Allgemeine Zeitung. Nr. 169. Augsburg, 17. Juni 1840.je nach den Umständen, über die er Richter sey. Die Bedingungen der Vollziehung, die günstigen oder ungünstigen Chancen seyen ja nach den Oertlichkeiten sehr verschieden. Auch trete die Zinsengarantie erst nach der völligen Ausführung der Eisenbahnen in Kraft. Nun lasse sich nicht annehmen, daß sie nichts eintragen würden. Ihre Erträgnisse würden aber um eben so viel auch die von dem Staat übernommenen Verpflichtungen vermindern. Die Gefahr für den Staat sey sonach sehr gering. Hr. Thiers: "Ich habe nach der Rede des Hrn. Duchatel nur wenig beizufügen. Ich bin immer Anhänger der Ausführung durch den Staat gewesen (Bewegung) und meine Meinung hat sich in dieser Hinsicht seit zehn Jahren nicht geändert. In diesem Fall hätte man aber 5 bis 600 Millionen von Ihnen verlangen müssen, und sicher hätte man dann die Klagen über ein Deficit vernommen. Ich glaube daher jetzt, daß man die Mitwirkung der Compagnien zulassen muß. Ruft man aber die Compagnien herbei, so muß man sie auch unterstützen und aufmuntern. Die beste Aufmunterung ist die Garantie der Zinsen. Darin liegt die Gewißheit für die Familienväter, die ihre Fonds einlegen, sie nicht zu verlieren. Ich sehe durchaus nichts Uebertriebenes darin. Die Maaßregel ist löblich, und es ist kein Grund vorhanden, sie zu verwerfen. (Bewegung.) Ich weiß, daß es örtliche Interessen gibt, die zum voraus ihren Entschluß gefaßt haben, Alles, was vorgeschlagen werden wird, als schlecht zu bezeichnen. Wir haben aber vor Allem nur das allgemeine Interesse zu Rathe zu ziehen. (Sehr gut!)" (Abgang der Post.) Hr. Lepeletier d'Aulnay hat die Verrichtungen als Mitglied der unter der Präsidentschaft des Hrn. v. Broglie zur Prüfung der Fragen über die Negersklaverei und die politische Constitution der Colonien niedergesetzten Commission nicht angenommen, und der König hat an dessen Stelle Hrn. Rossi, Pair von Frankreich, und Hrn. Regnard, Mitglied der Deputirtenkammer, berufen. Man spricht in Paris schon seit mehreren Tagen von einer bevorstehenden Revue der Nationalgarde. Das Siecle findet dafür einen sonderbaren Anlaß: "Man versichert, der Kaiser Nikolaus werde dieser Revue beiwohnen. Die Anwesenheit des Kaisers Nikolaus in unsern Mauern wird viele Auslegungen veranlassen." (Andere Pariser Blätter wiederholen schon seit einigen Tagen diese Erfindung.) Paris, 11 Jun. Die Deputirtenkammer beschäftigt sich seit gestern mit den Eisenbahnen; es ist hauptsächlich die Frage von dem Tarif, d. h. von den durch die Reisenden zu zahlenden Gebühren. Die Unternehmer verlangen die Berechtigung, den Tarif über das Maaß hinaus zu erhöhen, welches sie bei Nachsuchung der Bestätigung der Regierung selbst angegeben hatten. Beim Beginn der Arbeiten verrechnete man sich überall über den Betrag des Kostenaufwands, und ohne Erhöhung der damals aufgestellten Tarife wird keine der Unternehmungen ohne Schaden wegkommen. Mehreren der gegen die vorgeschlagenen Erleichterungen der Unternehmer eingeschriebenen Redner wird wohl nicht ganz mit Unrecht der Vorwurf gemacht, sie seyen von Privatinteressen geleitet. - Diesen Morgen fand eine Versammlung der Deputirten der linken Seite statt, um über die Frage zu verhandeln, ob man darauf bestehen solle, daß die Motion des Hrn. v. Remilly noch vor dem Schlusse der Session debattirt werde. Selbst die aufrichtigen Anhänger der Motion haben sich für Vertagung auf die nächste Session ausgesprochen, weil