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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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Tabourot 1), du Monin, Janus Cäcilius Frey, Theodor Beza,
Hugbald; in England in dem Schotten William Dunbar, John
Skelton, William Drummond, Alex. Geddes. Bei den ernsten
Spaniern wurde sogar erst 1794 vom pseudonymen D. Mattias
de Retiro ein maccaronischer Versuch gemacht.

Nimmt man wahr, wie die ohnehin nur im 15. und 16.
Jahrhundert und nur zur vereinzelten Blüte getriebene maccaroni-
sche Poesie selbst auf dem Gebiete der aus germanischen und
lateinischen Sprachstoffen zusammengemischten romanischen Spra-
chen keineswegs populär und heimisch wurde, obschon die mit
ihren Flexionen zu Grunde gelegte lateinische Sprache ein Haupt-
factor aller romanischen Sprachen ist, mithin der ganzen romanischen
Sprachfamilie sehr verständlich und faßlich sein mußte: so bleibt
der Grund zu dieser geringen Aufnahme wesentlich in der über-
mäßigen Verstärkung des den romanischen Sprachen zu Grunde
liegenden lateinischen Sprachfactors zu suchen, welche an der schon
längst entschieden und nachdrücklich abgerundeten Nationalität jedes
der romanischen Sprachfamilie als Sprachglied angehörigen Volkes

1) Das von Genthe S. 155 angeführte Werk: "Cacasagno Reystro-
Suysso-lansquenetorum[fremdsprachliches Material] per Magistrum Joannem Bapistam (?) Lichardum
Recatholicatum spaliposcinum Poetam. Cum Responso, per Ioan. Crans-
feltum, Germanum
" (Paris 1588) ist mir völlig unbekannt geblieben. Viel-
leicht hat Genthe es ebenfalls nicht selbst gesehen. Die Autorschaft des Ta-
bourot (Genthe schreibt den Namen Taburot), des "Seigneur des Accords",
scheint zweifelhaft, da es in der vollständigen Ausgabe der Tabourot'schen
Werke (Paris 1614), welche ich neben der höchst seltenen ältesten Ausgabe
von 1585 besitze, nicht enthalten ist. Ob das Werk in der pariser Ausgabe
von 1603 oder einer der beiden rouener Ausgaben (1628; 1671) enthalten
ist, weiß ich auch nicht, da ich diese Ausgaben nicht kenne. Gänzlich un-
bekannt ist mir endlich auch noch die von Genthe S. 155 angeführte pariser
Ausgabe von 1662: Le quatriesme des bigarrures du Seigneur des Ac-
cords
, welche Genthe überhaupt wol auch nicht gesehen hat, da das Qua-
triesme
kein Specialtitel ist, sondern nichts anderes bedeutet, als was schon
in der pariser Ausgabe von 1585 steht: quatriesme livre des bigarrures,
auch von nichts weniger als von maccaronischer Poesie handelt. Jm Jahre
1859 soll eine neue Ausgabe der Werke Tabourot's in Paris erschienen oder
doch vorbereitet worden sein.

Tabourot 1), du Monin, Janus Cäcilius Frey, Theodor Beza,
Hugbald; in England in dem Schotten William Dunbar, John
Skelton, William Drummond, Alex. Geddes. Bei den ernſten
Spaniern wurde ſogar erſt 1794 vom pſeudonymen D. Mattias
de Retiro ein maccaroniſcher Verſuch gemacht.

Nimmt man wahr, wie die ohnehin nur im 15. und 16.
Jahrhundert und nur zur vereinzelten Blüte getriebene maccaroni-
ſche Poeſie ſelbſt auf dem Gebiete der aus germaniſchen und
lateiniſchen Sprachſtoffen zuſammengemiſchten romaniſchen Spra-
chen keineswegs populär und heimiſch wurde, obſchon die mit
ihren Flexionen zu Grunde gelegte lateiniſche Sprache ein Haupt-
factor aller romaniſchen Sprachen iſt, mithin der ganzen romaniſchen
Sprachfamilie ſehr verſtändlich und faßlich ſein mußte: ſo bleibt
der Grund zu dieſer geringen Aufnahme weſentlich in der über-
mäßigen Verſtärkung des den romaniſchen Sprachen zu Grunde
liegenden lateiniſchen Sprachfactors zu ſuchen, welche an der ſchon
längſt entſchieden und nachdrücklich abgerundeten Nationalität jedes
der romaniſchen Sprachfamilie als Sprachglied angehörigen Volkes

