Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.worden". Abgesehen davon, daß die Wandlung Chur in Caur 1) Vgl. Wirnt von Gravenberch, "Wigalois, der Ritter mit dem Rade", V. 2762, 3332, 3477. 2) Vgl. Schwenck, S. 307, Kauder; Frisch, a. a. O. und S. 532 unter
Kolter; Schmid, a. a. O., S. 307, woselbst noch Kauderer, Flachsschwinger, Flachshändler. Vgl. noch daselbst kaudern, verbotenen Handel treiben, und kränklich, verdrießlich, mürrisch sein. Damit scheint das niederd. küten zusam- menzuhängen, namentlich in der Composition kütbüten (büten, tauschen), vom versteckten Tauschhandel, namentlich der Kinder in der Schule mit allerlei Lappalien aus der Tasche. worden“. Abgeſehen davon, daß die Wandlung Chur in Caur 1) Vgl. Wirnt von Gravenberch, „Wigalois, der Ritter mit dem Rade“, V. 2762, 3332, 3477. 2) Vgl. Schwenck, S. 307, Kauder; Friſch, a. a. O. und S. 532 unter
Kolter; Schmid, a. a. O., S. 307, woſelbſt noch Kauderer, Flachsſchwinger, Flachshändler. Vgl. noch daſelbſt kaudern, verbotenen Handel treiben, und kränklich, verdrießlich, mürriſch ſein. Damit ſcheint das niederd. küten zuſam- menzuhängen, namentlich in der Compoſition kütbüten (büten, tauſchen), vom verſteckten Tauſchhandel, namentlich der Kinder in der Schule mit allerlei Lappalien aus der Taſche. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0059" n="25"/> worden“. Abgeſehen davon, daß die Wandlung Chur in Caur<lb/> gar nicht zu rechtfertigen iſt, ſo iſt doch ohnehin die Verlängerung<lb/> in <hi rendition="#g">Kauder</hi> oder <hi rendition="#g">Kauter</hi> (Friſch, S. 438) gar nicht zu erklären<lb/> und zu begründen. Viel richtiger erſcheint die weitere Vermuthung<lb/> bei Friſch, S. 503, daß <hi rendition="#g">Kauder, Kuder</hi> oder <hi rendition="#g">Kauter</hi> nichts<lb/> anderes iſt als <hi rendition="#aq">stupa,</hi> „ein Bund Werch, ſoviel auf einmal an<lb/> den Rocken gelegt wird, der grobe Abfall vom Flachs, Abwerch,<lb/> den man in die Bettdecke ſtopft“, alſo wieder der rohe verwirrte<lb/> Abfall. Kauter bedeutete früher die Bettdecke und iſt aus <hi rendition="#g">Kulter,<lb/> Kolter, Golter, Gulter, Kolte</hi> <note place="foot" n="1)">Vgl. Wirnt von Gravenberch, „Wigalois, der Ritter mit dem Rade“,<lb/> V. 2762, 3332, 3477.</note> entſtanden, und letztere<lb/> Ausdrücke ſtammen wieder vom lateiniſchen <hi rendition="#aq">culcita,</hi> Polſter, Ma-<lb/> tratze. <note place="foot" n="2)">Vgl. Schwenck, S. 307, Kauder; Friſch, a. a. O. und S. 532 unter<lb/> Kolter; Schmid, a. a. O., S. 307, woſelbſt noch <hi rendition="#g">Kauderer,</hi> Flachsſchwinger,<lb/> Flachshändler. Vgl. noch daſelbſt <hi rendition="#g">kaudern,</hi> verbotenen Handel treiben, und<lb/> kränklich, verdrießlich, mürriſch ſein. Damit ſcheint das niederd. <hi rendition="#g">küten</hi> zuſam-<lb/> menzuhängen, namentlich in der Compoſition <hi rendition="#g">kütbüten</hi> (<hi rendition="#g">büten,</hi> tauſchen),<lb/> vom verſteckten Tauſchhandel, namentlich der Kinder in der Schule mit allerlei<lb/> Lappalien aus der Taſche.</note> Schwenck, S. 307, ſtellt noch die Ableitung auf von<lb/><hi rendition="#g">kaudern,</hi> unvernehmlich ſprechen, vom veralteten <hi rendition="#aq">quaden,</hi> ndl.