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Allgemeine Zeitung. Nr. 171. Augsburg, 19. Juni 1840.

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ungeschmeichelten Ausdruck dieser Volksgesinnung gab neuerlichst wieder ein Fest in der "Eintracht," das zugleich als Erinnerungsfeier den Enthusiasmus erneute, womit im vorigen Jahre, bei einer ähnlichen Veranlassung, das persönliche Erscheinen der charaktervollen Fürstin begrüßt ward.

Obwohl die Durchführung des Strafgesetzbuches vorläufig bei Seite gesetzt ist, wird unser Landtag doch wohl noch um eine kurze Frist verlängert werden müssen, da bis zum 1 Jul. schwerlich Alles aufgearbeitet werden kann. Was den Einhalt der weitern Verhandlung über das Strafgesetzbuch betrifft, so ist es charakteristisch zu sehen, wie eindruckslos diese Art von Zurücknahme bei der öffentlichen Meinung vorüberging. Die Einen finden, daß das Werk eben doch vielfach und wesentlich mangelhaft gewesen; die Andern kommen mit Bestärkung auf den Satz zurück, daß vor einem Strafgesetzbuche einer Strafproceßordnung die Priorität gebühre; eine dritte Meinung endlich sieht es überhaupt gerne, daß es damit nicht glücken will, denn wenn die Gesetzfabrication in der bisherigen Weise fortgehe, so werde antinationaler Weise ein Trennungselement ausgebildet, und die Juristerei in Deutschland zuletzt buntscheckiger werden, als es vor dem großen Handelsverein die Zolltarife waren. - Das Jubiläum der Buchdruckerkunst soll, nach einem etwas spät hervorgetretenen Plane, nunmehr auch in Karlsruhe gefeiert werden. Wenn die Sache überhaupt zu Stande kommt, so wird man mit möglichster Vermeidung alles Aufsehens zu Werke gehen. Für diejenigen, welche größer denken, wird Stuttgart der gesuchte Mittelpunkt seyn.

II. MM. der Kaiser und die Kaiserin sind heute Nachmittag hier eingetroffen.

Am 4 d. hat der Abg. Dr. Glaubrech einen Antrag, den Zustand der Presse betreffend, in unsere zweite Kammer gebracht, welcher alsbald an den Gesetzgebungsausschuß zum Bericht verwiesen wurde. Der Antrag ist nun als Theil unserer landständischen Verhandlungen hier im Druck erschienen und lautet im Auszug: "Indem ich mir erlaube, die Blicke dieser hochachtbaren Versammlung auf die eben so wichtige als unglückliche Sache der vaterländischen Presse zu lenken, indem ich mir erlaube, an die Ausführung des Art. 18 der deutschen Bundesacte, sowie des Art. 35 unserer Verfassungsurkunde, welche beide die Preßfreiheit, und zwar der erstere als ein gemeinsames Gut aller Deutschen, der letztere als ein allen Hessen feierlich garantirtes Recht verheißen haben, zu erinnern, erwarten Sie nicht eine Ausführung über den unschätzbaren Werth dieser trefflichen Institution von mir zu vernehmen. Gerne will ich hier ferner, so weit dieß nur immer möglich ist, auf jede Eingehung in das Detail des wahrhaft traurigen und betrübenden Zustandes der vaterländischen Presse verzichten. Ich will es sowohl darum, weil Ihnen dieser Zustand leider nur allzusehr bekannt ist, als weil ich jeden Anlaß, der ein Entgegenkommen von Seite des großherzoglichen Ministeriums erschweren könnte, vermeiden möchte. Aber ich glaube als Abgeordneter des Volks die Verantwortlichkeit nicht übernehmen zu dürfen, den gegenwärtigen Landtag vorüber gehen zu lassen, ohne den gedrückten Zustand der Presse zu berühren, und ohne die Benutzung eines Gutes anzusprechen, auf welches das Vaterland ein heiliges und wohlerworbenes Recht hat. Ich fühle mich hierzu um so mehr verpflichtet, als diese Räume noch der einzige Ort sind, wo man offen aussprechen kann, was dem Volke noth thut und was es drückt. Meine Herren, es sind nun volle 25 Jahre, es ist fast ein Menschenalter vorübergegangen, seitdem allen Deutschen die Freiheit der Presse als eines der wesentlichsten und edelsten Güter zugesichert worden ist, seitdem der Art. 18 der Bund esacte feierlich verkündet hat: "Die Bundesversammlung wird sich bei ihrer ersten Zusammenkunft mit Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die Preßfreiheit beschäftigen." Dennoch hat Deutschland bis zur heutigen Stunde vergebens die Erfüllung dieser Zusage ersehnt. Ja, der Zustand der Presse im Allgemeinen ist heute viel trauriger und gedrückter, als zu der Zeit, wo die Bundesacte zu Stande kam. Alle Bemühungen, alle verfassungsmäßigen Schritte der deutschen Volkskammern, alle ständischen Petitionen haben bis jetzt jenes ersehnte Ziel nicht erreichen können. Zwar