in diesem Augenblick, bei der gänzlichen Müdigkeit der Kammer, Hr. Thiers unter Beihülfe des Restes der 221 leicht eine Verwerfung zu Stande bringen könnte. Bei dieser Gelegenheit wurde vieles über die nichtgehaltenen Versprechungen des Hrn. Conseilpräsidenten gesprochen; es fielen auch mancherlei Vorwürfe gegen Hrn. Barrot wegen seines zu großen Vertrauens, und man bezeichnete die Versetzungen der Präfecten und Unterpräfecten als bloßes Gaukelspiel ohne Wirkung zu Gunsten der Grundsätze der linken Seite. Dieser Tage erwartet man den Bericht der Commission über jene Motion; wie ich Ihnen bereits schrieb, hat die Mehrheit der Commissarien den Vorschlag verworfen, mehrere Aemter mit dem des Deputirten unverträglich zu erklären. Dagegen soll sie zugeben, daß kein Deputirter, der nicht Beamter ist, während er Mitglied der Kammer bleibt, eine Stelle annehmen dürfe, und daß diejenigen, die bereits vor der Wahl ein Amt bekleideten, nur eine Beförderung nach Ordnung der Hierarchie erhalten können. Beinahe einstimmig werden die Deputirten die Aussetzung der Debatten bis zur nächsten Session verlangen oder bewilligen. - Vor ein paar Tagen vereinigten sich 7 bis 800 Personen zu einem Mittagsessen an der Barriere du Montparnasse, in der Absicht, sich öffentlich zu Gunsten der von der radicalen Partei begehrten Wahlreform auszusprechen. Die HH. Laffitte, Arago und Garnier-Pages waren eingeladen, beide erstere erschienen und präsidirten. Hr. Garnier-Pages fand sich nicht ein. Diese Thatsache gibt zu mannichfaltigen Commentarien Veranlassung; einestheils nimmt die Linke den HH. Laffitte und Arago übel, durch ihre Assistenz sich zu dem extravaganten Ansinnen eines allgemeinen Wahlrechts zu bekennen, anderntheils sieht man die Handlung des Hrn. Garnier-Pages als einen Beweis an, daß er sich von der radicalen Partei lossagt, und es künftig mit der dynastischen Linken halten will. Das ist auch wirklich die klügere Ansicht, da nach der Lage, worein Hr. Barrot sich gesetzt hat, für Hr. Garnier-Pages alle Hoffnung obwaltet, als Chef dieser Partei anerkannt zu werden. - Die gestern hier officiell bekannt gewordene Nachricht des Todes Sr. Maj. des Königs von Preußen hat bei denjenigen Franzosen großen Eindruck verursacht, welche noch immer glauben, der bisherige Kronprinz sey voll kriegerischer Entwürfe. Der unterrichtetere Theil hält aber dieses Gerücht für ungegründet, und zweifelt nicht an der Handhabung des Friedens. Bordeaux, 10 Jun. Die vorgeblichen Bekenntnisse Elicabide's sind, Gottlob! ohne Grund. Das Gerücht hatte so allgemeinen Glauben gefunden, daß es selbst in die hiesigen Zeitungen überging, und nun die Runde von ganz Frankreich macht. Es ist schwer zu begreifen, wie sich Jemand mit Erfindung von Lügen so empörender Art befassen mag. Algier, 6 Jun. Die Expeditionsarmee hat sich wieder in Bewegung gesetzt: die erste Division marschirte am 2 d. bei einem heftigen Samum oder Wüstenwind ab, von dem die arme Infanterie viel gelitten haben wird; am folgenden Tage folgte ihr die zweite, und am nämlichen Tage verließ der Marschall Valee mit seinem Generalstab Algier. Den Tag vorher war ein Dampfboot als außerordentlicher Courier von Frankreich gekommen; es hatte weder Reisende noch Briefe, sondern nur eine Depesche für den Marschall mitgebracht. Man behauptet, es sey der Befehl, den Abgang der Truppen aufzuschieben. Ist das begründet, so gab der Marschall nicht viel auf den ministeriellen Befehl. Freilich