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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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dazu auf Beck "De juribus Judaeorum", cap. 1, §. 2, und auf
Ludewig in dessen "Erläuterung der güldenen Bulle" (tit. 9,
§. 2, lit. bb), II
, 847 fg. Letzterer geht an dieser Stelle aber
wieder auf Wolfgang Lazius zurück, und behauptet, daß jene Jn-
schriften zu Grümpendorf bei Wien gefunden sein sollen, die sogar
200 Jahre nach dem Auszuge aus Aegypten abgefaßt sein könn-
ten (!) und welche von Abermann in seinen "notis ad hist.
Vien. Lazii", lib. 1, c.
1, in das Deutsche übersetzt sein sollen.
Auch spricht er von vorchristlichen in hebräischer Sprache abgefaß-
ten Grabschriften zu Augsburg. Ebenso erwähnt er des bei der
Judenverfolgung zu Ulm 1348 gefundenen Briefes 1) der Juden

Christi, St.-Emerani u. s. w.", Bl. 286 fg. an: "daß die Juden noch im
Alten Testament, lang, und wenigst 300 Jahr vor Christi Geburt, neben den
Heyden in Regenspurg gewohnt. Und daß wie sie im Jahr 1519 von dannen
ausgejagt worden, sie ihr Heylthumb, mit kläglichem Gesang mit sich heraus-
getragen". Darunter figurirt "ein Stück von der steinernen Tafel, welche
Moses zerworffen, und ein Brief der Juden zu Jerusalem im Jahr der Kreuzi-
gung an die Regensburger Juden", worin letztere sich zu erfreuen angemahnt
worden, daß sie Jesum, Josephi, eines Zimmermannes Sohn, gekreutziget
hätten u. s. w. Vgl. Bl. 2b des Fürtrags in J. Ch. Wagenseil's "Beleh-
rung der Jüdisch-Teutschen Red- und Schreibart" (Königsberg 1699).
1) Auch Wideburg, der in der 14. Abhandlung seiner "Vermischten An-
merkungen aus dem Staatsrechte" (Halle 1751) "von den jüdischen Schick-
salen in den Abendländern nach dem Untergang des Jüdischen Reiches bis auf
gegenwärtige Zeit" einen nur sehr oberflächlichen und wenig brauchbaren ge-
schichtlichen Ueberblick gibt, erwähnt (S. 49) jenes angeblich zu Ulm 1348
gefundenen Briefes der Juden in Palästina an die Juden in Deutschland über
die Kreuzigung Christi, womit die deutschen Juden die Existenz ihrer Vor-
fahren in Deutschland noch vor der Zerstörung Jerusalems und das Alibi
ihrer Vorfahren zur Zeit der Kreuzigung Christi beweisen, und dadurch jene
von der Theilnahme an dieser That exculpiren wollten. Der Brief steht ab-
gedruckt in Seb. Franck's "Chronica des gantzen teutschen Landes" (Augs-
burg 1538), Bl. 327, und lautet in der Uebersetzung: "Den Brüdern in
den Ländern über Meer, den Juden zu Ulm in Schwaben, Heyl wünschen
euch die Brüder, so da sind zu Jerusalem und in Land Judäa oder Canaan,
guten Fried. Wir sind von einer großen Trübsal erledigt; derohalben wir
Gott Danck sagen größlich, und verkündigen euch, daß der gottloß Verführer
Jesus von Nazareth, ein Sohn Joseph, von Leben ist than, denn da wir sein
Gotteslästerung und Schelten nimmer leiden mogten, haben wir ihn vor den
2*

dazu auf Beck „De juribus Judaeorum“, cap. 1, §. 2, und auf
Ludewig in deſſen „Erläuterung der güldenen Bulle“ (tit. 9,
§. 2, lit. bb), II
, 847 fg. Letzterer geht an dieſer Stelle aber
wieder auf Wolfgang Lazius zurück, und behauptet, daß jene Jn-
ſchriften zu Grümpendorf bei Wien gefunden ſein ſollen, die ſogar
200 Jahre nach dem Auszuge aus Aegypten abgefaßt ſein könn-
ten (!) und welche von Abermann in ſeinen „notis ad hist.
Vien. Lazii“, lib. 1, c.
1, in das Deutſche überſetzt ſein ſollen.
Auch ſpricht er von vorchriſtlichen in hebräiſcher Sprache abgefaß-
ten Grabſchriften zu Augsburg. Ebenſo erwähnt er des bei der
Judenverfolgung zu Ulm 1348 gefundenen Briefes 1) der Juden

