Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.Gaunersprache mit faxar ganz in die alte Bedeutung des Fetzen Eine gleich alte Composition ist die mit Mann. Vom An- Eine andere Composition hat der Dreißigjährige Krieg aus 1) Oft aber auch wird im Volksmunde ein bestimmter Personenname zur
Bezeichnung eines Amts gebraucht, namentlich wenn letzteres längere Zeit hin- durch von einem und demselben Geschlecht ausgeübt wurde. So z. B. kommt in ulmer Verordnungen von 1506, 1508 und 1541 der Name Murr als Ge- richtsdiener, Ausrufer von polizeilichen Verordnungen vor; diese Bezeichnung stammt aber vom Gerichtsknecht Theis Murr (1506) her. Ebenso nennt das Volk in Ulm schon über hundert Jahre den Scharfrichter Hartmann. So figurirt auch im augsburger Stadtbuche Sulzer als Gefängnißwärter. Vgl. Schmid, a. a. O., S. 395. Gaunerſprache mit faxar ganz in die alte Bedeutung des Fetzen Eine gleich alte Compoſition iſt die mit Mann. Vom An- Eine andere Compoſition hat der Dreißigjährige Krieg aus 1) Oft aber auch wird im Volksmunde ein beſtimmter Perſonenname zur
Bezeichnung eines Amts gebraucht, namentlich wenn letzteres längere Zeit hin- durch von einem und demſelben Geſchlecht ausgeübt wurde. So z. B. kommt in ulmer Verordnungen von 1506, 1508 und 1541 der Name Murr als Ge- richtsdiener, Ausrufer von polizeilichen Verordnungen vor; dieſe Bezeichnung ſtammt aber vom Gerichtsknecht Theis Murr (1506) her. Ebenſo nennt das Volk in Ulm ſchon über hundert Jahre den Scharfrichter Hartmann. So figurirt auch im augsburger Stadtbuche Sulzer als Gefängnißwärter. Vgl. Schmid, a. a. O., S. 395. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0299" n="287"/> Gaunerſprache mit <hi rendition="#aq">faxar</hi> ganz in die alte Bedeutung des Fetzen<lb/> eingreift. Somit käme dem <hi rendition="#g">Fetzer</hi> weſentlich doch wol die alte Be-<lb/> deutung des Arbeiters, Verfertigers und Darſtellers einer Sache zu.</p><lb/> <p>Eine gleich alte Compoſition iſt die mit <hi rendition="#g">Mann.</hi> Vom An-<lb/> fang an hat dies ſubſtantiviſche <hi rendition="#g">Mann</hi> in der Gaunerſprache zur<lb/> frivolen Perſonification eines urſprünglichen Sachbegriffs gedient.<lb/> Jm <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi> iſt es nur durch zwei Compoſitionen ver-<lb/> treten, nämlich durch „Butzelmann, zagel“ von <hi rendition="#g">Butz,</hi> Larve,<lb/> Maske, Poſſe, alſo frivol Spaßmacher, verlarvter Poſſenmacher;<lb/> und durch <hi rendition="#g">Dolmann,</hi> Galgen, von <gap reason="insignificant" unit="chars"/>, <hi rendition="#aq">tolo,</hi> aufhenken. Seit<lb/> dem Dreißigjährigen Kriege kommt <hi rendition="#g">Mann</hi> jedoch häufiger vor,<lb/> z. B.: <hi rendition="#g">Erdmann,</hi> Topf; <hi rendition="#g">Dickmann,</hi> Ei; <hi rendition="#g">Feldmann,</hi> Pflug;<lb/><hi rendition="#g">Obermann,</hi> Hut; <hi rendition="#g">Paßmann</hi> für <hi rendition="#g">Schärfenſpieler;</hi> vgl. das<lb/> Wörterbuch des Andreas Hempel und Th. <hi rendition="#aq">II,</hi> S. 322. Die Com-<lb/> poſition iſt übrigens keineswegs ſelten und obſolet geworden. Sie<lb/> iſt ſogar hier und da volksthümlich geworden und kommt häufig<lb/> als Perſonen- und Familienname vor <note place="foot" n="1)">Oft aber auch wird im Volksmunde ein beſtimmter Perſonenname zur<lb/> Bezeichnung eines Amts gebraucht, namentlich wenn letzteres längere Zeit hin-<lb/> durch von einem und demſelben Geſchlecht ausgeübt wurde. So z. B. kommt<lb/> in ulmer Verordnungen von 1506, 1508 und 1541 der Name <hi rendition="#g">Murr</hi> als Ge-<lb/> richtsdiener, Ausrufer von polizeilichen Verordnungen vor; dieſe Bezeichnung<lb/> ſtammt aber vom Gerichtsknecht <hi rendition="#g">Theis Murr</hi> (1506) her. Ebenſo nennt das<lb/> Volk in Ulm ſchon über hundert Jahre den Scharfrichter <hi rendition="#g">Hartmann.