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Allgemeine Zeitung. Nr. 176. Augsburg, 24. Juni 1840.

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kunst, und müssen deßhalb den Capitänen der Kauffahrteiflotten wie den Piloten die ganze Leitung überlassen. Man wird hieraus ersehen, auf welcher niedern Stufe wir heutigen Tags noch die Marine des Mittelreiches finden. Nach den Angaben in den gesammelten Satzungen des Reiches beliefe sich die ganze Anzahl der Regierungsschiffe auf tausend neunhundert vierundfünfzig Fahrzeuge, welche in Friedenszeiten theils an den Küsten des Meeres, theils auf den Flüssen und Binnenseen in folgender Weise vertheilt sind: an den Küsten der Mandschurei 6; an den Küsten und Häfen von Schan tong L4; Kiang nan 83; Fokien 342; Tsche kiang 197; Kuang tong 266. Auf den Flüssen und Seen in Kiang nan 250; Kiang si 46; Tsche kiang 221; Hu kuang 127; Kuang tong 392. Die Seemarine beläuft sich also auf 918, die Flußmarine auf 1036, im Ganzen auf 1984 Schiffe. Der Gehalt aller dieser Fahrzeuge, im Durchschnitt auf zwei- bis dreihundert Tonnen gerechnet, würde demnach schwerlich einen Raum für eine halbe Million Tonnen darbieten.

Schwedische Zustände.

IV. Zeitungswesen.

(Fortsetzung.)

Einige kurze Notizen von den bedeutendsten Organen der schwedischen periodischen Presse mögen hier vielleicht nicht überflüssig scheinen.

Aftonbladet (das Abendblatt) hat während seiner zehnjährigen Existenz allmählich den jetzt unbestrittenen ersten Rang unter den schwedischen Blättern eingenommen. Es entstand im Jahr 1829, zeichnete sich gleich von Anfang an vorzüglich durch seinen Witz und seine Impertinenz aus, bekam bald sehr a propos die Juliusrevolution und die darauf folgenden Begebenheiten zu exploitiren, was ihm einige Einziehungen durch den Hofkanzler und dadurch vermehrte Abonnentenzahl zuzog *), verstand auf eine geschickte Weise die Opposition zur Profession zu machen, erweiterte allmählich sein Format wie sein Publicum, und ist jetzt das größte und das gelesenste Blatt Schwedens. Es erscheint beinahe in der Größe des Journal des Debats, doch mit dem Unterschied, daß ungefähr die Hälfte des Blatts von Annoncen eingenommen wird; seine Abonnentenzahl wird an fünftausend angegeben. Da in den kleinen Städten und auf dem Lande in der Regel mehrere Familien sich um eine gemeinsame Zeitung vereinigen, dürfte es nicht zu viel seyn, wenn man die Zahl seiner regelmäßigen Leser auf vierzig- bis fünfzigtausend schätzt. Der Gründer, Eigenthümer und Hauptredacteur dieses Blattes ist L. J. Hjerta, Hofgerichtsnotar, ein Mann von nicht unbedeutendem Talent und mit einem unternehmenden Geist. Seine Gegner werfen ihm vor, daß er den Liberalismus nur als eine Speculation treibe, daß er selbst aller politischen Ueberzeugung entbehre oder gar innerlich ein eben so arger Aristokrat sey, wie der Graf Anckarswärd, mit dem er auch im Geheimen eine Coalition eingegangen haben soll. Wie viel davon wahr sey, dürfte schwer zu entscheiden seyn. Daß aber diese Herren es wenigstens nicht immer ernstlich mit der Demokratie meinen, kann man wohl berechtigt seyn anzunehmen, da man neulich gehört hat, wie der genannte Graf im Ritterhause die Meinung äußerte, daß der König Bauern zu Staatsräthen berufen sollte, und nachher gesehen, wie Aftonbladet diesen Gedanken billigte oder wenigstens als eine wichtige Frage für die Zukunft betrachtet haben wollte. Man sollte fast glauben, die Herren hätten den guten Bauernstand persifliren wollen, wenn man nicht wüßte, wie sehr sie während des Reichstags darauf halten, auf gutem Fuß mit den Bauern zu stehen.

