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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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wort, welche Beispiele man gleich in den ersten Zeilen des Josip-
pon, Perek 69, unmittelbar nebeneinander findet. Jnfolge dieser
spätern Einführung steht denn das [fremdsprachliches Material] auch völlig isolirt und ohne
alle Verbindung mit den drei Hauptvocalen da, bis es im Neu-
judendeutsch durchweg als langes und kurzes e und sogar in
Verbindung mit dem hauptvocalischen [fremdsprachliches Material] als [fremdsprachliches Material] für das deutsche ie
eingeführt worden ist, z. B.: [fremdsprachliches Material], dieser, anstatt des ältern [fremdsprachliches Material],
[fremdsprachliches Material], Liebe, anstatt [fremdsprachliches Material], viele, anstatt [fremdsprachliches Material]. Deshalb findet
auch bei dem [fremdsprachliches Material] die Regel von der Vor- und Nachsetzung des [fremdsprachliches Material] vor
oder nach einem vocalisch an- oder auslautenden Worte nicht statt.

Ueber das vorzüglich bei dem [fremdsprachliches Material] zu Anfang zwei- oder mehr-
silbiger, mit dem Laut e beginnender Wörter vorkommende pro-
sthetische [fremdsprachliches Material] ist schon oben im Consonantismus unter [fremdsprachliches Material] gesprochen
worden.

So gänzlich isolirt und fremd auch im Verbande des jüdisch-
deutschen Vocalismus das [fremdsprachliches Material] steht, so wenig seine Einführung und
Geltung der hereingebrochenen Verwilderung des jüdischdeutschen
Vocalismus Einhalt thun konnte, so sehr auch sein eigener Ge-
brauch ebenfalls der bloßen Willkür sprachunwissender Schriftsteller
durchaus verfiel: so scheint das [fremdsprachliches Material] doch ebenso gut wie das ver-
dichtete [fremdsprachliches Material] wesentlich zur Bezeichnung eines wurzelhaften deutschen e
bestimmt gewesen zu sein, dessen zwiefache Qualität unsere alt-
hochdeutschen Grammatiker wol noch nicht vollkommen deutlich
dargestellt zu haben scheinen, dessen Unterschied aber das auf-
merksame Kennerohr noch in unserer heutigen niederdeutschen
Bauernsprache vollkommen erhalten findet und unterscheiden kann.
Richey, "Idiot. Hamburg.", S. 378, deutet den Unterschied dieses
zweifachen e nur unvollkommen durch das griechische e und e an,
welchem erstern das verdichtete [fremdsprachliches Material] entspricht, während das e dem [fremdsprachliches Material]
etwa gleichkommt. Beide Laute, e oder [fremdsprachliches Material] und e oder [fremdsprachliches Material], sind in
den von Richey aufgestellten Beispielen wurzelhaft und lang, und
dennoch ist ihre Wurzel, Aussprache und Bedeutung gleich wesent-
lich verschieden, wie man leicht erkennt, wenn man die Wörter
genau dem Volksmunde gemäß ausspricht. Die Beispiele bei
Richey sind:

wort, welche Beiſpiele man gleich in den erſten Zeilen des Joſip-
pon, Perek 69, unmittelbar nebeneinander findet. Jnfolge dieſer
ſpätern Einführung ſteht denn das [fremdsprachliches Material] auch völlig iſolirt und ohne
alle Verbindung mit den drei Hauptvocalen da, bis es im Neu-
judendeutſch durchweg als langes und kurzes e und ſogar in
Verbindung mit dem hauptvocaliſchen [fremdsprachliches Material] als [fremdsprachliches Material] für das deutſche ie
eingeführt worden iſt, z. B.: [fremdsprachliches Material], dieſer, anſtatt des ältern [fremdsprachliches Material],
[fremdsprachliches Material], Liebe, anſtatt [fremdsprachliches Material], viele, anſtatt [fremdsprachliches Material]. Deshalb findet
auch bei dem [fremdsprachliches Material] die Regel von der Vor- und Nachſetzung des [fremdsprachliches Material] vor
oder nach einem vocaliſch an- oder auslautenden Worte nicht ſtatt.

Ueber das vorzüglich bei dem [fremdsprachliches Material] zu Anfang zwei- oder mehr-
ſilbiger, mit dem Laut e beginnender Wörter vorkommende pro-
ſthetiſche [fremdsprachliches Material] iſt ſchon oben im Conſonantismus unter [fremdsprachliches Material] geſprochen
worden.

