stellten Rücksichten doch auch stete Vorsicht bei der Benutzung er- fordert.
Achtunddreißigstes Kapitel. ff)Die Diebessprache in Berlin von C. W. Zimmermann.
Jm ersten Bande seines im Jahre 1847 in zwei Theilen er- schienenen und bereits in der Literatur Th. I, S. 267, beurtheil- ten Werks "Die Diebe in Berlin" hat der Verfasser, Criminal- commissarius C. W. Zimmermann in Berlin, ein eigenes Kapitel, das dreizehnte, der "Diebessprache in Berlin" gewidmet und dazu ein Gaunerwörterbuch gegeben. Jn der sehr kurzen Einleitung theilt Zimmermann die deutsche Gaunersprache in "drei Haupt- idiome, die süddeutsche, die norddeutsche oder eigentlich berlinische (?) und die jüdische Gaunersprache", und erklärt "letztere als Mutter der beiden ersten Dialekte, da der deutsche Spitzbubenjargon fast nur aus verdorbenen hebräischen Wörtern besteht, welche mit ge- wissen provinziellen und localen Ausdrücken des gemeinen Lebens verbunden sind".
Bei dieser im weitern Verlauf sogar noch schärfer ausgespro- chenen Anschauung, nämlich "daß die jüdische Sprache, wie solche von den posenschen und zum Theil polnischen Juden im gewöhn- lichen Leben gesprochen werde, allerdings das Fundament des ge- sammten Diebsjargons sei", hat ein glücklicher Stern über dem Verfasser gewaltet, daß er die Absicht nicht ausgeführt hat, "jedes in Berlin übliche Gaunerwort mit dem correspondirenden Ausdruck der jüdischen Gaunersprache zu vergleichen und grammatisch und etymologisch aus der eigentlichen hebräischen Schriftsprache (?) nachzuweisen", da er bei diesem äußerst gewagten Unternehmen auf durchaus unüberwindliche Schwierigkeiten gestoßen sein würde. Offenbar hat Zimmermann zu stark auf den, auch von ihm an- geführten Ausspruch Luther's in der Vorrede zum Liber Vagato- rum sich gestützt, "daß freilich solch rottwelsche sprache von den
ſtellten Rückſichten doch auch ſtete Vorſicht bei der Benutzung er- fordert.
Achtunddreißigſtes Kapitel. ff)Die Diebesſprache in Berlin von C. W. Zimmermann.
Jm erſten Bande ſeines im Jahre 1847 in zwei Theilen er- ſchienenen und bereits in der Literatur Th. I, S. 267, beurtheil- ten Werks „Die Diebe in Berlin“ hat der Verfaſſer, Criminal- commiſſarius C. W. Zimmermann in Berlin, ein eigenes Kapitel, das dreizehnte, der „Diebesſprache in Berlin“ gewidmet und dazu ein Gaunerwörterbuch gegeben. Jn der ſehr kurzen Einleitung theilt Zimmermann die deutſche Gaunerſprache in „drei Haupt- idiome, die ſüddeutſche, die norddeutſche oder eigentlich berliniſche (?) und die jüdiſche Gaunerſprache“, und erklärt „letztere als Mutter der beiden erſten Dialekte, da der deutſche Spitzbubenjargon faſt nur aus verdorbenen hebräiſchen Wörtern beſteht, welche mit ge- wiſſen provinziellen und localen Ausdrücken des gemeinen Lebens verbunden ſind“.
Bei dieſer im weitern Verlauf ſogar noch ſchärfer ausgeſpro- chenen Anſchauung, nämlich „daß die jüdiſche Sprache, wie ſolche von den poſenſchen und zum Theil polniſchen Juden im gewöhn- lichen Leben geſprochen werde, allerdings das Fundament des ge- ſammten Diebsjargons ſei“, hat ein glücklicher Stern über dem Verfaſſer gewaltet, daß er die Abſicht nicht ausgeführt hat, „jedes in Berlin übliche Gaunerwort mit dem correſpondirenden Ausdruck der jüdiſchen Gaunerſprache zu vergleichen und grammatiſch und etymologiſch aus der eigentlichen hebräiſchen Schriftſprache (?) nachzuweiſen“, da er bei dieſem äußerſt gewagten Unternehmen auf durchaus unüberwindliche Schwierigkeiten geſtoßen ſein würde. Offenbar hat Zimmermann zu ſtark auf den, auch von ihm an- geführten Ausſpruch Luther’s in der Vorrede zum Liber Vagato- rum ſich geſtützt, „daß freilich ſolch rottwelſche ſprache von den
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ſtellten Rückſichten doch auch ſtete Vorſicht bei der Benutzung er-
fordert.
Achtunddreißigſtes Kapitel.
ff) Die Diebesſprache in Berlin von C. W. Zimmermann.
Jm erſten Bande ſeines im Jahre 1847 in zwei Theilen er-
ſchienenen und bereits in der Literatur Th. I, S. 267, beurtheil-
ten Werks „Die Diebe in Berlin“ hat der Verfaſſer, Criminal-
commiſſarius C. W. Zimmermann in Berlin, ein eigenes Kapitel,
das dreizehnte, der „Diebesſprache in Berlin“ gewidmet und dazu
ein Gaunerwörterbuch gegeben. Jn der ſehr kurzen Einleitung
theilt Zimmermann die deutſche Gaunerſprache in „drei Haupt-
idiome, die ſüddeutſche, die norddeutſche oder eigentlich berliniſche (?)
und die jüdiſche Gaunerſprache“, und erklärt „letztere als Mutter
der beiden erſten Dialekte, da der deutſche Spitzbubenjargon faſt
nur aus verdorbenen hebräiſchen Wörtern beſteht, welche mit ge-
wiſſen provinziellen und localen Ausdrücken des gemeinen Lebens
verbunden ſind“.
Bei dieſer im weitern Verlauf ſogar noch ſchärfer ausgeſpro-
chenen Anſchauung, nämlich „daß die jüdiſche Sprache, wie ſolche
von den poſenſchen und zum Theil polniſchen Juden im gewöhn-
lichen Leben geſprochen werde, allerdings das Fundament des ge-
ſammten Diebsjargons ſei“, hat ein glücklicher Stern über dem
Verfaſſer gewaltet, daß er die Abſicht nicht ausgeführt hat, „jedes
in Berlin übliche Gaunerwort mit dem correſpondirenden Ausdruck
der jüdiſchen Gaunerſprache zu vergleichen und grammatiſch und
etymologiſch aus der eigentlichen hebräiſchen Schriftſprache (?)
nachzuweiſen“, da er bei dieſem äußerſt gewagten Unternehmen
auf durchaus unüberwindliche Schwierigkeiten geſtoßen ſein würde.
Offenbar hat Zimmermann zu ſtark auf den, auch von ihm an-
geführten Ausſpruch Luther’s in der Vorrede zum Liber Vagato-
rum ſich geſtützt, „daß freilich ſolch rottwelſche ſprache von den
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/275>, abgerufen am 24.11.2024.
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