ist es wahr, nicht immer waren seitdem die Zeiten so ruhig und ungetrübt, daß im Sinne derjenigen, welche glauben, daß nur in den Zeiten der Ruhe neue Institutionen gedeihen und sich befestigen könnten, nicht Aussetzungen hätten gemacht, nicht Befürchtungen gegen den freien Gebrauch der Presse hätten aufgestellt werden können. Wir haben in der That Zeiten ungewöhnlicher Aufregung und heftigen Kampfes der Leidenschaften gesehen; allein selbst abgesehen davon, daß jene Aufregung zum Theil mit dadurch entstanden, daß den Völkern die ihnen gemachten Verheißungen noch nicht realisirt worden, selbst abgesehen ferner davon, daß die Freiheit der Presse trotz aller gegentheiligen Declamationen in Wirklichkeit noch niemals Verschwörungen und Revolutionen veranlaßt hat, wie ich dieß schon bei früheren Verhandlungen ausgeführt habe, sowie von andern Betrachtungen mehr, sind nicht jene unruhevollen, jene sturmbewegten Zeiten längst vorübergegangen? Es ist gelungen, diejenigen, welche den gesetzlichen Weg überschritten hatten, auf den Weg des Gesetzes zurückzuführen, und alle gewaltsamen Ausbrüche der Leidenschaften zu unterdrücken; die Zeiten der Gefahr sind vorüber, und der Strom läuft wieder in den Ufern seines alten Bettes. Niemand wird daher mehr verneinen können, daß jedenfalls die Zeit ruhiger Discussion jetzt vorhanden sey. Und kann es wohl einen festern und kräftigeren Damm gegen das Austreten des Stromes in künftigen Zeiten der Gefahr geben, als jetzt die billigen und gerechten Anforderungen des Volks zu gewähren? Möchten doch alle Regierungen sich von der Wahrheit des Satzes überzeugen, daß in der Erinnerung der Völker das Gefühl des Dankes für diejenigen zeitgemäßen Institutionen, die ihnen freiwillig gewährt werden, niemals erlischt, während sie selten, oder nie für diejenigen Dank wissen, welche sie in den Zeiten der Gefahr sich selbst erringen. In dem Charakter der Zeit kann also gewißlich kein Hinderniß liegen, um die Verheißung der Bundesacte in Erfüllung zu bringen, und dem deutschen Volke endlich den Genuß jenes hochwichtigen Rechtes zu gewähren, in dessen Besitze längst schon so viele andere Länder und Nationen sich befinden. Blicken Sie um sich, und Sie sehen, daß die ganze pyrenäische Halbinsel, daß Frankreich und Großbritannien, daß Dänemark, Schweden und Norwegen, daß Belgien, die Niederlande und die Schweiz, daß Griechenland und ganz Amerika die Freiheit der Presse genießen. Doch man sagt vielleicht noch immer: "Der Deutsche sey noch nicht reif zum Genusse jenes Rechts?" Wie sollte aber Deutschland, der Mittelpunkt der Civilisation in Europa, dasjenige Land, dessen Bewohner unstreitig die größte und allgemeinste Bildung besitzen, weniger reif seyn, als Frankreich, das noch so viele Millionen zählt, die nicht einmal den ersten Unterricht genießen, und das seine größten und ausgezeichnetsten Lehrer nach Deutschland sendet, um den deutschen Volksunterricht kennen zu lernen, und zu studiren? Oder sollte Deutschland weniger reif seyn, als England, wo so viele Hunderttausende, weit entfernt an Unterricht zu denken, nicht einmal ihren Hunger zu stillen vermögen, und zum Theil statt des Brodes Abfälle roher Stoffe verzehren? Sollte endlich das durch seinen hohen moralischen Werth, durch Rechtlichkeit und Biedersinn, sowie durch treue Anhänglichkeit an seine Fürsten ausgezeichnete deutsche Volk weniger reif zum Genusse der Preßfreiheit seyn, als Spanien und Portugal, oder das vor noch nicht langer Zeit von dem Joche des Despotismus und der Barbarei befreite Griechenland? Doch wie darf ich von Despotismus und Barbarei sprechen, wenn wir sehen, daß selbst der Halbmond nicht bloß vor den Gesetzen der Humanität und Civilisation sich beugt, sondern auch an die Stelle des absolutesten Despotismus die Gesetze eines höhern und edlern Staatsrechts und Principien constitutioneller Monarchien treten läßt. Wahrlich, nach solchen Vorgängen wird bald selbst der halbrohe Muselmann sich im Besitze jenes kostbaren Gutes, der Freiheit der Presse, befinden, während das gesittetste, das wissenschaftlich gebildetste, das edelste und treueste Volk der Erde diese Institution

ungeschmeichelten Ausdruck dieser Volksgesinnung gab neuerlichst wieder ein Fest in der „Eintracht,“ das zugleich als Erinnerungsfeier den Enthusiasmus erneute, womit im vorigen Jahre, bei einer ähnlichen Veranlassung, das persönliche Erscheinen der charaktervollen Fürstin begrüßt ward.

