Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

und Schlüssel, die in den Fabriken zu Tausenden nach einem und
demselben Modelle gemacht werden, spart dem Makkener viele
Mühe, und erleichtert ihm den Weg in unglaublich viele Ver-
schlüsse. Die Nachtheile, die somit auch in dieser Rücksicht aus
den Fabriken für die Sicherheit des Eigenthums und für die
Moralität entstehen, sind außerordentlich groß, und schon scheint
es zu spät zu sein, durch eine rege Begünstigung und Förderung
der Schlosserkunst, und durch ihre Wiedereinsetzung als wahre
Kunst gegen den leichtfertigen und demoralisirenden Behelf der
massenhaften Fabrikproduction dem Unheil zu steuern. Die
Schlosserei hat ihren wesentlichsten Verlaß nur noch in ihrer reellern
Arbeit, und ihre Hauptkunst besteht nur noch in Anbringung von
Vexiren und andern Künsteleien, die jedoch vom Scharfblick des
professionirten Makkeners bald durchschaut werden. 1)

Endlich sei noch eines praktikablen Klamoniss erwähnt, der bei
einer Untersuchung in Lübeck einem Makkener abgenommen wurde,
der selbst Barselmelochner war. Dieser Klamoniss hatte diese
Gestalt:

[Abbildung]
Durch die viereckige, mit einer Flügelschraube b versehene Nuß a
liegen zwei nach außen abgerundete, inwendig platt gegeneinander-
laufende Stangen c d und e f, die bei c und e in einen rechten
Winkel zu Echedern, bei d und f ebenfalls in rechte Winkel ge-
bogen, mit einem nach innen gerichteten Haken versehen sind, und
beliebig nebeneinander geschoben werden können, sobald die Flügel-
schraube b gelöst ist. Die Stange c d ist bei l etwas geschweift,
ebenso die Stange e f bei m, damit die Winkel respective bei c
und f in gleicher gerader Linie mit den Winkeln e und d stehen.

1) Ueber diese Kunstschlösser gibt schon Jakob Zipper in seiner "Anweisung
zu Schlosserarbeiten mit Zeichnungen" (Leipzig, ohne Jahreszahl) sehr hübsche
deutliche Zeichnungen und leichtfaßliche Erklärungen.

und Schlüſſel, die in den Fabriken zu Tauſenden nach einem und
demſelben Modelle gemacht werden, ſpart dem Makkener viele
Mühe, und erleichtert ihm den Weg in unglaublich viele Ver-
ſchlüſſe. Die Nachtheile, die ſomit auch in dieſer Rückſicht aus
den Fabriken für die Sicherheit des Eigenthums und für die
Moralität entſtehen, ſind außerordentlich groß, und ſchon ſcheint
es zu ſpät zu ſein, durch eine rege Begünſtigung und Förderung
der Schloſſerkunſt, und durch ihre Wiedereinſetzung als wahre
Kunſt gegen den leichtfertigen und demoraliſirenden Behelf der
maſſenhaften Fabrikproduction dem Unheil zu ſteuern. Die
Schloſſerei hat ihren weſentlichſten Verlaß nur noch in ihrer reellern
Arbeit, und ihre Hauptkunſt beſteht nur noch in Anbringung von
Vexiren und andern Künſteleien, die jedoch vom Scharfblick des
profeſſionirten Makkeners bald durchſchaut werden. 1)

Endlich ſei noch eines praktikablen Klamoniſſ erwähnt, der bei
einer Unterſuchung in Lübeck einem Makkener abgenommen wurde,
der ſelbſt Barſelmelochner war. Dieſer Klamoniſſ hatte dieſe
Geſtalt:

[Abbildung]
Durch die viereckige, mit einer Flügelſchraube b verſehene Nuß a
liegen zwei nach außen abgerundete, inwendig platt gegeneinander-
laufende Stangen c d und e f, die bei c und e in einen rechten
Winkel zu Echedern, bei d und f ebenfalls in rechte Winkel ge-
bogen, mit einem nach innen gerichteten Haken verſehen ſind, und
beliebig nebeneinander geſchoben werden können, ſobald die Flügel-
ſchraube b gelöſt iſt. Die Stange c d iſt bei l etwas geſchweift,
ebenſo die Stange e f bei m, damit die Winkel reſpective bei c
und f in gleicher gerader Linie mit den Winkeln e und d ſtehen.