So gänzlich iſolirt und fremd auch im Verbande des jüdiſch-
deutſchen Vocalismus das [fremdsprachliches Material] ſteht, ſo wenig ſeine Einführung und
Geltung der hereingebrochenen Verwilderung des jüdiſchdeutſchen
Vocalismus Einhalt thun konnte, ſo ſehr auch ſein eigener Ge-
brauch ebenfalls der bloßen Willkür ſprachunwiſſender Schriftſteller
durchaus verfiel: ſo ſcheint das [fremdsprachliches Material] doch ebenſo gut wie das ver-
dichtete [fremdsprachliches Material] weſentlich zur Bezeichnung eines wurzelhaften deutſchen e
beſtimmt geweſen zu ſein, deſſen zwiefache Qualität unſere alt-
hochdeutſchen Grammatiker wol noch nicht vollkommen deutlich
dargeſtellt zu haben ſcheinen, deſſen Unterſchied aber das auf-
merkſame Kennerohr noch in unſerer heutigen niederdeutſchen
Bauernſprache vollkommen erhalten findet und unterſcheiden kann.
Richey, „Idiot. Hamburg.“, S. 378, deutet den Unterſchied dieſes
zweifachen e nur unvollkommen durch das griechiſche ἐ und ἠ an,
welchem erſtern das verdichtete [fremdsprachliches Material] entſpricht, während das ἠ dem [fremdsprachliches Material]
etwa gleichkommt. Beide Laute, ἐ oder [fremdsprachliches Material] und ἠ oder [fremdsprachliches Material], ſind in
den von Richey aufgeſtellten Beiſpielen wurzelhaft und lang, und
dennoch iſt ihre Wurzel, Ausſprache und Bedeutung gleich weſent-
lich verſchieden, wie man leicht erkennt, wenn man die Wörter
genau dem Volksmunde gemäß ausſpricht. Die Beiſpiele bei
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[297/0331] wort, welche Beiſpiele man gleich in den erſten Zeilen des Joſip- pon, Perek 69, unmittelbar nebeneinander findet. Jnfolge dieſer ſpätern Einführung ſteht denn das _ auch völlig iſolirt und ohne alle Verbindung mit den drei Hauptvocalen da, bis es im Neu- judendeutſch durchweg als langes und kurzes e und ſogar in Verbindung mit dem hauptvocaliſchen _ als _ für das deutſche ie eingeführt worden iſt, z. B.: _ , dieſer, anſtatt des ältern _ , _ , Liebe, anſtatt _ , viele, anſtatt _ . Deshalb findet auch bei dem _ die Regel von der Vor- und Nachſetzung des _ vor oder nach einem vocaliſch an- oder auslautenden Worte nicht ſtatt. Ueber das vorzüglich bei dem _ zu Anfang zwei- oder mehr- ſilbiger, mit dem Laut e beginnender Wörter vorkommende pro- ſthetiſche _ iſt ſchon oben im Conſonantismus unter _ geſprochen worden. So gänzlich iſolirt und fremd auch im Verbande des jüdiſch- deutſchen Vocalismus das _ ſteht, ſo wenig ſeine Einführung und Geltung der hereingebrochenen Verwilderung des jüdiſchdeutſchen Vocalismus Einhalt thun konnte, ſo ſehr auch ſein eigener Ge- brauch ebenfalls der bloßen Willkür ſprachunwiſſender Schriftſteller durchaus verfiel: ſo ſcheint das _ doch ebenſo gut wie das ver- dichtete _ weſentlich zur Bezeichnung eines wurzelhaften deutſchen e beſtimmt geweſen zu ſein, deſſen zwiefache Qualität unſere alt- hochdeutſchen Grammatiker wol noch nicht vollkommen deutlich dargeſtellt zu haben ſcheinen, deſſen Unterſchied aber das auf- merkſame Kennerohr noch in unſerer heutigen niederdeutſchen Bauernſprache vollkommen erhalten findet und unterſcheiden kann. Richey, „Idiot. Hamburg.“, S. 378, deutet den Unterſchied dieſes zweifachen e nur unvollkommen durch das griechiſche ἐ und ἠ an, welchem erſtern das verdichtete _ entſpricht, während das ἠ dem _ etwa gleichkommt. Beide Laute, ἐ oder _ und ἠ oder _ , ſind in den von Richey aufgeſtellten Beiſpielen wurzelhaft und lang, und dennoch iſt ihre Wurzel, Ausſprache und Bedeutung gleich weſent- lich verſchieden, wie man leicht erkennt, wenn man die Wörter genau dem Volksmunde gemäß ausſpricht. Die Beiſpiele bei Richey ſind:

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/331>, abgerufen am 24.11.2024.