ist es nicht das erstemal, daß er so gehandelt hat. Gestern kam ein zweites Dampfschiff ebenfalls nur mit einer Depesche für den Marschall an. - Alles, was man bis jetzt von den Operationen der Armee weiß, ist, daß sie am 4 Jun. die Chiffa überschritten. Was weiter geschehen seyn kann, ist uns - Dank der außerordentlichen Zurückhaltung des Oberfeldherrn in Bezug auf Neuigkeiten - noch unbekannt. Nur die Araber haben das Privilegium, Alles, was wir thun, je nach den Umständen, über die er Richter sey. Die Bedingungen der Vollziehung, die günstigen oder ungünstigen Chancen seyen ja nach den Oertlichkeiten sehr verschieden. Auch trete die Zinsengarantie erst nach der völligen Ausführung der Eisenbahnen in Kraft. Nun lasse sich nicht annehmen, daß sie nichts eintragen würden. Ihre Erträgnisse würden aber um eben so viel auch die von dem Staat übernommenen Verpflichtungen vermindern. Die Gefahr für den Staat sey sonach sehr gering. Hr. Thiers: „Ich habe nach der Rede des Hrn. Duchatel nur wenig beizufügen. Ich bin immer Anhänger der Ausführung durch den Staat gewesen (Bewegung) und meine Meinung hat sich in dieser Hinsicht seit zehn Jahren nicht geändert. In diesem Fall hätte man aber 5 bis 600 Millionen von Ihnen verlangen müssen, und sicher hätte man dann die Klagen über ein Deficit vernommen. Ich glaube daher jetzt, daß man die Mitwirkung der Compagnien zulassen muß. Ruft man aber die Compagnien herbei, so muß man sie auch unterstützen und aufmuntern. Die beste Aufmunterung ist die Garantie der Zinsen. Darin liegt die Gewißheit für die Familienväter, die ihre Fonds einlegen, sie nicht zu verlieren. Ich sehe durchaus nichts Uebertriebenes darin. Die Maaßregel ist löblich, und es ist kein Grund vorhanden, sie zu verwerfen. (Bewegung.) Ich weiß, daß es örtliche Interessen gibt, die zum voraus ihren Entschluß gefaßt haben, Alles, was vorgeschlagen werden wird, als schlecht zu bezeichnen. Wir haben aber vor Allem nur das allgemeine Interesse zu Rathe zu ziehen. (Sehr gut!)“ (Abgang der Post.) Hr. Lepeletier d'Aulnay hat die Verrichtungen als Mitglied der unter der Präsidentschaft des Hrn. v. Broglie zur Prüfung der Fragen über die Negersklaverei und die politische Constitution der Colonien niedergesetzten Commission nicht angenommen, und der König hat an dessen Stelle Hrn. Rossi, Pair von Frankreich, und Hrn. Regnard, Mitglied der Deputirtenkammer, berufen. Man spricht in Paris schon seit mehreren Tagen von einer bevorstehenden Revue der Nationalgarde. Das Siècle findet dafür einen sonderbaren Anlaß: „Man versichert, der Kaiser Nikolaus werde dieser Revue beiwohnen. Die Anwesenheit des Kaisers Nikolaus in unsern Mauern wird viele Auslegungen veranlassen.“ (Andere Pariser Blätter wiederholen schon seit einigen Tagen diese Erfindung.) Paris, 11 Jun. Die Deputirtenkammer beschäftigt sich seit gestern mit den Eisenbahnen; es ist hauptsächlich die Frage von dem Tarif, d. h. von den durch die Reisenden zu zahlenden Gebühren. Die Unternehmer verlangen die Berechtigung, den Tarif über das Maaß hinaus zu erhöhen, welches sie bei Nachsuchung der Bestätigung der Regierung selbst angegeben hatten. Beim Beginn der Arbeiten verrechnete man sich überall über den Betrag des Kostenaufwands, und ohne Erhöhung der damals aufgestellten Tarife wird keine der Unternehmungen ohne Schaden wegkommen. Mehreren der gegen die vorgeschlagenen Erleichterungen der Unternehmer eingeschriebenen Redner wird wohl nicht ganz