Obwohl die Durchführung des Strafgesetzbuches vorläufig bei Seite gesetzt ist, wird unser Landtag doch wohl noch um eine kurze Frist verlängert werden müssen, da bis zum 1 Jul. schwerlich Alles aufgearbeitet werden kann. Was den Einhalt der weitern Verhandlung über das Strafgesetzbuch betrifft, so ist es charakteristisch zu sehen, wie eindruckslos diese Art von Zurücknahme bei der öffentlichen Meinung vorüberging. Die Einen finden, daß das Werk eben doch vielfach und wesentlich mangelhaft gewesen; die Andern kommen mit Bestärkung auf den Satz zurück, daß vor einem Strafgesetzbuche einer Strafproceßordnung die Priorität gebühre; eine dritte Meinung endlich sieht es überhaupt gerne, daß es damit nicht glücken will, denn wenn die Gesetzfabrication in der bisherigen Weise fortgehe, so werde antinationaler Weise ein Trennungselement ausgebildet, und die Juristerei in Deutschland zuletzt buntscheckiger werden, als es vor dem großen Handelsverein die Zolltarife waren. – Das Jubiläum der Buchdruckerkunst soll, nach einem etwas spät hervorgetretenen Plane, nunmehr auch in Karlsruhe gefeiert werden. Wenn die Sache überhaupt zu Stande kommt, so wird man mit möglichster Vermeidung alles Aufsehens zu Werke gehen. Für diejenigen, welche größer denken, wird Stuttgart der gesuchte Mittelpunkt seyn.

II. MM. der Kaiser und die Kaiserin sind heute Nachmittag hier eingetroffen.

Am 4 d. hat der Abg. Dr. Glaubrech einen Antrag, den Zustand der Presse betreffend, in unsere zweite Kammer gebracht, welcher alsbald an den Gesetzgebungsausschuß zum Bericht verwiesen wurde. Der Antrag ist nun als Theil unserer landständischen Verhandlungen hier im Druck erschienen und lautet im Auszug: „Indem ich mir erlaube, die Blicke dieser hochachtbaren Versammlung auf die eben so wichtige als unglückliche Sache der vaterländischen Presse zu lenken, indem ich mir erlaube, an die Ausführung des Art. 18 der deutschen Bundesacte, sowie des Art. 35 unserer Verfassungsurkunde, welche beide die Preßfreiheit, und zwar der erstere als ein gemeinsames Gut aller Deutschen, der letztere als ein allen Hessen feierlich garantirtes Recht verheißen haben, zu erinnern, erwarten Sie nicht eine Ausführung über den unschätzbaren Werth dieser trefflichen Institution von mir zu vernehmen. Gerne will ich hier ferner, so weit dieß nur immer möglich ist, auf jede Eingehung in das Detail des wahrhaft traurigen und betrübenden Zustandes der vaterländischen Presse verzichten. Ich will es sowohl darum, weil Ihnen dieser Zustand leider nur allzusehr bekannt ist, als weil ich jeden Anlaß, der ein Entgegenkommen von Seite des großherzoglichen Ministeriums erschweren könnte, vermeiden möchte. Aber ich glaube als Abgeordneter des Volks die Verantwortlichkeit nicht übernehmen zu dürfen, den gegenwärtigen Landtag vorüber gehen zu lassen, ohne den gedrückten Zustand der Presse zu berühren, und ohne die Benutzung eines Gutes anzusprechen, auf welches das Vaterland ein heiliges und wohlerworbenes Recht hat. Ich fühle mich hierzu um so mehr verpflichtet, als diese Räume noch der einzige Ort sind, wo man offen aussprechen kann, was dem Volke noth thut und was es drückt. Meine Herren, es sind nun volle 25 Jahre, es ist fast ein Menschenalter vorübergegangen, seitdem allen Deutschen die Freiheit der Presse als eines der wesentlichsten und edelsten Güter zugesichert worden ist, seitdem der Art. 18 der Bund esacte feierlich verkündet hat: „Die Bundesversammlung wird sich bei ihrer ersten Zusammenkunft mit Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die Preßfreiheit beschäftigen.