<lb/><hi rendition="#aq">kouten</hi> (gothiſch <hi rendition="#aq">quithan,</hi> ſprechen), oder auch (S. 332) von<lb/><hi rendition="#aq">kodern,</hi> lallen, zu ſprechen verſuchen, von Kindern; ndl. <hi rendition="#aq">quettern;</hi><lb/> ſchweiz. <hi rendition="#aq">köderlen, ködderlen;</hi> mhd. <hi rendition="#aq">kötten, ketten, köthen.</hi><lb/> Beide Ableitungen von Friſch und von Schwenck haben Sinn, da<lb/> unter Kauderwelſch ganz allgemein jede in Worten und Ausdrücken<lb/> gemengte, unreine, unverſtändliche Sprache verſtanden wird, mit<lb/> dem Nebenbegriff des Rauhen und Unangenehmen. Vgl. Heinſius,<lb/> „Wörterbuch“, <hi rendition="#aq">II,</hi> 1066. Die abgeſchmackte Verſtümmelung des<lb/> Churwelſch zu Kauderwelſch ſcheint erſt der ſpätern Zeit anzuge-<lb/> hören. Denn noch Kaspar von Stieler, welcher alle Formen,<lb/><hi rendition="#g">Kauder, Kaut, Kauter,</hi> für Werch, Werchbund, in ſeinem<lb/> „Teutſchen Sprachſchatz“ (1691) anführt, weiß ſo wenig von<lb/> Kauderwelſch, wie auch Konrad Gesner in ſeinem „Mithridat“<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0059]
worden“. Abgeſehen davon, daß die Wandlung Chur in Caur
gar nicht zu rechtfertigen iſt, ſo iſt doch ohnehin die Verlängerung
in Kauder oder Kauter (Friſch, S. 438) gar nicht zu erklären
und zu begründen. Viel richtiger erſcheint die weitere Vermuthung
bei Friſch, S. 503, daß Kauder, Kuder oder Kauter nichts
anderes iſt als stupa, „ein Bund Werch, ſoviel auf einmal an
den Rocken gelegt wird, der grobe Abfall vom Flachs, Abwerch,
den man in die Bettdecke ſtopft“, alſo wieder der rohe verwirrte
Abfall. Kauter bedeutete früher die Bettdecke und iſt aus Kulter,
Kolter, Golter, Gulter, Kolte 1) entſtanden, und letztere
Ausdrücke ſtammen wieder vom lateiniſchen culcita, Polſter, Ma-
tratze. 2) Schwenck, S. 307, ſtellt noch die Ableitung auf von
kaudern, unvernehmlich ſprechen, vom veralteten quaden, ndl.
kouten (gothiſch quithan, ſprechen), oder auch (S. 332) von
kodern, lallen, zu ſprechen verſuchen, von Kindern; ndl. quettern;
ſchweiz. köderlen, ködderlen; mhd. kötten, ketten, köthen.
Beide Ableitungen von Friſch und von Schwenck haben Sinn, da
unter Kauderwelſch ganz allgemein jede in Worten und Ausdrücken
gemengte, unreine, unverſtändliche Sprache verſtanden wird, mit
dem Nebenbegriff des Rauhen und Unangenehmen. Vgl. Heinſius,
„Wörterbuch“, II, 1066. Die abgeſchmackte Verſtümmelung des
Churwelſch zu Kauderwelſch ſcheint erſt der ſpätern Zeit anzuge-
hören. Denn noch Kaspar von Stieler, welcher alle Formen,
Kauder, Kaut, Kauter, für Werch, Werchbund, in ſeinem
„Teutſchen Sprachſchatz“ (1691) anführt, weiß ſo wenig von
Kauderwelſch, wie auch Konrad Gesner in ſeinem „Mithridat“
1) Vgl. Wirnt von Gravenberch, „Wigalois, der Ritter mit dem Rade“,
V. 2762, 3332, 3477.
2) Vgl. Schwenck, S. 307, Kauder; Friſch, a. a. O. und S. 532 unter
Kolter; Schmid, a. a. O., S. 307, woſelbſt noch Kauderer, Flachsſchwinger,
Flachshändler. Vgl. noch daſelbſt kaudern, verbotenen Handel treiben, und
kränklich, verdrießlich, mürriſch ſein. Damit ſcheint das niederd. küten zuſam-
menzuhängen, namentlich in der Compoſition kütbüten (büten, tauſchen),
vom verſteckten Tauſchhandel, namentlich der Kinder in der Schule mit allerlei
Lappalien aus der Taſche.
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