ist im Hebräischen [fremdsprachliches Material], haaretz, die Erde, und [fremdsprachliches Material], am, das Volk. Jm Jüdischdeutschen ist [fremdsprachliches Material], amhoretz, ein Ungelehrter, Einfältiger, Jdiot. Der Plural [fremdsprachliches Material], amrazim, auch mit Vor- setzung des Artikels [fremdsprachliches Material], hamrazim (vgl. Tendlau, Nr. 161), Ungelehrte, Jdioten, aber auch die Strümpfe (vgl. "Prager Wör- terbuch", S. 24). Davon ist im Niederdeutschen die sehr geläufige Redensart: sick amratzeren, sich ankleiden, sich durch Ankleiden zum Ausgehen anschicken, sich auf die Strümpfe machen, woraus im Volksmund aus Unverstand die Redensart umgemodelt ist in: sick anrocksern (als ob von Rock), z. B.: Nu will ick mi anratzern (anrocksern) un na de Stadt wanken; jetzt will ich mich auf die Strümpfe machen und zur Stadt gehen. Ferner drückt die phonetisch belebte Abbreviatur [fremdsprachliches Material], akkum (aus [fremdsprachliches Material], ewed kauchowim umasolos), den Widerwillen des gegen die heidnischen Sterndeuter und Götzenanbeter erbitterten Judenthums aus. Dies Akkum ist durchaus in die niederdeutsche Volkssprache übergegangen und wird in der Redensart: pfi Akke; dat is Akke; Akke pfi, vorzüglich bei Kindern gebraucht, um sie vor Unreinlichkeit und dem Angreifen unsauberer Gegenstände zu warnen. Ferner ist hebr. [fremdsprachliches Material], tob, jüdischd. [fremdsprachliches Material], tof, gut, tüchtig. Aus tof hat sich im Jüdischdeutschen nun das Wort teftig ge- bildet 1), wovon im Niederdeutschen deftig, tüchtig, stark, z. B.: een deftiger Keerl, ein tüchtiger, stämmiger Mensch; he hett em deftig de Wohrheit segt, er hat ihm derb die Wahrheit gesagt. Ebenso vom hebr. [fremdsprachliches Material], maas, verwerfen, verachten, jüdischd. [fremdsprachliches Material], meis,[fremdsprachliches Material]2), meisig, musig, mausig, garstig, ekel- haft, z. B.: dat is ein misig Wif, das ist ein garstiges Weib; em geiht dat man meis, es geht ihm nur schlecht; mak di nich
1) Besonders in der Zusammensetzung mit Jom; [fremdsprachliches Material], jom tof, ist der Feiertag; jonteftig ist unberührt, feirig, besonders von ledigen Frauen- zimmern, die keinen Mann oder beim Tanze keinen Tänzer bekommen, demoi- selle disponible.
2) Für [fremdsprachliches Material] mit deutscher Endfilbe ig. Zu unterscheiden davon ist [fremdsprachliches Material], masik, Teufel, Beschädiger.
iſt im Hebräiſchen [fremdsprachliches Material], haaretz, die Erde, und [fremdsprachliches Material], am, das Volk. Jm Jüdiſchdeutſchen iſt [fremdsprachliches Material], amhoretz, ein Ungelehrter, Einfältiger, Jdiot. Der Plural [fremdsprachliches Material], amrazim, auch mit Vor- ſetzung des Artikels [fremdsprachliches Material], hamrazim (vgl. Tendlau, Nr. 161), Ungelehrte, Jdioten, aber auch die Strümpfe (vgl. „Prager Wör- terbuch“, S. 24). Davon iſt im Niederdeutſchen die ſehr geläufige Redensart: ſick amratzêren, ſich ankleiden, ſich durch Ankleiden zum Ausgehen anſchicken, ſich auf die Strümpfe machen, woraus im Volksmund aus Unverſtand die Redensart umgemodelt iſt in: ſick anrockſêrn (als ob von Rock), z. B.: Nu will ick mi anratzêrn (anrockſêrn) un na de Stadt wanken; jetzt will ich mich auf die Strümpfe machen und zur Stadt gehen. Ferner drückt die phonetiſch belebte Abbreviatur [fremdsprachliches Material], akkum (aus [fremdsprachliches Material], ewed kauchowim umasolos), den Widerwillen des gegen die heidniſchen Sterndeuter und Götzenanbeter erbitterten Judenthums aus. Dies Akkum iſt durchaus in die niederdeutſche Volksſprache übergegangen und wird in der Redensart: pfi Akke; dat is Akke; Akke pfi, vorzüglich bei Kindern gebraucht, um ſie vor Unreinlichkeit und dem Angreifen unſauberer Gegenſtände zu warnen. Ferner iſt hebr. [fremdsprachliches Material], tob, jüdiſchd. [fremdsprachliches Material], tof, gut, tüchtig. Aus tof hat ſich im Jüdiſchdeutſchen nun das Wort teftig ge- bildet 1), wovon im Niederdeutſchen deftig, tüchtig, ſtark, z. B.: een deftiger Keerl, ein tüchtiger, ſtämmiger Menſch; he hett em deftig de Wohrheit ſegt, er hat ihm derb die Wahrheit geſagt. Ebenſo vom hebr. [fremdsprachliches Material], maas, verwerfen, verachten, jüdiſchd. [fremdsprachliches Material], mîs,[fremdsprachliches Material]2), mîsig, muſig, mauſig, garſtig, ekel- haft, z. B.: dat is ein miſig Wif, das iſt ein garſtiges Weib; em geiht dat man mîs, es geht ihm nur ſchlecht; mak di nich
1) Beſonders in der Zuſammenſetzung mit Jom; [fremdsprachliches Material], jom tof, iſt der Feiertag; jonteftig iſt unberührt, feirig, beſonders von ledigen Frauen- zimmern, die keinen Mann oder beim Tanze keinen Tänzer bekommen, demoi- selle disponible.