“ Dennoch hat Deutschland bis zur heutigen Stunde vergebens die Erfüllung dieser Zusage ersehnt. Ja, der Zustand der Presse im Allgemeinen ist heute viel trauriger und gedrückter, als zu der Zeit, wo die Bundesacte zu Stande kam. Alle Bemühungen, alle verfassungsmäßigen Schritte der deutschen Volkskammern, alle ständischen Petitionen haben bis jetzt jenes ersehnte Ziel nicht erreichen können. Zwar ist es wahr, nicht immer waren seitdem die Zeiten so ruhig und ungetrübt, daß im Sinne derjenigen, welche glauben, daß nur in den Zeiten der Ruhe neue Institutionen gedeihen und sich befestigen könnten, nicht Aussetzungen hätten gemacht, nicht Befürchtungen gegen den freien Gebrauch der Presse hätten aufgestellt werden können. Wir haben in der That Zeiten ungewöhnlicher Aufregung und heftigen Kampfes der Leidenschaften gesehen; allein selbst abgesehen davon, daß jene Aufregung zum Theil mit dadurch entstanden, daß den Völkern die ihnen gemachten Verheißungen noch nicht realisirt worden, selbst abgesehen ferner davon, daß die Freiheit der Presse trotz aller gegentheiligen Declamationen in Wirklichkeit noch niemals Verschwörungen und Revolutionen veranlaßt hat, wie ich dieß schon bei früheren Verhandlungen ausgeführt habe, sowie von andern Betrachtungen mehr, sind nicht jene unruhevollen, jene sturmbewegten Zeiten längst vorübergegangen? Es ist gelungen, diejenigen, welche den gesetzlichen Weg überschritten hatten, auf den Weg des Gesetzes zurückzuführen, und alle gewaltsamen Ausbrüche der Leidenschaften zu unterdrücken; die Zeiten der Gefahr sind vorüber, und der Strom läuft wieder in den Ufern seines alten Bettes. Niemand wird daher mehr verneinen können, daß jedenfalls die Zeit ruhiger Discussion jetzt vorhanden sey. Und kann es wohl einen festern und kräftigeren Damm gegen das Austreten des Stromes in künftigen Zeiten der Gefahr geben, als jetzt die billigen und gerechten Anforderungen des Volks zu gewähren? Möchten doch alle Regierungen sich von der Wahrheit des Satzes überzeugen, daß in der Erinnerung der Völker das Gefühl des Dankes für diejenigen zeitgemäßen Institutionen, die ihnen freiwillig gewährt werden, niemals erlischt, während sie selten, oder nie für diejenigen Dank wissen, welche sie in den Zeiten der Gefahr sich selbst erringen. In dem Charakter der Zeit kann also gewißlich kein Hinderniß liegen, um die Verheißung der Bundesacte in Erfüllung zu bringen, und dem deutschen Volke endlich den Genuß jenes hochwichtigen Rechtes zu gewähren, in dessen Besitze längst schon so viele andere Länder und Nationen sich befinden. Blicken Sie um sich, und Sie sehen, daß die ganze pyrenäische Halbinsel, daß Frankreich und Großbritannien, daß Dänemark, Schweden und Norwegen, daß Belgien, die Niederlande und die Schweiz, daß Griechenland und ganz Amerika die Freiheit der Presse genießen. Doch man sagt vielleicht noch immer: „Der Deutsche sey noch nicht reif zum Genusse jenes Rechts?“ Wie sollte aber Deutschland, der Mittelpunkt der Civilisation in Europa, dasjenige Land, dessen Bewohner unstreitig die größte und allgemeinste Bildung besitzen, weniger reif seyn, als Frankreich, das noch so viele Millionen zählt, die nicht einmal den ersten Unterricht genießen, und das seine größten und ausgezeichnetsten Lehrer nach Deutschland sendet, um den deutschen Volksunterricht kennen zu lernen, und zu studiren? Oder sollte Deutschland weniger reif seyn, als England, wo so viele Hunderttausende, weit entfernt an Unterricht zu denken, nicht einmal ihren Hunger zu stillen vermögen, und zum Theil statt des Brodes Abfälle roher Stoffe verzehren? Sollte endlich das durch seinen hohen moralischen Werth, durch Rechtlichkeit und Biedersinn, sowie durch treue Anhänglichkeit an seine Fürsten ausgezeichnete deutsche Volk weniger reif zum Genusse der Preßfreiheit seyn, als Spanien und Portugal, oder das vor noch nicht langer Zeit von dem Joche des Despotismus und der Barbarei befreite Griechenland? Doch wie darf ich von Despotismus und Barbarei sprechen, wenn wir sehen, daß selbst der Halbmond nicht bloß vor den Gesetzen der Humanität und Civilisation sich beugt, sondern auch an die Stelle des absolutesten Despotismus die Gesetze eines höhern und edlern Staatsrechts und Principien constitutioneller Monarchien treten läßt. Wahrlich, nach solchen Vorgängen wird bald selbst der halbrohe Muselmann sich im Besitze jenes kostbaren Gutes, der Freiheit der Presse, befinden, während das gesittetste, das wissenschaftlich gebildetste, das edelste und treueste Volk der Erde diese Institution