Chriſti, St.-Emerani u. ſ. w.“, Bl. 286 fg. an: „daß die Juden noch im
Alten Teſtament, lang, und wenigſt 300 Jahr vor Chriſti Geburt, neben den
Heyden in Regenſpurg gewohnt. Und daß wie ſie im Jahr 1519 von dannen
ausgejagt worden, ſie ihr Heylthumb, mit kläglichem Geſang mit ſich heraus-
getragen“. Darunter figurirt „ein Stück von der ſteinernen Tafel, welche
Moſes zerworffen, und ein Brief der Juden zu Jeruſalem im Jahr der Kreuzi-
gung an die Regensburger Juden“, worin letztere ſich zu erfreuen angemahnt
worden, daß ſie Jeſum, Joſephi, eines Zimmermannes Sohn, gekreutziget
hätten u. ſ. w. Vgl. Bl. 2b des Fürtrags in J. Ch. Wagenſeil’s „Beleh-
rung der Jüdiſch-Teutſchen Red- und Schreibart“ (Königsberg 1699).
1) Auch Wideburg, der in der 14. Abhandlung ſeiner „Vermiſchten An-
merkungen aus dem Staatsrechte“ (Halle 1751) „von den jüdiſchen Schick-
ſalen in den Abendländern nach dem Untergang des Jüdiſchen Reiches bis auf
gegenwärtige Zeit“ einen nur ſehr oberflächlichen und wenig brauchbaren ge-
ſchichtlichen Ueberblick gibt, erwähnt (S. 49) jenes angeblich zu Ulm 1348
gefundenen Briefes der Juden in Paläſtina an die Juden in Deutſchland über
die Kreuzigung Chriſti, womit die deutſchen Juden die Exiſtenz ihrer Vor-
fahren in Deutſchland noch vor der Zerſtörung Jeruſalems und das Alibi
ihrer Vorfahren zur Zeit der Kreuzigung Chriſti beweiſen, und dadurch jene
von der Theilnahme an dieſer That exculpiren wollten. Der Brief ſteht ab-
gedruckt in Seb. Franck’s „Chronica des gantzen teutſchen Landes“ (Augs-
burg 1538), Bl. 327, und lautet in der Ueberſetzung: „Den Brüdern in
den Ländern über Meer, den Juden zu Ulm in Schwaben, Heyl wünſchen
euch die Brüder, ſo da ſind zu Jeruſalem und in Land Judäa oder Canaan,
guten Fried. Wir ſind von einer großen Trübſal erledigt; derohalben wir
Gott Danck ſagen größlich, und verkündigen euch, daß der gottloß Verführer
Jeſus von Nazareth, ein Sohn Joſeph, von Leben iſt than, denn da wir ſein
Gottesläſterung und Schelten nimmer leiden mogten, haben wir ihn vor den
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[19/0035] dazu auf Beck „De juribus Judaeorum“, cap. 1, §. 2, und auf Ludewig in deſſen „Erläuterung der güldenen Bulle“ (tit. 9, §. 2, lit. bb), II, 847 fg. Letzterer geht an dieſer Stelle aber wieder auf Wolfgang Lazius zurück, und behauptet, daß jene Jn- ſchriften zu Grümpendorf bei Wien gefunden ſein ſollen, die ſogar 200 Jahre nach dem Auszuge aus Aegypten abgefaßt ſein könn- ten (!) und welche von Abermann in ſeinen „notis ad hist. Vien. Lazii“, lib. 1, c. 1, in das Deutſche überſetzt ſein ſollen. Auch ſpricht er von vorchriſtlichen in hebräiſcher Sprache abgefaß- ten Grabſchriften zu Augsburg. Ebenſo erwähnt er des bei der Judenverfolgung zu Ulm 1348 gefundenen Briefes 1) der Juden 2) 1) Auch Wideburg, der in der 14. Abhandlung ſeiner „Vermiſchten An- merkungen aus dem Staatsrechte“ (Halle 1751) „von den jüdiſchen Schick- ſalen in den Abendländern nach dem Untergang des Jüdiſchen Reiches bis auf gegenwärtige Zeit“ einen nur ſehr oberflächlichen und wenig brauchbaren ge- ſchichtlichen Ueberblick gibt, erwähnt (S. 49) jenes angeblich zu Ulm 1348 gefundenen Briefes der Juden in Paläſtina an die Juden in Deutſchland über die Kreuzigung Chriſti, womit die deutſchen Juden die Exiſtenz ihrer Vor- fahren in Deutſchland noch vor der Zerſtörung Jeruſalems und das Alibi ihrer Vorfahren zur Zeit der Kreuzigung Chriſti beweiſen, und dadurch jene von der Theilnahme an dieſer That exculpiren wollten. Der Brief ſteht ab- gedruckt in Seb. Franck’s „Chronica des gantzen teutſchen Landes“ (Augs- burg 1538), Bl. 327, und lautet in der Ueberſetzung: „Den Brüdern in den Ländern über Meer, den Juden zu Ulm in Schwaben, Heyl wünſchen euch die Brüder, ſo da ſind zu Jeruſalem und in Land Judäa oder Canaan, guten Fried. Wir ſind von einer großen Trübſal erledigt; derohalben wir Gott Danck ſagen größlich, und verkündigen euch, daß der gottloß Verführer Jeſus von Nazareth, ein Sohn Joſeph, von Leben iſt than, denn da wir ſein Gottesläſterung und Schelten nimmer leiden mogten, haben wir ihn vor den 2) Chriſti, St.-Emerani u. ſ. w.“, Bl. 286 fg. an: „daß die Juden noch im Alten Teſtament, lang, und wenigſt 300 Jahr vor Chriſti Geburt, neben den Heyden in Regenſpurg gewohnt. Und daß wie ſie im Jahr 1519 von dannen ausgejagt worden, ſie ihr Heylthumb, mit kläglichem Geſang mit ſich heraus- getragen“. Darunter figurirt „ein Stück von der ſteinernen Tafel, welche Moſes zerworffen, und ein Brief der Juden zu Jeruſalem im Jahr der Kreuzi- gung an die Regensburger Juden“, worin letztere ſich zu erfreuen angemahnt worden, daß ſie Jeſum, Joſephi, eines Zimmermannes Sohn, gekreutziget hätten u. ſ. w. Vgl. Bl. 2b des Fürtrags in J. Ch. Wagenſeil’s „Beleh- rung der Jüdiſch-Teutſchen Red- und Schreibart“ (Königsberg 1699). 2*

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/35>, abgerufen am 03.12.2024.