mit Unrecht der Vorwurf gemacht, sie seyen von Privatinteressen geleitet. – Diesen Morgen fand eine Versammlung der Deputirten der linken Seite statt, um über die Frage zu verhandeln, ob man darauf bestehen solle, daß die Motion des Hrn. v. Remilly noch vor dem Schlusse der Session debattirt werde. Selbst die aufrichtigen Anhänger der Motion haben sich für Vertagung auf die nächste Session ausgesprochen, weil in diesem Augenblick, bei der gänzlichen Müdigkeit der Kammer, Hr. Thiers unter Beihülfe des Restes der 221 leicht eine Verwerfung zu Stande bringen könnte. Bei dieser Gelegenheit wurde vieles über die nichtgehaltenen Versprechungen des Hrn. Conseilpräsidenten gesprochen; es fielen auch mancherlei Vorwürfe gegen Hrn. Barrot wegen seines zu großen Vertrauens, und man bezeichnete die Versetzungen der Präfecten und Unterpräfecten als bloßes Gaukelspiel ohne Wirkung zu Gunsten der Grundsätze der linken Seite. Dieser Tage erwartet man den Bericht der Commission über jene Motion; wie ich Ihnen bereits schrieb, hat die Mehrheit der Commissarien den Vorschlag verworfen, mehrere Aemter mit dem des Deputirten unverträglich zu erklären. Dagegen soll sie zugeben, daß kein Deputirter, der nicht Beamter ist, während er Mitglied der Kammer bleibt, eine Stelle annehmen dürfe, und daß diejenigen, die bereits vor der Wahl ein Amt bekleideten, nur eine Beförderung nach Ordnung der Hierarchie erhalten können. Beinahe einstimmig werden die Deputirten die Aussetzung der Debatten bis zur nächsten Session verlangen oder bewilligen. – Vor ein paar Tagen vereinigten sich 7 bis 800 Personen zu einem Mittagsessen an der Barrière du Montparnasse, in der Absicht, sich öffentlich zu Gunsten der von der radicalen Partei begehrten Wahlreform auszusprechen. Die HH. Laffitte, Arago und Garnier-Pagès waren eingeladen, beide erstere erschienen und präsidirten. Hr. Garnier-Pagès fand sich nicht ein. Diese Thatsache gibt zu mannichfaltigen Commentarien Veranlassung; einestheils nimmt die Linke den HH. Laffitte und Arago übel, durch ihre Assistenz sich zu dem extravaganten Ansinnen eines allgemeinen Wahlrechts zu bekennen, anderntheils sieht man die Handlung des Hrn. Garnier-Pagès als einen Beweis an, daß er sich von der radicalen Partei lossagt, und es künftig mit der dynastischen Linken halten will. Das ist auch wirklich die klügere Ansicht, da nach der Lage, worein Hr. Barrot sich gesetzt hat, für Hr. Garnier-Pagès alle Hoffnung obwaltet, als Chef dieser Partei anerkannt zu werden. – Die gestern hier officiell bekannt gewordene Nachricht des Todes Sr. Maj. des Königs von Preußen hat bei denjenigen Franzosen großen Eindruck verursacht, welche noch immer glauben, der bisherige Kronprinz sey voll kriegerischer Entwürfe. Der unterrichtetere Theil hält aber dieses Gerücht für ungegründet, und zweifelt nicht an der Handhabung des Friedens. Bordeaux, 10 Jun. Die vorgeblichen Bekenntnisse Eliçabide's sind, Gottlob! ohne Grund. Das Gerücht hatte so allgemeinen Glauben gefunden, daß es selbst in die hiesigen Zeitungen überging, und nun die Runde von ganz Frankreich macht. Es ist schwer zu begreifen, wie sich Jemand mit Erfindung von Lügen so empörender Art befassen mag. Algier, 6 Jun. Die Expeditionsarmee hat sich wieder in Bewegung gesetzt: die erste Division marschirte am 2 d. bei einem heftigen Samum oder Wüstenwind ab, von dem die arme Infanterie viel gelitten haben wird; am folgenden Tage folgte ihr die zweite, und am nämlichen