Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

Zum Schlusse mag, da sich schwerlich weitere Gelegenheit
findet, auf die specifische Gaunerpoesie zurückzukommen, das Ge-
dicht von Moscherosch 1) hier Platz finden, welches das älteste und
immer noch das beste jener Gaunergedichte ist, so wenig es auch
überhaupt als Probe echter Gaunerausdrucksweise und Poesie
gelten darf.

Vff die Löbliche Gesellschaft,
Moselsar.
1.
Die löbliche Gsellschafft zwischen Rhein
Vnd der Mosel alzeit rüftig sein,
Nach Vnfall sie nichts fragen,
Das Terich a hin und her,
Langes durch und die queer,
Zu Fuß vnd Pferd durchjagen,
Frisch sie es wagen
Kein schewen tragen.
2.
Vber hohe Berg, durch tieffe Thal,
Fallen sie offtmal ein wie der Strahl,
All weg ohn Weg sie finden
Zu duster Nachtes-Zeit
Wann schlunen b ander Leut
Sie alles fein auffbinden
Ohn Liecht anzünden,
Bleibt nichts dahinden.
3.
Laffel der weist gar fein außzusehn
Wo irgend in einem Gfar c Klebis d stehn
Wanns wer auff zwantzig Meylen,
Beim hellen Monde-Schein
Die Gleicher e insgemein
Jn einer kurtzen Weylen
Sie übereylen
Vnd redlich theilen.
1) Aus dem "sechsten Gesichte" des zweiten Theils seiner "Wunder-
[b]ahren Wahrhafftigen Gesichte" (Strasburg 1666), S. 661 fg.
a Land.
b schlafen.
c Dorf.
d Pferd.
e Gaunerische Kameraden.

Zum Schluſſe mag, da ſich ſchwerlich weitere Gelegenheit
findet, auf die ſpecifiſche Gaunerpoeſie zurückzukommen, das Ge-
dicht von Moſcheroſch 1) hier Platz finden, welches das älteſte und
immer noch das beſte jener Gaunergedichte iſt, ſo wenig es auch
überhaupt als Probe echter Gaunerausdrucksweiſe und Poeſie
gelten darf.