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Gerne will ich hier ferner, so weit dieß nur immer möglich ist, auf jede Eingehung in das Detail des wahrhaft traurigen und betrübenden Zustandes der vaterländischen Presse verzichten. Ich will es sowohl darum, weil Ihnen dieser Zustand leider nur allzusehr bekannt ist, als weil ich jeden Anlaß, der ein Entgegenkommen von Seite des großherzoglichen Ministeriums erschweren könnte, vermeiden möchte. Aber ich glaube als Abgeordneter des Volks die Verantwortlichkeit nicht übernehmen zu dürfen, den gegenwärtigen Landtag vorüber gehen zu lassen, ohne den gedrückten Zustand der Presse zu berühren, und ohne die Benutzung eines Gutes anzusprechen, auf welches das Vaterland ein heiliges und wohlerworbenes Recht hat. Ich fühle mich hierzu um so mehr verpflichtet, als diese Räume noch der einzige Ort sind, wo man offen aussprechen kann, was dem Volke noth thut und was es drückt. Meine Herren, es sind nun volle 25 Jahre, es ist fast ein Menschenalter vorübergegangen, seitdem allen Deutschen die Freiheit der Presse als eines der wesentlichsten und edelsten Güter zugesichert worden ist, seitdem der Art. 18 der Bund esacte feierlich verkündet hat: &#x201E;Die Bundesversammlung wird sich bei ihrer <hi rendition="#g">ersten</hi> Zusammenkunft mit Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die <hi rendition="#g">Preßfreiheit</hi> beschäftigen.&#x201C; Dennoch hat Deutschland bis zur heutigen Stunde vergebens die Erfüllung dieser Zusage ersehnt. Ja, der Zustand der Presse im Allgemeinen ist heute viel trauriger und gedrückter, als zu der Zeit, wo die Bundesacte zu Stande kam. Alle Bemühungen, alle verfassungsmäßigen Schritte der deutschen Volkskammern, alle ständischen Petitionen haben bis jetzt jenes ersehnte Ziel nicht erreichen können. Zwar ist es wahr, nicht immer waren seitdem die Zeiten so ruhig und ungetrübt, daß im Sinne derjenigen, welche glauben, daß nur in den Zeiten der Ruhe neue Institutionen gedeihen und sich befestigen könnten, nicht Aussetzungen hätten gemacht, nicht Befürchtungen gegen den freien Gebrauch der Presse hätten aufgestellt werden können. Wir haben in der That Zeiten ungewöhnlicher Aufregung und heftigen Kampfes der Leidenschaften gesehen; allein selbst abgesehen davon, daß jene Aufregung zum Theil mit dadurch entstanden, daß den Völkern die ihnen gemachten Verheißungen noch nicht realisirt worden, selbst abgesehen ferner davon, daß die Freiheit der Presse trotz aller gegentheiligen Declamationen in Wirklichkeit noch niemals Verschwörungen und Revolutionen veranlaßt hat, wie ich dieß schon bei früheren Verhandlungen ausgeführt habe, sowie von andern Betrachtungen mehr, sind nicht jene unruhevollen, jene sturmbewegten Zeiten längst vorübergegangen? Es ist gelungen, diejenigen, welche den gesetzlichen Weg überschritten hatten, auf den Weg des Gesetzes zurückzuführen, und alle gewaltsamen Ausbrüche der Leidenschaften zu unterdrücken; die Zeiten der Gefahr sind vorüber, und der Strom läuft wieder in den Ufern seines alten Bettes. Niemand wird daher mehr verneinen können, daß jedenfalls die Zeit ruhiger Discussion jetzt vorhanden sey. Und kann es wohl einen festern und kräftigeren Damm gegen das Austreten des Stromes in künftigen Zeiten der Gefahr geben, als