Tage verließ der Marschall Valée mit seinem Generalstab Algier. Den Tag vorher war ein Dampfboot als außerordentlicher Courier von Frankreich gekommen; es hatte weder Reisende noch Briefe, sondern nur eine Depesche für den Marschall mitgebracht. Man behauptet, es sey der Befehl, den Abgang der Truppen aufzuschieben. Ist das begründet, so gab der Marschall nicht viel auf den ministeriellen Befehl. Freilich ist es nicht das erstemal, daß er so gehandelt hat. Gestern kam ein zweites Dampfschiff ebenfalls nur mit einer Depesche für den Marschall an. – Alles, was man bis jetzt von den Operationen der Armee weiß, ist, daß sie am 4 Jun. die Chiffa überschritten. Was weiter geschehen seyn kann, ist uns – Dank der außerordentlichen Zurückhaltung des Oberfeldherrn in Bezug auf Neuigkeiten – noch unbekannt. Nur die Araber haben das Privilegium, Alles, was wir thun, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0003" n="1347"/> je nach den Umständen, über die er Richter sey. Die Bedingungen der Vollziehung, die günstigen oder ungünstigen Chancen seyen ja nach den Oertlichkeiten sehr verschieden. Auch trete die Zinsengarantie erst nach der völligen Ausführung der Eisenbahnen in Kraft. Nun lasse sich nicht annehmen, daß sie nichts eintragen würden. Ihre Erträgnisse würden aber um eben so viel auch die von dem Staat übernommenen Verpflichtungen vermindern. Die Gefahr für den Staat sey sonach sehr gering. Hr. <hi rendition="#g">Thiers</hi>: „Ich habe nach der Rede des Hrn. Duchatel nur wenig beizufügen. Ich bin immer Anhänger der Ausführung durch den Staat gewesen (Bewegung) und meine Meinung hat sich in dieser Hinsicht seit zehn Jahren nicht geändert. In diesem Fall hätte man aber 5 bis 600 Millionen von Ihnen verlangen müssen, und sicher hätte man dann die Klagen über ein Deficit vernommen. Ich glaube daher jetzt, daß man die Mitwirkung der Compagnien zulassen muß. Ruft man aber die Compagnien herbei, so muß man sie auch unterstützen und aufmuntern. Die beste Aufmunterung ist die Garantie der Zinsen. Darin liegt die Gewißheit für die Familienväter, die ihre Fonds einlegen, sie nicht zu verlieren. Ich sehe durchaus nichts Uebertriebenes darin. Die Maaßregel ist löblich, und es ist kein Grund vorhanden, sie zu verwerfen. (Bewegung.) Ich weiß, daß es örtliche Interessen gibt, die zum voraus ihren Entschluß gefaßt haben, Alles, was vorgeschlagen werden wird, als schlecht zu bezeichnen. Wir haben aber vor Allem nur das allgemeine Interesse zu Rathe zu ziehen. 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Mehreren der gegen die vorgeschlagenen Erleichterungen der Unternehmer eingeschriebenen Redner wird wohl nicht ganz mit Unrecht der Vorwurf gemacht, sie seyen von Privatinteressen geleitet. – Diesen Morgen fand eine Versammlung der Deputirten der linken Seite statt, um über die Frage zu verhandeln, ob man darauf bestehen solle, daß die Motion des Hrn. v. Remilly noch vor dem Schlusse der Session debattirt werde. Selbst die aufrichtigen Anhänger der Motion haben sich für Vertagung auf die nächste Session ausgesprochen, weil in diesem Augenblick, bei der gänzlichen Müdigkeit der Kammer, Hr. Thiers unter Beihülfe des Restes der 221 leicht eine Verwerfung zu Stande bringen könnte. Bei dieser Gelegenheit wurde vieles über die nichtgehaltenen Versprechungen des Hrn. Conseilpräsidenten gesprochen; es fielen auch mancherlei Vorwürfe gegen Hrn. Barrot wegen seines zu großen Vertrauens, und man bezeichnete