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Allgemeine Zeitung. Nr. 175. Augsburg, 23. Juni 1840.

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Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Dienstag
Nr. 175.
23 Juni 1840.
Brasilien.

Die Kammern sind nun seit einigen Tagen versammelt, jedoch hat sie der Regent nur mit einigen kurzen Worten eröffnet; die eigentliche Thronrede wird am 3 Mai gehalten, wo die ordentliche Sitzung beginnt. Bis dahin bleiben auch die Präsidenten etc. des vorigen Jahres in Function, so daß die Deputirten keine rechte Veranlassung gefunden haben, sich über ihre Stellung zum Ministerium auszusprechen. Das Publicum ist kürzlich zweimal durch Krankheit des Kaisers beunruhigt worden; doch hatte beidemale die Sache glücklicherweise nicht viel zu bedeuten. Die ärztlichen Bulletins sprachen das erstemal von "Convulsionen;" was denn auf eine beunruhigende Weise an das in der Familie Braganza erbliche Uebel erinnerte, doch scheinen die Besorgnisse unbegründet gewesen zu seyn. Es kam bei dieser Gelegenheit wieder zur Sprache, daß für die körperliche Ausbildung des Kaisers so wenig geschieht, sogar das Reiten wird auffallend vernachlässigt, was gerade bei seinem jetzigen Alter doppelt schädlich ist. (Pr. St. Ztg.)

Spanien.

Ungeachtet die Madrider Post vom 10 Jun. ausgeblieben, hat man doch mit Gewißheit erfahren, daß die beiden Königinnen am 11 von Madrid abgereist sind. Ueberall, wo der königliche Reisezug erschien, ward er mit Ergebenheitsbezeugungen empfangen.

Großbritannien.

Das zweite Verlesen der Canada-Kirchengüterbill im Hause der Gemeinen ist gestern mit 152 gegen 35 Stimmen angenommen worden. Die Hauptgründe, die dagegen erhoben wurden, waren einerseits - von Seite der Tories - die Anklage der Ungerechtigkeit der Bill gegen die englische Kirche, andrerseits - von Seite Hrn. Hume's - die Meinung, daß der Bevölkerung Canada's mit einer vom Staate ausgehenden Kircheneinrichtung überhaupt nicht gedient sey, sondern daß für sie, wie für die Nachbarstaaten, das freiwillige System das passendste sey; den Ertrag der Kirchengüter aber solle man ohne Unterschied der Secten, wie Ober-Canada schon lange verlangt, zu Bestreitung der Kosten für Volksunterricht bestimmen. Lord J. Russell und Hr. Labouchere, welche die Bill vertheidigten, beriefen sich dagegen auf den Ausspruch der canadischen Gesetzgebung selbst, und die Meinung Hrn. Hume's nahm Lord John Russell gerade zum Grund, auf die rasche vom Parlament festzustellende Schlichtung dieser Frage zu dringen, ehe die gesetzgebende Versammlung von Canada vielleicht jene Ansicht aufnehmen möchte. Nach Annehmung dieser Bill beschäftigte sich das Haus noch als Ausschuß mit der Kirchensteuerbill und Glassteuerbill. - Heute hat, wegen zu geringer Anzahl der Mitglieder (nur 34) bei der Eröffnung, im Unterhause keine Sitzung stattgefunden, und Sir R. Inglis, der heute den Vortrag seiner Kirchenvermehrungsbill beabsichtigte, kam mit einem ungeheuren Stoß Acten und Bittschriften unter dem Arm gerade 3 Minuten nach Schließung des Hauses an. Mißmuthig fuhr er mit all seinen Papieren wieder von dannen. Das Haus der Lords beschäftigte sich heute mit Lord Aberdeens schottischer Kirchenbill, hatte aber bei Abgang der Post noch keinen Beschluß gefaßt.