Unter den Mitarbeitern Hjerta's im Aftonbladet sind die HH. Theorell und Lindeberg die bekanntesten, jener ein geschickter Advocat, dieser ein ehemaliger Officier, vormals Redacteur einer aus Altersschwäche und durch die Concurrenz mit Aftonbladet eingegangenen Zeitung (Stockholms-Posten), und derselbe, der sich in den späteren Jahren durch mehrere gegen den König feindselige Schriften ausgezeichnet hat, auch einmal wegen einer solchen zum Tode verurtheilt war und, da er selbst hartnäckig auf der Vollstreckung des Todesurtheils bestand und keine Gnade annehmen wollte, nur durch die Zwischenkunft einer allgemeinen Amnestie wider Willen beim Leben erhalten ward. Man kann gewiß mit Grund diesen Herren in mancher Hinsicht Unreife und Verwirrung in den Begriffen vorwerfen, aber sie scheinen wenigstens die Opposition bona fide und mit voller Ueberzeugung von der Gerechtigkeit ihrer Sache zu treiben, auch besitzen sie publicistische Talente in größerem Maaß, als ihre Gegner zugeben wollen, und vielleicht weit mehr, als die Mehrzahl dieser Gegner selbst.

Aftonbladet versichert zwar, die Sache der constitutionellen Monarchie zu führen, Lindeberg macht aber kein Geheimniß von seinen durchaus radicalen und republicanischen Gesinnungen, welche auch hin und wieder in der Zeitung durchschimmern und wahrscheinlich noch offener hervortreten würden, wenn nicht der Hauptredacteur in dieser Hinsicht einige Zurückhaltung übte. In der Beurtheilung der ausländischen Verhältnisse ist jedenfalls der National die Autorität, welche bei jener Zeitungsredaction das meiste Zutrauen findet, und deren Urtheile sie am liebsten ab- und unterschreibt, jedoch in der Regel ohne die Leser von der Quelle zu unterrichten, aus der sie geschöpft hat. Auch zeigt sie in ihrer innern Polemik mehr Schlauheit als Redlichkeit, mehr Gewandtheit als gründliche Beweisführung.

Dagligt Allehanda (wörtlich: tägliches Allerlei) wird auch von einem Justizbeamten, der zugleich, ebenso wie der Redacteur des Abendblatts, Mitglied des Ritterhauses ist, herausgegeben, steht mit jenem Blatt im Wesentlichen auf demselben Standpunkte, hat beinahe denselben Umfang, wird aber weder mit derselben Umsicht redigirt, noch hat es dieselbe Verbreitung. Dennoch hat Hr. Dalman seinem Blatt einen gewissen Ruf von "Ehrlichkeit" zu verschaffen gewußt, die man nicht in demselben Maaße dem Abendblatt zuerkennen will. Dieß wird aber mehr gelesen, weil es mehr Unterhaltung gibt und witziger ist. Der Witz im Dagligt Allehanda scheint dagegen mehr in Spötterei, und zwar mitunter etwas cynischer Art, auszuarten. *)

Ueberhaupt ist dieses Blatt seit einem Jahr im Sinken. Man schreibt dieß dem Umstande zu, daß der vorige Hauptmitarbeiter,

*) Sein eigentliches Glück machte es durch die polnische Revolution, welche ihm zuerst Gelegenheit gab, seinen Liberalismus mit den damals tief empfundenen Sympathien des schwedischen Volks in Einklang zu stellen.
*) Dennoch ist diese Zeitung jedenfalls viel besser, als Hr. Marmier neulich in einem Aufsatz über die scandinavische Presse in der Revue des deux Mondes zugeben will. Namentlich war sie in der Zeit, als Hr. Marmier in Schwede war, viel besser redigirt als sie es jetzt ist. Allein Dagligt Allehanda hatte, in einer Recension von Hrn. Marmiers früheren scandinavischen Aufsätzen in derselben Revue, die Oberflächlichkeit und geringe Zuverlässigkeit dieses flatterhaften Beobachters ziemlich scharf nachgewiesen. Hinc illae lacrimae! Wenn man de minoribus ad majora schließen darf, können Sie danach beurtheilen, was der Allgem. Zeitung bevorsteht, wenn es nächstens dem Hrn. Marmier einfällt, eine neue Revue de l'Allemagne zusammenzuschreiben.
A. des Corresp.

