses aufgegriffen und vor den Commandanten gebracht wurden, fand es sich, daß sie einem friedlichen Hochzeitszuge zugehörten, und man ließ sie gehen, nachdem man ihnen die Waffen abgenommen hatte. Das Volk, das nichts davon wußte, sie aber frei davon gehen sah, schrie laut über Verrath, und ein Knabe warf den Davoneilenden Steine nach. Arbeiter verfolgten sie mit Stöcken und Steinen, und als sie sich in das Lager der Zephire retteten, wurden sie von diesen, die sie für Flüchtlinge hielten, überfallen und mehrere zu Boden gestreckt, bis der Commandant sie aus den Händen der aufgeregten Menge befreite.

Die Pairskammer hat den Beschluß der Deputirten in Betreff der Leichenfeier Napoleons ohne Abänderung und ohne Verhandlung bestätigt. Der Kaiser wird also nicht in St. Denis, nicht unter der Vendome-Säule, weder in der Madeleine noch über dem Triumphbogen, noch in dem Pantheon, sondern in dem Dom der Invaliden beigesetzt werden, und bereits kratzt man an selbigem Orte die doppelten L (Louis) überall aus, um sie durch doppelte N (Napoleon) zu ersetzen. Das ist eine ausgemachte Thatsache, und als solche möge sie jeder fernern hypothetischen Untersuchung entrückt seyn. Indem das Journal des Debats diesen Morgen die Berathung der Pairskammer anzeigt und sie ihrer würdigen Form und Haltung wegen rühmt, setzt es hinzu: "Möge auch die wirkliche Feier in gleich würdiger Weise vor sich gehen, und nicht etwa durch tolle Unternehmungen des fanatischen Bonapartismus gestört werden!" Es liegt in diesem warnungsvollen Ausruf mehr als die Eingebung eines allgemeinen Wunsches, es ist die Stimme einer wirklichen Besorgniß, die ihr Daseyn beurkunden und gleichwohl nicht allzu furchtsam scheinen möchte. Es ist unverkennbare Thatsache, und die gewichtigsten Stimmen haben uns in dieser Ueberzeugung aufs neue bestärkt, daß der Bonapartismus in einem Theil der Bevölkerung spukt und für seine thörichten Plane in den jüngsten Beschlüssen der beiden Kammern eine willkommene Aufmunterung, gewissermaßen eine Gewähr seines Gelingens erblickt. Wenn ich Ihnen sage, daß es hier Leute gibt, die bereits an das Organisiren der Folgen eines Sieges denken, den sie am Tage der Beerdigung des Kaisers davontragen wollen, und an dessen Gewißheit sie gar nicht zweifeln, so mögen Sie zwar lächeln, die Thatsache aber ist wahr und ich gebe sie Ihnen als solche. Von der Thorheit dieser sanguinischen Hoffnungen kein Wort; man läßt der Regierung wahrlich Zeit genug, sich dagegen zu rüsten. Auch über die strafbare Verirrung dieser Richtung wollen wir keine Rede verlieren; wir glauben zu wenig an die Möglichkeit ihres Erfolgs, um nicht mit aller Zuversicht deren Vereitelung von der Zeit und den Umständen zu erwarten. Wenn aber nach unserm Dafürhalten derjenige Theil der Nation, welcher als ihr lautester und bester Ausdruck gilt, obschon voll Bewunderung für die nationale Größe Napoleons und die würdige Apotheose seines Namens, dem Wiederaufleben eine kaiserlichen Regiments und dem gleißnerischen Militäraristokratismus seiner Familie entschieden feindlich ist, welches sind dann die Stützpunkte dieser sonderbaren Verschwörung, die im Namen der Freiheit und der Volkshoheit nichts Anderes als angebliche Rechte der dynastischen Erblichkeit und Legitimität der Race verficht? denn man beachte wohl: auf was sonst kann Louis Napoleon seine sonderbaren Ansprüche gründen, und welches andere Princip kann er Angesichts der französischen Nation anrufen? Die Elemente dieser Partei sind einerseits die Ueberbleibsel der kaiserlichen Armee, die zum Theil in hohen Aemtern stehen, auf der Bank der Pairskammer sitzen, und, wie man behauptet, in dem Aufstande von Straßburg sehr schwer comprommittirt waren, so schwer selbst, daß man vorgezogen habe, lieber zu schweigen, als der Nation die Sache in ihrer wahren Gestalt zu zeigen; ferner der jüngere und ehrgeizige Theil der Armee, für die man die Officiers-Epaulette, Regimentscommandos, Eroberung, Fürstenthümer und Schlösser, wenn auch nur in der Luft gebaut, in lockendem Prisma schwimmen läßt. Anderntheils aber ist es das Geld, das wirkt, und in den untern Massen dem Bonapartismus Anhänger wirbt. Das Geld, sage ich, und damit meine ich natürlich ein anderes als das phantastische, über die Maaßen lächerliche Geschenk, das der Graf Survilliers der französischen Regierung in mehr als zweifelhaftem Papierwerth als Beisteuer zur Grabesfeier seines Bruders angeboten hat. Nein, das Geld, von dem ich rede, wird baar in den Volksgesellschaften vertheilt, und dient zum augenblicklichen Trost der verdienstlosen Arbeiter und als Handgeld auf künftig zu leistende Dienste, es ist der Werbpfennig zum Napoleonischen Heere! Freilich muß hier gleich bemerkt werden, daß die Gesellschaften, in welchen der Bonapartismus seine Werber unterhält, ursprünglich zu einem ganz andern Zweck gebildet sind und einer polischen Partei angehören, deren Namen selbst nach den Septembergesetzen nicht genannt werden soll,

