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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Verfahren mit Alkohol, reagirenden Papieren, Reagentien und
Joddämpfen findet man bei Westrumb, a. a. O., I, 322, aus-
führliche Mittheilungen und interessante Beispiele angeführt. 1)

Seitdem in neuerer Zeit die Urkundenfälschungen immer
ärger und häufiger getrieben worden sind, haben unmittelbar die
Regierungen selbst, besonders in Frankreich und England, sich
eifrig bemüht, dem schmählichen Betruge durch prophylaktische
Maßregeln zuvorzukommen. Besonders forderte das Ministerium
der Justiz in Frankreich seit 1825 die Akademie der Wissenschaften
in Paris zu Vorschlägen auf, infolge dessen es denn auch an
zahlreichen Versuchen und Vorschlägen nicht gefehlt hat. Es han-
delte sich vorzüglich um Herstellung unauslöschlicher Tinten und
um Herstellung sogenannter Sicherheitspapiere, deren Farbe bei
jedem Versuche, die Schrift auszulöschen, sich verändert. Jn er-
sterer Hinsicht hat es noch immer nicht glücken wollen, eine völlig
unauslöschliche Tinte herzustellen. 2) Glücklicher ist man jedoch

1) Vgl. auch D. A. R. Percy, "Allgemeines chemisch-technisch-ökono-
misches Recept-Lexikon", S. 525.
2) Vgl. Westrumb, a. a. O., 328. Die daselbst unter 1 und 2 ange-
führten Tintenrecepte haben sich nicht bewährt; über die Tinte "Chimico-
specimut
", welche die Farbe verändern soll, sobald der Versuch gemacht wird,
sie durch chemische Agentien zu ändern, zu löschen und zu fälschen, sind die
Erfolge der damit angestellten Versuche noch nicht bekannt. Ueber die neuer-
lich von Professor Trail in Edinburg bekannt gemachte Tinte fehlen ebenfalls
noch genügende Erfahrungen. Doch wird sie von mehreren großen Handels-
häusern in Schottland sowie auch von der Schottischen Bank gebraucht. Das
Recept findet man bei Westrumb, a. a. O., I, 329 U. Wichtig wäre die
Herstellung einer unauslöschlichen Tinte oder Schwärze, auch um die Reinigung
bereits benutzter und übergestempelter Briefmarken zum abermaligen
Gebrauche
unmöglich zu machen, welches bis dahin noch nicht gelungen zu
sein scheint, und somit immer noch ein lucratives Geschäft für die Fleppen-
melochner bleibt. Jene im Frühjahr 1857 so großes Aufsehen und weitver-
breitete Theilnahme erregende angebliche Versprechung einer großen Geldsumme
an einen Waisenknaben seitens eines "Engländers" für die Lieferung einer
großen Menge bereits benutzter Freimarken zum Decoriren eines Zimmers,
scheint, wenn sie wirklich mehr ist als eine bloße Mystification, die Specula-
tion eines unternehmenden Fleppenmelochners gewesen zu sein, welcher die
Briefmarken vom Stempel reinigen und wieder verkaufen wollte.
Ave-Lallemant, Gaunerthum. II. 20

Verfahren mit Alkohol, reagirenden Papieren, Reagentien und
Joddämpfen findet man bei Weſtrumb, a. a. O., I, 322, aus-
führliche Mittheilungen und intereſſante Beiſpiele angeführt. 1)

Seitdem in neuerer Zeit die Urkundenfälſchungen immer
ärger und häufiger getrieben worden ſind, haben unmittelbar die
Regierungen ſelbſt, beſonders in Frankreich und England, ſich
eifrig bemüht, dem ſchmählichen Betruge durch prophylaktiſche
Maßregeln zuvorzukommen. Beſonders forderte das Miniſterium
der Juſtiz in Frankreich ſeit 1825 die Akademie der Wiſſenſchaften
in Paris zu Vorſchlägen auf, infolge deſſen es denn auch an
zahlreichen Verſuchen und Vorſchlägen nicht gefehlt hat. Es han-
delte ſich vorzüglich um Herſtellung unauslöſchlicher Tinten und
um Herſtellung ſogenannter Sicherheitspapiere, deren Farbe bei
jedem Verſuche, die Schrift auszulöſchen, ſich verändert. Jn er-
ſterer Hinſicht hat es noch immer nicht glücken wollen, eine völlig
unauslöſchliche Tinte herzuſtellen. 2) Glücklicher iſt man jedoch