kunst, und müssen deßhalb den Capitänen der Kauffahrteiflotten wie den Piloten die ganze Leitung überlassen. Man wird hieraus ersehen, auf welcher niedern Stufe wir heutigen Tags noch die Marine des Mittelreiches finden. Nach den Angaben in den gesammelten Satzungen des Reiches beliefe sich die ganze Anzahl der Regierungsschiffe auf tausend neunhundert vierundfünfzig Fahrzeuge, welche in Friedenszeiten theils an den Küsten des Meeres, theils auf den Flüssen und Binnenseen in folgender Weise vertheilt sind: an den Küsten der Mandschurei 6; an den Küsten und Häfen von Schan tong L4; Kiang nan 83; Fokien 342; Tsche kiang 197; Kuang tong 266. Auf den Flüssen und Seen in Kiang nan 250; Kiang si 46; Tsche kiang 221; Hu kuang 127; Kuang tong 392. Die Seemarine beläuft sich also auf 918, die Flußmarine auf 1036, im Ganzen auf 1984 Schiffe. Der Gehalt aller dieser Fahrzeuge, im Durchschnitt auf zwei- bis dreihundert Tonnen gerechnet, würde demnach schwerlich einen Raum für eine halbe Million Tonnen darbieten.

Schwedische Zustände.

IV. Zeitungswesen.

(Fortsetzung.)

Einige kurze Notizen von den bedeutendsten Organen der schwedischen periodischen Presse mögen hier vielleicht nicht überflüssig scheinen.

Aftonbladet (das Abendblatt) hat während seiner zehnjährigen Existenz allmählich den jetzt unbestrittenen ersten Rang unter den schwedischen Blättern eingenommen. Es entstand im Jahr 1829, zeichnete sich gleich von Anfang an vorzüglich durch seinen Witz und seine Impertinenz aus, bekam bald sehr à propos die Juliusrevolution und die darauf folgenden Begebenheiten zu exploitiren, was ihm einige Einziehungen durch den Hofkanzler und dadurch vermehrte Abonnentenzahl zuzog *), verstand auf eine geschickte Weise die Opposition zur Profession zu machen, erweiterte allmählich sein Format wie sein Publicum, und ist jetzt das größte und das gelesenste Blatt Schwedens. Es erscheint beinahe in der Größe des Journal des Débats, doch mit dem Unterschied, daß ungefähr die Hälfte des Blatts von Annoncen eingenommen wird; seine Abonnentenzahl wird an fünftausend angegeben. Da in den kleinen Städten und auf dem Lande in der Regel mehrere Familien sich um eine gemeinsame Zeitung vereinigen, dürfte es nicht zu viel seyn, wenn man die Zahl seiner regelmäßigen Leser auf vierzig- bis fünfzigtausend schätzt. Der Gründer, Eigenthümer und Hauptredacteur dieses Blattes ist L. J. Hjerta, Hofgerichtsnotar, ein Mann von nicht unbedeutendem Talent und mit einem unternehmenden Geist. Seine Gegner werfen ihm vor, daß er den Liberalismus nur als eine Speculation treibe, daß er selbst aller politischen Ueberzeugung entbehre oder gar innerlich ein eben so arger Aristokrat sey, wie der Graf Anckarswärd, mit dem er auch im Geheimen eine Coalition eingegangen haben soll. Wie viel davon wahr sey, dürfte schwer zu entscheiden seyn. Daß aber diese Herren es wenigstens nicht immer ernstlich mit der Demokratie meinen, kann man wohl berechtigt seyn anzunehmen, da man neulich gehört hat, wie der genannte Graf im Ritterhause die Meinung äußerte, daß der König Bauern zu Staatsräthen berufen sollte, und nachher gesehen, wie Aftonbladet diesen Gedanken billigte oder wenigstens als eine wichtige Frage für die Zukunft betrachtet haben wollte. Man sollte fast glauben, die Herren hätten den guten Bauernstand persifliren wollen, wenn man nicht wüßte, wie sehr sie während des Reichstags darauf halten, auf gutem Fuß mit den Bauern zu stehen.