Vff die Löbliche Geſellſchaft,
Moſelſar.
1.
Die löbliche Gſellſchafft zwiſchen Rhein
Vnd der Moſel alzeit rüftig ſein,
Nach Vnfall ſie nichts fragen,
Das Terich a hin und her,
Langes durch und die queer,
Zu Fuß vnd Pferd durchjagen,
Friſch ſie es wagen
Kein ſchewen tragen.
2.
Vber hohe Berg, durch tieffe Thal,
Fallen ſie offtmal ein wie der Strahl,
All weg ohn Weg ſie finden
Zu duſter Nachtes-Zeit
Wann ſchlunen b ander Leut
Sie alles fein auffbinden
Ohn Liecht anzünden,
Bleibt nichts dahinden.
3.
Laffel der weiſt gar fein außzuſehn
Wo irgend in einem Gfar c Klebis d ſtehn
Wanns wer auff zwantzig Meylen,
Beim hellen Monde-Schein
Die Gleicher e insgemein
Jn einer kurtzen Weylen
Sie übereylen
Vnd redlich theilen.
1) Aus dem „ſechsten Geſichte“ des zweiten Theils ſeiner „Wunder-
[b]ahren Wahrhafftigen Geſichte“ (Strasburg 1666), S. 661 fg.
a Land.
b ſchlafen.
c Dorf.
d Pferd.
e Gauneriſche Kameraden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0228" n="212"/>
        <p>Zum Schlu&#x017F;&#x017F;e mag, da &#x017F;ich &#x017F;chwerlich weitere Gelegenheit<lb/>
findet, auf die &#x017F;pecifi&#x017F;che Gaunerpoe&#x017F;ie zurückzukommen, das Ge-<lb/>
dicht von Mo&#x017F;chero&#x017F;ch <note place="foot" n="1)">Aus dem &#x201E;&#x017F;echsten Ge&#x017F;ichte&#x201C; des zweiten Theils &#x017F;einer &#x201E;Wunder-<lb/><supplied>b</supplied>ahren Wahrhafftigen Ge&#x017F;ichte&#x201C; (Strasburg 1666), S. 661 fg.</note> hier Platz finden, welches das älte&#x017F;te und<lb/>
immer noch das be&#x017F;te jener Gaunergedichte i&#x017F;t, &#x017F;o wenig es auch<lb/>
überhaupt als Probe echter Gaunerausdruckswei&#x017F;e und Poe&#x017F;ie<lb/>
gelten darf.</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#g">Vff die Löbliche Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft,<lb/>
Mo&#x017F;el&#x017F;ar.</hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l> <hi rendition="#c">1.</hi> </l><lb/>
            <l>Die löbliche G&#x017F;ell&#x017F;chafft zwi&#x017F;chen Rhein</l><lb/>
            <l>Vnd der Mo&#x017F;el alzeit rüftig &#x017F;ein,</l><lb/>
            <l>Nach Vnfall &#x017F;ie nichts fragen,</l><lb/>
            <l>Das Terich <note place="foot" n="a">Land.</note> hin und her,</l><lb/>
            <l>Langes durch und die queer,</l><lb/>
            <l>Zu Fuß vnd Pferd durchjagen,</l><lb/>
            <l>Fri&#x017F;ch &#x017F;ie es wagen</l><lb/>
            <l>Kein &#x017F;chewen tragen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l> <hi rendition="#c">2.</hi> </l><lb/>
            <l>Vber hohe Berg, durch tieffe Thal,</l><lb/>
            <l>Fallen &#x017F;ie offtmal ein wie der Strahl,</l><lb/>
            <l>All weg ohn Weg &#x017F;ie finden</l><lb/>
            <l>Zu du&#x017F;ter Nachtes-Zeit</l><lb/>
            <l>Wann &#x017F;chlunen <note place="foot" n="b">&#x017F;chlafen.</note> ander Leut</l><lb/>
            <l>Sie alles fein auffbinden</l><lb/>
            <l>Ohn Liecht anzünden,</l><lb/>
            <l>Bleibt nichts dahinden.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l> <hi rendition="#c">3.</hi> </l><lb/>
            <l>Laffel der wei&#x017F;t gar fein außzu&#x017F;ehn</l><lb/>
            <l>Wo irgend in einem Gfar <note place="foot" n="c">Dorf.</note> Klebis <note place="foot" n="d">Pferd.</note> &#x017F;tehn</l><lb/>
            <l>Wanns wer auff zwantzig Meylen,</l><lb/>
            <l>Beim hellen Monde-Schein</l><lb/>
            <l>Die Gleicher <note place="foot" n="e">Gauneri&#x017F;che Kameraden.</note> insgemein</l><lb/>
            <l>Jn einer kurtzen Weylen</l><lb/>
            <l>Sie übereylen</l><lb/>
            <l>Vnd redlich theilen.</l>
          </lg><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0228] Zum Schluſſe mag, da ſich ſchwerlich weitere Gelegenheit findet, auf die ſpecifiſche Gaunerpoeſie zurückzukommen, das Ge- dicht von Moſcheroſch 1) hier Platz finden, welches das älteſte und immer noch das beſte jener Gaunergedichte iſt, ſo wenig es auch überhaupt als Probe echter Gaunerausdrucksweiſe und Poeſie gelten darf. Vff die Löbliche Geſellſchaft, Moſelſar. 1. Die löbliche Gſellſchafft zwiſchen Rhein Vnd der Moſel alzeit rüftig ſein, Nach Vnfall ſie nichts fragen, Das Terich a hin und her, Langes durch und die queer, Zu Fuß vnd Pferd durchjagen, Friſch ſie es wagen Kein ſchewen tragen. 2. Vber hohe Berg, durch tieffe Thal, Fallen ſie offtmal ein wie der Strahl, All weg ohn Weg ſie finden Zu duſter Nachtes-Zeit Wann ſchlunen b ander Leut Sie alles fein auffbinden Ohn Liecht anzünden, Bleibt nichts dahinden. 3. Laffel der weiſt gar fein außzuſehn Wo irgend in einem Gfar c Klebis d ſtehn Wanns wer auff zwantzig Meylen, Beim hellen Monde-Schein Die Gleicher e insgemein Jn einer kurtzen Weylen Sie übereylen Vnd redlich theilen. 1) Aus dem „ſechsten Geſichte“ des zweiten Theils ſeiner „Wunder- bahren Wahrhafftigen Geſichte“ (Strasburg 1666), S. 661 fg. a Land. b ſchlafen. c Dorf. d Pferd. e Gauneriſche Kameraden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/228
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/228>, abgerufen am 11.12.2024.