1) Das von Genthe S. 155 angeführte Werk: „Cacasagno Reystro-
Suysso-lansquenetorum[fremdsprachliches Material] per Magistrum Joannem Bapistam (?) Lichardum
Recatholicatum spaliposcinum Poetam. Cum Responso, per Ioan. Crans-
feltum, Germanum
“ (Paris 1588) iſt mir völlig unbekannt geblieben. Viel-
leicht hat Genthe es ebenfalls nicht ſelbſt geſehen. Die Autorſchaft des Ta-
bourot (Genthe ſchreibt den Namen Taburot), des „Seigneur des Accords“,
ſcheint zweifelhaft, da es in der vollſtändigen Ausgabe der Tabourot’ſchen
Werke (Paris 1614), welche ich neben der höchſt ſeltenen älteſten Ausgabe
von 1585 beſitze, nicht enthalten iſt. Ob das Werk in der pariſer Ausgabe
von 1603 oder einer der beiden rouener Ausgaben (1628; 1671) enthalten
iſt, weiß ich auch nicht, da ich dieſe Ausgaben nicht kenne. Gänzlich un-
bekannt iſt mir endlich auch noch die von Genthe S. 155 angeführte pariſer
Ausgabe von 1662: Le quatriesme des bigarrures du Seigneur des Ac-
cords
, welche Genthe überhaupt wol auch nicht geſehen hat, da das Qua-
triesme
kein Specialtitel iſt, ſondern nichts anderes bedeutet, als was ſchon
in der pariſer Ausgabe von 1585 ſteht: quatriesme livre des bigarrures,
auch von nichts weniger als von maccaroniſcher Poeſie handelt. Jm Jahre
1859 ſoll eine neue Ausgabe der Werke Tabourot’s in Paris erſchienen oder
doch vorbereitet worden ſein.
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[77/0111] Tabourot 1), du Monin, Janus Cäcilius Frey, Theodor Beza, Hugbald; in England in dem Schotten William Dunbar, John Skelton, William Drummond, Alex. Geddes. Bei den ernſten Spaniern wurde ſogar erſt 1794 vom pſeudonymen D. Mattias de Retiro ein maccaroniſcher Verſuch gemacht. Nimmt man wahr, wie die ohnehin nur im 15. und 16. Jahrhundert und nur zur vereinzelten Blüte getriebene maccaroni- ſche Poeſie ſelbſt auf dem Gebiete der aus germaniſchen und lateiniſchen Sprachſtoffen zuſammengemiſchten romaniſchen Spra- chen keineswegs populär und heimiſch wurde, obſchon die mit ihren Flexionen zu Grunde gelegte lateiniſche Sprache ein Haupt- factor aller romaniſchen Sprachen iſt, mithin der ganzen romaniſchen Sprachfamilie ſehr verſtändlich und faßlich ſein mußte: ſo bleibt der Grund zu dieſer geringen Aufnahme weſentlich in der über- mäßigen Verſtärkung des den romaniſchen Sprachen zu Grunde liegenden lateiniſchen Sprachfactors zu ſuchen, welche an der ſchon längſt entſchieden und nachdrücklich abgerundeten Nationalität jedes der romaniſchen Sprachfamilie als Sprachglied angehörigen Volkes 1) Das von Genthe S. 155 angeführte Werk: „Cacasagno Reystro- Suysso-lansquenetorum_ per Magistrum Joannem Bapistam (?) Lichardum Recatholicatum spaliposcinum Poetam. Cum Responso, per Ioan. Crans- feltum, Germanum“ (Paris 1588) iſt mir völlig unbekannt geblieben. Viel- leicht hat Genthe es ebenfalls nicht ſelbſt geſehen. Die Autorſchaft des Ta- bourot (Genthe ſchreibt den Namen Taburot), des „Seigneur des Accords“, ſcheint zweifelhaft, da es in der vollſtändigen Ausgabe der Tabourot’ſchen Werke (Paris 1614), welche ich neben der höchſt ſeltenen älteſten Ausgabe von 1585 beſitze, nicht enthalten iſt. Ob das Werk in der pariſer Ausgabe von 1603 oder einer der beiden rouener Ausgaben (1628; 1671) enthalten iſt, weiß ich auch nicht, da ich dieſe Ausgaben nicht kenne. Gänzlich un- bekannt iſt mir endlich auch noch die von Genthe S. 155 angeführte pariſer Ausgabe von 1662: Le quatriesme des bigarrures du Seigneur des Ac- cords, welche Genthe überhaupt wol auch nicht geſehen hat, da das Qua- triesme kein Specialtitel iſt, ſondern nichts anderes bedeutet, als was ſchon in der pariſer Ausgabe von 1585 ſteht: quatriesme livre des bigarrures, auch von nichts weniger als von maccaroniſcher Poeſie handelt. Jm Jahre 1859 ſoll eine neue Ausgabe der Werke Tabourot’s in Paris erſchienen oder doch vorbereitet worden ſein.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/111>, abgerufen am 21.11.2024.