Ihre Maj. die Königin hat gestern Buckinghampalast verlassen, und sich nach Windsor übergesiedelt. Dieser Umzug gab eine neue Gelegenheit für Darlegung der durch den letzten Mordversuch so lebhaft angefachten enthusiastischen Anhänglichkeit des Volks an seine junge Gebieterin. Das Gedränge der den Zug erwartenden und begrüßenden Personen zu Fuß, zu Pferd und zu Wagen auf Constitutionshill und in Hydepark-corner war fast so groß als am Krönungstage. Der Hof fuhr in vier mit je vier Postpferden bespannten Reisewagen; die Königin selbst in einem offenen Landau mit Prinz Albert und dem - von Lissabon zurückgekehrten - Prinzen Ernst von Coburg. Auf Constitutionshill schloß sich diesem Zug der Wagen Ihrer Maj. der Königin-Wittwe an. Die herzlichsten Freudenbezeugungen der versammelten Tausende begleiteten die Reisenden eine weite Strecke Wegs, bis ihnen dann bei Kensington, dem Geburts- und jahrelangen Wohnort der Königin, ein neuer Festzug entgegentrat: eine lange Wagenreihe jauchzender und Tücher schwenkender, festlich gekleideter Personen, untermischt mit Musikchören, fand sich an beiden Seiten des Wegs von Kensingtonpalast bis weit jenseits der Mauer von Hollandpark aufgestellt; am Eingang des Palastes stand die versammelte Schuljugend; alle Glocken läuteten, und von dem Glockenthurm wehte eine große Unionsflagge. Aehnliche Festlichkeiten bezeichneten Hammersmith, Neu- und Alt-Brentford, Hounslow, Crawfordbridge, Longford und alle übrigen an der Straße gelegenen Dörfer. In mehreren derselben, so wie in Windsor selbst, wurden der Königin auch Beglückwünschungsadressen überreicht. Bei Windsor erwartete die ganze vornehme Schuljugend von Eton den


Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Dienstag
Nr. 175.
23 Juni 1840.
Brasilien.

Die Kammern sind nun seit einigen Tagen versammelt, jedoch hat sie der Regent nur mit einigen kurzen Worten eröffnet; die eigentliche Thronrede wird am 3 Mai gehalten, wo die ordentliche Sitzung beginnt. Bis dahin bleiben auch die Präsidenten etc. des vorigen Jahres in Function, so daß die Deputirten keine rechte Veranlassung gefunden haben, sich über ihre Stellung zum Ministerium auszusprechen. Das Publicum ist kürzlich zweimal durch Krankheit des Kaisers beunruhigt worden; doch hatte beidemale die Sache glücklicherweise nicht viel zu bedeuten. Die ärztlichen Bulletins sprachen das erstemal von „Convulsionen;“ was denn auf eine beunruhigende Weise an das in der Familie Braganza erbliche Uebel erinnerte, doch scheinen die Besorgnisse unbegründet gewesen zu seyn. Es kam bei dieser Gelegenheit wieder zur Sprache, daß für die körperliche Ausbildung des Kaisers so wenig geschieht, sogar das Reiten wird auffallend vernachlässigt, was gerade bei seinem jetzigen Alter doppelt schädlich ist. (Pr. St. Ztg.)

Spanien.

Ungeachtet die Madrider Post vom 10 Jun. ausgeblieben, hat man doch mit Gewißheit erfahren, daß die beiden Königinnen am 11 von Madrid abgereist sind. Ueberall, wo der königliche Reisezug erschien, ward er mit Ergebenheitsbezeugungen empfangen.

Großbritannien.

Das zweite Verlesen der Canada-Kirchengüterbill im Hause der Gemeinen ist gestern mit 152 gegen 35 Stimmen angenommen worden. Die Hauptgründe, die dagegen erhoben wurden, waren einerseits – von Seite der Tories – die Anklage der Ungerechtigkeit der Bill gegen die englische Kirche, andrerseits – von Seite Hrn. Hume's – die Meinung, daß der Bevölkerung Canada's mit einer vom Staate ausgehenden Kircheneinrichtung überhaupt nicht gedient sey, sondern daß für sie, wie für die Nachbarstaaten, das freiwillige System das passendste sey; den Ertrag der Kirchengüter aber solle man ohne Unterschied der Secten, wie Ober-Canada schon lange verlangt, zu Bestreitung der Kosten für Volksunterricht bestimmen. Lord J. Russell und Hr. Labouchere, welche die Bill vertheidigten, beriefen sich dagegen auf den Ausspruch der canadischen Gesetzgebung selbst, und die Meinung Hrn. Hume's nahm Lord John Russell gerade zum Grund, auf die rasche vom Parlament festzustellende Schlichtung dieser Frage zu dringen, ehe die gesetzgebende Versammlung von Canada vielleicht jene Ansicht aufnehmen möchte. Nach Annehmung dieser Bill beschäftigte sich das Haus noch als Ausschuß mit der Kirchensteuerbill und Glassteuerbill. – Heute hat, wegen zu geringer Anzahl der Mitglieder (nur 34) bei der Eröffnung, im Unterhause keine Sitzung stattgefunden, und Sir R. Inglis, der heute den Vortrag seiner Kirchenvermehrungsbill beabsichtigte, kam mit einem ungeheuren Stoß Acten und Bittschriften unter dem Arm gerade 3 Minuten nach Schließung des Hauses an. Mißmuthig fuhr er mit all seinen Papieren wieder von dannen. Das Haus der Lords beschäftigte sich heute mit Lord Aberdeens schottischer Kirchenbill, hatte aber bei Abgang der Post noch keinen Beschluß gefaßt.

