bettlerischer Gauner, welcher, zu besserer Ausbeutung des Mitleids, von hohem Stande und heruntergekommen zu sein vorgibt. Link- stappler ist ursprünglich ganz dasselbe wie Hochstappler, wird jedoch speciell für den bettlerischen Gauner gebraucht, welcher auf falsche Papiere (linke Fleppe) bettelt.
Schnurrer, Schnorrer, von schnurren, einen dumpfen, brummenden, zitternden Ton von sich geben, mittelhochdeutsch und noch jetzt im Niederdeutschen snurren, schnarren (vgl. bei Schwenck, S. 581, schnarren, und S. 585 Schnurrant und schnurren). Nach dem mittelhochdeutschen snarrence ist Schnurrant der um- herziehende Bettelmusikant, wahrscheinlich vom schnarrenden Laute seiner Leier so genannt. Davon ist wol Schnurrer entstanden mit der allgemeinen Bedeutung des umherziehenden Bettlers. Die Nebenform Schnorrer tritt in der Gaunersprache erst seit dem Dreißigjährigen Kriege hervor und scheint vom schwedischen snorra herzudatiren. Seit dieser Zeit tritt auch der volksthümliche Aus- druck Schnurrant zurück und statt seiner kommt für den umher- ziehenden Bettelmusikanten der Ausdruck Drehwiner in der Gau- nersprache auf (eigentlich und zunächst der wiener Leiermann, welcher die Leier dreht); schnurren aber bleibt sowol in der Volks- wie in der Gaunersprache als Begriff des Bettelns bestehen, wobei gewöhnlich die Erklärung vom monotonen Hersagen der Bettlersprüche und Gebete vor den Thüren genommen wird. So ist Serphschnorrer (von saraph, brennen) der Bettler, welcher das Mitleid durch das Vorgeben zu erregen sucht, daß er seine Habe durch Feuersbrunst verloren habe. Auf der Pille schnor- ren (von spillen, Jntensivform von spielen, in der veralteten Bedeutung von aufwenden, verschwenden; vgl. Adelung, IV, 208), als simulanter Epileptiker (auf das böse Spiel, Epilepsie) betteln.
Kehrer, Feger, beide deutschen Stammes, besonders noch in den Compositionen Stradekehrer und Schrendefeger ge- bräuchlich, drücken, der deutschen Grundbedeutung entsprechend, die vollständige Wahrnehmung und Ausbeutung der Gelegen- heit auf der Strade, öffentlichen Wegen und Stegen, und
bettleriſcher Gauner, welcher, zu beſſerer Ausbeutung des Mitleids, von hohem Stande und heruntergekommen zu ſein vorgibt. Link- ſtappler iſt urſprünglich ganz daſſelbe wie Hochſtappler, wird jedoch ſpeciell für den bettleriſchen Gauner gebraucht, welcher auf falſche Papiere (linke Fleppe) bettelt.
Schnurrer, Schnorrer, von ſchnurren, einen dumpfen, brummenden, zitternden Ton von ſich geben, mittelhochdeutſch und noch jetzt im Niederdeutſchen ſnurren, ſchnarren (vgl. bei Schwenck, S. 581, ſchnarren, und S. 585 Schnurrant und ſchnurren). Nach dem mittelhochdeutſchen snarrence iſt Schnurrant der um- herziehende Bettelmuſikant, wahrſcheinlich vom ſchnarrenden Laute ſeiner Leier ſo genannt. Davon iſt wol Schnurrer entſtanden mit der allgemeinen Bedeutung des umherziehenden Bettlers. Die Nebenform Schnorrer tritt in der Gaunerſprache erſt ſeit dem Dreißigjährigen Kriege hervor und ſcheint vom ſchwediſchen snorra herzudatiren. Seit dieſer Zeit tritt auch der volksthümliche Aus- druck Schnurrant zurück und ſtatt ſeiner kommt für den umher- ziehenden Bettelmuſikanten der Ausdruck Drehwiner in der Gau- nerſprache auf (eigentlich und zunächſt der wiener Leiermann, welcher die Leier dreht); ſchnurren aber bleibt ſowol in der Volks- wie in der Gaunerſprache als Begriff des Bettelns beſtehen, wobei gewöhnlich die Erklärung vom monotonen Herſagen der Bettlerſprüche und Gebete vor den Thüren genommen wird. So iſt Serphſchnorrer (von saraph, brennen) der Bettler, welcher das Mitleid durch das Vorgeben zu erregen ſucht, daß er ſeine Habe durch Feuersbrunſt verloren habe. Auf der Pille ſchnor- ren (von ſpillen, Jntenſivform von ſpielen, in der veralteten Bedeutung von aufwenden, verſchwenden; vgl. Adelung, IV, 208), als ſimulanter Epileptiker (auf das böſe Spiel, Epilepſie) betteln.