Unter den Mitarbeitern Hjerta's im Aftonbladet sind die HH. Theorell und Lindeberg die bekanntesten, jener ein geschickter Advocat, dieser ein ehemaliger Officier, vormals Redacteur einer aus Altersschwäche und durch die Concurrenz mit Aftonbladet eingegangenen Zeitung (Stockholms-Posten), und derselbe, der sich in den späteren Jahren durch mehrere gegen den König feindselige Schriften ausgezeichnet hat, auch einmal wegen einer solchen zum Tode verurtheilt war und, da er selbst hartnäckig auf der Vollstreckung des Todesurtheils bestand und keine Gnade annehmen wollte, nur durch die Zwischenkunft einer allgemeinen Amnestie wider Willen beim Leben erhalten ward. Man kann gewiß mit Grund diesen Herren in mancher Hinsicht Unreife und Verwirrung in den Begriffen vorwerfen, aber sie scheinen wenigstens die Opposition bona fide und mit voller Ueberzeugung von der Gerechtigkeit ihrer Sache zu treiben, auch besitzen sie publicistische Talente in größerem Maaß, als ihre Gegner zugeben wollen, und vielleicht weit mehr, als die Mehrzahl dieser Gegner selbst.

Aftonbladet versichert zwar, die Sache der constitutionellen Monarchie zu führen, Lindeberg macht aber kein Geheimniß von seinen durchaus radicalen und republicanischen Gesinnungen, welche auch hin und wieder in der Zeitung durchschimmern und wahrscheinlich noch offener hervortreten würden, wenn nicht der Hauptredacteur in dieser Hinsicht einige Zurückhaltung übte. In der Beurtheilung der ausländischen Verhältnisse ist jedenfalls der National die Autorität, welche bei jener Zeitungsredaction das meiste Zutrauen findet, und deren Urtheile sie am liebsten ab- und unterschreibt, jedoch in der Regel ohne die Leser von der Quelle zu unterrichten, aus der sie geschöpft hat. Auch zeigt sie in ihrer innern Polemik mehr Schlauheit als Redlichkeit, mehr Gewandtheit als gründliche Beweisführung.

Dagligt Allehanda (wörtlich: tägliches Allerlei) wird auch von einem Justizbeamten, der zugleich, ebenso wie der Redacteur des Abendblatts, Mitglied des Ritterhauses ist, herausgegeben, steht mit jenem Blatt im Wesentlichen auf demselben Standpunkte, hat beinahe denselben Umfang, wird aber weder mit derselben Umsicht redigirt, noch hat es dieselbe Verbreitung. Dennoch hat Hr. Dalman seinem Blatt einen gewissen Ruf von „Ehrlichkeit“ zu verschaffen gewußt, die man nicht in demselben Maaße dem Abendblatt zuerkennen will. Dieß wird aber mehr gelesen, weil es mehr Unterhaltung gibt und witziger ist. Der Witz im Dagligt Allehanda scheint dagegen mehr in Spötterei, und zwar mitunter etwas cynischer Art, auszuarten. *)

Ueberhaupt ist dieses Blatt seit einem Jahr im Sinken. Man schreibt dieß dem Umstande zu, daß der vorige Hauptmitarbeiter,