Ihre Maj. die Königin hat gestern Buckinghampalast verlassen, und sich nach Windsor übergesiedelt. Dieser Umzug gab eine neue Gelegenheit für Darlegung der durch den letzten Mordversuch so lebhaft angefachten enthusiastischen Anhänglichkeit des Volks an seine junge Gebieterin. Das Gedränge der den Zug erwartenden und begrüßenden Personen zu Fuß, zu Pferd und zu Wagen auf Constitutionshill und in Hydepark-corner war fast so groß als am Krönungstage. Der Hof fuhr in vier mit je vier Postpferden bespannten Reisewagen; die Königin selbst in einem offenen Landau mit Prinz Albert und dem – von Lissabon zurückgekehrten – Prinzen Ernst von Coburg. Auf Constitutionshill schloß sich diesem Zug der Wagen Ihrer Maj. der Königin-Wittwe an. Die herzlichsten Freudenbezeugungen der versammelten Tausende begleiteten die Reisenden eine weite Strecke Wegs, bis ihnen dann bei Kensington, dem Geburts- und jahrelangen Wohnort der Königin, ein neuer Festzug entgegentrat: eine lange Wagenreihe jauchzender und Tücher schwenkender, festlich gekleideter Personen, untermischt mit Musikchören, fand sich an beiden Seiten des Wegs von Kensingtonpalast bis weit jenseits der Mauer von Hollandpark aufgestellt; am Eingang des Palastes stand die versammelte Schuljugend; alle Glocken läuteten, und von dem Glockenthurm wehte eine große Unionsflagge. Aehnliche Festlichkeiten bezeichneten Hammersmith, Neu- und Alt-Brentford, Hounslow, Crawfordbridge, Longford und alle übrigen an der Straße gelegenen Dörfer. In mehreren derselben, so wie in Windsor selbst, wurden der Königin auch Beglückwünschungsadressen überreicht. Bei Windsor erwartete die ganze vornehme Schuljugend von Eton den