Oper. Besonderes Lob zollt die Times auch dem Libretto und behauptet, daß die englischen Librettoschreiber sich glücklich preisen könnten, wenn ihnen nur ein halbes Duzend Zeilen von gleichem poetischen Werth, als der gesammte Text der Euryanthe gelänge. Zum Beweis citirt sie die (in der That recht gesangvolle) „spielend melancholische“ Strophe: Glöcklein im Thale. Hinsichtlich der Ausführung dieser wie aller übrigen von der deutschen Gesellschaft des Prinzen-Theaters gegebenen Opern loben die englischen Blätter am meisten den Vortrag der Chöre und das Spiel des Orchesters.

Frankreich.

Der neueste Moniteur enthält endlich die schon seit mehrern Tagen erwarteten und von den Journalen viel besprochenen Ernennungen und Versetzungen bei den Präfecturen und Unterpräfecturen. Unter den Versetzungen ist auch die des Hrn. Petit de Bantel, Präfect der Arriège, zu der Präfectur von Cantal. Hr. Pascal, Präfect der östlichen Pyrenäen, ward zum Präfecten der Arriège ernannt.

Durch k. Ordonnanz vom 5 Jun. ward Hr. Lafon-Ladébat, Divisionschef der nichtkatholischen Culte, zum Maître des Requêtes im ordentlichen Dienste, und durch einen Beschluß des Siegelbewahrers vom 5 Jun. Hrn. Cuvier, Maître des Requêtes im außerordentlichen Dienste, zum Chef der Section der nicht katholischen Culte ernannt.

Eine Privatcorrespondenz des Toulonnais aus Budschia gibt ein trauriges Bild von dem Zustande der Garnison in dieser Stadt, die durch den Zug gegen Medeah, zu dem auch sie einen Theil ihrer Truppen geben mußte, sehr geschwächt war. Die Kabylen begingen in der Umgegend, ja dicht unter den Mauern der Stadt, ungestraft Mordthaten, und fordern höhnend die Franzosen auf, sich dafür zu rächen. Sie wissen wohl, daß diese sich nicht einmal zum Heumachen aus der Stadt entfernen dürfen, da die 500 Mann starke Besatzung nicht einmal im Stande ist, alle festen Plätze der Stadt – es sind 12 Blockhäuser, 3 Forts, 14 Posten und eine Mauer von 3/4 Stunden Umfang – zu besetzen.

In Philippeville dauern die Ueberfälle der Araber fort, namentlich lauern sie den Posten auf, die sie aus einem Hinterhalte angreifen und plündern, was das Volk ziemlich schwierig macht. Als nach einem solchen Ueberfalle 18 Araber bewaffnet in einem Busche von der Besatzung eines Blockhauses aufgegriffen und vor den Commandanten gebracht wurden, fand es sich, daß sie einem friedlichen Hochzeitszuge zugehörten, und man ließ sie gehen, nachdem man ihnen die Waffen abgenommen hatte. Das Volk, das nichts davon wußte, sie aber frei davon gehen sah, schrie laut über Verrath, und ein Knabe warf den Davoneilenden Steine nach. Arbeiter verfolgten sie mit Stöcken und Steinen, und als sie sich in das Lager der Zephire retteten, wurden sie von diesen, die sie für Flüchtlinge hielten, überfallen und mehrere zu Boden gestreckt, bis der Commandant sie aus den Händen der aufgeregten Menge befreite.