*) Sein eigentliches Glück machte es durch die polnische Revolution, welche ihm zuerst Gelegenheit gab, seinen Liberalismus mit den damals tief empfundenen Sympathien des schwedischen Volks in Einklang zu stellen.
*) Dennoch ist diese Zeitung jedenfalls viel besser, als Hr. Marmier neulich in einem Aufsatz über die scandinavische Presse in der Revue des deux Mondes zugeben will. Namentlich war sie in der Zeit, als Hr. Marmier in Schwede war, viel besser redigirt als sie es jetzt ist. Allein Dagligt Allehanda hatte, in einer Recension von Hrn. Marmiers früheren scandinavischen Aufsätzen in derselben Revue, die Oberflächlichkeit und geringe Zuverlässigkeit dieses flatterhaften Beobachters ziemlich scharf nachgewiesen. Hinc illae lacrimae! Wenn man de minoribus ad majora schließen darf, können Sie danach beurtheilen, was der Allgem. Zeitung bevorsteht, wenn es nächstens dem Hrn. Marmier einfällt, eine neue Revue de l'Allemagne zusammenzuschreiben.
A. des Corresp.
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Der Gehalt aller dieser Fahrzeuge, im Durchschnitt auf zwei- bis dreihundert Tonnen gerechnet, würde demnach schwerlich einen Raum für eine halbe Million Tonnen darbieten. Schwedische Zustände. IV. Zeitungswesen. (Fortsetzung.) Einige kurze Notizen von den bedeutendsten Organen der schwedischen periodischen Presse mögen hier vielleicht nicht überflüssig scheinen. Aftonbladet (das Abendblatt) hat während seiner zehnjährigen Existenz allmählich den jetzt unbestrittenen ersten Rang unter den schwedischen Blättern eingenommen. Es entstand im Jahr 1829, zeichnete sich gleich von Anfang an vorzüglich durch seinen Witz und seine Impertinenz aus, bekam bald sehr à propos die Juliusrevolution und die darauf folgenden Begebenheiten zu exploitiren, was ihm einige Einziehungen durch den Hofkanzler und dadurch vermehrte Abonnentenzahl zuzog *), verstand auf eine geschickte Weise die Opposition zur Profession zu machen, erweiterte allmählich sein Format wie sein Publicum, und ist jetzt das größte und das gelesenste Blatt Schwedens. Es erscheint beinahe in der Größe des Journal des Débats, doch mit dem Unterschied, daß ungefähr die Hälfte des Blatts von Annoncen eingenommen wird; seine Abonnentenzahl wird an fünftausend angegeben. Da in den kleinen Städten und auf dem Lande in der Regel mehrere Familien sich um eine gemeinsame Zeitung vereinigen, dürfte es nicht zu viel seyn, wenn man die Zahl seiner regelmäßigen Leser auf vierzig- bis fünfzigtausend schätzt. Der Gründer, Eigenthümer und Hauptredacteur dieses Blattes ist L. J. Hjerta, Hofgerichtsnotar, ein Mann von nicht unbedeutendem Talent und mit einem unternehmenden Geist. Seine Gegner werfen ihm vor, daß er den Liberalismus nur als eine Speculation treibe, daß er selbst aller politischen Ueberzeugung entbehre oder gar innerlich ein eben so arger Aristokrat sey, wie der Graf Anckarswärd, mit dem er auch im Geheimen eine Coalition eingegangen haben soll. Wie viel davon wahr sey, dürfte schwer zu entscheiden seyn. Daß aber diese Herren es wenigstens nicht immer ernstlich mit der Demokratie meinen, kann man wohl berechtigt seyn anzunehmen, da man neulich gehört hat, wie der genannte Graf im Ritterhause die Meinung äußerte, daß der König Bauern zu Staatsräthen berufen sollte, und nachher gesehen, wie Aftonbladet diesen Gedanken billigte oder wenigstens als eine wichtige Frage für die Zukunft betrachtet haben wollte. Man sollte fast glauben, die Herren hätten den guten Bauernstand persifliren wollen, wenn man nicht wüßte, wie sehr sie während des Reichstags darauf halten, auf gutem Fuß mit den Bauern zu stehen. Unter den Mitarbeitern Hjerta's im Aftonbladet sind die HH. Theorell und Lindeberg die bekanntesten, jener ein geschickter