jetzt die billigen und gerechten Anforderungen des Volks zu gewähren? Möchten doch alle Regierungen sich von der Wahrheit des Satzes überzeugen, daß in der Erinnerung der Völker das Gefühl des Dankes für diejenigen zeitgemäßen Institutionen, die ihnen freiwillig gewährt werden, niemals erlischt, während sie selten, oder nie für diejenigen Dank wissen, welche sie in den Zeiten der Gefahr sich selbst erringen. In dem Charakter der Zeit kann also gewißlich kein Hinderniß liegen, um die Verheißung der Bundesacte in Erfüllung zu bringen, und dem deutschen Volke endlich den Genuß jenes hochwichtigen Rechtes zu gewähren, in dessen Besitze längst schon so viele andere Länder und Nationen sich befinden. Blicken Sie um sich, und Sie sehen, daß die ganze pyrenäische Halbinsel, daß Frankreich und Großbritannien, daß Dänemark, Schweden und Norwegen, daß Belgien, die Niederlande und die Schweiz, daß Griechenland und ganz Amerika die Freiheit der Presse genießen. Doch man sagt vielleicht noch immer: &#x201E;Der Deutsche sey noch nicht reif zum Genusse jenes Rechts?&#x201C; Wie sollte aber Deutschland, der Mittelpunkt der Civilisation in Europa, dasjenige Land, dessen Bewohner unstreitig die größte und allgemeinste Bildung besitzen, weniger reif seyn, als Frankreich, das noch so viele Millionen zählt, die nicht einmal den ersten Unterricht genießen, und das seine größten und ausgezeichnetsten Lehrer nach Deutschland sendet, um den deutschen Volksunterricht kennen zu lernen, und zu studiren? Oder sollte Deutschland weniger reif seyn, als England, wo so viele Hunderttausende, weit entfernt an Unterricht zu denken, nicht einmal ihren Hunger zu stillen vermögen, und zum Theil statt des Brodes Abfälle roher Stoffe verzehren? Sollte endlich das durch seinen hohen moralischen Werth, durch Rechtlichkeit und Biedersinn, sowie durch treue Anhänglichkeit an seine Fürsten ausgezeichnete deutsche Volk weniger reif zum Genusse der Preßfreiheit seyn, als Spanien und Portugal, oder das vor noch nicht langer Zeit von dem Joche des Despotismus und der Barbarei befreite Griechenland? Doch wie darf ich von Despotismus und Barbarei sprechen, wenn wir sehen, daß selbst der Halbmond nicht bloß vor den Gesetzen der Humanität und Civilisation sich beugt, sondern auch an die Stelle des absolutesten Despotismus die Gesetze eines höhern und edlern Staatsrechts und Principien constitutioneller Monarchien treten läßt. Wahrlich, nach solchen Vorgängen wird bald selbst der halbrohe Muselmann sich im Besitze jenes kostbaren Gutes, der Freiheit der Presse, befinden, während das gesittetste, das wissenschaftlich gebildetste, das edelste und treueste Volk der Erde diese Institution<lb/></p>
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[1365/0005] ungeschmeichelten Ausdruck dieser Volksgesinnung gab neuerlichst wieder ein Fest in der „Eintracht,“ das zugleich als Erinnerungsfeier den Enthusiasmus erneute, womit im vorigen Jahre, bei einer ähnlichen Veranlassung, das persönliche Erscheinen der charaktervollen Fürstin begrüßt ward. _ Karlsruhe, 14 Jun. Obwohl die Durchführung des Strafgesetzbuches vorläufig bei Seite gesetzt ist, wird unser Landtag doch wohl noch um eine kurze Frist verlängert werden müssen, da bis zum 1 Jul. schwerlich Alles aufgearbeitet werden kann. Was den Einhalt der weitern Verhandlung über das Strafgesetzbuch betrifft, so ist es charakteristisch zu sehen, wie eindruckslos diese Art von Zurücknahme bei der öffentlichen Meinung vorüberging. Die Einen finden, daß das Werk eben doch vielfach und wesentlich mangelhaft gewesen; die Andern kommen mit Bestärkung auf den Satz zurück, daß vor einem Strafgesetzbuche einer Strafproceßordnung die Priorität gebühre; eine dritte Meinung endlich sieht es überhaupt gerne, daß es damit nicht glücken will, denn wenn die