Die Pairskammer hat den Beschluß der Deputirten in Betreff der Leichenfeier Napoleons ohne Abänderung und ohne Verhandlung bestätigt. Der Kaiser wird also nicht in St. Denis, nicht unter der Vendome-Säule, weder in der Madeleine noch über dem Triumphbogen, noch in dem Pantheon, sondern in dem Dom der Invaliden beigesetzt werden, und bereits kratzt man an selbigem Orte die doppelten L (Louis) überall aus, um sie durch doppelte N (Napoleon) zu ersetzen. Das ist eine ausgemachte Thatsache, und als solche möge sie jeder fernern hypothetischen Untersuchung entrückt seyn. Indem das Journal des Débats diesen Morgen die Berathung der Pairskammer anzeigt und sie ihrer würdigen Form und Haltung wegen rühmt, setzt es hinzu: „Möge auch die wirkliche Feier in gleich würdiger Weise vor sich gehen, und nicht etwa durch tolle Unternehmungen des fanatischen Bonapartismus gestört werden!“ Es liegt in diesem warnungsvollen Ausruf mehr als die Eingebung eines allgemeinen Wunsches, es ist die Stimme einer wirklichen Besorgniß, die ihr Daseyn beurkunden und gleichwohl nicht allzu furchtsam scheinen möchte. Es ist unverkennbare Thatsache, und die gewichtigsten Stimmen haben uns in dieser Ueberzeugung aufs neue bestärkt, daß der Bonapartismus in einem Theil der Bevölkerung spukt und für seine thörichten Plane in den jüngsten Beschlüssen der beiden Kammern eine willkommene Aufmunterung, gewissermaßen eine Gewähr seines Gelingens erblickt. Wenn ich Ihnen sage, daß es hier Leute gibt, die bereits an das Organisiren der Folgen eines Sieges denken, den sie am Tage der Beerdigung des Kaisers davontragen wollen, und an dessen Gewißheit sie gar nicht zweifeln, so mögen Sie zwar lächeln, die Thatsache aber ist wahr und ich gebe sie Ihnen als solche. Von der Thorheit dieser sanguinischen Hoffnungen kein Wort; man läßt der Regierung wahrlich Zeit genug, sich dagegen zu rüsten. Auch über die strafbare Verirrung dieser Richtung wollen wir keine Rede verlieren; wir glauben zu wenig an die Möglichkeit ihres Erfolgs, um nicht mit aller Zuversicht deren Vereitelung von der Zeit und den Umständen zu erwarten. Wenn aber nach unserm Dafürhalten derjenige Theil der Nation, welcher als ihr lautester und bester Ausdruck gilt, obschon voll Bewunderung für die nationale Größe Napoleons und die würdige Apotheose seines Namens, dem Wiederaufleben eine kaiserlichen Regiments und dem gleißnerischen Militäraristokratismus seiner Familie entschieden feindlich ist, welches sind dann die Stützpunkte dieser sonderbaren Verschwörung, die im Namen der Freiheit und der Volkshoheit nichts Anderes als angebliche Rechte der dynastischen Erblichkeit und Legitimität der Race verficht? denn man beachte wohl: auf was sonst kann Louis Napoleon seine sonderbaren Ansprüche gründen, und welches andere Princip kann er Angesichts der französischen Nation anrufen? Die Elemente dieser Partei sind einerseits die Ueberbleibsel der kaiserlichen Armee, die zum Theil in hohen Aemtern stehen, auf der Bank der Pairskammer sitzen, und, wie man behauptet, in dem Aufstande von Straßburg sehr schwer comprommittirt waren, so schwer selbst, daß man vorgezogen habe, lieber zu schweigen, als der Nation die Sache in ihrer wahren Gestalt zu zeigen; ferner der jüngere und ehrgeizige Theil der Armee, für die man die Officiers-Epaulette, Regimentscommandos, Eroberung, Fürstenthümer und Schlösser, wenn auch nur in der Luft gebaut, in lockendem Prisma schwimmen läßt. Anderntheils aber ist es das Geld, das wirkt, und in den untern Massen dem Bonapartismus Anhänger wirbt. Das Geld, sage ich, und damit meine ich natürlich ein anderes als das phantastische, über die Maaßen lächerliche Geschenk, das der Graf Survilliers der französischen Regierung in mehr als zweifelhaftem Papierwerth als Beisteuer zur Grabesfeier seines Bruders angeboten hat. Nein, das Geld, von dem ich rede, wird baar in den Volksgesellschaften vertheilt, und dient zum augenblicklichen Trost der verdienstlosen Arbeiter und als Handgeld auf künftig zu leistende Dienste, es ist der Werbpfennig zum Napoleonischen Heere! Freilich muß hier gleich bemerkt werden, daß die Gesellschaften, in welchen der Bonapartismus seine Werber unterhält, ursprünglich zu einem ganz andern Zweck gebildet sind und einer polischen Partei angehören, deren Namen selbst nach den Septembergesetzen nicht genannt werden soll,