die Versetzungen der Präfecten und Unterpräfecten als bloßes Gaukelspiel ohne Wirkung zu Gunsten der Grundsätze der linken Seite. Dieser Tage erwartet man den Bericht der Commission über jene Motion; wie ich Ihnen bereits schrieb, hat die Mehrheit der Commissarien den Vorschlag verworfen, mehrere Aemter mit dem des Deputirten unverträglich zu erklären. Dagegen soll sie zugeben, daß kein Deputirter, der nicht Beamter ist, während er Mitglied der Kammer bleibt, eine Stelle annehmen dürfe, und daß diejenigen, die bereits vor der Wahl ein Amt bekleideten, nur eine Beförderung nach Ordnung der Hierarchie erhalten können. Beinahe einstimmig werden die Deputirten die Aussetzung der Debatten bis zur nächsten Session verlangen oder bewilligen. – Vor ein paar Tagen vereinigten sich 7 bis 800 Personen zu einem Mittagsessen an der Barrière du Montparnasse, in der Absicht, sich öffentlich zu Gunsten der von der radicalen Partei begehrten Wahlreform auszusprechen. Die HH. Laffitte, Arago und Garnier-Pagès waren eingeladen, beide erstere erschienen und präsidirten. Hr. Garnier-Pagès fand sich nicht ein. Diese Thatsache gibt zu mannichfaltigen Commentarien Veranlassung; einestheils nimmt die Linke den HH. Laffitte und Arago übel, durch ihre Assistenz sich zu dem extravaganten Ansinnen eines allgemeinen Wahlrechts zu bekennen, anderntheils sieht man die Handlung des Hrn. Garnier-Pagès als einen Beweis an, daß er sich von der radicalen Partei lossagt, und es künftig mit der dynastischen Linken halten will. Das ist auch wirklich die klügere Ansicht, da nach der Lage, worein Hr. Barrot sich gesetzt hat, für Hr. Garnier-Pagès alle Hoffnung obwaltet, als Chef dieser Partei anerkannt zu werden. – Die gestern hier officiell bekannt gewordene Nachricht des Todes Sr. Maj. des Königs von Preußen hat bei denjenigen Franzosen großen Eindruck verursacht, welche noch immer glauben, der bisherige Kronprinz sey voll kriegerischer Entwürfe. Der unterrichtetere Theil hält aber dieses Gerücht für ungegründet, und zweifelt nicht an der Handhabung des Friedens.</p> </div><lb/> <div n="2"> <byline> <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Bordeaux,</hi> 10 Jun.</dateline> <p> Die vorgeblichen Bekenntnisse Eliçabide's sind, Gottlob! ohne Grund. Das Gerücht hatte so allgemeinen Glauben gefunden, daß es selbst in die hiesigen Zeitungen überging, und nun die Runde von ganz Frankreich macht. 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Gestern kam ein zweites Dampfschiff ebenfalls nur mit einer Depesche für den Marschall an. – Alles, was man bis jetzt von den Operationen der Armee weiß, ist, daß sie am 4 Jun. die Chiffa überschritten. Was weiter geschehen seyn kann, ist uns – Dank der außerordentlichen Zurückhaltung des Oberfeldherrn in Bezug auf Neuigkeiten – noch unbekannt. Nur die Araber haben das Privilegium, Alles, was wir thun,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1347/0003]
je nach den Umständen, über die er Richter sey. Die Bedingungen der Vollziehung, die günstigen oder ungünstigen Chancen seyen ja nach den Oertlichkeiten sehr verschieden. Auch trete die Zinsengarantie erst nach der völligen Ausführung der Eisenbahnen in Kraft. Nun lasse sich nicht annehmen, daß sie nichts eintragen würden. Ihre Erträgnisse würden aber um eben so viel auch die von dem Staat übernommenen Verpflichtungen vermindern. Die Gefahr für den Staat sey sonach sehr gering. Hr. Thiers: „Ich habe nach der Rede