Gesetzfabrication in der bisherigen Weise fortgehe, so werde antinationaler Weise ein Trennungselement ausgebildet, und die Juristerei in Deutschland zuletzt buntscheckiger werden, als es vor dem großen Handelsverein die Zolltarife waren. – Das Jubiläum der Buchdruckerkunst soll, nach einem etwas spät hervorgetretenen Plane, nunmehr auch in Karlsruhe gefeiert werden. Wenn die Sache überhaupt zu Stande kommt, so wird man mit möglichster Vermeidung alles Aufsehens zu Werke gehen. Für diejenigen, welche größer denken, wird Stuttgart der gesuchte Mittelpunkt seyn. _ Frankfurt, 16 Jun. II. MM. der Kaiser und die Kaiserin sind heute Nachmittag hier eingetroffen. _ Darmstadt, 10 Jun. Am 4 d. hat der Abg. Dr. Glaubrech einen Antrag, den Zustand der Presse betreffend, in unsere zweite Kammer gebracht, welcher alsbald an den Gesetzgebungsausschuß zum Bericht verwiesen wurde. Der Antrag ist nun als Theil unserer landständischen Verhandlungen hier im Druck erschienen und lautet im Auszug: „Indem ich mir erlaube, die Blicke dieser hochachtbaren Versammlung auf die eben so wichtige als unglückliche Sache der vaterländischen Presse zu lenken, indem ich mir erlaube, an die Ausführung des Art. 18 der deutschen Bundesacte, sowie des Art. 35 unserer Verfassungsurkunde, welche beide die Preßfreiheit, und zwar der erstere als ein gemeinsames Gut aller Deutschen, der letztere als ein allen Hessen feierlich garantirtes Recht verheißen haben, zu erinnern, erwarten Sie nicht eine Ausführung über den unschätzbaren Werth dieser trefflichen Institution von mir zu vernehmen. Gerne will ich hier ferner, so weit dieß nur immer möglich ist, auf jede Eingehung in das Detail des wahrhaft traurigen und betrübenden Zustandes der vaterländischen Presse verzichten. Ich will es sowohl darum, weil Ihnen dieser Zustand leider nur allzusehr bekannt ist, als weil ich jeden Anlaß, der ein Entgegenkommen von Seite des großherzoglichen Ministeriums erschweren könnte, vermeiden möchte. Aber ich glaube als Abgeordneter des Volks die Verantwortlichkeit nicht übernehmen zu dürfen, den gegenwärtigen Landtag vorüber gehen zu lassen, ohne den gedrückten Zustand der Presse zu berühren, und ohne die Benutzung eines Gutes anzusprechen, auf welches das Vaterland ein heiliges und wohlerworbenes Recht hat. Ich fühle mich hierzu um so mehr verpflichtet, als diese Räume noch der einzige Ort sind, wo man offen aussprechen kann, was dem Volke noth thut und was es drückt. Meine Herren, es sind nun volle 25 Jahre, es ist fast ein Menschenalter vorübergegangen, seitdem allen Deutschen die Freiheit der Presse als eines der wesentlichsten und edelsten Güter zugesichert worden ist, seitdem der Art. 18 der Bund esacte feierlich verkündet hat: „Die Bundesversammlung wird sich bei ihrer ersten Zusammenkunft mit Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die Preßfreiheit beschäftigen.“ Dennoch hat Deutschland bis zur heutigen Stunde vergebens die Erfüllung dieser Zusage ersehnt. Ja, der Zustand der Presse im Allgemeinen ist heute viel trauriger und gedrückter, als zu der Zeit, wo die Bundesacte zu Stande kam. Alle Bemühungen, alle verfassungsmäßigen Schritte der deutschen Volkskammern, alle ständischen Petitionen haben bis jetzt jenes ersehnte Ziel nicht erreichen können. Zwar ist es wahr, nicht immer waren seitdem die Zeiten so ruhig und ungetrübt, daß im Sinne derjenigen, welche glauben, daß nur in den Zeiten der Ruhe neue Institutionen gedeihen und sich befestigen könnten, nicht Aussetzungen hätten gemacht, nicht Befürchtungen gegen den freien Gebrauch der Presse hätten aufgestellt werden können. Wir haben in der That Zeiten ungewöhnlicher Aufregung und heftigen Kampfes der Leidenschaften gesehen; allein selbst abgesehen davon, daß jene Aufregung zum Theil mit dadurch entstanden, daß