Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünf und zwanzigstes Capitel.
[Abbildung]

§. 16.

Wenn bey einem Solo, oder überhaupt bey einem
Stücke, wo die Begleitung fein seyn muß, in der Hauptstimme,
bey einer etwas langsamen Zeitmaasse, viele Vorschläge hinterein-
ander vorkommen: so spielet man sie in der rechten Hand nicht
alle mit, damit der Vortrag der Hauptstimme nicht verdunkelt
werde. Wenn man diese Vorschläge ohne Zwang nicht vorbey
gehen kann, so machet man wenigstens durch Pausen eine Ver-
änderung, wodurch der Vortrag der Hauptstimme unterschieden
wird. Man überlässet dadurch der letzteren den Vorzug, diese
Manier ohne Begleitung zuerst hören zu lassen, und schläget sie
in der Begleitung nach. Die Veränderung, welche durch diese
Pausen entstehet, ist desto angenehmer, je länger die einförmige
Bewegung der Grundnoten vorher schon da gewesen ist, und
je länger sie noch nachher dauert. Die Schönheit und das
Schmeichelnde der Vorschläge wird folglich dadurch auf das
deutlichste empfunden. Die Componisten kennen die gute Aus-
nahme dieser Art von Ausführung sehr wohl, und pflegen zu dem

Ende

Fünf und zwanzigſtes Capitel.
[Abbildung]

§. 16.

Wenn bey einem Solo, oder überhaupt bey einem
Stücke, wo die Begleitung fein ſeyn muß, in der Hauptſtimme,
bey einer etwas langſamen Zeitmaaſſe, viele Vorſchläge hinterein-
ander vorkommen: ſo ſpielet man ſie in der rechten Hand nicht
alle mit, damit der Vortrag der Hauptſtimme nicht verdunkelt
werde. Wenn man dieſe Vorſchläge ohne Zwang nicht vorbey
gehen kann, ſo machet man wenigſtens durch Pauſen eine Ver-
änderung, wodurch der Vortrag der Hauptſtimme unterſchieden
wird. Man überläſſet dadurch der letzteren den Vorzug, dieſe
Manier ohne Begleitung zuerſt hören zu laſſen, und ſchläget ſie
in der Begleitung nach. Die Veränderung, welche durch dieſe
Pauſen entſtehet, iſt deſto angenehmer, je länger die einförmige
Bewegung der Grundnoten vorher ſchon da geweſen iſt, und
je länger ſie noch nachher dauert. Die Schönheit und das
Schmeichelnde der Vorſchläge wird folglich dadurch auf das
deutlichſte empfunden. Die Componiſten kennen die gute Aus-
nahme dieſer Art von Ausführung ſehr wohl, und pflegen zu dem

Ende
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0220" n="210"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Fünf und zwanzig&#x017F;tes Capitel.</hi> </fw><lb/>
            <figure/>
          </p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>§. 16.</head>
          <p>Wenn bey einem Solo, oder überhaupt bey einem<lb/>
Stücke, wo die Begleitung fein &#x017F;eyn muß, in der Haupt&#x017F;timme,<lb/>
bey einer etwas lang&#x017F;amen Zeitmaa&#x017F;&#x017F;e, viele Vor&#x017F;chläge hinterein-<lb/>
ander vorkommen: &#x017F;o &#x017F;pielet man &#x017F;ie in der rechten Hand nicht<lb/>
alle mit, damit der Vortrag der Haupt&#x017F;timme nicht verdunkelt<lb/>
werde. Wenn man die&#x017F;e Vor&#x017F;chläge ohne Zwang nicht vorbey<lb/>
gehen kann, &#x017F;o machet man wenig&#x017F;tens durch Pau&#x017F;en eine Ver-<lb/>
änderung, wodurch der Vortrag der Haupt&#x017F;timme unter&#x017F;chieden<lb/>
wird. Man überlä&#x017F;&#x017F;et dadurch der letzteren den Vorzug, die&#x017F;e<lb/>
Manier ohne Begleitung zuer&#x017F;t hören zu la&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;chläget &#x017F;ie<lb/>
in der Begleitung nach. Die Veränderung, welche durch die&#x017F;e<lb/>
Pau&#x017F;en ent&#x017F;tehet, i&#x017F;t de&#x017F;to angenehmer, je länger die einförmige<lb/>
Bewegung der Grundnoten vorher &#x017F;chon da gewe&#x017F;en i&#x017F;t, und<lb/>
je länger &#x017F;ie noch nachher dauert. Die Schönheit und das<lb/>
Schmeichelnde der Vor&#x017F;chläge wird folglich dadurch auf das<lb/>
deutlich&#x017F;te empfunden. Die Componi&#x017F;ten kennen die gute Aus-<lb/>
nahme die&#x017F;er Art von Ausführung &#x017F;ehr wohl, und pflegen zu dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ende</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0220] Fünf und zwanzigſtes Capitel. [Abbildung] §. 16.Wenn bey einem Solo, oder überhaupt bey einem Stücke, wo die Begleitung fein ſeyn muß, in der Hauptſtimme, bey einer etwas langſamen Zeitmaaſſe, viele Vorſchläge hinterein- ander vorkommen: ſo ſpielet man ſie in der rechten Hand nicht alle mit, damit der Vortrag der Hauptſtimme nicht verdunkelt werde. Wenn man dieſe Vorſchläge ohne Zwang nicht vorbey gehen kann, ſo machet man wenigſtens durch Pauſen eine Ver- änderung, wodurch der Vortrag der Hauptſtimme unterſchieden wird. Man überläſſet dadurch der letzteren den Vorzug, dieſe Manier ohne Begleitung zuerſt hören zu laſſen, und ſchläget ſie in der Begleitung nach. Die Veränderung, welche durch dieſe Pauſen entſtehet, iſt deſto angenehmer, je länger die einförmige Bewegung der Grundnoten vorher ſchon da geweſen iſt, und je länger ſie noch nachher dauert. Die Schönheit und das Schmeichelnde der Vorſchläge wird folglich dadurch auf das deutlichſte empfunden. Die Componiſten kennen die gute Aus- nahme dieſer Art von Ausführung ſehr wohl, und pflegen zu dem Ende

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/220
Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/220>, abgerufen am 24.11.2024.