Advocat, dieser ein ehemaliger Officier, vormals Redacteur einer aus Altersschwäche und durch die Concurrenz mit Aftonbladet eingegangenen Zeitung (Stockholms-Posten), und derselbe, der sich in den späteren Jahren durch mehrere gegen den König feindselige Schriften ausgezeichnet hat, auch einmal wegen einer solchen zum Tode verurtheilt war und, da er selbst hartnäckig auf der Vollstreckung des Todesurtheils bestand und keine Gnade annehmen wollte, nur durch die Zwischenkunft einer allgemeinen Amnestie wider Willen beim Leben erhalten ward. Man kann gewiß mit Grund diesen Herren in mancher Hinsicht Unreife und Verwirrung in den Begriffen vorwerfen, aber sie scheinen wenigstens die Opposition bona fide und mit voller Ueberzeugung von der Gerechtigkeit ihrer Sache zu treiben, auch besitzen sie publicistische Talente in größerem Maaß, als ihre Gegner zugeben wollen, und vielleicht weit mehr, als die Mehrzahl dieser Gegner selbst. Aftonbladet versichert zwar, die Sache der constitutionellen Monarchie zu führen, Lindeberg macht aber kein Geheimniß von seinen durchaus radicalen und republicanischen Gesinnungen, welche auch hin und wieder in der Zeitung durchschimmern und wahrscheinlich noch offener hervortreten würden, wenn nicht der Hauptredacteur in dieser Hinsicht einige Zurückhaltung übte. In der Beurtheilung der ausländischen Verhältnisse ist jedenfalls der National die Autorität, welche bei jener Zeitungsredaction das meiste Zutrauen findet, und deren Urtheile sie am liebsten ab- und unterschreibt, jedoch in der Regel ohne die Leser von der Quelle zu unterrichten, aus der sie geschöpft hat. Auch zeigt sie in ihrer innern Polemik mehr Schlauheit als Redlichkeit, mehr Gewandtheit als gründliche Beweisführung. Dagligt Allehanda (wörtlich: tägliches Allerlei) wird auch von einem Justizbeamten, der zugleich, ebenso wie der Redacteur des Abendblatts, Mitglied des Ritterhauses ist, herausgegeben, steht mit jenem Blatt im Wesentlichen auf demselben Standpunkte, hat beinahe denselben Umfang, wird aber weder mit derselben Umsicht redigirt, noch hat es dieselbe Verbreitung. Dennoch hat Hr. Dalman seinem Blatt einen gewissen Ruf von „Ehrlichkeit“ zu verschaffen gewußt, die man nicht in demselben Maaße dem Abendblatt zuerkennen will. Dieß wird aber mehr gelesen, weil es mehr Unterhaltung gibt und witziger ist. Der Witz im Dagligt Allehanda scheint dagegen mehr in Spötterei, und zwar mitunter etwas cynischer Art, auszuarten. *) Ueberhaupt ist dieses Blatt seit einem Jahr im Sinken. Man schreibt dieß dem Umstande zu, daß der vorige Hauptmitarbeiter, *) Sein eigentliches Glück machte es durch die polnische Revolution, welche ihm zuerst Gelegenheit gab, seinen Liberalismus mit den damals tief empfundenen Sympathien des schwedischen Volks in Einklang zu stellen. *) Dennoch ist diese Zeitung jedenfalls viel besser, als Hr. Marmier neulich in einem Aufsatz über die scandinavische Presse in der Revue des deux Mondes zugeben will. Namentlich war sie in der Zeit, als Hr. Marmier in Schwede war, viel besser redigirt als sie es jetzt ist. Allein Dagligt Allehanda hatte, in einer Recension von Hrn. Marmiers früheren scandinavischen Aufsätzen in derselben Revue, die Oberflächlichkeit und geringe Zuverlässigkeit dieses flatterhaften Beobachters ziemlich scharf nachgewiesen. Hinc illae lacrimae! Wenn man de minoribus ad majora schließen darf, können Sie danach beurtheilen, was der Allgem. Zeitung bevorsteht, wenn es nächstens dem Hrn. Marmier einfällt, eine neue Revue de l'Allemagne zusammenzuschreiben. A. des Corresp.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 176. Augsburg, 24. Juni 1840, S. 1404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_176_18400624/12>, abgerufen am 21.11.2024.