Kehrer, Feger, beide deutſchen Stammes, beſonders noch in den Compoſitionen Stradekehrer und Schrendefeger ge- bräuchlich, drücken, der deutſchen Grundbedeutung entſprechend, die vollſtändige Wahrnehmung und Ausbeutung der Gelegen- heit auf der Strade, öffentlichen Wegen und Stegen, und
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bettleriſcher Gauner, welcher, zu beſſerer Ausbeutung des Mitleids,
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jedoch ſpeciell für den bettleriſchen Gauner gebraucht, welcher auf
falſche Papiere (linke Fleppe) bettelt.
Schnurrer, Schnorrer, von ſchnurren, einen dumpfen,
brummenden, zitternden Ton von ſich geben, mittelhochdeutſch und
noch jetzt im Niederdeutſchen ſnurren, ſchnarren (vgl. bei Schwenck,
S. 581, ſchnarren, und S. 585 Schnurrant und ſchnurren).
Nach dem mittelhochdeutſchen snarrence iſt Schnurrant der um-
herziehende Bettelmuſikant, wahrſcheinlich vom ſchnarrenden Laute
ſeiner Leier ſo genannt. Davon iſt wol Schnurrer entſtanden
mit der allgemeinen Bedeutung des umherziehenden Bettlers. Die
Nebenform Schnorrer tritt in der Gaunerſprache erſt ſeit dem
Dreißigjährigen Kriege hervor und ſcheint vom ſchwediſchen snorra
herzudatiren. Seit dieſer Zeit tritt auch der volksthümliche Aus-
druck Schnurrant zurück und ſtatt ſeiner kommt für den umher-
ziehenden Bettelmuſikanten der Ausdruck Drehwiner in der Gau-
nerſprache auf (eigentlich und zunächſt der wiener Leiermann,
welcher die Leier dreht); ſchnurren aber bleibt ſowol in der
Volks- wie in der Gaunerſprache als Begriff des Bettelns beſtehen,
wobei gewöhnlich die Erklärung vom monotonen Herſagen der
Bettlerſprüche und Gebete vor den Thüren genommen wird. So
iſt Serphſchnorrer (von saraph, brennen) der Bettler, welcher
das Mitleid durch das Vorgeben zu erregen ſucht, daß er ſeine
Habe durch Feuersbrunſt verloren habe. Auf der Pille ſchnor-
ren (von ſpillen, Jntenſivform von ſpielen, in der veralteten
Bedeutung von aufwenden, verſchwenden; vgl. Adelung, IV, 208),
als ſimulanter Epileptiker (auf das böſe Spiel, Epilepſie)
betteln.
Kehrer, Feger, beide deutſchen Stammes, beſonders noch
in den Compoſitionen Stradekehrer und Schrendefeger ge-
bräuchlich, drücken, der deutſchen Grundbedeutung entſprechend,
die vollſtändige Wahrnehmung und Ausbeutung der Gelegen-
heit auf der Strade, öffentlichen Wegen und Stegen, und
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/305>, abgerufen am 24.11.2024.
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