fast anspruchslos zu nennende Einfachheit der syrischen Charaktere und die außerordentliche Leichtigkeit und Behendigkeit bei, mit welcher das Syrische, namentlich der Ksiva merübbaas und selbst der schon viel handlichern rabbinischen Schrift gegenüber, sich schreiben läßt. Aus dieser Einfachheit und großen Handlichkeit erklären sich auch die vielen Ligaturen in der jüdischdeutschen Schreibschrift und die unglaublich bunten willkürlichen Züge und Schnörkel, welche man in jüdischdeutschen Manuscripten häufig bis zur Unleserlichkeit vorfindet und zu denen man bei dieser sehr leicht, kurz und angenehm zu schreibenden Buchstabenschrift fast unwillkürlich hingerissen wird. Zum Belege dient das später folgende Autograph, welches ich im Originale besitze. Aus eben dem Grunde ist der völlig unwesentliche, kaum nennenswerthe und nicht einmal durchzuführende, auch wol nur für die bloße typographische Distinction erhebliche Unterschied zwischen der etwas mehr rabbinisirenden polnischen und deutschen, oder der he- bräischen Männerschreibschrift und hebräischen Weiber- schreibschrift gemacht worden, von welchem späterhin noch die Rede sein wird.
Da sowol die gedruckte als auch die mit der Hand ge- schriebene jüdischdeutsche Schrift mit dem Namen Current- schrift bezeichnet wird, für die gedruckte Schrift aber auch die besondere Bezeichnung deutschrabbinisch üblich ist, so soll der Unterscheidung und Kürze wegen die mit der Hand geschrie- bene jüdischdeutsche Schrift durchweg mit dem Ausdruck Current- schrift besonders bezeichnet werden.
Wie das Deutschrabbinische, so wird, wiewol seltener und zwar erst in neuerer Zeit, auch die Quadratschrift zu jüdischdeut- schen Drucken gebraucht. Alle drei Alphabete, das der Quadrat- schrift, des Deutschrabbinischen und der Currentschrift, haben die- selbe vollkommen gleiche Geltung der Buchstaben, und die Regeln für den Gebrauch der einen gelten auch für den Gebrauch der andern Schriftart. Alle drei Schriftarten werden wie das Alt- hebräische und die meisten orientalischen Sprachen von rechts zu links gelesen. Große Buchstaben gibt es im Jüdischdeutschen nicht,
faſt anſpruchslos zu nennende Einfachheit der ſyriſchen Charaktere und die außerordentliche Leichtigkeit und Behendigkeit bei, mit welcher das Syriſche, namentlich der Ksiva merübbaas und ſelbſt der ſchon viel handlichern rabbiniſchen Schrift gegenüber, ſich ſchreiben läßt. Aus dieſer Einfachheit und großen Handlichkeit erklären ſich auch die vielen Ligaturen in der jüdiſchdeutſchen Schreibſchrift und die unglaublich bunten willkürlichen Züge und Schnörkel, welche man in jüdiſchdeutſchen Manuſcripten häufig bis zur Unleſerlichkeit vorfindet und zu denen man bei dieſer ſehr leicht, kurz und angenehm zu ſchreibenden Buchſtabenſchrift faſt unwillkürlich hingeriſſen wird. Zum Belege dient das ſpäter folgende Autograph, welches ich im Originale beſitze. Aus eben dem Grunde iſt der völlig unweſentliche, kaum nennenswerthe und nicht einmal durchzuführende, auch wol nur für die bloße typographiſche Diſtinction erhebliche Unterſchied zwiſchen der etwas mehr rabbiniſirenden polniſchen und deutſchen, oder der he- bräiſchen Männerſchreibſchrift und hebräiſchen Weiber- ſchreibſchrift gemacht worden, von welchem ſpäterhin noch die Rede ſein wird.