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[1307/0003] Oper. Besonderes Lob zollt die Times auch dem Libretto und behauptet, daß die englischen Librettoschreiber sich glücklich preisen könnten, wenn ihnen nur ein halbes Duzend Zeilen von gleichem poetischen Werth, als der gesammte Text der Euryanthe gelänge. Zum Beweis citirt sie die (in der That recht gesangvolle) „spielend melancholische“ Strophe: Glöcklein im Thale. Hinsichtlich der Ausführung dieser wie aller übrigen von der deutschen Gesellschaft des Prinzen-Theaters gegebenen Opern loben die englischen Blätter am meisten den Vortrag der Chöre und das Spiel des Orchesters. Frankreich. _ Paris, 7 Jun. Der neueste Moniteur enthält endlich die schon seit mehrern Tagen erwarteten und von den Journalen viel besprochenen Ernennungen und Versetzungen bei den Präfecturen und Unterpräfecturen. Unter den Versetzungen ist auch die des Hrn. Petit de Bantel, Präfect der Arriège, zu der Präfectur von Cantal. Hr. Pascal, Präfect der östlichen Pyrenäen, ward zum Präfecten der Arriège ernannt. Durch k. Ordonnanz vom 5 Jun. ward Hr. Lafon-Ladébat, Divisionschef der nichtkatholischen Culte, zum Maître des Requêtes im ordentlichen Dienste, und durch einen Beschluß des Siegelbewahrers vom 5 Jun. Hrn. Cuvier, Maître des Requêtes im außerordentlichen Dienste, zum Chef der Section der nicht katholischen Culte ernannt. Eine Privatcorrespondenz des Toulonnais aus Budschia gibt ein trauriges Bild von dem Zustande der Garnison in dieser Stadt, die durch den Zug gegen Medeah, zu dem auch sie einen Theil ihrer Truppen geben mußte, sehr geschwächt war. Die Kabylen begingen in der Umgegend, ja dicht unter den Mauern der Stadt, ungestraft Mordthaten, und fordern höhnend die Franzosen auf, sich dafür zu rächen. Sie wissen wohl, daß diese sich nicht einmal zum Heumachen aus der Stadt entfernen dürfen, da die 500 Mann starke Besatzung nicht einmal im Stande ist, alle festen Plätze der Stadt – es sind 12 Blockhäuser, 3 Forts, 14 Posten und eine Mauer von 3/4 Stunden Umfang – zu besetzen. In Philippeville dauern die Ueberfälle der Araber fort, namentlich lauern sie den Posten auf, die sie aus einem Hinterhalte angreifen und plündern, was das Volk ziemlich schwierig macht. Als nach einem solchen Ueberfalle 18 Araber bewaffnet in einem Busche von der Besatzung eines Blockhauses aufgegriffen und vor den Commandanten gebracht wurden, fand es sich, daß sie einem friedlichen Hochzeitszuge zugehörten, und man ließ sie gehen, nachdem man ihnen die Waffen abgenommen hatte. Das Volk, das nichts davon wußte, sie aber frei davon gehen sah, schrie laut über Verrath, und ein Knabe warf den Davoneilenden Steine nach. Arbeiter verfolgten sie mit Stöcken und Steinen, und als sie sich in das Lager der Zephire retteten, wurden sie von diesen, die sie für Flüchtlinge hielten, überfallen und mehrere zu Boden gestreckt, bis der Commandant sie aus den Händen der aufgeregten Menge befreite. _ Paris, 7 Jun. Die Pairskammer hat den Beschluß der Deputirten in Betreff der Leichenfeier Napoleons ohne Abänderung und ohne Verhandlung bestätigt. Der Kaiser wird also nicht in St. Denis, nicht unter der Vendome-Säule, weder in der Madeleine noch über dem Triumphbogen, noch in dem Pantheon, sondern in dem Dom der Invaliden beigesetzt werden, und bereits kratzt man an selbigem Orte die doppelten L (Louis) überall aus, um sie durch doppelte N (Napoleon) zu ersetzen. Das ist eine ausgemachte Thatsache, und als solche möge sie jeder fernern hypothetischen Untersuchung entrückt seyn. Indem das Journal des Débats diesen Morgen die Berathung der Pairskammer anzeigt und sie ihrer würdigen Form und Haltung wegen rühmt, setzt es hinzu: „Möge auch die wirkliche Feier in gleich würdiger Weise vor sich gehen, und nicht etwa durch tolle Unternehmungen des fanatischen Bonapartismus gestört werden!