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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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und somit der Bewegung des Riegels freien Spielraum ge-
währt. Diese zwiefache Operation kann demnach ohne besondere
Vorrichtung von jedem Schlüssel verrichtet werden, dessen Bart
lang genug ist, um in den Einschnitt M hineinzureichen und mit
seiner äußern Kreislinie den Bogen der Zuhaltung q bei qq zu
schneiden. Es würden dazu eine Menge Schlüssel im Stande
sein, die nöthigenfalls schon nach bloßem Augenmaße der Form
des Schlüssellochs mit leichter Mühe angepaßt werden könnten.
Die in ihrer Weise geistreiche Erfindung der sogenannten Be-
satzung
verhindert jedoch, wenn auch nicht absolut, doch meistens,
die Anwendung jeglichen Schlüssels, dessen Bart auch die soeben
dargestellte äußere Form und Länge hat.

Ehe jedoch von der Besatzung geredet werden darf, müssen
die Bestandtheile des Schlüssels bemerkt werden. Jn Figur 2 ist
b die Reithe, welche beim Schließen mit der Hand gefaßt wird.
Die Länge a -- b b ist das Rohr, das entweder hohl 1), oder,
wie in Figur 2, dicht (voll) ist. Das Ende des Schlüssels a
heißt der Knopf. Der Theil c c d d heißt der Bart, dessen Länge
von d bis zum Rohr die Höhe, und von c -- c die Breite
genannt wird. Die Einkehlung des Rohrs bei i, das Gesenk,
ist mehr Zierath und nicht so wesentlich, wie bei den sogenann-
ten englischen Schlüsseln der Ansatz, das heißt die in einiger Ent-
fernung vom Bart am Rohre angebrachte Verstärkung des Rohrs,
um das zu tiefe Eindringen des Schlüssels in das Schloß zu
verhindern.

An dem Barte des Schlüssels, Figur 2, bemerkt man meh-
rerlei Einschnitte. Zunächst ist er in der Mitte bei h, bis an
das Rohr, der Höhe nach mit einem geraden Einschnitte, dem
Mittelbruch, versehen. Sodann finden sich zu beiden Seiten
des Mittelbruchs die Einschnitte (Kreuze) e e und gg. Diese

1) Neuerdings kommen mit den deutschen Schlössern auch die hohlen Nach-
schlüssel und Echoder mehr und mehr außer Brauch. Selten haben diese
Diebsschlüssel eine vollständige ganze Röhre, sondern sind nur rinnenförmig
gearbeitet, sodaß das Schlüsselrohr wie ein Löffelbohrer gestaltet ist, und sich
mit der Höhlung behende um die Schloßdorne bewegt.

und ſomit der Bewegung des Riegels freien Spielraum ge-
währt. Dieſe zwiefache Operation kann demnach ohne beſondere
Vorrichtung von jedem Schlüſſel verrichtet werden, deſſen Bart
lang genug iſt, um in den Einſchnitt M hineinzureichen und mit
ſeiner äußern Kreislinie den Bogen der Zuhaltung q bei qq zu
ſchneiden. Es würden dazu eine Menge Schlüſſel im Stande
ſein, die nöthigenfalls ſchon nach bloßem Augenmaße der Form
des Schlüſſellochs mit leichter Mühe angepaßt werden könnten.
Die in ihrer Weiſe geiſtreiche Erfindung der ſogenannten Be-
ſatzung
verhindert jedoch, wenn auch nicht abſolut, doch meiſtens,
die Anwendung jeglichen Schlüſſels, deſſen Bart auch die ſoeben
dargeſtellte äußere Form und Länge hat.

Ehe jedoch von der Beſatzung geredet werden darf, müſſen
die Beſtandtheile des Schlüſſels bemerkt werden. Jn Figur 2 iſt
b die Reithe, welche beim Schließen mit der Hand gefaßt wird.
Die Länge a — b b iſt das Rohr, das entweder hohl 1), oder,
wie in Figur 2, dicht (voll) iſt. Das Ende des Schlüſſels a
heißt der Knopf. Der Theil c c d d heißt der Bart, deſſen Länge
von d bis zum Rohr die Höhe, und von c — c die Breite
genannt wird. Die Einkehlung des Rohrs bei i, das Geſenk,
iſt mehr Zierath und nicht ſo weſentlich, wie bei den ſogenann-
ten engliſchen Schlüſſeln der Anſatz, das heißt die in einiger Ent-
fernung vom Bart am Rohre angebrachte Verſtärkung des Rohrs,
um das zu tiefe Eindringen des Schlüſſels in das Schloß zu
verhindern.

