Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.die Bordells als Hauptherde des Gaunerthums nachweist, so 1) Noch ganz kürzlich ist mir eine Dappelschickse von 63 Jahren vor-
gekommen, welche abends auf öffentlichen Promenaden Männer anhielt und -- syphilitisch befunden wurde. Aus dem Umherstreifen liederlicher Weibs- personen im Freien erklärt sich auch, daß im Sommer die Syphilis weit ärger haust, als im Winter. die Bordells als Hauptherde des Gaunerthums nachweiſt, ſo 1) Noch ganz kürzlich iſt mir eine Dappelſchickſe von 63 Jahren vor-
gekommen, welche abends auf öffentlichen Promenaden Männer anhielt und — ſyphilitiſch befunden wurde. Aus dem Umherſtreifen liederlicher Weibs- perſonen im Freien erklärt ſich auch, daß im Sommer die Syphilis weit ärger hauſt, als im Winter. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0041" n="29"/> die Bordells als Hauptherde des Gaunerthums nachweiſt, ſo<lb/> hat die, wenn auch in der Sanitätscontrole ſtrenge Polizei noch<lb/> immer keine beſſere oder mindeſtens keine der in den Wirths-<lb/> häuſern geübten gleichkommende Gaſtcontrole in den Bordells<lb/> finden können, weil ſie in der Erkenntniß des weit verbreiteten<lb/> ſittlichen Siechthums, dem ſie nicht mit allen ihren Mitteln ent-<lb/> gegenzutreten wagt, fürchten muß, heute eine Reſpectsperſon in<lb/> den Armen einer Luſtdirne zu finden, in denen geſtern ein ſteck-<lb/> brieflich verfolgter Gauner gelegen hat. Aus dieſem Mangel an<lb/> Verbindung der Sanitätspolizei mit der Sicherheitspolizei iſt der<lb/> eclatante Fall bekannt geworden, daß in einem gewiſſen Orte eine<lb/> ſteckbrieflich verfolgte Luſtdirne Monate lang in einem Bordelle<lb/> ihre ſichere Zufluchtsſtätte fand. Dieſelbe Genußſucht führt auch<lb/> die Töchter von Gaunern, ehe ſie ſich dem unſteten und beſchwer-<lb/> lichen Vagantenleben ergeben, bei dem erſten Erwachen der Sinn-<lb/> lichkeit in die Bordells, oder wo das Geſetz eine Bordellmündig-<lb/> keit vorſchreibt, in die gefährlichen Winkelbordells, in denen ſogar<lb/> alle Sanitätscontrole zum Schutz beider Geſchlechter fehlt. Jn<lb/> den Bordells, wo mancher heimliche Gaſt den erlittenen Verluſt<lb/> lieber verſchmerzt als denuncirt, findet die vielfach auch mit<lb/> Gaunern in directer Verbindung ſtehende Luſtdirne reichliche Ge-<lb/> legenheit, für die handwerksmäßige Hingebung ſich außer der<lb/> Taxe noch durch Betrug und Diebſtahl zu entſchädigen, bis ſie<lb/> am Ende misliebig, abgenutzt oder ruinirt und mit Schulden über-<lb/> häuft, vom fühlloſen Bordellwirth entlaſſen, von der Polizei aus-<lb/> gewieſen und ſomit zum Vagantenthum übergeführt wird, mit<lb/> welchem erſt die eigentliche Gaunerlaufbahn beginnt. Wer ſich<lb/> zum feſten Grundſatz gemacht hat, alle eingebrachte Vagantinnen<lb/> ohne Ausnahme <note place="foot" n="1)">Noch ganz kürzlich iſt mir eine Dappelſchickſe von 63 Jahren vor-<lb/> gekommen, welche abends auf öffentlichen Promenaden Männer anhielt und<lb/> — ſyphilitiſch befunden wurde. Aus dem Umherſtreifen liederlicher Weibs-<lb/> perſonen im Freien erklärt ſich auch, daß im Sommer die Syphilis weit ärger<lb/> hauſt, als im Winter.</note> einer ärztlichen Unterſuchung zu unterwerfen,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0041]
die Bordells als Hauptherde des Gaunerthums nachweiſt, ſo
hat die, wenn auch in der Sanitätscontrole ſtrenge Polizei noch
immer keine beſſere oder mindeſtens keine der in den Wirths-
häuſern geübten gleichkommende Gaſtcontrole in den Bordells
finden können, weil ſie in der Erkenntniß des weit verbreiteten
ſittlichen Siechthums, dem ſie nicht mit allen ihren Mitteln ent-
gegenzutreten wagt, fürchten muß, heute eine Reſpectsperſon in
den Armen einer Luſtdirne zu finden, in denen geſtern ein ſteck-
brieflich verfolgter Gauner gelegen hat. Aus dieſem Mangel an
Verbindung der Sanitätspolizei mit der Sicherheitspolizei iſt der
eclatante Fall bekannt geworden, daß in einem gewiſſen Orte eine
ſteckbrieflich verfolgte Luſtdirne Monate lang in einem Bordelle
ihre ſichere Zufluchtsſtätte fand. Dieſelbe Genußſucht führt auch
die Töchter von Gaunern, ehe ſie ſich dem unſteten und beſchwer-
lichen Vagantenleben ergeben, bei dem erſten Erwachen der Sinn-
lichkeit in die Bordells, oder wo das Geſetz eine Bordellmündig-
keit vorſchreibt, in die gefährlichen Winkelbordells, in denen ſogar
alle Sanitätscontrole zum Schutz beider Geſchlechter fehlt. Jn
den Bordells, wo mancher heimliche Gaſt den erlittenen Verluſt
lieber verſchmerzt als denuncirt, findet die vielfach auch mit
Gaunern in directer Verbindung ſtehende Luſtdirne reichliche Ge-
legenheit, für die handwerksmäßige Hingebung ſich außer der
Taxe noch durch Betrug und Diebſtahl zu entſchädigen, bis ſie
am Ende misliebig, abgenutzt oder ruinirt und mit Schulden über-
häuft, vom fühlloſen Bordellwirth entlaſſen, von der Polizei aus-
gewieſen und ſomit zum Vagantenthum übergeführt wird, mit
welchem erſt die eigentliche Gaunerlaufbahn beginnt. Wer ſich
zum feſten Grundſatz gemacht hat, alle eingebrachte Vagantinnen
ohne Ausnahme 1) einer ärztlichen Unterſuchung zu unterwerfen,
1) Noch ganz kürzlich iſt mir eine Dappelſchickſe von 63 Jahren vor-
gekommen, welche abends auf öffentlichen Promenaden Männer anhielt und
— ſyphilitiſch befunden wurde. Aus dem Umherſtreifen liederlicher Weibs-
perſonen im Freien erklärt ſich auch, daß im Sommer die Syphilis weit ärger
hauſt, als im Winter.
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