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[1393/0001] Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. Dienstag Nr. 175. 23 Juni 1840. Brasilien. _ Rio-Janeiro, 14 April. Die Kammern sind nun seit einigen Tagen versammelt, jedoch hat sie der Regent nur mit einigen kurzen Worten eröffnet; die eigentliche Thronrede wird am 3 Mai gehalten, wo die ordentliche Sitzung beginnt. Bis dahin bleiben auch die Präsidenten etc. des vorigen Jahres in Function, so daß die Deputirten keine rechte Veranlassung gefunden haben, sich über ihre Stellung zum Ministerium auszusprechen. Das Publicum ist kürzlich zweimal durch Krankheit des Kaisers beunruhigt worden; doch hatte beidemale die Sache glücklicherweise nicht viel zu bedeuten. Die ärztlichen Bulletins sprachen das erstemal von „Convulsionen;“ was denn auf eine beunruhigende Weise an das in der Familie Braganza erbliche Uebel erinnerte, doch scheinen die Besorgnisse unbegründet gewesen zu seyn. Es kam bei dieser Gelegenheit wieder zur Sprache, daß für die körperliche Ausbildung des Kaisers so wenig geschieht, sogar das Reiten wird auffallend vernachlässigt, was gerade bei seinem jetzigen Alter doppelt schädlich ist. (Pr. St. Ztg.) Spanien. _ Paris, 18 Jun. Ungeachtet die Madrider Post vom 10 Jun. ausgeblieben, hat man doch mit Gewißheit erfahren, daß die beiden Königinnen am 11 von Madrid abgereist sind. Ueberall, wo der königliche Reisezug erschien, ward er mit Ergebenheitsbezeugungen empfangen. Großbritannien. _ London, 16 Jun. Das zweite Verlesen der Canada-Kirchengüterbill im Hause der Gemeinen ist gestern mit 152 gegen 35 Stimmen angenommen worden. Die Hauptgründe, die dagegen erhoben wurden, waren einerseits – von Seite der Tories – die Anklage der Ungerechtigkeit der Bill gegen die englische Kirche, andrerseits – von Seite Hrn. Hume's – die Meinung, daß der Bevölkerung Canada's mit einer vom Staate ausgehenden Kircheneinrichtung überhaupt nicht gedient sey, sondern daß für sie, wie für die Nachbarstaaten, das freiwillige System das passendste sey; den Ertrag der Kirchengüter aber solle man ohne Unterschied der Secten, wie Ober-Canada schon lange verlangt, zu Bestreitung der Kosten für Volksunterricht bestimmen. Lord J. Russell und Hr. Labouchere, welche die Bill vertheidigten, beriefen sich dagegen auf den Ausspruch der canadischen Gesetzgebung selbst, und die Meinung Hrn. Hume's nahm Lord John Russell gerade zum Grund, auf die rasche vom Parlament festzustellende Schlichtung dieser Frage zu dringen, ehe die gesetzgebende Versammlung von Canada vielleicht jene Ansicht aufnehmen möchte. Nach Annehmung dieser Bill beschäftigte sich das Haus noch als Ausschuß mit der Kirchensteuerbill und Glassteuerbill. – Heute hat, wegen zu geringer Anzahl der Mitglieder (nur 34) bei der Eröffnung, im Unterhause keine Sitzung stattgefunden, und Sir R. Inglis, der heute den Vortrag seiner Kirchenvermehrungsbill beabsichtigte, kam mit einem ungeheuren Stoß Acten und Bittschriften unter dem Arm gerade 3 Minuten nach Schließung des Hauses an. Mißmuthig fuhr er mit all seinen Papieren wieder von dannen. Das Haus der Lords beschäftigte sich heute mit Lord Aberdeens schottischer Kirchenbill, hatte aber bei Abgang der Post noch keinen Beschluß gefaßt. Ihre Maj. die Königin hat gestern Buckinghampalast verlassen, und sich nach Windsor übergesiedelt. Dieser Umzug gab eine neue Gelegenheit für Darlegung der durch den letzten Mordversuch so lebhaft angefachten enthusiastischen Anhänglichkeit des Volks an seine junge Gebieterin. Das Gedränge der den Zug erwartenden und begrüßenden Personen zu Fuß, zu Pferd und zu Wagen auf Constitutionshill und in Hydepark-corner war fast so groß als am Krönungstage. Der Hof fuhr in vier mit je vier Postpferden bespannten Reisewagen; die Königin selbst in einem offenen Landau mit Prinz Albert und dem – von Lissabon zurückgekehrten – Prinzen Ernst von Coburg. Auf Constitutionshill schloß sich diesem Zug der Wagen Ihrer Maj. der Königin-Wittwe an. Die herzlichsten Freudenbezeugungen der versammelten Tausende begleiteten die Reisenden eine weite Strecke Wegs, bis ihnen dann bei Kensington, dem Geburts- und jahrelangen Wohnort der Königin, ein neuer Festzug entgegentrat: eine lange Wagenreihe jauchzender und Tücher schwenkender, festlich gekleideter Personen, untermischt mit Musikchören, fand sich an beiden Seiten des Wegs von Kensingtonpalast bis weit jenseits der Mauer von Hollandpark aufgestellt; am Eingang des Palastes stand die versammelte Schuljugend; alle Glocken läuteten, und von dem Glockenthurm wehte eine große Unionsflagge. Aehnliche Festlichkeiten bezeichneten Hammersmith, Neu- und Alt-Brentford, Hounslow, Crawfordbridge, Longford und alle übrigen an der Straße gelegenen Dörfer. In mehreren derselben, so wie in Windsor selbst, wurden der Königin auch Beglückwünschungsadressen überreicht. Bei Windsor erwartete die ganze vornehme Schuljugend von Eton den

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 175. Augsburg, 23. Juni 1840, S. 1393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_175_18400623/1>, abgerufen am 21.11.2024.