An dem Barte des Schlüſſels, Figur 2, bemerkt man meh-
rerlei Einſchnitte. Zunächſt iſt er in der Mitte bei h, bis an
das Rohr, der Höhe nach mit einem geraden Einſchnitte, dem
Mittelbruch, verſehen. Sodann finden ſich zu beiden Seiten
des Mittelbruchs die Einſchnitte (Kreuze) e e und gg. Dieſe

1) Neuerdings kommen mit den deutſchen Schlöſſern auch die hohlen Nach-
ſchlüſſel und Echoder mehr und mehr außer Brauch. Selten haben dieſe
Diebsſchlüſſel eine vollſtändige ganze Röhre, ſondern ſind nur rinnenförmig
gearbeitet, ſodaß das Schlüſſelrohr wie ein Löffelbohrer geſtaltet iſt, und ſich
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[162/0174] und ſomit der Bewegung des Riegels freien Spielraum ge- währt. Dieſe zwiefache Operation kann demnach ohne beſondere Vorrichtung von jedem Schlüſſel verrichtet werden, deſſen Bart lang genug iſt, um in den Einſchnitt M hineinzureichen und mit ſeiner äußern Kreislinie den Bogen der Zuhaltung q bei qq zu ſchneiden. Es würden dazu eine Menge Schlüſſel im Stande ſein, die nöthigenfalls ſchon nach bloßem Augenmaße der Form des Schlüſſellochs mit leichter Mühe angepaßt werden könnten. Die in ihrer Weiſe geiſtreiche Erfindung der ſogenannten Be- ſatzung verhindert jedoch, wenn auch nicht abſolut, doch meiſtens, die Anwendung jeglichen Schlüſſels, deſſen Bart auch die ſoeben dargeſtellte äußere Form und Länge hat. Ehe jedoch von der Beſatzung geredet werden darf, müſſen die Beſtandtheile des Schlüſſels bemerkt werden. Jn Figur 2 iſt b die Reithe, welche beim Schließen mit der Hand gefaßt wird. Die Länge a — b b iſt das Rohr, das entweder hohl 1), oder, wie in Figur 2, dicht (voll) iſt. Das Ende des Schlüſſels a heißt der Knopf. Der Theil c c d d heißt der Bart, deſſen Länge von d bis zum Rohr die Höhe, und von c — c die Breite genannt wird. Die Einkehlung des Rohrs bei i, das Geſenk, iſt mehr Zierath und nicht ſo weſentlich, wie bei den ſogenann- ten engliſchen Schlüſſeln der Anſatz, das heißt die in einiger Ent- fernung vom Bart am Rohre angebrachte Verſtärkung des Rohrs, um das zu tiefe Eindringen des Schlüſſels in das Schloß zu verhindern. An dem Barte des Schlüſſels, Figur 2, bemerkt man meh- rerlei Einſchnitte. Zunächſt iſt er in der Mitte bei h, bis an das Rohr, der Höhe nach mit einem geraden Einſchnitte, dem Mittelbruch, verſehen. Sodann finden ſich zu beiden Seiten des Mittelbruchs die Einſchnitte (Kreuze) e e und gg. Dieſe 1) Neuerdings kommen mit den deutſchen Schlöſſern auch die hohlen Nach- ſchlüſſel und Echoder mehr und mehr außer Brauch. Selten haben dieſe Diebsſchlüſſel eine vollſtändige ganze Röhre, ſondern ſind nur rinnenförmig gearbeitet, ſodaß das Schlüſſelrohr wie ein Löffelbohrer geſtaltet iſt, und ſich mit der Höhlung behende um die Schloßdorne bewegt.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/174>, abgerufen am 24.04.2024.