“ Es liegt in diesem warnungsvollen Ausruf mehr als die Eingebung eines allgemeinen Wunsches, es ist die Stimme einer wirklichen Besorgniß, die ihr Daseyn beurkunden und gleichwohl nicht allzu furchtsam scheinen möchte. Es ist unverkennbare Thatsache, und die gewichtigsten Stimmen haben uns in dieser Ueberzeugung aufs neue bestärkt, daß der Bonapartismus in einem Theil der Bevölkerung spukt und für seine thörichten Plane in den jüngsten Beschlüssen der beiden Kammern eine willkommene Aufmunterung, gewissermaßen eine Gewähr seines Gelingens erblickt. Wenn ich Ihnen sage, daß es hier Leute gibt, die bereits an das Organisiren der Folgen eines Sieges denken, den sie am Tage der Beerdigung des Kaisers davontragen wollen, und an dessen Gewißheit sie gar nicht zweifeln, so mögen Sie zwar lächeln, die Thatsache aber ist wahr und ich gebe sie Ihnen als solche. Von der Thorheit dieser sanguinischen Hoffnungen kein Wort; man läßt der Regierung wahrlich Zeit genug, sich dagegen zu rüsten. Auch über die strafbare Verirrung dieser Richtung wollen wir keine Rede verlieren; wir glauben zu wenig an die Möglichkeit ihres Erfolgs, um nicht mit aller Zuversicht deren Vereitelung von der Zeit und den Umständen zu erwarten. Wenn aber nach unserm Dafürhalten derjenige Theil der Nation, welcher als ihr lautester und bester Ausdruck gilt, obschon voll Bewunderung für die nationale Größe Napoleons und die würdige Apotheose seines Namens, dem Wiederaufleben eine kaiserlichen Regiments und dem gleißnerischen Militäraristokratismus seiner Familie entschieden feindlich ist, welches sind dann die Stützpunkte dieser sonderbaren Verschwörung, die im Namen der Freiheit und der Volkshoheit nichts Anderes als angebliche Rechte der dynastischen Erblichkeit und Legitimität der Race verficht? denn man beachte wohl: auf was sonst kann Louis Napoleon seine sonderbaren Ansprüche gründen, und welches andere Princip kann er Angesichts der französischen Nation anrufen? Die Elemente dieser Partei sind einerseits die Ueberbleibsel der kaiserlichen Armee, die zum Theil in hohen Aemtern stehen, auf der Bank der Pairskammer sitzen, und, wie man behauptet, in dem Aufstande von Straßburg sehr schwer comprommittirt waren, so schwer selbst, daß man vorgezogen habe, lieber zu schweigen, als der Nation die Sache in ihrer wahren Gestalt zu zeigen; ferner der jüngere und ehrgeizige Theil der Armee, für die man die Officiers-Epaulette, Regimentscommandos, Eroberung, Fürstenthümer und Schlösser, wenn auch nur in der Luft gebaut, in lockendem Prisma schwimmen läßt. Anderntheils aber ist es das Geld, das wirkt, und in den untern Massen dem Bonapartismus Anhänger wirbt. Das Geld, sage ich, und damit meine ich natürlich ein anderes als das phantastische, über die Maaßen lächerliche Geschenk, das der Graf Survilliers der französischen Regierung in mehr als zweifelhaftem Papierwerth als Beisteuer zur Grabesfeier seines Bruders angeboten hat. Nein, das Geld, von dem ich rede, wird baar in den Volksgesellschaften vertheilt, und dient zum augenblicklichen Trost der verdienstlosen Arbeiter und als Handgeld auf künftig zu leistende Dienste, es ist der Werbpfennig zum Napoleonischen Heere! Freilich muß hier gleich bemerkt werden, daß die Gesellschaften, in welchen der Bonapartismus seine Werber unterhält, ursprünglich zu einem ganz andern Zweck gebildet sind und einer polischen Partei angehören, deren Namen selbst nach den Septembergesetzen nicht genannt werden soll,

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 164. Augsburg, 12. Juni 1840, S. 1307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_164_18400612/3>, abgerufen am 27.04.2024.