des Hrn. Duchatel nur wenig beizufügen. Ich bin immer Anhänger der Ausführung durch den Staat gewesen (Bewegung) und meine Meinung hat sich in dieser Hinsicht seit zehn Jahren nicht geändert. In diesem Fall hätte man aber 5 bis 600 Millionen von Ihnen verlangen müssen, und sicher hätte man dann die Klagen über ein Deficit vernommen. Ich glaube daher jetzt, daß man die Mitwirkung der Compagnien zulassen muß. Ruft man aber die Compagnien herbei, so muß man sie auch unterstützen und aufmuntern. Die beste Aufmunterung ist die Garantie der Zinsen. Darin liegt die Gewißheit für die Familienväter, die ihre Fonds einlegen, sie nicht zu verlieren. Ich sehe durchaus nichts Uebertriebenes darin. Die Maaßregel ist löblich, und es ist kein Grund vorhanden, sie zu verwerfen. (Bewegung.) Ich weiß, daß es örtliche Interessen gibt, die zum voraus ihren Entschluß gefaßt haben, Alles, was vorgeschlagen werden wird, als schlecht zu bezeichnen. Wir haben aber vor Allem nur das allgemeine Interesse zu Rathe zu ziehen. (Sehr gut!)“ (Abgang der Post.)
Hr. Lepeletier d'Aulnay hat die Verrichtungen als Mitglied der unter der Präsidentschaft des Hrn. v. Broglie zur Prüfung der Fragen über die Negersklaverei und die politische Constitution der Colonien niedergesetzten Commission nicht angenommen, und der König hat an dessen Stelle Hrn. Rossi, Pair von Frankreich, und Hrn. Regnard, Mitglied der Deputirtenkammer, berufen.
Man spricht in Paris schon seit mehreren Tagen von einer bevorstehenden Revue der Nationalgarde. Das Siècle findet dafür einen sonderbaren Anlaß: „Man versichert, der Kaiser Nikolaus werde dieser Revue beiwohnen. Die Anwesenheit des Kaisers Nikolaus in unsern Mauern wird viele Auslegungen veranlassen.“ (Andere Pariser Blätter wiederholen schon seit einigen Tagen diese Erfindung.)
_ Paris, 11 Jun. Die Deputirtenkammer beschäftigt sich seit gestern mit den Eisenbahnen; es ist hauptsächlich die Frage von dem Tarif, d. h. von den durch die Reisenden zu zahlenden Gebühren. Die Unternehmer verlangen die Berechtigung, den Tarif über das Maaß hinaus zu erhöhen, welches sie bei Nachsuchung der Bestätigung der Regierung selbst angegeben hatten. Beim Beginn der Arbeiten verrechnete man sich überall über den Betrag des Kostenaufwands, und ohne Erhöhung der damals aufgestellten Tarife wird keine der Unternehmungen ohne Schaden wegkommen. Mehreren der gegen die vorgeschlagenen Erleichterungen der Unternehmer eingeschriebenen Redner wird wohl nicht ganz mit Unrecht der Vorwurf gemacht, sie seyen von Privatinteressen geleitet. – Diesen Morgen fand eine Versammlung der Deputirten der linken Seite statt, um über die Frage zu verhandeln, ob man darauf bestehen solle, daß die Motion des Hrn. v. Remilly noch vor dem Schlusse der Session debattirt werde. Selbst die aufrichtigen Anhänger der Motion haben sich für Vertagung auf die nächste Session ausgesprochen, weil in diesem Augenblick, bei der gänzlichen Müdigkeit der Kammer, Hr. Thiers unter Beihülfe des Restes der 221 leicht eine Verwerfung zu Stande bringen könnte. Bei dieser Gelegenheit wurde vieles über die nichtgehaltenen Versprechungen des Hrn. Conseilpräsidenten gesprochen; es fielen auch mancherlei Vorwürfe gegen Hrn. Barrot wegen seines zu großen Vertrauens, und man bezeichnete die Versetzungen der Präfecten und Unterpräfecten als bloßes Gaukelspiel ohne Wirkung zu Gunsten der Grundsätze der linken Seite. Dieser Tage erwartet man den Bericht der Commission über