1) Vgl. auch D. A. R. Percy, „Allgemeines chemiſch-techniſch-ökono-
miſches Recept-Lexikon“, S. 525.
2) Vgl. Weſtrumb, a. a. O., 328. Die daſelbſt unter 1 und 2 ange-
führten Tintenrecepte haben ſich nicht bewährt; über die Tinte „Chimico-
spécimut
“, welche die Farbe verändern ſoll, ſobald der Verſuch gemacht wird,
ſie durch chemiſche Agentien zu ändern, zu löſchen und zu fälſchen, ſind die
Erfolge der damit angeſtellten Verſuche noch nicht bekannt. Ueber die neuer-
lich von Profeſſor Trail in Edinburg bekannt gemachte Tinte fehlen ebenfalls
noch genügende Erfahrungen. Doch wird ſie von mehreren großen Handels-
häuſern in Schottland ſowie auch von der Schottiſchen Bank gebraucht. Das
Recept findet man bei Weſtrumb, a. a. O., I, 329 U. Wichtig wäre die
Herſtellung einer unauslöſchlichen Tinte oder Schwärze, auch um die Reinigung
bereits benutzter und übergeſtempelter Briefmarken zum abermaligen
Gebrauche
unmöglich zu machen, welches bis dahin noch nicht gelungen zu
ſein ſcheint, und ſomit immer noch ein lucratives Geſchäft für die Fleppen-
melochner bleibt. Jene im Frühjahr 1857 ſo großes Aufſehen und weitver-
breitete Theilnahme erregende angebliche Verſprechung einer großen Geldſumme
an einen Waiſenknaben ſeitens eines „Engländers“ für die Lieferung einer
großen Menge bereits benutzter Freimarken zum Decoriren eines Zimmers,
ſcheint, wenn ſie wirklich mehr iſt als eine bloße Myſtification, die Specula-
tion eines unternehmenden Fleppenmelochners geweſen zu ſein, welcher die
Briefmarken vom Stempel reinigen und wieder verkaufen wollte.
Avé-Lallemant, Gaunerthum. II. 20
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[305/0317] Verfahren mit Alkohol, reagirenden Papieren, Reagentien und Joddämpfen findet man bei Weſtrumb, a. a. O., I, 322, aus- führliche Mittheilungen und intereſſante Beiſpiele angeführt. 1) Seitdem in neuerer Zeit die Urkundenfälſchungen immer ärger und häufiger getrieben worden ſind, haben unmittelbar die Regierungen ſelbſt, beſonders in Frankreich und England, ſich eifrig bemüht, dem ſchmählichen Betruge durch prophylaktiſche Maßregeln zuvorzukommen. Beſonders forderte das Miniſterium der Juſtiz in Frankreich ſeit 1825 die Akademie der Wiſſenſchaften in Paris zu Vorſchlägen auf, infolge deſſen es denn auch an zahlreichen Verſuchen und Vorſchlägen nicht gefehlt hat. Es han- delte ſich vorzüglich um Herſtellung unauslöſchlicher Tinten und um Herſtellung ſogenannter Sicherheitspapiere, deren Farbe bei jedem Verſuche, die Schrift auszulöſchen, ſich verändert. Jn er- ſterer Hinſicht hat es noch immer nicht glücken wollen, eine völlig unauslöſchliche Tinte herzuſtellen. 2) Glücklicher iſt man jedoch 1) Vgl. auch D. A. R. Percy, „Allgemeines chemiſch-techniſch-ökono- miſches Recept-Lexikon“, S. 525. 2) Vgl. Weſtrumb, a. a. O., 328. Die daſelbſt unter 1 und 2 ange- führten Tintenrecepte haben ſich nicht bewährt; über die Tinte „Chimico- spécimut“, welche die Farbe verändern ſoll, ſobald der Verſuch gemacht wird, ſie durch chemiſche Agentien zu ändern, zu löſchen und zu fälſchen, ſind die Erfolge der damit angeſtellten Verſuche noch nicht bekannt. Ueber die neuer- lich von Profeſſor Trail in Edinburg bekannt gemachte Tinte fehlen ebenfalls noch genügende Erfahrungen. Doch wird ſie von mehreren großen Handels- häuſern in Schottland ſowie auch von der Schottiſchen Bank gebraucht. Das Recept findet man bei Weſtrumb, a. a. O., I, 329 U. Wichtig wäre die Herſtellung einer unauslöſchlichen Tinte oder Schwärze, auch um die Reinigung bereits benutzter und übergeſtempelter Briefmarken zum abermaligen Gebrauche unmöglich zu machen, welches bis dahin noch nicht gelungen zu ſein ſcheint, und ſomit immer noch ein lucratives Geſchäft für die Fleppen- melochner bleibt. Jene im Frühjahr 1857 ſo großes Aufſehen und weitver- breitete Theilnahme erregende angebliche Verſprechung einer großen Geldſumme an einen Waiſenknaben ſeitens eines „Engländers“ für die Lieferung einer großen Menge bereits benutzter Freimarken zum Decoriren eines Zimmers, ſcheint, wenn ſie wirklich mehr iſt als eine bloße Myſtification, die Specula- tion eines unternehmenden Fleppenmelochners geweſen zu ſein, welcher die Briefmarken vom Stempel reinigen und wieder verkaufen wollte. Avé-Lallemant, Gaunerthum. II. 20

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/317>, abgerufen am 18.04.2024.