den Völkern die ihnen gemachten Verheißungen noch nicht realisirt worden, selbst abgesehen ferner davon, daß die Freiheit der Presse trotz aller gegentheiligen Declamationen in Wirklichkeit noch niemals Verschwörungen und Revolutionen veranlaßt hat, wie ich dieß schon bei früheren Verhandlungen ausgeführt habe, sowie von andern Betrachtungen mehr, sind nicht jene unruhevollen, jene sturmbewegten Zeiten längst vorübergegangen? Es ist gelungen, diejenigen, welche den gesetzlichen Weg überschritten hatten, auf den Weg des Gesetzes zurückzuführen, und alle gewaltsamen Ausbrüche der Leidenschaften zu unterdrücken; die Zeiten der Gefahr sind vorüber, und der Strom läuft wieder in den Ufern seines alten Bettes. Niemand wird daher mehr verneinen können, daß jedenfalls die Zeit ruhiger Discussion jetzt vorhanden sey. Und kann es wohl einen festern und kräftigeren Damm gegen das Austreten des Stromes in künftigen Zeiten der Gefahr geben, als jetzt die billigen und gerechten Anforderungen des Volks zu gewähren? Möchten doch alle Regierungen sich von der Wahrheit des Satzes überzeugen, daß in der Erinnerung der Völker das Gefühl des Dankes für diejenigen zeitgemäßen Institutionen, die ihnen freiwillig gewährt werden, niemals erlischt, während sie selten, oder nie für diejenigen Dank wissen, welche sie in den Zeiten der Gefahr sich selbst erringen. In dem Charakter der Zeit kann also gewißlich kein Hinderniß liegen, um die Verheißung der Bundesacte in Erfüllung zu bringen, und dem deutschen Volke endlich den Genuß jenes hochwichtigen Rechtes zu gewähren, in dessen Besitze längst schon so viele andere Länder und Nationen sich befinden. Blicken Sie um sich, und Sie sehen, daß die ganze pyrenäische Halbinsel, daß Frankreich und Großbritannien, daß Dänemark, Schweden und Norwegen, daß Belgien, die Niederlande und die Schweiz, daß Griechenland und ganz Amerika die Freiheit der Presse genießen. Doch man sagt vielleicht noch immer: „Der Deutsche sey noch nicht reif zum Genusse jenes Rechts?“ Wie sollte aber Deutschland, der Mittelpunkt der Civilisation in Europa, dasjenige Land, dessen Bewohner unstreitig die größte und allgemeinste Bildung besitzen, weniger reif seyn, als Frankreich, das noch so viele Millionen zählt, die nicht einmal den ersten Unterricht genießen, und das seine größten und ausgezeichnetsten Lehrer nach Deutschland sendet, um den deutschen Volksunterricht kennen zu lernen, und zu studiren? Oder sollte Deutschland weniger reif seyn, als England, wo so viele Hunderttausende, weit entfernt an Unterricht zu denken, nicht einmal ihren Hunger zu stillen vermögen, und zum Theil statt des Brodes Abfälle roher Stoffe verzehren? Sollte endlich das durch seinen hohen moralischen Werth, durch Rechtlichkeit und Biedersinn, sowie durch treue Anhänglichkeit an seine Fürsten ausgezeichnete deutsche Volk weniger reif zum Genusse der Preßfreiheit seyn, als Spanien und Portugal, oder das vor noch nicht langer Zeit von dem Joche des Despotismus und der Barbarei befreite Griechenland? Doch wie darf ich von Despotismus und Barbarei sprechen, wenn wir sehen, daß selbst der Halbmond nicht bloß vor den Gesetzen der Humanität und Civilisation sich beugt, sondern auch an die Stelle des absolutesten Despotismus die Gesetze eines höhern und edlern Staatsrechts und Principien constitutioneller Monarchien treten läßt. Wahrlich, nach solchen Vorgängen wird bald selbst der halbrohe Muselmann sich im Besitze jenes kostbaren Gutes, der Freiheit der Presse, befinden, während das gesittetste, das wissenschaftlich gebildetste, das edelste und treueste Volk der Erde diese Institution

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 171. Augsburg, 19. Juni 1840, S. 1365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_171_18400619/5>, abgerufen am 03.05.2024.