Da ſowol die gedruckte als auch die mit der Hand ge- ſchriebene jüdiſchdeutſche Schrift mit dem Namen Current- ſchrift bezeichnet wird, für die gedruckte Schrift aber auch die beſondere Bezeichnung deutſchrabbiniſch üblich iſt, ſo ſoll der Unterſcheidung und Kürze wegen die mit der Hand geſchrie- bene jüdiſchdeutſche Schrift durchweg mit dem Ausdruck Current- ſchrift beſonders bezeichnet werden.
Wie das Deutſchrabbiniſche, ſo wird, wiewol ſeltener und zwar erſt in neuerer Zeit, auch die Quadratſchrift zu jüdiſchdeut- ſchen Drucken gebraucht. Alle drei Alphabete, das der Quadrat- ſchrift, des Deutſchrabbiniſchen und der Currentſchrift, haben die- ſelbe vollkommen gleiche Geltung der Buchſtaben, und die Regeln für den Gebrauch der einen gelten auch für den Gebrauch der andern Schriftart. Alle drei Schriftarten werden wie das Alt- hebräiſche und die meiſten orientaliſchen Sprachen von rechts zu links geleſen. Große Buchſtaben gibt es im Jüdiſchdeutſchen nicht,
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faſt anſpruchslos zu nennende Einfachheit der ſyriſchen Charaktere
und die außerordentliche Leichtigkeit und Behendigkeit bei, mit
welcher das Syriſche, namentlich der Ksiva merübbaas und ſelbſt
der ſchon viel handlichern rabbiniſchen Schrift gegenüber, ſich
ſchreiben läßt. Aus dieſer Einfachheit und großen Handlichkeit
erklären ſich auch die vielen Ligaturen in der jüdiſchdeutſchen
Schreibſchrift und die unglaublich bunten willkürlichen Züge und
Schnörkel, welche man in jüdiſchdeutſchen Manuſcripten häufig
bis zur Unleſerlichkeit vorfindet und zu denen man bei dieſer ſehr
leicht, kurz und angenehm zu ſchreibenden Buchſtabenſchrift faſt
unwillkürlich hingeriſſen wird. Zum Belege dient das ſpäter
folgende Autograph, welches ich im Originale beſitze. Aus eben
dem Grunde iſt der völlig unweſentliche, kaum nennenswerthe
und nicht einmal durchzuführende, auch wol nur für die bloße
typographiſche Diſtinction erhebliche Unterſchied zwiſchen der etwas
mehr rabbiniſirenden polniſchen und deutſchen, oder der he-
bräiſchen Männerſchreibſchrift und hebräiſchen Weiber-
ſchreibſchrift gemacht worden, von welchem ſpäterhin noch die
Rede ſein wird.
Da ſowol die gedruckte als auch die mit der Hand ge-
ſchriebene jüdiſchdeutſche Schrift mit dem Namen Current-
ſchrift bezeichnet wird, für die gedruckte Schrift aber auch die
beſondere Bezeichnung deutſchrabbiniſch üblich iſt, ſo ſoll der
Unterſcheidung und Kürze wegen die mit der Hand geſchrie-
bene jüdiſchdeutſche Schrift durchweg mit dem Ausdruck Current-
ſchrift beſonders bezeichnet werden.
Wie das Deutſchrabbiniſche, ſo wird, wiewol ſeltener und
zwar erſt in neuerer Zeit, auch die Quadratſchrift zu jüdiſchdeut-
ſchen Drucken gebraucht. Alle drei Alphabete, das der Quadrat-
ſchrift, des Deutſchrabbiniſchen und der Currentſchrift, haben die-
ſelbe vollkommen gleiche Geltung der Buchſtaben, und die Regeln
für den Gebrauch der einen gelten auch für den Gebrauch der
andern Schriftart. Alle drei Schriftarten werden wie das Alt-
hebräiſche und die meiſten orientaliſchen Sprachen von rechts zu
links geleſen. Große Buchſtaben gibt es im Jüdiſchdeutſchen nicht,
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/292>, abgerufen am 24.11.2024.
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