jene Motion; wie ich Ihnen bereits schrieb, hat die Mehrheit der Commissarien den Vorschlag verworfen, mehrere Aemter mit dem des Deputirten unverträglich zu erklären. Dagegen soll sie zugeben, daß kein Deputirter, der nicht Beamter ist, während er Mitglied der Kammer bleibt, eine Stelle annehmen dürfe, und daß diejenigen, die bereits vor der Wahl ein Amt bekleideten, nur eine Beförderung nach Ordnung der Hierarchie erhalten können. Beinahe einstimmig werden die Deputirten die Aussetzung der Debatten bis zur nächsten Session verlangen oder bewilligen. – Vor ein paar Tagen vereinigten sich 7 bis 800 Personen zu einem Mittagsessen an der Barrière du Montparnasse, in der Absicht, sich öffentlich zu Gunsten der von der radicalen Partei begehrten Wahlreform auszusprechen. Die HH. Laffitte, Arago und Garnier-Pagès waren eingeladen, beide erstere erschienen und präsidirten. Hr. Garnier-Pagès fand sich nicht ein. Diese Thatsache gibt zu mannichfaltigen Commentarien Veranlassung; einestheils nimmt die Linke den HH. Laffitte und Arago übel, durch ihre Assistenz sich zu dem extravaganten Ansinnen eines allgemeinen Wahlrechts zu bekennen, anderntheils sieht man die Handlung des Hrn. Garnier-Pagès als einen Beweis an, daß er sich von der radicalen Partei lossagt, und es künftig mit der dynastischen Linken halten will. Das ist auch wirklich die klügere Ansicht, da nach der Lage, worein Hr. Barrot sich gesetzt hat, für Hr. Garnier-Pagès alle Hoffnung obwaltet, als Chef dieser Partei anerkannt zu werden. – Die gestern hier officiell bekannt gewordene Nachricht des Todes Sr. Maj. des Königs von Preußen hat bei denjenigen Franzosen großen Eindruck verursacht, welche noch immer glauben, der bisherige Kronprinz sey voll kriegerischer Entwürfe. Der unterrichtetere Theil hält aber dieses Gerücht für ungegründet, und zweifelt nicht an der Handhabung des Friedens.
_ Bordeaux, 10 Jun. Die vorgeblichen Bekenntnisse Eliçabide's sind, Gottlob! ohne Grund. Das Gerücht hatte so allgemeinen Glauben gefunden, daß es selbst in die hiesigen Zeitungen überging, und nun die Runde von ganz Frankreich macht. Es ist schwer zu begreifen, wie sich Jemand mit Erfindung von Lügen so empörender Art befassen mag.
_ Algier, 6 Jun. Die Expeditionsarmee hat sich wieder in Bewegung gesetzt: die erste Division marschirte am 2 d. bei einem heftigen Samum oder Wüstenwind ab, von dem die arme Infanterie viel gelitten haben wird; am folgenden Tage folgte ihr die zweite, und am nämlichen Tage verließ der Marschall Valée mit seinem Generalstab Algier. Den Tag vorher war ein Dampfboot als außerordentlicher Courier von Frankreich gekommen; es hatte weder Reisende noch Briefe, sondern nur eine Depesche für den Marschall mitgebracht. Man behauptet, es sey der Befehl, den Abgang der Truppen aufzuschieben. Ist das begründet, so gab der Marschall nicht viel auf den ministeriellen Befehl. Freilich ist es nicht das erstemal, daß er so gehandelt hat. Gestern kam ein zweites Dampfschiff ebenfalls nur mit einer Depesche für den Marschall an. – Alles, was man bis jetzt von den Operationen der Armee weiß, ist, daß sie am 4 Jun. die Chiffa überschritten. Was weiter geschehen seyn kann, ist uns – Dank der außerordentlichen Zurückhaltung des Oberfeldherrn in Bezug auf Neuigkeiten – noch unbekannt. Nur die Araber haben das Privilegium, Alles, was wir thun,
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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