1) Ueber dieſe Kunſtſchlöſſer gibt ſchon Jakob Zipper in ſeiner „Anweiſung
zu Schloſſerarbeiten mit Zeichnungen“ (Leipzig, ohne Jahreszahl) ſehr hübſche
deutliche Zeichnungen und leichtfaßliche Erklärungen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0185" n="173"/>
und Schlü&#x017F;&#x017F;el, die in den Fabriken zu Tau&#x017F;enden nach einem und<lb/>
dem&#x017F;elben Modelle gemacht werden, &#x017F;part dem Makkener viele<lb/>
Mühe, und erleichtert ihm den Weg in unglaublich viele Ver-<lb/>
&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e. Die Nachtheile, die &#x017F;omit auch in die&#x017F;er Rück&#x017F;icht aus<lb/>
den Fabriken für die Sicherheit des Eigenthums und für die<lb/>
Moralität ent&#x017F;tehen, &#x017F;ind außerordentlich groß, und &#x017F;chon &#x017F;cheint<lb/>
es zu &#x017F;pät zu &#x017F;ein, durch eine rege Begün&#x017F;tigung und Förderung<lb/>
der Schlo&#x017F;&#x017F;erkun&#x017F;t, und durch ihre Wiederein&#x017F;etzung als wahre<lb/>
Kun&#x017F;t gegen den leichtfertigen und demorali&#x017F;irenden Behelf der<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;enhaften Fabrikproduction dem Unheil zu &#x017F;teuern. Die<lb/>
Schlo&#x017F;&#x017F;erei hat ihren we&#x017F;entlich&#x017F;ten Verlaß nur noch in ihrer reellern<lb/>
Arbeit, und ihre Hauptkun&#x017F;t be&#x017F;teht nur noch in Anbringung von<lb/>
Vexiren und andern Kün&#x017F;teleien, die jedoch vom Scharfblick des<lb/>
profe&#x017F;&#x017F;ionirten Makkeners bald durch&#x017F;chaut werden. <note place="foot" n="1)">Ueber die&#x017F;e Kun&#x017F;t&#x017F;chlö&#x017F;&#x017F;er gibt &#x017F;chon Jakob Zipper in &#x017F;einer &#x201E;Anwei&#x017F;ung<lb/>
zu Schlo&#x017F;&#x017F;erarbeiten mit Zeichnungen&#x201C; (Leipzig, ohne Jahreszahl) &#x017F;ehr hüb&#x017F;che<lb/>
deutliche Zeichnungen und leichtfaßliche Erklärungen.</note></p><lb/>
              <p>Endlich &#x017F;ei noch eines praktikablen Klamoni&#x017F;&#x017F; erwähnt, der bei<lb/>
einer Unter&#x017F;uchung in Lübeck einem Makkener abgenommen wurde,<lb/>
der &#x017F;elb&#x017F;t Bar&#x017F;elmelochner war. Die&#x017F;er Klamoni&#x017F;&#x017F; hatte die&#x017F;e<lb/>
Ge&#x017F;talt:<lb/><figure/><lb/>
Durch die viereckige, mit einer Flügel&#x017F;chraube <hi rendition="#aq">b</hi> ver&#x017F;ehene Nuß <hi rendition="#aq">a</hi><lb/>
liegen zwei nach außen abgerundete, inwendig platt gegeneinander-<lb/>
laufende Stangen <hi rendition="#aq">c d</hi> und <hi rendition="#aq">e f,</hi> die bei <hi rendition="#aq">c</hi> und <hi rendition="#aq">e</hi> in einen rechten<lb/>
Winkel zu Echedern, bei <hi rendition="#aq">d</hi> und <hi rendition="#aq">f</hi> ebenfalls in rechte Winkel ge-<lb/>
bogen, mit einem nach innen gerichteten Haken ver&#x017F;ehen &#x017F;ind, und<lb/>
beliebig nebeneinander ge&#x017F;choben werden können, &#x017F;obald die Flügel-<lb/>
&#x017F;chraube <hi rendition="#aq">b</hi> gelö&#x017F;t i&#x017F;t. Die Stange <hi rendition="#aq">c d</hi> i&#x017F;t bei <hi rendition="#aq">l</hi> etwas ge&#x017F;chweift,<lb/>
eben&#x017F;o die Stange <hi rendition="#aq">e f</hi> bei <hi rendition="#aq">m,</hi> damit die Winkel re&#x017F;pective bei <hi rendition="#aq">c</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">f</hi> in gleicher gerader Linie mit den Winkeln <hi rendition="#aq">e</hi> und <hi rendition="#aq">d</hi> &#x017F;tehen.<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0185] und Schlüſſel, die in den Fabriken zu Tauſenden nach einem und demſelben Modelle gemacht werden, ſpart dem Makkener viele Mühe, und erleichtert ihm den Weg in unglaublich viele Ver- ſchlüſſe. Die Nachtheile, die ſomit auch in dieſer Rückſicht aus den Fabriken für die Sicherheit des Eigenthums und für die Moralität entſtehen, ſind außerordentlich groß, und ſchon ſcheint es zu ſpät zu ſein, durch eine rege Begünſtigung und Förderung der Schloſſerkunſt, und durch ihre Wiedereinſetzung als wahre Kunſt gegen den leichtfertigen und demoraliſirenden Behelf der maſſenhaften Fabrikproduction dem Unheil zu ſteuern. Die Schloſſerei hat ihren weſentlichſten Verlaß nur noch in ihrer reellern Arbeit, und ihre Hauptkunſt beſteht nur noch in Anbringung von Vexiren und andern Künſteleien, die jedoch vom Scharfblick des profeſſionirten Makkeners bald durchſchaut werden. 1) Endlich ſei noch eines praktikablen Klamoniſſ erwähnt, der bei einer Unterſuchung in Lübeck einem Makkener abgenommen wurde, der ſelbſt Barſelmelochner war. Dieſer Klamoniſſ hatte dieſe Geſtalt: [Abbildung] Durch die viereckige, mit einer Flügelſchraube b verſehene Nuß a liegen zwei nach außen abgerundete, inwendig platt gegeneinander- laufende Stangen c d und e f, die bei c und e in einen rechten Winkel zu Echedern, bei d und f ebenfalls in rechte Winkel ge- bogen, mit einem nach innen gerichteten Haken verſehen ſind, und beliebig nebeneinander geſchoben werden können, ſobald die Flügel- ſchraube b gelöſt iſt. Die Stange c d iſt bei l etwas geſchweift, ebenſo die Stange e f bei m, damit die Winkel reſpective bei c und f in gleicher gerader Linie mit den Winkeln e und d ſtehen. 1) Ueber dieſe Kunſtſchlöſſer gibt ſchon Jakob Zipper in ſeiner „Anweiſung zu Schloſſerarbeiten mit Zeichnungen“ (Leipzig, ohne Jahreszahl) ſehr hübſche deutliche Zeichnungen und leichtfaßliche Erklärungen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/185
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/185>, abgerufen am 29.03.2024.