2) Für [fremdsprachliches Material] mit deutſcher Endfilbe ig. Zu unterſcheiden davon iſt [fremdsprachliches Material], masik, Teufel, Beſchädiger.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0452"n="418"/>
iſt im Hebräiſchen <gapreason="fm"/>, <hirendition="#aq">haaretz,</hi> die Erde, und <gapreason="fm"/>, <hirendition="#aq">am,</hi> das<lb/>
Volk. Jm Jüdiſchdeutſchen iſt <gapreason="fm"/>, <hirendition="#aq">amhoretz,</hi> ein Ungelehrter,<lb/>
Einfältiger, Jdiot. Der Plural <gapreason="fm"/>, <hirendition="#aq">amrazim,</hi> auch mit Vor-<lb/>ſetzung des Artikels <gapreason="fm"/>, <hirendition="#aq">hamrazim</hi> (vgl. Tendlau, Nr. 161),<lb/>
Ungelehrte, Jdioten, aber auch die Strümpfe (vgl. „Prager Wör-<lb/>
terbuch“, S. 24). Davon iſt im Niederdeutſchen die ſehr geläufige<lb/>
Redensart: <hirendition="#g">ſick amratzêren,</hi>ſich ankleiden, ſich durch Ankleiden<lb/>
zum Ausgehen anſchicken, <hirendition="#g">ſich auf die Strümpfe machen,</hi><lb/>
woraus im Volksmund aus Unverſtand die Redensart umgemodelt<lb/>
iſt in: <hirendition="#g">ſick anrockſêrn</hi> (als ob von <hirendition="#g">Rock</hi>), z. B.: Nu will ick<lb/>
mi anratzêrn (anrockſêrn) un na de Stadt wanken; jetzt will ich<lb/>
mich auf die Strümpfe machen und zur Stadt gehen. Ferner<lb/>
drückt die phonetiſch belebte Abbreviatur <gapreason="fm"/>, <hirendition="#aq">akkum</hi> (aus<lb/><gapreason="fm"/>, <hirendition="#aq">ewed kauchowim umasolos</hi>), den Widerwillen<lb/>
des gegen die heidniſchen Sterndeuter und Götzenanbeter erbitterten<lb/>
Judenthums aus. Dies Akkum iſt durchaus in die niederdeutſche<lb/>
Volksſprache übergegangen und wird in der Redensart: <hirendition="#g">pfi Akke;<lb/>
dat is Akke; Akke pfi,</hi> vorzüglich bei Kindern gebraucht, um ſie<lb/>
vor Unreinlichkeit und dem Angreifen unſauberer Gegenſtände zu<lb/>
warnen. Ferner iſt hebr. <gapreason="fm"/>, <hirendition="#aq">tob,</hi> jüdiſchd. <gapreason="fm"/>, <hirendition="#aq">tof,</hi> gut, tüchtig.<lb/>
Aus <hirendition="#aq">tof</hi> hat ſich im Jüdiſchdeutſchen nun das Wort <hirendition="#g">teftig</hi> ge-<lb/>
bildet <noteplace="foot"n="1)">Beſonders in der Zuſammenſetzung mit Jom; <gapreason="fm"/>, <hirendition="#aq">jom tof,</hi> iſt<lb/>
der Feiertag; <hirendition="#g">jonteftig</hi> iſt unberührt, feirig, beſonders von ledigen Frauen-<lb/>
zimmern, die keinen Mann oder beim Tanze keinen Tänzer bekommen, <hirendition="#aq">demoi-<lb/>
selle disponible.</hi></note>, wovon im Niederdeutſchen <hirendition="#g">deftig,</hi> tüchtig, ſtark, z. B.:<lb/><hirendition="#g">een deftiger Keerl,</hi> ein tüchtiger, ſtämmiger Menſch; <hirendition="#g">he hett<lb/>
em deftig de Wohrheit ſegt,</hi> er hat ihm derb die Wahrheit<lb/>