</hi> So<lb/> figurirt auch im augsburger Stadtbuche <hi rendition="#g">Sulzer</hi> als Gefängnißwärter. Vgl.<lb/> Schmid, a. a. O., S. 395.</note>, z. B.: <hi rendition="#g">Hausmann,<lb/> Erdmann, Strohmann, Feldmann, Hinkelmann, See-<lb/> mann,</hi> ſogar auch in Verbindung mit Vornamen, z. B.: <hi rendition="#g">Heinz-<lb/> mann, Heinzelmann, Kunzmann, Petermann</hi> u. ſ. w.,<lb/> wie man ja auch beſonders in Norddeutſchland in ſcherzendem,<lb/> koſendem Tone vielfach die Endung <hi rendition="#g">Mann</hi> an Vornamen hängt,<lb/> wie z. B. <hi rendition="#g">Heinzmann</hi> für Heinrich; <hi rendition="#g">Ademann</hi> für Adolf;<lb/><hi rendition="#g">Karlemann</hi> für Karl; und ſogar diminutiv umlautend <hi rendition="#g">Hans-<lb/> männe</hi> für Hans u. ſ. w.</p><lb/> <p>Eine andere Compoſition hat der Dreißigjährige Krieg aus<lb/> dem romaniſchen Sprachgebiet in die deutſche Gaunerſprache ge-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [287/0299]
Gaunerſprache mit faxar ganz in die alte Bedeutung des Fetzen
eingreift. Somit käme dem Fetzer weſentlich doch wol die alte Be-
deutung des Arbeiters, Verfertigers und Darſtellers einer Sache zu.
Eine gleich alte Compoſition iſt die mit Mann. Vom An-
fang an hat dies ſubſtantiviſche Mann in der Gaunerſprache zur
frivolen Perſonification eines urſprünglichen Sachbegriffs gedient.
Jm Liber Vagatorum iſt es nur durch zwei Compoſitionen ver-
treten, nämlich durch „Butzelmann, zagel“ von Butz, Larve,
Maske, Poſſe, alſo frivol Spaßmacher, verlarvter Poſſenmacher;
und durch Dolmann, Galgen, von _ , tolo, aufhenken. Seit
dem Dreißigjährigen Kriege kommt Mann jedoch häufiger vor,
z. B.: Erdmann, Topf; Dickmann, Ei; Feldmann, Pflug;
Obermann, Hut; Paßmann für Schärfenſpieler; vgl. das
Wörterbuch des Andreas Hempel und Th. II, S. 322. Die Com-
poſition iſt übrigens keineswegs ſelten und obſolet geworden. Sie
iſt ſogar hier und da volksthümlich geworden und kommt häufig
als Perſonen- und Familienname vor 1), z. B.: Hausmann,
Erdmann, Strohmann, Feldmann, Hinkelmann, See-
mann, ſogar auch in Verbindung mit Vornamen, z. B.: Heinz-
mann, Heinzelmann, Kunzmann, Petermann u. ſ. w.,
wie man ja auch beſonders in Norddeutſchland in ſcherzendem,
koſendem Tone vielfach die Endung Mann an Vornamen hängt,
wie z. B. Heinzmann für Heinrich; Ademann für Adolf;
Karlemann für Karl; und ſogar diminutiv umlautend Hans-
männe für Hans u. ſ. w.
Eine andere Compoſition hat der Dreißigjährige Krieg aus
dem romaniſchen Sprachgebiet in die deutſche Gaunerſprache ge-
1) Oft aber auch wird im Volksmunde ein beſtimmter Perſonenname zur
Bezeichnung eines Amts gebraucht, namentlich wenn letzteres längere Zeit hin-
durch von einem und demſelben Geſchlecht ausgeübt wurde. So z. B. kommt
in ulmer Verordnungen von 1506, 1508 und 1541 der Name Murr als Ge-
richtsdiener, Ausrufer von polizeilichen Verordnungen vor; dieſe Bezeichnung
ſtammt aber vom Gerichtsknecht Theis Murr (1506) her. Ebenſo nennt das
Volk in Ulm ſchon über hundert Jahre den Scharfrichter Hartmann. So
figurirt auch im augsburger Stadtbuche Sulzer als Gefängnißwärter. Vgl.
Schmid, a. a. O., S. 395.
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