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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753.

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Das erste Hauptstück.
Tab. II.
§. 80.

Wenn bey diesen harmonischen Zusammen-Klängen
eine von den äussersten Stimmen auf einen halben Ton fällt,
so nimmt man eine Applicatur, wobey nach Erfordern der Dau-
men oder kleine Finger gemißt werden kan. Doch da man, zu-
mahl was den kleinen Finger betrift, nicht allezeit alle Bequem-
lichkeit beybehalten kan, weswegen auch dieser Finger mehr Erlaub-
niß hat auf die halben Töne gesetzt zu werden, wie der Daumen:
so muß man sich nach dem vorhergehenden so wohl als nach der
Folge richten, und, da alle Finger nicht gleich sind, überhaupt
bey allen Spannungen auf das ungezwungene und natürliche,
so viel möglich, bedacht seyn, folglich eine kleine Unbequemlich-
keit einer grössern vorziehen, indem man oft den kleinen Finger,
oder den Daumen lieber auf einen halben Ton setzt, als, ohne
selbige Finger übertriebene Spannungen vornimmt, welche nicht
allezeit glücken. Wenn viele vollstimmige Anschläge hinter ein-
ander vorkommen, so thut man wohl, wenn es seyn kan, daß
man sich solche durch die Abwechselung der Finger erleichtert.

§. 81.

Wenn bey solchen mehrstimmigen Griffen die beyden
äussersten Stimmen auf halben Tönen gegriffen werden müssen,
so ist gar kein Bedencken wegen dieser zwey kürtzesten Finger
mehr übrig, indem, wenn sie beyde auf die hinten stehenden Tasten
gesetzt werden, die gantze Hand dadurch hinter gerückt wird, und
folglich die Ursache wegfällt, warum der Daumen und der kleine
Finger nicht gar bequem auf diesen halben Tönen gebraucht
werden.

§. 82.

Da man alle Brechungen und springende Gedancken,
so viel als es seyn kan, auf diese mehrstimmige Anschläge zurück
führet, so folgt hieraus, daß sie auch nach unserer vorgeschrie-
benen Finger-Setzung gespielt und zugleich nach den darbey ange-
merckten Umständen beurtheilet werden müssen. Die aus dem

bey
Das erſte Hauptſtuͤck.
Tab. II.
§. 80.

Wenn bey dieſen harmoniſchen Zuſammen-Klaͤngen
eine von den aͤuſſerſten Stimmen auf einen halben Ton faͤllt,
ſo nimmt man eine Applicatur, wobey nach Erfordern der Dau-
men oder kleine Finger gemißt werden kan. Doch da man, zu-
mahl was den kleinen Finger betrift, nicht allezeit alle Bequem-
lichkeit beybehalten kan, weswegen auch dieſer Finger mehr Erlaub-
niß hat auf die halben Toͤne geſetzt zu werden, wie der Daumen:
ſo muß man ſich nach dem vorhergehenden ſo wohl als nach der
Folge richten, und, da alle Finger nicht gleich ſind, uͤberhaupt
bey allen Spannungen auf das ungezwungene und natuͤrliche,
ſo viel moͤglich, bedacht ſeyn, folglich eine kleine Unbequemlich-
keit einer groͤſſern vorziehen, indem man oft den kleinen Finger,
oder den Daumen lieber auf einen halben Ton ſetzt, als, ohne
ſelbige Finger uͤbertriebene Spannungen vornimmt, welche nicht
allezeit gluͤcken. Wenn viele vollſtimmige Anſchlaͤge hinter ein-
ander vorkommen, ſo thut man wohl, wenn es ſeyn kan, daß
man ſich ſolche durch die Abwechſelung der Finger erleichtert.

§. 81.

Wenn bey ſolchen mehrſtimmigen Griffen die beyden
aͤuſſerſten Stimmen auf halben Toͤnen gegriffen werden muͤſſen,
ſo iſt gar kein Bedencken wegen dieſer zwey kuͤrtzeſten Finger
mehr uͤbrig, indem, wenn ſie beyde auf die hinten ſtehenden Taſten
geſetzt werden, die gantze Hand dadurch hinter geruͤckt wird, und
folglich die Urſache wegfaͤllt, warum der Daumen und der kleine
Finger nicht gar bequem auf dieſen halben Toͤnen gebraucht
werden.

§. 82.

Da man alle Brechungen und ſpringende Gedancken,
ſo viel als es ſeyn kan, auf dieſe mehrſtimmige Anſchlaͤge zuruͤck
fuͤhret, ſo folgt hieraus, daß ſie auch nach unſerer vorgeſchrie-
benen Finger-Setzung geſpielt und zugleich nach den darbey ange-
merckten Umſtaͤnden beurtheilet werden muͤſſen. Die aus dem

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[36/0044] Das erſte Hauptſtuͤck. §. 80. Wenn bey dieſen harmoniſchen Zuſammen-Klaͤngen eine von den aͤuſſerſten Stimmen auf einen halben Ton faͤllt, ſo nimmt man eine Applicatur, wobey nach Erfordern der Dau- men oder kleine Finger gemißt werden kan. Doch da man, zu- mahl was den kleinen Finger betrift, nicht allezeit alle Bequem- lichkeit beybehalten kan, weswegen auch dieſer Finger mehr Erlaub- niß hat auf die halben Toͤne geſetzt zu werden, wie der Daumen: ſo muß man ſich nach dem vorhergehenden ſo wohl als nach der Folge richten, und, da alle Finger nicht gleich ſind, uͤberhaupt bey allen Spannungen auf das ungezwungene und natuͤrliche, ſo viel moͤglich, bedacht ſeyn, folglich eine kleine Unbequemlich- keit einer groͤſſern vorziehen, indem man oft den kleinen Finger, oder den Daumen lieber auf einen halben Ton ſetzt, als, ohne ſelbige Finger uͤbertriebene Spannungen vornimmt, welche nicht allezeit gluͤcken. Wenn viele vollſtimmige Anſchlaͤge hinter ein- ander vorkommen, ſo thut man wohl, wenn es ſeyn kan, daß man ſich ſolche durch die Abwechſelung der Finger erleichtert. §. 81. Wenn bey ſolchen mehrſtimmigen Griffen die beyden aͤuſſerſten Stimmen auf halben Toͤnen gegriffen werden muͤſſen, ſo iſt gar kein Bedencken wegen dieſer zwey kuͤrtzeſten Finger mehr uͤbrig, indem, wenn ſie beyde auf die hinten ſtehenden Taſten geſetzt werden, die gantze Hand dadurch hinter geruͤckt wird, und folglich die Urſache wegfaͤllt, warum der Daumen und der kleine Finger nicht gar bequem auf dieſen halben Toͤnen gebraucht werden. §. 82. Da man alle Brechungen und ſpringende Gedancken, ſo viel als es ſeyn kan, auf dieſe mehrſtimmige Anſchlaͤge zuruͤck fuͤhret, ſo folgt hieraus, daß ſie auch nach unſerer vorgeſchrie- benen Finger-Setzung geſpielt und zugleich nach den darbey ange- merckten Umſtaͤnden beurtheilet werden muͤſſen. Die aus dem bey

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Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch01_1759/44>, abgerufen am 23.11.2024.