geſagt. Ebenſo vom hebr. <gapreason="fm"/>, <hirendition="#aq">maas,</hi> verwerfen, verachten,<lb/>
jüdiſchd. <gapreason="fm"/>, <hirendition="#aq">mîs,</hi><gapreason="fm"/><noteplace="foot"n="2)">Für <gapreason="fm"/> mit deutſcher Endfilbe <hirendition="#b">ig.</hi> Zu unterſcheiden davon iſt <gapreason="fm"/>,<lb/><hirendition="#aq">masik,</hi> Teufel, Beſchädiger.</note>, <hirendition="#aq">mîsig,</hi> muſig, mauſig, garſtig, ekel-<lb/>
haft, z. B.: dat is ein <hirendition="#g">miſig</hi> Wif, das iſt ein garſtiges Weib;<lb/>
em geiht dat man <hirendition="#g">mîs,</hi> es geht ihm nur ſchlecht; mak di nich<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[418/0452]
iſt im Hebräiſchen _ , haaretz, die Erde, und _ , am, das
Volk. Jm Jüdiſchdeutſchen iſt _ , amhoretz, ein Ungelehrter,
Einfältiger, Jdiot. Der Plural _ , amrazim, auch mit Vor-
ſetzung des Artikels _ , hamrazim (vgl. Tendlau, Nr. 161),
Ungelehrte, Jdioten, aber auch die Strümpfe (vgl. „Prager Wör-
terbuch“, S. 24). Davon iſt im Niederdeutſchen die ſehr geläufige
Redensart: ſick amratzêren, ſich ankleiden, ſich durch Ankleiden
zum Ausgehen anſchicken, ſich auf die Strümpfe machen,
woraus im Volksmund aus Unverſtand die Redensart umgemodelt
iſt in: ſick anrockſêrn (als ob von Rock), z. B.: Nu will ick
mi anratzêrn (anrockſêrn) un na de Stadt wanken; jetzt will ich
mich auf die Strümpfe machen und zur Stadt gehen. Ferner
drückt die phonetiſch belebte Abbreviatur _ , akkum (aus
_ , ewed kauchowim umasolos), den Widerwillen
des gegen die heidniſchen Sterndeuter und Götzenanbeter erbitterten
Judenthums aus. Dies Akkum iſt durchaus in die niederdeutſche
Volksſprache übergegangen und wird in der Redensart: pfi Akke;
dat is Akke; Akke pfi, vorzüglich bei Kindern gebraucht, um ſie
vor Unreinlichkeit und dem Angreifen unſauberer Gegenſtände zu
warnen. Ferner iſt hebr. _ , tob, jüdiſchd. _ , tof, gut, tüchtig.
Aus tof hat ſich im Jüdiſchdeutſchen nun das Wort teftig ge-
bildet 1), wovon im Niederdeutſchen deftig, tüchtig, ſtark, z. B.:
een deftiger Keerl, ein tüchtiger, ſtämmiger Menſch; he hett
em deftig de Wohrheit ſegt, er hat ihm derb die Wahrheit
geſagt. Ebenſo vom hebr. _ , maas, verwerfen, verachten,
jüdiſchd. _ , mîs, _ 2), mîsig, muſig, mauſig, garſtig, ekel-
haft, z. B.: dat is ein miſig Wif, das iſt ein garſtiges Weib;
em geiht dat man mîs, es geht ihm nur ſchlecht; mak di nich
1) Beſonders in der Zuſammenſetzung mit Jom; _ , jom tof, iſt
der Feiertag; jonteftig iſt unberührt, feirig, beſonders von ledigen Frauen-
zimmern, die keinen Mann oder beim Tanze keinen Tänzer bekommen, demoi-
selle disponible.
2) Für _ mit deutſcher Endfilbe ig. Zu unterſcheiden davon iſt _ ,
masik, Teufel, Beſchädiger.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/452>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.